Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2004, Az. III ZR 368/03

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3187

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Entscheidungstext


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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03
Verkündet am: 13. Mai 2004 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]R: ja

BGB §§ 328, 675

Zu den Pflichten eines von dem Vermittler von Börsentermingeschäften ein-geschalteten Rechtsanwalts, über dessen Treuhandkonto die Einzahlungen der Anleger zu deren "Sicherheit" weiterzuleiten waren.
[X.], Urteil vom 13. Mai 2004 - [X.]/03 - [X.]

LG Hamburg - 2 -

[X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des [X.], 12. Zivilsenat, vom 29. No-vember 2002 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrechtszuges werden gegeneinander auf-gehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin erteilte in der [X.] vom 12. Oktober 1995 bis zum [X.] 1996 der [X.]

in [X.](im folgenden: [X.]) eine Vielzahl von Aufträgen zur Vermittlung und Besorgung von [X.]. Sie investierte hierfür insgesamt 2.070.000 [X.], die - bis auf eine Auszahlung von 12.278,28 [X.] - sämtlich verlorengingen. Bei der [X.] handelte es sich um ein betrügerisches Unternehmen: Sie erteilte zwar den Brokern Kaufaufträge, veräußerte aber die erworbenen Positionen alsbald wieder und verfügte über die Erlöse für eigene Zwecke, wobei sie den - 3 -

Anlegern durch manipulierte Kontoauszüge vorspiegelte, die betreffenden [X.] hätten zu Verlusten geführt. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klä-gerin den Beklagten, einen Rechtsanwalt, der bei den Einzahlungen der [X.] als Treuhänder eingeschaltet war, auf Schadensersatz - wegen des am 9. Februar 1996 eingezahlten Betrages von 429.000 [X.] - in Anspruch.

In einem Prospekt der [X.] über die von ihr zu vermittelnden Geldan-lagen hieß es unter dem Stichwort "Kapitaltransfer":
"... Grundsätzlich sind Ihre Zahlungen über ein [X.] bzw. Treuhandkonto zu leiten. Dies geschieht ... zu Ihrer [X.]

Danach folgte im Prospekt der Hinweis darauf, daß das Kapital auf ein unter dem Namen der [X.] beim Broker geführtes "[X.]" weiter-geleitet werde.

Vor den einzelnen Transaktionen übermittelte die [X.] der Klägerin (regelmäßig per Fax) jeweils eine formularmäßige - mit ihrem Briefkopf verse-hene - "Vereinbarung über die [X.], wonach die Zahlungen auf ein bestimmtes [X.] des Beklagten zu leisten waren und der Beklagte angewiesen wurde, das Kapital umgehend an den von der [X.] beauftragten Broker weiterzuleiten. Weiter hieß es in diesem, von der Klägerin jeweils unterzeichneten Schriftstück:
"Die mit der vorbezeichneten Verwahrungstätigkeit des [X.] verbundenen Gebühren und Auslagen einschließlich der Kontoführungsgebühren werden von der [X.] GmbH getragen. - 4 -

Die Aufgabe des Rechtsanwalts erstreckt sich lediglich auf die weisungsgemäße Weiterleitung der Zahlungen. Der Rechtsanwalt haftet ausschließlich für die ordnungsgemäße Erfüllung des ihm erteilten [X.].

Dem Kunden zustehende Guthaben werden nach Vertragsabwick-lung und Auszahlungsorder aufgrund von der [X.] GmbH unwi-derruflich erteilter Weisung von dem Broker auf ein [X.] überwiesen. Der Rechtsanwalt wird den Betrag in voller Höhe unverzüglich an den Kunden weiterleiten. Die mit dieser Tätigkeit des Rechtsanwaltes verbundenen Gebühren und Auslagen werden von der [X.] GmbH getragen."

Die ab dem 31. Januar 1996 unterzeichneten Formulare enthielten den vorstehenden Absatz "Dem Kunden zustehende Guthaben ..." nicht mehr. Die-ser Absatz war von da ab durch folgenden Passus ersetzt:
"Der Kunde wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die [X.] über ein Rechtsanwaltsanderkon-to keinen Einfluß auf Gewinnchancen und Verlustrisiken der vom Kunden beabsichtigten Spekulationsgeschäfte hat."

Die Klägerin sandte das unterschriebene Exemplar jeweils an die [X.], die es anschließend dem Beklagten übermittelte, von dem dann die Weiterleitung des Geldes vom [X.] auf das [X.] verfügt wurde.

Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe nicht nur die Pflicht [X.], das von ihr überwiesene Geld auf eines der [X.], sondern auch, den ordnungsgemäßen Rückfluß der Gelder vom Broker auf die [X.] zu überwachen. Darauf habe sie vertraut; wenn sie gewußt - 5 -

hätte, daß der Beklagte keine Kontrolle über den Rückfluß der Gelder habe, hätte sie die Investitionen nicht getätigt.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr auf die Berufung der Klägerin in Höhe von 208.360,86 [X.] (= 106.533,21 •) zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen stattgegeben und das Rechtsmittel im übri-gen - unter Annahme eines hälftigen Mitverschuldens der Klägerin - zurückge-wiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der [X.] die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, die Klägerin verfolgt mit ihrem Rechtsmittel ihren Klageantrag, soweit er abgewiesen worden ist, in Höhe von 208.360,86 [X.] (= 106.533,21 •) weiter.

Entscheidungsgründe

Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

[X.]

Das Berufungsgericht führt aus, durch die Art und Weise, in der die [X.] den Beklagten zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs mit den [X.] eingeschaltet hatte, sei zwischen diesen beiden ein Vertrag zu-gunsten der Klägerin geschlossen worden:

Es habe zwischen der [X.] und dem Beklagten eine über einen länge-ren [X.]raum dauernde Geschäftsbeziehung bestanden, die auf entgeltliche - 6 -

Dienstleistungen gerichtet gewesen sei. Dabei habe die [X.] mit der Beauf-tragung des Beklagten zugleich ihre sich aus dem Prospekt ergebende Ver-pflichtung erfüllt, wonach die Zahlungen der Anleger zu deren "Sicherheit" über ein [X.] hätten erfolgen sollen. Die Rechtsbeziehungen zwischen der [X.] und dem Beklagten seien im Zusammenhang mit der "Vereinbarung über die Zahlungsabwicklung" zu sehen. Da mit dieser die zu-gesicherte Abwicklung des Zahlungsverkehrs über ein Rechtsanwaltsander-konto umgesetzt worden sei, sei durch sie für den Anleger ein Vertrauenstat-bestand geschaffen worden: Die unter dem 10. November 1995 und 7. Dezember 1995 unterzeichneten Vereinbarungen hätten in ihrem dritten Ab-satz ausdrücklich den Rückfluß von [X.] geregelt. Auch dieser habe nach durch die [X.] unwiderruflich erteilter Weisung ebenfalls über ein [X.] erfolgen sollen. Damit sei nach dem gewählten Text für den Kunden sichergestellt gewesen, daß die [X.] mit den [X.], welche er zu investieren beabsichtigte und welche er als Erlös zu erhalten hoffte, überhaupt nicht in Berührung kommen konnte. Der Anleger wäre dann zwar den generell mit Börsentermingeschäften verbundenen Risiken ausgesetzt gewesen, nicht aber dem eines direkten Mißbrauchs ihres Geldes durch die [X.] Das [X.] sei damit gerade auf das Risiko gerichtet gewesen, welches sich [X.] verwirklicht habe; daß nämlich die [X.] bzw. die für diese tätigen [X.] direkten Zugriff auf das Geld bzw. seinen Rücklauf nehmen konnten. Der [X.] des Beklagten sei damit nicht nur darauf gerichtet gewesen, die Gelder ordnungsgemäß an den Broker weiterzuleiten, sondern auch darauf, dafür zu sorgen, daß rücklaufende Gelder gerade nicht an die [X.], sondern an ihn auf sein [X.] überwiesen würden. Dies hätte [X.] geschehen können, daß der Beklagte mit den jeweiligen Brokern eine Vereinbarung dahingehend getroffen hätte, daß diese sich zu einer Überwei-- 7 -

sung von [X.] ausschließlich an ihn verpflichtet hätten. Der Beklagte hätte weiter sicherstellen müssen, daß die [X.] den Brokern die weiter im vierten Absatz der "Vereinbarung" vorgesehene unwiderrufliche Weisung für dem Kunden zustehende Guthaben erteilt hatte. Aus diesem Zusammenspiel zwischen dem Vertrag zwischen der [X.] und dem Beklagten und der jeweils neu unterzeichneten "Vereinbarung über die Zahlungsabwicklung" ergäben sich auch hinreichende konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die vertragliche Beziehung zwischen der [X.] und dem Beklagten als Vertrag zugunsten Dritter - hier zugunsten der Klägerin - zu qualifizieren sei.

Gegen die sich aus diesem Vertragsverhältnis ergebenden Verpflichtun-gen habe der Beklagte verstoßen, indem er die erforderlichen Sicherungsabre-den mit dem Broker nicht getroffen und die Klägerin davon nicht unterrichtet habe. Darauf, daß spätestens seit dem 31. Januar 1996 der den Rückfluß be-treffende Passus aus der "Vereinbarung" gestrichen und durch einen anderen Text ersetzt wurde, könne sich der Beklagte nicht berufen. Eine Veränderung in einem derart entscheidenden Punkt hätte die [X.], in gleichem Maße aber auch der Beklagte, der Klägerin anzeigen müssen; sich nunmehr, nachdem sich gerade das Risiko verwirklicht habe, welches durch die Vereinbarung habe ausgeschaltet werden sollen, auf diese Veränderung zu berufen, sei unredlich. Wäre die Klägerin von der Veränderung des Formulars in hinreichender Weise informiert worden, so hätte sie - davon ist das Berufungsgericht überzeugt - von der Überweisung des hier in Rede stehenden Betrages von 429.000 [X.] am 9. Februar 1996 Abstand genommen. Der Schaden der Klägerin be- laufe sich also auf 429.000 [X.] abzüglich der an sie zurückgeflossenen 12.278,28 [X.].
- 8 -

Im Hinblick auf ein Mitverschulden der Klägerin sei jedoch die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes auf die Hälfte zu reduzieren: Es könne nicht übersehen werden, daß die Klägerin durch sorgfältige Lektüre des ihr über-sandten Formulars "Vereinbarung über die Zahlungsabwicklung" hätte erken-nen können, daß die bisher gehandhabte Praxis sich verändert hatte. Zwar sei es seitens der [X.] unredlich gewesen, der Klägerin ohne weitere Erläute-rung ein auf den ersten Blick unverändertes Formular zu übersenden. Indes habe doch "eine gewisse Warnfunktion" darin gelegen, ihr jeweils ein neues Formular zu übersenden und dieses für jede Investition von ihr unterschreiben zu lassen. Die Klägerin könne sich daher nicht völlig auf die mangelnde Infor-mation durch die [X.] und den Beklagten berufen, sondern müsse sich ihren Leichtsinn im Umgang mit derart hohen Summen zurechnen lassen.

I[X.]

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Revision des Beklagten

a) Die Revision rügt, das Berufungsgericht "überdehne" den Inhalt der zwischen der [X.] und dem Beklagten geschlossenen Vereinbarung sowohl in bezug auf deren persönliche als auch deren sachliche Reichweite. Weder sei die Vereinbarung ein echter Vertrag zugunsten der Klägerin oder ein sol-cher mit Schutzwirkung zugunsten der Klägerin, noch liege eine Pflichtverlet-zung des Beklagten vor. [X.] Rechtsfehler des Berufungsgerichts zeigt die Revision hierbei jedoch nicht auf. - 9 -

aa) Die Auslegung der Vereinbarung zwischen der [X.] und dem [X.]n über die Abwicklung der Einzahlungen durch den Tatrichter als Vertrag zugunsten der Einzahler/Anleger (§ 328 BGB; vgl. Senatsurteile vom 1. Dezember 1994 - [X.] - NJW 1995, 1025 und vom 30. Oktober 2003 - [X.] - [X.], 2382, 2383) oder jedenfalls als [X.] zu deren Gunsten (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2001 - [X.]/00 - [X.], 2262, 2266; [X.] [X.], 299, 302; Pa-landt/[X.] BGB 63. Aufl. § 328 Rn. 16 ff, 17a, 34) ist möglich. Der Tatrich-ter durfte aus dem "Zusammenspiel" zwischen dem Vertrag der [X.] mit dem Beklagten und den jeweils neu unterzeichneten "Vereinbarung(en) über die Zahlungsabwicklung" die erforderlichen Anhaltspunkte für den Willen der Ver-tragsparteien (der [X.] und des Beklagten) entnehmen, daß dem Schutz- und Sicherheitsbedürfnis eines Dritten Rechnung getragen werden sollte. Ein Verstoß gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Denk- oder Erfahrungssätze oder das Außerachtlassen wesentlichen Verfahrensstoffs durch das [X.] wird von der Revision nicht dargelegt. Sie versucht im [X.] ledig-lich ihre eigene Auslegung - der Beklagte sei in bezug auf die [X.] lediglich "der weisungsabhängige Erfüllungsgehilfe der [X.]" gewesen; eine selbständige Aufgabe sei ihm nicht zugekommen - in revisionsrechtlich unzulässiger Weise an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. An der Auslegung des Berufungsgerichts führt schon deshalb nichts vorbei, weil der wesentliche Grund für die Einschaltung des Beklagten (eines Rechtsanwalts) und die Einrichtung eines Treuhandkontos nicht darin lag, die [X.] bei der Weiterleitung für Börsenspekulationen bestimmter eingehender oder gegebe-nenfalls an die Anleger zurückfließender Gelder zu entlasten, sondern darin, den [X.] eine "Sicherheit" der Art bereitzustellen, wie sie in - 10 -

dem Prospekt der [X.] ausdrücklich angesprochen wurde. Diese "Sicherheit" war den [X.] - auch und gerade, um die [X.] zu fördern - in erster Linie im Blick auf ein etwaiges Fehlverhalten (und eine et-waige anschließende Zahlungsunfähigkeit) des unmittelbaren Vertragspartners der Anleger, also der [X.] selbst, zu geben. Schon deshalb verfängt die Argumentation der Revision nicht, die Klägerin sei - was ein maßgebliches Kriterien für einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Klägerin angeht - überhaupt nicht schutzwürdig gewesen, weil sie gegebenenfalls eigene ver-tragliche Ansprüche gegen ihre Vertragspartnerin, die [X.], habe. Dem Dritt-schutz, den das Berufungsgericht dem vorliegenden Vertrag zwischen der [X.] und dem Beklagten entnimmt, steht in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht die (teilweise) Gegenläufigkeit der Interessen des Vertragschlie-ßenden (Auftraggebers) und des Dritten entgegen (vgl. Senatsurteil [X.]Z 127, 378; [X.]Z 129, 136, 168 f; Pa-landt/[X.] aaO Rn. 34).

[X.]) Ebenfalls um eine rechtsfehlerfreie und damit im Revisionsverfahren bindende tatrichterliche Beurteilung handelt es sich, soweit das Berufungsge-richt annimmt, nach dem ursprünglichen Text der von der [X.] in den [X.] gebrachten und auch von den Parteien verwendeten "Vereinbarung über die Zahlungsabwicklung" sei der [X.] des Beklagten auch darauf gerichtet gewesen, dafür zu sorgen, daß rücklaufende Gelder nicht an die [X.], sondern an ihn auf sein [X.], überwiesen würden, und die Klägerin habe aufgrund der unter dem 10. November und 7. Dezember 1995 unterzeichneten Vereinbarungen auf die Einhaltung dieser Verpflichtung - eines wesentlichen Bestandteils des gesamten "[X.]" - ver-trauen dürfen. - 11 -

Die Revision versucht auch in diesem Zusammenhang vergeblich, ihre eigene Auslegung, der Beklagte habe lediglich "dafür zu sorgen (gehabt), daß die bei ihm eingehenden Gelder ordnungsgemäß weitergeleitet werden", an die Stelle der Auslegung des Tatrichters zu setzen. Sie übergeht hierbei insbeson-dere, daß der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in ein Sicherungssystem eingebunden worden war, wie es jedenfalls die Anlageinter-essenten nach der Eigendarstellung der [X.] erwarten durften. Darauf, ob und in welchem Umfang der Beklagte tatsächlich in der Lage war, die von den Anlegern erwartete nötige "Sicherheit" für die von ihnen eingelegten Gelder zu gewährleisten, kommt es nicht entscheidend an. Wenn der Beklagte insoweit eine Sicherungslücke sah, hätte er sich in ein derartiges Sicherungssystem nicht einbinden lassen dürfen.

[X.]) Folgerichtig hat das Berufungsgericht den Beklagten für verpflichtet angesehen, nach der Änderung des für die "Vereinbarung über die Zahlungs-abwicklung" verwendeten Formulars - die nach dem Vortrag des Beklagten auf seinen eigenen Wunsch erfolgt sein soll, nicht mehr mit von den Brokern zu-rückfließenden Geldbeträgen befaßt zu werden - die Klägerin, die sich auf die-ses "Sicherungssystem" eingestellt hatte, darüber zu informieren, daß die Ab-wicklung der Rückläufe nicht mehr über das [X.] erfolgen werde.

Zu Unrecht meint die Revision, die Klägerin sei über diese Veränderung informiert worden, nämlich durch den geänderten Text des Formulars "[X.] über die Zahlungsabwicklung". Ein hinreichender - deutlicher - Hinweis darauf, daß damit aus dem gesamten Sicherungssystem ein wesentlicher Be-standteil herausgenommen worden war, ergab sich hieraus nach dem [X.] 12 -

menhang der Feststellungen des Berufungsgerichts für die Klägerin nicht. Zwar fehlte in dem neuen Formular der Passus betreffend die Behandlung der von dem Broker [X.] Gelder. Die Streichung erfolgte aber ohne jede (warnende) Erläuterung. Der als "Ersatz" eingesetzte Passus, wonach die [X.] über ein [X.] keinen Ein-fluß auf Gewinnchancen und Verlustrisiken derartiger Spekulationsgeschäfte habe, sagte in dieser Richtung überhaupt nichts aus.

b) Hätte der Beklagte die Klägerin über die besagte Veränderung in hin-reichender Weise informiert, so hätte, wie das Berufungsgericht in tatrichterlich einwandfreier Würdigung feststellt - wogegen die Revision auch keine begrün-deten Einwände erhebt -, die Klägerin von der Überweisung des hier in Rede stehenden Betrages von 429.000 [X.] am 9. Februar 1996 Abstand genommen.

Das Berufungsgericht durfte danach von einem ursächlich auf die Pflichtverletzung des Beklagten zurückzuführenden Schaden der Klägerin in dieser Größenordnung - abzüglich an die Klägerin zurückgeflossener 12.278,28 [X.] - ausgehen.

Auf der Grundlage des Tatbestandes des Berufungsurteils - wonach die Klägerin die genannten Millionenbeträge über die [X.] investierte und [X.] -, stellt die Revision auch ohne Erfolg zur Überprüfung, ob der Klägerin überhaupt ein Schaden entstanden sei.

2. Revision der Klägerin
- 13 -

a) Die Revision beanstandet, die Begründung des Berufungsgerichts tra-ge nicht den Vorwurf eines Mitverschuldens gegen die Klägerin. Wenn, wovon revisionsrechtlich auszugehen sei, das neue Formular für die "Vereinbarung über die Zahlungsabwicklung" den maßgeblichen Pflichtenumfang des [X.] nicht geändert habe und der Beklagte weiterhin verpflichtet gewesen sei, auch den [X.] zu kontrollieren, um nach Möglichkeit zu vermeiden, daß die [X.] bzw. die dort Tätigen direkt Zugriff auf das Geld bzw. seinen Rücklauf nehmen konnten, sei begründungsbedürftig, wieso die Klägerin - die auch nach der Ansicht des Berufungsgerichts nicht etwa von einer veränderten Pflichtenstellung ausgegangen sei - einen veränderten Pflichtenumfang hätte annehmen müssen. Eine Obliegenheitsverletzung, die zur Minderung des [X.] nach § 254 BGB führe, könne nicht vorliegen, wenn der Geschädigte die an ihn gerichtete Mitteilung nicht anders verstehe, als es ein als Kollegial-gericht besetztes Gericht nach Auslegung für richtig halte.

b) Diese Erwägungen treffen nicht den [X.] der Begründung des [X.]s für das von ihm angenommene Mitverschulden der Klägerin.

Während das Berufungsgericht die schadensursächliche Pflichtverlet-zung des Beklagten darin sieht, daß er die Klägerin nicht darüber informiert hat, daß die Abwicklung der Rückläufe nicht (mehr) über sein Rechtsanwalt-sanderkonto erfolgen sollte, lastet es der Klägerin als Mitverschulden an, daß sie mangels sorgfältiger Lektüre des ihr übersandten (neuen) Formulars die Veränderung der bisher gehandhabten Praxis - fahrlässig - nicht erkannt hat.

Letzteres steht nicht in Widerspruch zu der vorausgehenden Würdigung des Berufungsgerichts, wonach sich [X.] der Sache nach - aus der bisherigen - 14 -

Vertragsgestaltung und der bisher gehandhabten Praxis für die Klägerin eine gewisse "Vertrauensgrundlage" in Richtung auf die Behandlung (auch) zukünf-tiger Einzahlungen ergeben hatte. Wenn nach dem Ausgangspunkt des [X.]s eine solche "Vertrauensgrundlage" für die Klägerin (weiter-) [X.], so schließt dies nicht den nach § 254 BGB relevanten Vorwurf an diese aus, sie hätte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt aus der Änderung des Formulars erkennen können, daß die bisherige Praxis sich [X.] hatte. Es handelt sich um unterschiedliche Zurechnungsebenen, ver-gleichbar etwa der Rechtslage bei [X.] wegen Erteilung einer rechtswidrigen behördlichen Genehmigung: die Eignung einer solchen rechtswidrigen Genehmigung als amtshaftungsrechtlich relevante Vertrauens-grundlage (etwa für Aufwendungen des Begünstigten, die sich dann als fehl-geschlagen erweisen) [X.] und die darauf gründende grundsätzliche Bejahung des [X.] zwischen der [X.] und dem Schaden - läßt die Möglichkeit einer (teilweisen) Risikoüberwälzung auf den Begünstigten nach § 254 BGB unberührt (vgl. nur Senatsurteil [X.]Z 134, 268, 296 f).

Die Gewichtung des Mitverschuldens im übrigen ist Sache des [X.]. Rechtsfehler zeigt die Revision insoweit nicht auf.

[X.] [X.]
[X.] Herrmann

Meta

III ZR 368/03

13.05.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2004, Az. III ZR 368/03 (REWIS RS 2004, 3187)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3187

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