Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2003, Az. X ZR 209/00

X. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3877

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[X.] DES VOLKESURTEILX ZR 209/00Verkündet am:18. März 2003MayerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 18. März 2003 durch [X.] Melullis [X.], Scharen, [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das am 3. November 2000verkündete Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] am [X.] aufgehoben.Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungs-gericht zurückverwiesen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Der Beklagte bestellte am 26. Juni 1996 bei der Klägerin [X.], nämlich vier Kugelabsperrhähne mit hydraulischem Antrieb, die die [X.] in [X.](nachfolgend: [X.] ), der der Beklagte den Streitverkündet hat, für einen Kunden in den [X.] hatte. Die Klägerin bestätigte den Auftrag am 23. Juli 1996. Sie bezogdie Hähne bei Vorlieferanten. Die Klägerin übersandte am 17. September 1996an den Beklagten eine Dokumentation und lieferte am gleichen Tag die Armatu-ren vereinbarungsgemäß an [X.] . Die Lieferung wich teilweise von der [X.] ab und wies nach Auffassung des Beklagten Mängel auf, die der [X.] 27. September 1996 telefonisch rügte. Am gleichen Tag beanstandete erschriftlich Mängel der Dokumentation. Über den Inhalt von in der Folgezeit ge-führten Verhandlungen besteht Streit. Der Beklagte hat die Abnahme der [X.] verweigert.Die Klägerin hat Mängel der Armaturen in Abrede gestellt und sich im üb-rigen auf eine Verletzung der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach§§ 377, 381 HGB durch den Beklagten berufen. Weiter hat sie geltend ge-macht, die Dokumentation entspreche den getroffenen Vereinbarungen. Sie hatklageweise die vereinbarte Vergütung sowie die Bezahlung von [X.]. Der Beklagte hat die [X.] erhoben. Das [X.] der Klage im wesentlichen stattgegeben. Es hat dabei darauf abgestellt,daß etwaige Gewährleistungsansprüche wegen nicht rechtzeitiger Rüge entfal-len seien und die gelieferten Armaturen als genehmigt gälten. Dabei ist [X.] davon ausgegangen, daß die gelieferte Dokumentation sowohl [X.] als auch den Vorgaben im Schreiben vom 26. Juli 1996 entsprochenhabe. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision [X.] -folgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin trittdem Rechtsmittel entgegen.Entscheidungsgründe:Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auchdie Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.[X.] Das Berufungsgericht ist von einem Werklieferungsvertrag über nichtvertretbare Sachen und ersichtlich von einem beiderseitigen Handelsgeschäftausgegangen. Das wird von der Revision nicht angegriffen und begegnet kei-nen durchgreifenden Bedenken. Bedenken bestehen auch nicht hinsichtlich derAnnahme des Berufungsgerichts, der Vertrag sei durch Angebot vom 27. [X.] und Annahme vom 23. Juli 1996 zustande gekommen.I[X.] 1. Das Berufungsgericht hat die Forderung der Klägerin als begründetangesehen. Es hat ausgeführt, die vom Beklagten erklärte Wandelung scheiteredaran, daß die gelieferte Ware als genehmigt gelte, weil die [X.] 27. September 1996 nicht unverzüglich erfolgt sei. Die Berufung des [X.] auf Mängel der Dokumentation hat es dabei als nicht durchgreifend an-gesehen. Der Beklagte habe sich mit der Feststellung des [X.], zumZeitpunkt der Ablieferung habe eine vertragsgemäße Dokumentation vorgele-gen, nicht auseinandergesetzt. Seine Einlassung im Termin vor dem [X.], die Dokumentation sei bis zu einer Besichtigung der [X.] 18. Oktober 1996 unvollständig gewesen, sei ohne Substanz und deshalbunerheblich. Sie lasse auch nicht den Schluß zu, daß die Dokumentation nichtden am 27. Juni/23. Juli 1996 getroffenen Vereinbarungen entsprochen [X.] -Etwaige weitere Anforderungen, wie sie das Schreiben vom 26. Juli 1996 ent-halte, seien nicht Vertragsinhalt geworden.2. Das greift die Revision mit Erfolg an.a) Sie verweist darauf, aus dem Vorbringen der Parteien ergebe sich,daß am 17. September 1996 eine vollständige Dokumentation noch nicht vor-gelegen habe. Dies sei im Berufungsverfahren auch ohne Rüge zu beachtengewesen. Wegen des Fehlens einer ordnungsgemäßen Dokumentation sei [X.] des Berufungsgerichts unzutreffend, daß der Beklagte mit seinerMängelrüge vom 27. September 1996 seiner Untersuchungs- und Rügeoblie-genheit nicht rechtzeitig nachgekommen sei.b) Im Berufungsverfahren war nach dem für das vorliegende Verfahrennoch maßgebenden Recht über alle einen zuerkannten oder aberkannten An-spruch betreffenden Streitpunkte neu zu verhandeln (§ 537 ZPO in der vor dem1.1.2002 geltenden Fassung - a.F.). Im Fall zulässig begründeter Berufung [X.] die Berufungsinstanz für eine unbeschränkte erneute sachliche undrechtliche Prüfung eröffnet. Dabei waren in erster Instanz erhobene [X.] dann im Berufungsverfahren beachtlich, wenn sie in der [X.] nicht wieder aufgegriffen worden waren ([X.], Urt. v. 29.4.1986- IX ZR 145/85, NJW-RR 1986, 991; Urt. v.15.12.1988 - [X.], NJW1990, 326). Gleiches galt für tatsächliche und rechtliche Begründungen einesStreitpunkts, die - wie hier - im [X.] nur im Weg einer pauscha-len Bezugnahme aufgegriffen worden waren ([X.], Urt. v. 7.5.1992- IX ZR 151/91, NJW-RR 1992, 1110). Eine ausreichend begründete, zulässigeBerufung eröffnete deshalb eine erneute sachliche und rechtliche Prüfung [X.] im Rahmen der gestellten Anträge; deshalb war die [X.] und Entscheidung des Berufungsgerichts nicht nur auf die in der Be-- 6 -rufungsbegründung angeführten oder auf die in der mündlichen Verhandlungvorgebrachten Berufungsgründe zu erstrecken, sondern es war gemäß § 537ZPO a.F. der gesamte Streitstoff im Rahmen der gestellten Anträge vom [X.] selbständig und nach allen Richtungen hin zu würdigen ([X.], [X.]. 10.7.1985 - [X.], NJW 1985, 2828, insoweit nicht in [X.]Z 99, 222,unter Bezugnahme auf [X.], ZPO 20. Aufl. § 519 Rdn. 2). [X.] Rahmen hatte sich das Berufungsgericht deshalb auch mit der [X.], ob die von der Klägerin gestellte Dokumentation denvertraglichen Anforderungen entsprach. Das Berufungsgericht hat [X.] die Feststellungen des Erstrichters im wesentlichen ohne eigene Über-prüfung übernommen. Damit hat es den zweitinstanzlichen Prozeßstoff nichtausgeschöpft.c) Das Berufungsgericht ist dabei von der Revision unbeanstandet davonausgegangen, daß eine Dokumentation geschuldet war. Welchen Umfang [X.] im einzelnen hatte, hat das Berufungsgericht [X.]. Es hat sich bei seiner Feststellung, daß der [X.] sei, lediglich auf die entsprechende Feststellung des [X.] ge-stützt, die es als nicht substantiiert angegriffen bezeichnet hat. Das [X.]te sich wiederum auf ein Gutachten des Sachverständigen S. gestützt.Allerdings hatte schon das [X.], wie die Revision mit Recht rügt, nichtgeprüft, ob die vom Sachverständigen begutachtete Dokumentation diejenigewar, die dem Beklagten vor dem 27. September 1996 vorgelegen hat, oder obes sich um eine erst zu einem späteren Zeitpunkt vervollständigte Version [X.] handelte, wofür der in der Revisionsbegründung als unberück-sichtigt geblieben gerügte Vortrag Anhaltspunkte zu bieten geeignet sein konn-te. Tragfähige Feststellungen, daß vor dem 27. September 1996 von der [X.] eine ausreichende Dokumentation übergeben worden ist, sind mithin nichtgetroffen. Damit ist für das Revisionsverfahren zugunsten des Beklagten davon- 7 -auszugehen, daß eine mangelfreie Dokumentation bis zu diesem Zeitpunktnicht vorlag.d) Ob die gelieferten Armaturen mangelhaft waren, hat das Berufungsge-richt - aus seiner Sicht folgerichtig - offen gelassen, weil es diese als genehmigtangesehen hat (§§ 377, 381 HGB). Das ist im rechtlichen Ansatz nicht zu bean-standen. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß das Unterlas-sen einer unverzüglichen Mängelanzeige einer Berufung auf die Mangelhaftig-keit entgegenstehen mußte. Jedoch wird die Annahme des Berufungsgerichts,daß die Mängelanzeige nicht unverzüglich erfolgt sei, von seinen tatsächlichenFeststellungen nicht getragen.Die für das Revisionsverfahren zugunsten des Beklagten zu unterstel-lende Mangelhaftigkeit der Dokumentation konnte nämlich dazu führen, daß dieRüge vom 27. September 1996 wegen der behaupteten Mängel der [X.] noch als rechtzeitig anzusehen ist. Die Mängelanzeige ist dann im [X.] § 377 Abs. 1 HGB unverzüglich, wenn sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgtist (§ 121 Abs. 1 BGB). Hierfür kommt es auf die konkreten Fallumstände an(vgl. [X.]Z 93, 338, 348 ff.; [X.]Z 110, 130, 139, 143 f.; vgl. auch [X.].Urt. v.25.6.2002 - [X.]/00, Umdruck S. 9); eine Mängelanzeige wie hier nach10 Tagen kann noch nicht ohne weiteres als verspätet angesehen werden. [X.] auf der Hand, daß eine fehlerhafte oder unvollständige Dokumentation [X.] der Ordnungsmäßigkeit der Lieferung erschweren kann; dies kannselbst dann der Fall sein, wenn, wie es das Berufungsgericht annimmt, die Un-tersuchung an sich nicht schwierig war. Dabei muß auch berücksichtigt werden,daß die Armaturen an [X.] in [X.], die Dokumentation aber an den [X.] A. geliefert worden waren. Dabei bedarf es für die Entscheidung überdie Revision keiner abschließenden Klärung, ob - wie dies die Revision geltendmacht - bereits eine Unvollständigkeit oder Mangelhaftigkeit der [X.] 8 -dazu führt, daß die Rügefrist nach § 377 HGB überhaupt nicht in Lauf gesetztwird. Auch wenn das der Fall sein sollte, muß jedenfalls bei der Beurteilung, obdie Rüge unverzüglich erfolgt ist, nämlich auf Erschwerungen der Untersu-chung, die auf Mängeln der Dokumentation beruhen, Rücksicht genommenwerden. Wieweit Mängel der dem Beklagten bis zum 27. September 1996 vor-liegenden Dokumentation die Untersuchung erschwerten, hat das Berufungsge-richt nicht überprüft, wenn die Begutachtung des gerichtlichen Sachverständi-gen nicht diese, sondern eine später vervollständigte Version der [X.] betraf.II[X.] Nach alledem kann das angegriffene Urteil keinen Bestand haben.Das Berufungsgericht wird bei seiner erneuten Befassung mit der Sache [X.] zu klären haben, ob die vom Sachverständigen überprüfte [X.] diejenige war, die die Klägerin dem Beklagten vor dem 27. September 1996übergeben hat. Die Parteien werden dabei Gelegenheit haben, ihren [X.] zu überprüfen und erforderlichenfalls zu konkretisieren. Sofern sichdabei ergeben sollte, daß der Sachverständige nicht die vor der Rüge dem [X.] vorliegende Dokumentation begutachtet hat, wird zu klären sein, [X.] tatsächlich übergeben wurde und wieweit diese den getroffenenVereinbarungen entsprach, weiter, ob sich aus etwaigen inhaltlichen Mängelnder Dokumentation eine Erschwerung der Untersuchung der gelieferten Arma-turen ergab. Auf der Grundlage der hierzu zu treffenden Feststellungen wirddas Berufungsgericht erneut in eigener tatrichterlicher Verantwortung zu beur-teilen haben, ob die am 27. September 1996 erhobenen [X.] wegen der be-haupteten Mängel an den Armaturen unverzüglich erfolgt sind. Sofern dies auf- 9 -Grund der neu zu treffenden Feststellungen zu bejahen sein sollte, wird [X.] des Durchgreifens der [X.] mit der bisher dafür ge-gebenen Begründung keinen Bestand haben können.MelullisJestaedtScharen[X.]Asendorf

Meta

X ZR 209/00

18.03.2003

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2003, Az. X ZR 209/00 (REWIS RS 2003, 3877)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3877

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