Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.04.2016, Az. BLw 2/12

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2016, 12044

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Gegenstand

Grundstücksverkehrsgenehmigung: Ermittlung des Grundstückswerts bei der Beurteilung eines groben Missverhältnisses zum Gegenwert; Genehmigungsversagung nur bei spekulativ überhöhtem Höchstgebot


Leitsatz

1. Unter dem Wert des Grundstücks im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG ist nicht mehr dessen innerlandwirtschaftlicher Verkehrswert, sondern dessen Marktwert zu verstehen. Dieser Wert bestimmt sich nach dem Preis, den Kaufinteressenten - auch Nichtlandwirte - für das Grundstück zu zahlen bereit sind (Aufgabe von Senat, Beschluss vom 2. Juli 1968, V BLw 10/68, BGHZ 50, 297, 300).

2. Auf ein grobes Missverhältnis zwischen dem Preis und dem Wert des Grundstücks gestützte Versagungen von Verkäufen an den Meistbietenden in einem offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahren sind nur dann rechtmäßig, wenn das Höchstgebot nicht den Marktwert widerspiegelt, sondern spekulativ überhöht ist. Maßgebendes Kriterium dafür sind in erster Linie die in dem jeweiligen Verfahren abgegebenen Gebote.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des [X.] des [X.] vom 31. Juli 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 29.000 €.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte zu 1 ist eine juristische Person des Privatrechts, die für Rechnung einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts in den neuen Ländern ehemals volkseigene land- und forstwirtschaftliche Grundstücke an Private veräußert.

2

Mit notariellem Vertrag vom 31. August 2008 verkaufte die Beteiligte zu 1 eine ca. 2,6 ha große Landwirtschaftsfläche an die Beteiligten zu 2 und 3, die keine Landwirte sind. Der Verkauf erfolgte nach Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung, bei der die Beteiligten zu 2 und 3 das Höchstgebot abgegeben hatten. Mit Bescheid vom 5. Juni 2008 versagte die Beteiligte zu 4 (Genehmigungsbehörde) die Genehmigung des Kaufvertrags nach dem Grundstückverkehrsgesetz. Die Entscheidung ist darauf gestützt, dass der vereinbarte Kaufpreis in einem groben Missverhältnis zu dem Wert des verkauften Grundstücks stehe.

3

Die Beteiligten zu 1 bis 3 haben eine gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel beantragt, unter Aufhebung der behördlichen Entscheidung die Genehmigung zu erteilen. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat die Anträge zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] - [X.] - zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihren Antrag weiter.

4

Der Senat hat mit Beschluss vom 29. November 2013 (veröffentlicht u.a. in [X.], 907 ff.) dem [X.] zur Vorabentscheidung nach Art. 267 A[X.]V die Frage vorgelegt, ob Art. 107 Abs. 1 A[X.]V einer nationalen Regelung wie § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entgegensteht, welche es zur Verbesserung der Agrarstruktur einer dem Staat zuzurechnenden Einrichtung im Ergebnis verbietet, ein zum Verkauf stehendes landwirtschaftliches Grundstück an den Höchstbietenden einer öffentlichen Ausschreibung zu verkaufen, [X.]n das Höchstgebot in einem groben Missverhältnis zu dem Wert des Grundstücks steht. Der [X.] hat über die Vorlagefrage mit Urteil vom 16. Juli 2015 ([X.]/14, [X.]:[X.] - veröffentlicht u.a. in [X.], 1747 und in [X.] 2015, 752) entschieden.

II.

5

[X.] (dessen Entscheidung in [X.] 2012, 468 ff. veröffentlicht ist) meint, aus den europarechtlichen Vorschriften über die Unzulässigkeit staatlicher Beihilfen (Art. 87 EGV, jetzt Art. 107 A[X.]V) ließe sich weder die Unan[X.]dbarkeit des Grundstückverkehrsgesetzes auf die von der Beteiligten zu 1 nach einem Ausschreibungsverfahren durchgeführten Verkäufe noch eine bestimmte Auslegung der Vorschrift über den Versagungsgrund des groben [X.] zwischen der Gegenleistung und dem Wert des Grundstücks (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) herleiten. Die den Flächenerwerb nach § 3 [X.] betreffende Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] (Urteil vom 16. Dezember 2010 „[X.] Vereinigte Agrarbetriebe“, [X.]/09, [X.]:[X.]) sei nicht einschlägig, [X.]n es um die Genehmigung eines normalen [X.] gehe, wie er auch zwischen Privaten stattfinden könne, bei dem eine Begünstigungs- oder Förderabsicht nicht bestehe. Zudem bestünden erhebliche Zweifel daran, ob in der An[X.]dung eines Instruments einer negativen Bodenlenkung überhaupt eine europarechtlich relevante Beihilfe liegen könne.

6

Die Voraussetzungen für eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 [X.] lägen bei dem zu beurteilenden Kaufvertrag vor, weil der vereinbarte Kaufpreis den landwirtschaftlichen Verkehrswert des Grundstücks um mehr als 50 % übersteige. Dieser Wert sei nicht gleichbedeutend mit dem Marktwert, wie ihn die [X.] verstehe. Maßgebend für den landwirtschaftlichen Verkehrswert sei der durchschnittlich zu erzielende Preis bei einem Verkauf von einem Landwirt an einen anderen und nicht das im Einzelfall abgegebene Höchstgebot.

7

Danach bestehe ein grobes Missverhältnis zwischen dem Verkaufspreis von 29.000 € und dem von dem Sachverständigen im Vergleichswertverfahren ermittelten Verkehrswert von 13.648,19 € (ohne Berücksichtigung der Verkäufe der Beteiligten zu 1) und von 14.168,61 € (unter Einschluss auch dieser Kauffälle).

8

Besondere Umstände, die eine andere Bewertung rechtfertigten, seien nicht gegeben. Bei dem verkauften Grundstück handele es sich um eine Landwirtschaftsfläche. Es sei auch ein erwerbswilliger und erwerbsfähiger Landwirt vorhanden, der bereit wäre, das Grundstück zu einem bis zu 50 % über dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert liegenden Preis zu erwerben.

III.

9

Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Die statthafte (§ 9 [X.] i.V.m. § 70 Abs. 1 FamFG) und im Übrigen (§ 71 Abs. 1 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

Der angefochtene Beschluss ist im Ausgangspunkt rechtsfehlerhaft. Die europarechtlichen Vorschriften über die Unzulässigkeit staatlicher Beihilfen (Art. 87, 88 EGV, jetzt Art. 107, 108 A[X.]V) sind bei der An[X.]dung und der Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu berücksichtigen.

a) Diese Vorschriften sind nicht - wie das Beschwerdegericht meint - deshalb unan[X.]dbar, weil die Beteiligte zu 1 keine Subventionsabsicht verfolgt, [X.]n sie landwirtschaftliche Grundstücke zu den in einer öffentlichen Ausschreibung abgegebenen Höchstgeboten verkauft, wodurch sich diese Verkäufe von den begünstigten Veräußerungen im [X.] nach dem [X.] unter Abzug eines Abschlags von 35 vom Hundert vom Verkehrswert (§ 3 Abs. 7 Satz 1 [X.]) unterscheiden. Ob die Versagung einer Genehmigung der Verkäufe an den Meistbietenden eine staatliche Beihilfe darstellt, ist nicht nach den Absichten der Verkäuferin, sondern nach den Wirkungen der behördlichen Entscheidung zu beurteilen.

Die auf einen zu hohen Preis gestützte Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung kann eine staatliche Beihilfemaßnahme darstellen. Die für eine Beihilfe erforderliche Begünstigung ergibt sich daraus, dass die auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gestützte Versagung der Genehmigung einem Dritten die Möglichkeit verschafft, das Grundstück zu Lasten des Staatshaushalts zu einem niedrigeren Preis zu erwerben ([X.], Urteil vom 16. Juli 2015 - [X.]/14, aaO Rn. 37). Dies führt dazu, dass der Staat auf die Differenz zwischen dem von der Behörde geschätzten Wert des Grundstücks und dem in der öffentlichen Ausschreibung von dem Meistbietenden gebotenen Preis verzichtet ([X.], aaO Rn. 38). Für die Einordnung der Maßnahme als staatliche Beihilfe ist es ebenso unerheblich, dass die Genehmigung zu einem Zeitpunkt versagt wird, in dem noch nicht entschieden wird, an [X.] das betreffende Grundstück verkauft wird ([X.], aaO, Rn. 53).

b) Die Genehmigungsversagung kann sich als staatliche Beihilfe darstellen, obwohl das Grundstückverkehrsgesetz ein allgemeines, für alle Verkäufe land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke geltendes Gesetz ist und auch ein marktwirtschaftlich handelnder privater Grundstücksverkäufer nicht zu einem Preis verkaufen könnte, der in einem groben Missverhältnis zum Wert des betroffenen Grundstücks steht (vgl. Vorlagebeschluss des [X.] vom 29. November 2013 - [X.], aaO Rn. 45).

aa) Staatliche Maßnahmen, die auf alle Wirtschaftsteilnehmer unterschiedslos in gleicher Weise anzu[X.]den sind, stellen allerdings keine Beihilfen im Sinne des Unionsrechts dar (vgl. [X.], Urteil vom 19. September 2000 „[X.]/[X.]“, [X.]/00 [X.]:C:2000:467 Rn. 22; Urteil vom 8. November 2011 „Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke“, [X.]/99, [X.]:[X.], 35). Der Umstand, dass die staatliche Entscheidung auf ein allgemeines Gesetz gestützt ist, schließt ihre Qualifizierung als Beihilfe jedoch nicht aus. Auch solche Maßnahmen sind Beihilfen, [X.]n sie selektiv wirken, indem sie bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, begünstigen ([X.], Urteil vom 8. November 2011 - [X.]/99, aaO Rn. 41; Urteil vom 8. September 2005 „[X.]/[X.]“, C-66/02, [X.]:C:2005:768; Rn. 96).

bb) So verhält es sich hier, weil das Grundstückverkehrsgesetz nur für die Veräußerungen land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke gilt, und die auf einen überhöhten Preis gestützten Versagungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vor allem kaufinteressierte Land- und Forstwirte begünstigen, indem sie Veräußerungen zu überhöhten Preisen verhindern. Das mit der Vorschrift verfolgte agrarstrukturelle Ziel (dazu näher unten 2 a) steht der Qualifikation der Versagungen von Genehmigungen zu den Verkäufen der Beteiligten zu 1 als staatliche Beihilfen nicht entgegen, da Art. 107 Abs. 1 A[X.]V die Beihilfen nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen, sondern nach ihren Wirkungen beschreibt ([X.], Urteil vom 16. Juli 2015, [X.]/14 Rn. 52 unter Hinweis auf das Urteil vom 29. März 2012 „3M Italia“, [X.]/10, [X.]:C:2012:184 Rn. 36).

2. Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht aus einem anderen Grund als richtig dar (§ 74 Abs. 2 FamFG). Die Versagung der Genehmigung wäre, [X.]n sie eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 A[X.]V darstellte, nicht wegen des von dem Gesetz verfolgten agrarstrukturellen Zwecks rechtmäßig.

a) Die auf ein grobes Missverhältnis des Höchstgebots zu dem durch ein Gutachten ermittelten innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert gestützte Genehmigungsversagung durch die Beteiligte zu 4 entspricht allerdings der bisherigen Rechtsprechung des [X.] zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.]. Der Wert des Grundstücks im Sinne dieser Vorschrift war danach nach dem Preis zu bestimmen, der bei dem Verkauf von einem Landwirt an einen anderen erzielt wird (Senat, Beschluss vom 2. Juli 1968 - [X.], [X.], 297, 300; Beschluss vom 27. April 2001 - [X.], NJW-RR 2001, 1021, 1022; Beschluss vom 25. April 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 1168 Rn. 17). Diese Auslegung beruhte auf dem Zweck des Gesetzes, Erschwerungen des zur Verbesserung der Agrarstruktur erforderlichen [X.] infolge überhöhter Preise zu verhindern ([X.] 21, 87, 90; Senat, Beschluss vom 2. Juli 1968 - [X.], [X.], 297, 299; Beschluss vom 3. Juni 1976 - [X.], [X.], 849, 850). Die auf den Betriebsertrag angewiesenen Berufslandwirte sollten nicht mit so hohen Anschaffungskosten für den Erwerb ihrer Grundstücke belastet werden, dass die Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe bedroht wäre (Senat, Beschluss vom 12. Dezember 1963 - [X.], [X.], 69; Beschluss vom 2. Juli 1968 - [X.], [X.], 297, 299; Beschluss vom 3. Juni 1976 - [X.], [X.], 849, 850; Beschluss vom 25. April 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 1168 Rn. 18). Die Genehmigung konnte danach nicht für Veräußerungen erteilt werden, bei denen der vereinbarte Preis den Ertragswert des Grundstücks weit überstieg und der Mehrpreis nicht durch die Erwartung einer Bebaubarkeit des Grundstücks in absehbarer Zeit gerechtfertigt war (Senat, Beschluss vom 27. April 2001 - [X.], NJW-RR 2001, 1021, 1022).

b) Nach der auf den Vorlagebeschluss ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] kann diese Rechtsprechung nicht aufrechterhalten werden. Unter dem Wert des Grundstücks im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ist nicht mehr dessen innerlandwirtschaftlicher Verkehrswert, sondern dessen Marktwert zu verstehen. Dieser Wert bestimmt sich nach dem Preis, den Kaufinteressenten - auch Nichtlandwirte - für das Grundstück zu zahlen bereit sind.

aa) Eine andere Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] stellte sich bei den Verkäufen durch die Beteiligte zu 1 als eine staatliche Beihilfe zugunsten der landwirtschaftlichen Unternehmen dar.

Ob diese Beihilfe im Hinblick auf den mit dem Grundstückverkehrsgesetz verfolgten agrarstrukturellen Zweck gerechtfertigt ist (vgl. den Vorlagebeschluss des [X.], Rn. 49), obliegt nicht der Beurteilung der Gerichte. Für diese Entscheidung ist ausschließlich die [X.] zuständig, die dabei der Kontrolle des [X.] unterliegt ([X.], Urteil vom 16. Juli 2015, [X.]/14 aaO Rn. 52 unter Hinweis auf [X.], Urteil vom 29. März 2012 „[X.]“, [X.]/09, [X.]:C:2010:335 Rn. 22).

Eine Fortführung der bisherigen Rechtsprechung zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] wäre daher nur dann möglich, [X.]n die Bundesrepublik [X.] die Vorschrift als Beihilfemaßnahme bei der [X.] notifiziert und diese deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt nach § 108 Abs. 3 A[X.]V festgestellt oder nach Ablauf der für die Prüfung erforderlichen Frist sich nicht geäußert hätte ([X.], Urteil vom 11. Dezember 1973 „[X.]Bundesrepublik [X.]“, [X.]/73; [X.]:[X.] Rn. 5; vgl. auch Senat, Urteil vom 4. April 2003 - [X.], [X.], 1491, 1492).

bb) Als staatliche Beihilfe können allerdings nur Verkäufe durch eine staatliche Einrichtung, jedoch nicht Verkäufe durch Private qualifiziert werden. Die Bestimmung des [X.] nach dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert nur bei den Verkäufen Privater würde indes zu einer Ungleichbehandlung gleichartiger Sachverhalte bei der An[X.]dung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] führen. Private Eigentümer könnten ihre land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke dann nämlich nicht zu den am Markt erzielbaren Preisen verkaufen, die die Beteiligte zu 1 bei den für Rechnung des Staates durchgeführten Verkäufen durchsetzen kann. Um sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen zu vermeiden (Art. 3 Abs. 1 GG), ist die Bestimmung des [X.] allgemein nicht mehr nach dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert, sondern nach dem Marktwert vorzunehmen.

3. Die Rechtsbeschwerde ist nach dem Vorstehenden begründet und der angefochtene Beschluss daher aufzuheben (§ 74 Abs. 5 FamFG). Die Sache ist jedoch nicht zur Endentscheidung reif (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG).

a) Der Senat kann die Genehmigung nach § 22 Abs. 3 [X.] nicht erteilen. Es ist nämlich nicht schon auf Grund des von den Beteiligten zu 2 und 3 abgegebenen Höchstgebots davon auszugehen, dass der Preis nicht in einem groben Missverhältnis zum Marktwert des Grundstücks steht. Dem steht entgegen, dass der [X.] nicht die Rechtsauffassung der Beteiligten zu 1 bestätigt hat, nach der die Versagung der Genehmigung zu einem Verkauf eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks an den in einem offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahren Meistbietenden stets eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 A[X.]V darstellt. Nach der Auffassung des Gerichtshofs spricht zwar eine Vermutung dafür, dass das in einem solchen Verfahren abgegebene Höchstgebot dem Marktpreis entspricht ([X.], Urteil vom 16. Juli 2015, [X.]/14, aaO Rn. 14, 15 unter Bezugnahme auf das Urteil vom 24. Oktober 2013 „[X.]/[X.]“, [X.]/12 P, [X.]/12 P und [X.], [X.]:[X.] Rn. 94, 95). Diese Vermutung greift aber nicht immer, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Methode des Verkaufs an den Meistbietenden nicht zu einem dem Marktwert des Objektes entsprechenden Preis führt. Das kann der Fall sein, [X.]n das Höchstgebot auf Grund seines offensichtlich spekulativen Charakters deutlich über den sonstigen im Rahmen einer Ausschreibung abgegebenen Preisgeboten und dem geschätzten Verkehrswert des Grundstücks liegt ([X.], Urteil vom 16. Juli 2015, [X.]/14, aaO Rn. 39, 40).

b) Ob die Versagung der Genehmigung des Verkaufs an den Meistbietenden durch die Beteiligte zu 1 zu einem Preis führt, der möglichst nahe beim Marktwert des fraglichen Grundstücks liegt und deshalb keine staatliche Beihilfe darstellt, muss gemäß dem Urteil des Gerichtshofs [X.] nach Maßgabe des Sachverhalts und insbesondere der Modalitäten des Ausschreibungsverfahrens entschieden werden ([X.], Urteil vom 16. Juli 2015, [X.]/14, aaO Rn. 48). Der Gerichtshof verweist in diesem Punkt auf die Schlussanträge des Generalanwalts. Dieser unterscheidet danach, ob das Höchstgebot deutlich über den sonstigen Angeboten und dem geschätzten Verkehrswert oder nahe an den anderen Geboten gelegen hat. Nur in dem ersten Fall sei davon auszugehen, dass das Höchstgebot spekulativ sei und der geschätzte Wert eher dem Verkehrswert entspreche, während in dem zweiten Fall diese Annahme nicht gerechtfertigt sei und die streitige Regelung daher Elemente einer staatlichen Beihilfe enthalte (Schlussanträge des Generalanwalts vom 17. März 2015, [X.]/14, [X.]:[X.] Rn. 71 und 72). Sollte schließlich nur ein Angebot abgegeben worden sein, seien wiederum die üblichen Methoden zur Ermittlung des Verkehrswerts durch ein Gutachten heranzuziehen (Schlussanträge, aaO Rn. 74).

c) Auf ein grobes Missverhältnis zwischen dem Preis und dem Wert des Grundstücks gestützte Versagungen von Verkäufen an den Meistbietenden in einem offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahren sind danach nur dann rechtmäßig, [X.]n das Höchstgebot nicht den Marktwert des Grundstücks widerspiegelt, sondern spekulativ überhöht ist. Das ist in dem Genehmigungsverfahren nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu prüfen. [X.] Kriterium dafür sind in erster Linie die in dem jeweiligen Verfahren abgegebenen Gebote. Da es an den erforderlichen Feststellungen zu dem in dem von der Beteiligten zu 1 durchgeführten Bieterverfahren abgegebenen Geboten bislang fehlt, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich.

IV.

1. Nach dem Vorstehenden ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG), um der Beteiligten zu 1 Gelegenheit zu geben, zu den anderen Geboten im Ausschreibungsverfahren vorzutragen. Um dem Gericht und dem Beteiligten zu 4 eine Überprüfung zu ermöglichen, sind nicht nur die Gebote, sondern auch die Bieter zu benennen.

2. a) Sollte sich danach herausstellen, dass andere landwirtschaftliche Unternehmen annähernd gleiche hohe Gebote wie die Beteiligten zu 2 und 3 abgegeben haben, käme eine Versagung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] - unabhängig von den gutachterlichen Feststellungen zur Höhe des landwirtschaftlichen Verkehrswerts - schon nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] nicht in Betracht (vgl. Senat, Beschluss vom 25. April 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 1168 Rn. 28). Das gilt jedoch - abweichend von der bisherigen Rechtsprechung - auch dann, [X.]n andere Bieter, die nicht Landwirte sind, in dem Ausschreibungsverfahren ebenfalls Gebote in annähernd gleicher Höhe wie die Beteiligten zu 2 und 3 abgegeben haben sollten, es sei denn, dass diese Gebote auf einer Absprache mit den Beteiligten zu 2 und 3 beruhten und ihnen kein [X.] zugrunde lag. Da der Marktwert des landwirtschaftlichen Grundstücks - wie ausgeführt (oben [X.]) - nicht nach dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert bestimmt werden darf, wäre eine auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gestützte Versagung der Genehmigung zu einem Verkauf zum Höchstgebot durch die Beteiligte zu 1 wegen des [X.] zum Grundstückswert in diesem Fall als unzulässige Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 A[X.]V zu qualifizieren. Die angefochtenen Entscheidungen müssten dann ebenfalls aufgehoben werden und die Genehmigung wäre zu erteilen.

b) Sollten die Beteiligten zu 2 und 3 dagegen die einzigen Bieter gewesen sein, die in dem Ausschreibungsverfahren ein Angebot in dieser Höhe abgegeben haben, wäre die auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gestützte Versagung der Genehmigung des Verkaufs zu dem [X.] nicht als eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 A[X.]V zu bewerten, [X.]n das Höchstgebot als ein spekulativ überhöhter Preis anzusehen wäre.

aa) Dazu wäre weiter zu prüfen, ob die von dem Gutachter ermittelten höheren Preise in dem Jahr des Vertragsschlusses bei den Verkäufen der Beteiligten zu 1 für Grundstücke gezahlt wurden, die dem verkauften Grundstück nach Beschaffenheit, Lage und Größe entsprachen, und ob die Zahl dieser Verkaufsfälle eine hinreichend breite Datenbasis für die Ermittlung eines Marktwerts allein anhand der Verkäufe der Beteiligten zu 1 bietet. Sollte das zu bejahen sein, wäre die Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nur dann rechtmäßig, [X.]n der von den Beteiligten zu 2 und 3 gebotene Preis unter Heranziehung eines nur aus den Verkäufen der Beteiligten zu 1 ermittelten Marktwerts in einem groben Missverhältnis zum Grundstückswert stünde und sich deshalb als ein spekulativ überhöhter Preis darstellte.

bb) Fehlt es an einer solchen Datenbasis für die Ermittlung des Marktwerts allein nach den Verkäufen der Beteiligten zu 1, müsste auf den nach den Ergebnissen aller Verkäufe (der Beteiligten zu 1 und Privater) zu ermittelnden Verkehrswert des Grundstücks zurückgegriffen werden. In diesem Fall wäre nach den Ergebnissen des von dem Beschwerdegericht eingeholten Verkehrswertgutachtens die Genehmigung zu Recht versagt worden.

[X.]                     Czub                     [X.]

Meta

BLw 2/12

29.04.2016

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend EuGH, 16. Juli 2015, Az: C-39/14, Urteil

§ 9 Abs 1 Nr 3 GrdstVG, Art 107 AEUV, Art 108 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.04.2016, Az. BLw 2/12 (REWIS RS 2016, 12044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12044

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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