Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.08.2017, Az. 4 StR 116/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 6070

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:290817B4STR116.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 116/17

vom
29. August
2017
in der Strafsache
gegen

wegen räuberischer Erpressung u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 29.
August 2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 18.
November 2016 mit den zugehöri-gen Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte im Fall
III.
4 der Urteilsgründe verurteilt ist;
b)
in den Fällen
III.
5 und 6 im Ausspruch über die Einzel-strafen;
c)
im Gesamtstrafenausspruch.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verwor-fen.

Gründe:
Der Angeklagte wurde durch das [X.] im ersten Rechtsgang am 12.
März 2015 wegen gefährlicher Körperverletzung, räuberischer Erpressung in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, versuchter räuberischer [X.]
-
3
-
sung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefähr-licher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Außerdem wurden Maßregeln nach den §§
69, 69a StGB angeordnet. Mit Beschluss vom 6.
Oktober 2015 bestätigte
der Senat die Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, die dafür verhängten Einzelstrafen und
den [X.]. Die Verurteilung wegen versuchter räuberischer Erpressung sowie die Gesamtstrafe hob der Senat auf
und beschränkte im
Fall der Verurteilung wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung die Strafverfolgung unter Aufhe-bung der Einzelstrafe gemäß §
154a Abs.
2 StPO auf den Vorwurf der räuberi-schen
Erpressung. Mit Urteil vom 18.
November 2016 hat das [X.] den Angeklagten nach Hinzuverbindung eines weiteren Verfahrens nunmehr wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und räuberischer Erpressung (insoweit bereits rechtskräftig),
sowie wegen Nötigung, versuchter Nötigung und Beihilfe zur falschen uneidlichen Aussage in zwei Fällen (insoweit im ersten Rechtsgang) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Mona-ten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision
wendet sich der Angeklagte gegen seine Verurteilung. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Die Verurteilung wegen versuchter Nötigung im Fall
III.
4 der [X.] kann nicht bestehen bleiben, weil die [X.] nicht geprüft hat, ob der Angeklagte gemäß §
24 Abs. 2 Satz 1 StGB von diesem Versuch strafbe-freiend zurückgetreten ist.
2
-
4
-
a)
Der Angeklagte und die anderweitig verfolgten A.

und M.

Z.

trafen sich etwa im Dezember 2013 mit dem [X.]

, um diesen durch
das Anbieten von Geld und die konkludente Androhung von Gewalt dazu zu bewegen, eine den Angeklagten belastende polizeiliche Aussage [X.] beziehungsweise keine weiteren belastenden Angaben gegen ihn zu machen. Dazu stellten der Angeklagte und seine Begleiter gegenüber dem Zeugen ihre Zugehörigkeit zu einem Supporterclub der Rockergruppierung [X.] heraus und wiesen ihn darauf
hin, dass sie die Sache nicht größer machen und auf eine Einbeziehung des Clubs verzichten wollten. Obwohl dies mit Blick auf die bekannte Gewaltbereitschaft von Mitgliedern dieser Gruppie-rungen von dem [X.]

der Absicht des Angeklagten und seiner Mittä-
ter gemäß wie eine Drohung aufgefasst wurde, sagte er am 5.
März 2015 ge-gen den Angeklagten vor dem [X.] aus und legte auch die versuchte Einflussnahme auf sein [X.] offen.
b)
Bei dieser Sachlage hätte das [X.] die Frage eines strafbefrei-enden Rücktritts näher erörtern und hierzu weitere Feststellungen treffen müs-sen.
aa)
Gemäß §
24 Abs.
2 Satz
1 StGB werden bei der Tatbeteiligung meh-rerer diejenigen Beteiligten nicht wegen Versuchs bestraft, die freiwillig die [X.] verhindern. Dafür kann es genügen, wenn Mittäter im Fall eines un-beendeten Versuchs einvernehmlich nicht mehr weiterhandeln, obwohl sie dies könnten. Bei einer versuchten Nötigung ist es insoweit ausreichend, dass die Täter freiwillig davon absehen, ihr Nötigungsziel weiter mit den tatbestandlichen Nötigungsmitteln zu verfolgen (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
April 2017

4
[X.], NStZ-RR
2017, 207, 208; Beschluss vom 17.
Januar 2013

2
StR
396/12, [X.], 521 mwN). Für die Frage, ob ein unbeendeter Versuch vor-3
4
5
-
5
-
liegt, kommt es auf die Sicht der Täter nach Ende der letzten Ausführungshand-lung an. Gehen sie zu diesem Zeitpunkt davon aus, noch nicht alles getan zu haben, was zur Herbeiführung des Erfolgs erforderlich ist, ist ein unbeendeter Versuch anzunehmen
(vgl. [X.], Beschluss vom 25. April 2017

4 [X.], [X.], 207, 208; Beschluss vom 7.
Mai 2014

5
StR
141/14, Rn.
4; Beschluss vom 22.
März 2012

4
StR 541/11, [X.], 239, 240; [X.] vom 26.
September 2006

4
StR 347/06, [X.], 91). Lässt sich den Urteilsfeststellungen das für die revisionsrechtliche Prüfung erforderliche Vorstellungsbild der
Täter nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 13.
August 2015

4
StR
99/15, [X.], 470; Beschluss vom 7.
Mai 2014

4
StR
82/14, Rn.
5; Urteil vom 19.
März 2013

1
StR
647/12, [X.], 273, 274, jeweils mwN).
bb)
Zu dem maßgeblichen Rücktrittshorizont des Angeklagten
und seiner Begleiter
im Zeitpunkt der letztmaligen Bedrohung des [X.]

im De-
zember 2013 verhält sich das Urteil nicht. Es beschreibt auch keine Verhal-tensweisen des Angeklagten
oder seiner Begleiter, denen sich entnehmen [X.], dass sie von einem Erfolg ihrer
Bemühungen um eine Beeinflussung des [X.]s des Zeugen ausgegangen wären. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
2.
Soweit das [X.] den Angeklagten in den Fällen
III.
5 und 6 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur uneidlichen Falschaussage verurteilt hat, kann der Einzelstrafausspruch nicht bestehen bleiben, weil die [X.] jeweils nicht geprüft hat, ob die Voraussetzungen
für eine Strafmilderung nach §
158 Abs.
1 i.V.m. §
49 Abs.
2 StGB vorliegen.
6
7
-
6
-
Nach den Feststellungen hat de
Erpressung zum
Nachteil des Zeugen Ö.

(Fall
III.
2 der Urteilsgründe) einge-
räumt, obgleich die von ihm entsprechend instruierten M.

Z.

und G.

zuvor
in der Hauptverhandlung als Zeugen
seine Beteiligung an dieser
Tat in Abrede gestellt und damit falsch ausgesagt hatten. Da §
158 Abs.
1 StGB über den Wortlaut der Vorschrift (Täter) hinaus auch zugunsten von [X.] wirkt (vgl. [X.], Urteil vom 10.
März 1953

1
StR
40/53, [X.]St 4, 172, 179 [Gehilfe]; Urteil vom 19.
April 1951

4
StR
54/50, NJW 1951, 727 [Anstif-ter]; [X.]([X.]), Urteil vom 20. September 1949

StS 22/49; [X.]St 2, 161, 165 [Anstifter]; Sinn in: [X.], 3.
Aufl.,
§
158 Rn.
3; [X.], StGB,
64.
Aufl., §
158 Rn.
2; [X.] in: [X.], 3.
Aufl.,
§
158 Rn.
6), hätte sich das [X.] unter diesen Umständen mit der Frage befassen müssen, ob in diesem Geständnis eine
noch rechtzeitige
Richtigstellung der Angaben der ge-nannten Zeugen im Sinne von §
158 Abs.
3 StGB (vgl. zu
den Anforderungen an eine Richtigstellung [X.], Urteil vom 23. August 1966

5 StR 354/66, [X.]St 21, 115; Urteil vom 2. Februar 1956

3 [X.], [X.]St 9, 99, 100; Urteil vom 19. April 1951

4 StR 54/50, NJW 1951, 727 a.E.)
gesehen werden kann und dazu gegebenenfalls weitere Feststellungen treffen müssen. Dass im
Zeitpunkt
des Geständnisses gegen den Angeklagten bereits eine Untersu-chung eingeleitet worden war
(vgl. dazu RG, Urteil vom 16.
Oktober 1928

I
563/28, [X.], 303, 305)
und eine mögliche Richtigstellung deshalb in jedem Fall verspätet gewesen wäre (§ 158 Abs. 2 StGB), lässt sich den [X.]n nicht eindeutig entnehmen.
8
-
7
-
3.
Die Aufhebung der Verurteilung im Fall
III.
4 der Urteilsgründe und der Einzelstrafen in den Fällen
III.
5 und III.
6 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
[X.]Cierniak Franke

Quentin Feilcke
9

Meta

4 StR 116/17

29.08.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.08.2017, Az. 4 StR 116/17 (REWIS RS 2017, 6070)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6070

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 116/17 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren u.a. wegen Nötigung und Beihilfe zur Falschaussage: Rücktritt vom Versuch der mittäterschaftlichen Nötigung; Anwendbarkeit …


4 StR 421/13 (Bundesgerichtshof)


4 StR 593/17 (Bundesgerichtshof)


4 StR 66/17 (Bundesgerichtshof)


1 StR 167/01 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 116/17

4 StR 244/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.