Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.08.2014, Az. X B 182/13

10. Senat | REWIS RS 2014, 3239

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Gegenstand

Verfahrensfehler aufgrund der fehlenden Würdigung einer Zeugenaussage


Leitsatz

NV: Fehlt eine Beweiswürdigung vollständig, ist das Urteil "nicht mit Gründen versehen", da es das FG als Tatsacheninstanz erforderlich und zumutbar ist, nach der Erhebung von Beweisen im gerichtlichen Verfahren die Gründe für die richterliche Überzeugung im Urteil anzugeben.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute und in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

2

Für betriebliche Reisen machte der Kläger Pauschbeträge sowie Übernachtungskosten geltend und gab an, diese Fahrten mit seinem im Privatvermögen gehaltenen PKW durchgeführt zu haben.

3

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --[X.]--) für die Streitjahre 2007 bis 2009 ermittelte der Prüfer, dass dieser PKW aufgrund eines am 15. März 2005 erstellten [X.] zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 101 560 km und ausgehend von einem Antrag des [X.] auf Abschluss einer Kfz-Versicherung vom 16. Dezember 2008 zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 152 085 km gehabt hätte. Ausgehend von den eingereichten [X.] hätte der PKW nach Ansicht des Prüfers stattdessen im Dezember 2008 einen Kilometerstand von ca. 360 000 km aufweisen müssen.

4

Das [X.] änderte deshalb die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre. Den Einspruch hiergegen wies das [X.] mit der Entscheidung vom 7. Mai 2012 zurück.

5

Das Finanzgericht ([X.]) erhob in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2013 durch Vernehmung des [X.] Beweis "über die Frage der streitigen Reisekosten dem Grund und der Höhe nach".

6

Die Klage wies das [X.] durch Urteil vom 10. Juli 2013  4 K 476/12 als unbegründet zurück. Dabei verwies es nach § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) auf die Einspruchsentscheidung und ergänzte durch Ausführungen zum Sachverhalt und den aus seiner Sicht teilweise widersprüchlichen Angaben des [X.]. Auf die durchgeführte Beweiserhebung ging es weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen ein.

7

Die Kläger machen mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde Verfahrensmängel und Divergenz geltend. Das Urteil beruhe auf der Nichtberücksichtigung der Zeugenaussage des [X.] und gebe den Streitstoff deshalb nicht vollständig wieder. Auch sei somit eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung erfolgt.

8

Das [X.] tritt der Beschwerde entgegen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

1. Nach § 116 Abs. 6 [X.]O kann der [X.] ([X.]) das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O vorliegen. Ein Verfahrensfehler im Sinne der letztgenannten Vorschrift liegt vor, wenn das Urteil "nicht mit Gründen versehen ist" (§ 119 Nr. 6 [X.]O). Dies ist hier der Fall.

a) Der Mangel, dass ein Urteil nicht mit Gründen versehen ist, liegt dann vor, wenn eine Beweiswürdigung gänzlich fehlt ([X.]-Beschluss vom 20. April 2004 IV B 113/02, [X.]/NV 2004, 1411, m.w.N.). Das hat der [X.] in einem Fall angenommen, in dem das [X.] einen Zeugen vernommen, jedoch gleichwohl nach § 105 Abs. 5 [X.]O von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen hat (weiterführend: [X.]-Urteil vom 20. Mai 1994 VI R 10/94, [X.]E 174, 391, [X.] 1994, 707; so auch Senatsbeschluss vom 4. Juli 2006 X B 135/05, [X.]/NV 2006, 1797, unter 1.c).

b) Dies ist auch im Streitfall gegeben. Da das [X.] die einzige Tatsacheninstanz ist, ist es erforderlich und auch zumutbar, nach Erhebung von Beweisen im gerichtlichen Verfahren die Gründe für die richterliche Überzeugung im Urteil anzugeben (§ 96 Abs. 1 Satz 3 [X.]O). Dies gilt auch dann, wenn --wie hier-- im Übrigen gemäß § 105 Abs. 5 [X.]O zustimmend auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung verwiesen wird (ebenso schon [X.]-Urteil in [X.]E 174, 391, [X.] 1994, 707).

2. Weil das Urteil bereits aufgrund dieses [X.] keinen Bestand haben kann, bedarf es keines [X.] auf das weitere Vorbringen der Kläger. Nur rein vorsorglich weist der Senat die Kläger darauf hin, dass er die von den Klägern geltend gemachten Divergenzen des [X.]-Urteils zu den [X.]-Urteilen vom 25. Oktober 1985 VI R 15/81 ([X.]E 145, 181, [X.] 1986, 200) und vom 5. Juni 1991 XI R 21/89 ([X.]/NV 1991, 743) nicht zu erkennen vermag. Anders als dort hat das [X.] die Reisekosten nicht der Höhe nach, sondern bereits dem Grunde nach --für den [X.] nicht anerkennen können.

3. Der Senat hält es für angezeigt, gemäß § 116 Abs. 6 [X.]O zu verfahren.

4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O, der auch für den Beschluss nach § 116 Abs. 6 [X.]O gilt, ab (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2012 X B 54/12, [X.]/NV 2013, 747, m.w.N.).

Meta

X B 182/13

28.08.2014

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Thüringer Finanzgericht, 10. Juli 2013, Az: 4 K 476/12, Urteil

§ 96 Abs 1 S 3 FGO, § 105 Abs 5 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 119 Nr 6 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.08.2014, Az. X B 182/13 (REWIS RS 2014, 3239)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3239

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