Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2013, Az. AnwZ (Brfg) 10/13

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2013, 1504

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 10/13

vom

2. November 2013

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Zahlung
-

2

-

Der [X.], [X.],
hat durch den
Vorsitzen[X.] Prof. [X.], die Richterin
Lohmann, [X.] Seiters
sowie die Rechtsanwälte
Prof. Dr. Stüer und Dr. Martini

am
2. November 2013
beschlossen:

Der Antrag des [X.]
auf
Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 2. Senats des [X.]s des Landes
Nord-rhein-Westfalen vom 2. November
2012
wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 1.0e-setzt.

Gründe:

I.

Der Beklagte ist im Bezirk der Klägerin
zur Rechtsanwaltschaft zugelas-sen. Mit Bescheid vom 12. Februar 2010 gab die Klägerin
ihm auf, ein Gutach-ten der ärztlichen Direktorin und Abteilungsärztin Allgemeine
Psychiatrie II der L.

-Klinik in K.

über seinen Gesundheitszustand
beizubringen. Die Gutach-terin erklärte, sie lasse sich nur von Gerichten oder Institutionen beauftragen. Daraufhin erteilte die Klägerin den Auftrag zur Erstattung des Gutachtens. Sie 1
-

3

-

[X.] ersetzt. Sie hat zunächst bei dem für den Wohnsitz des [X.] örtlich zuständigen Amtsgericht Klage erhoben. Auf ihren Antrag hin ist die Sa-che
mit Zustimmung des [X.]
an den [X.] verwiesen [X.]. Die Klägerin hat beantragt,

von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 12. Mai 2011 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. festzustellen, dass der der Kostenforderung der Klägerin zugrunde [X.] Verwaltungsakt vom 12. Februar 2010 nichtig ist.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der [X.] hat den [X.] antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Nunmehr beantragt der Beklagte
die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil.
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-

4

-

II.

Der Antrag des [X.]
auf Zulassung der Berufung ist nach §
112e Satz 2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO statthaft. Er bleibt jedoch
ohne
Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) bestehen nicht.

a)
Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argu-menten in Frage gestellt wird ([X.] 110, 77, 83; [X.], [X.], 1163, 1164; NVwZ-RR 2008, 1; NJW 2009, 3642; vgl. ferner [X.],
NVwZ-RR 2004, 542, 543
f.; [X.]/Göcken, [X.], §
112e [X.] Rn.
77).

b)
Der Bescheid vom 12. Februar 2010 ist nicht nach §
32 [X.], §
44 Abs.
2 Nr.
4 VwVfG nichtig. Nichtig nach §
44 Abs.
2 Nr.
4 VwVfG ist ein [X.], den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann.
Das war hier nicht der Fall.
Der Umstand, dass das dem [X.] aufgegebene Verhal-ten -
die Vorlage des Gutachtens
-
nicht von dessen Willen allein abhing, son-dern der Mitwirkung der von der Klägerin bestimmten Gutachterin bedurfte, reicht insoweit nicht aus. Ebenso wenig führte deren Weigerung, im Auftrag des [X.] tätig zu werden, zu einer Nichtigkeit des Bescheides vom 12. Febru-ar 2010.
Der Beklagte konnte
der Anordnung, ein Gutachten der von der Kläge-rin
bestimmten Ärztin vorzulegen, mit Hilfe der Klägerin nachkommen.

c)
Die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatzanspruchs aus Ge-schäftsführung ohne Auftrag
(§§
677
ff., 679 [X.])
sind erfüllt.

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5

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aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.]s
(vgl. [X.], Urteil vom
17. November 2011 -
III
ZR 53/11, [X.]Z 191, 325 Rn.
15) können öffentlich-rechtliche Pflichten eine Haftung als Geschäftsherr im Sinne der (zivil-rechtlichen) Vorschriften der §§
677
ff.
[X.] auslösen. Ob der geltend gemach-te Anspruch dem öffentlichen Recht oder dem Zivilrecht zuzuordnen ist
(vgl. §
112a Abs.
1 [X.]), bedarf
nach der bindenden Verweisung
des Rechts-streits
an den [X.]

17a Abs.
2 Satz 3 GVG)
jedoch
keiner Ent-scheidung. In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass die Bestimmungen der §§
677
ff.
[X.] im öffentlichen
Recht bei Vorliegen einer planwidrigen Lücke im jeweiligen [X.] finden können
(vgl. etwa
[X.]E
80, 170, 172
f.;
[X.], Beschluss vom 28. März 2003 -
6
B 22/03, [X.] 442.066 §
53 TKG Nr.
2).
Die Voraussetzun-gen eines Anspruchs aus
öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechen denjenigen der §§
677
ff.
[X.].

bb) Die Bundesrechtsanwaltsordnung sieht nicht vor, dass der
nach §
15 Abs.
1 Satz 1 [X.] bestimmte Gutachter
im Auftrag der Kammer tätig wird. Sie
schließt einen Auftrag der Kammer
anstelle des betroffenen Rechtsanwalts
aber auch nicht aus. Erteilt die Kammer den Auftrag selbst, liegt hierin kein zu-sätzlicher Eingriff in die Rechte des
Rechtsanwalts, der einer gesonderten rechtlichen Grundlage bedürfte.
Mit der Beauftragung der Gutachterin hat die Klägerin
objektiv
ein Geschäft des [X.] geführt, dem die Beibringung des Gutachtens aufgegeben worden war (§
15
Abs.
1 [X.]).
Der Fremdgeschäfts-führungswillen wird in einem solchen Fall vermutet.
Ein etwa der Geschäftsfüh-rung entgegenstehender Wille des [X.] war nach §
679 [X.] unbeacht-lich.
Der Erstattungsanspruch (§§
683, 670 [X.]) steht nicht im Widerspruch zu 10
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6

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der
Kostenregelung des §
15 Abs.
1 Satz 3 [X.]; denn die Kosten des vom Rechtsanwalt beizubringenden Gutachtens sind von diesem selbst zu tragen.

d)
Entgegen der Ansicht des [X.] ist der Bescheid vom 12. Februar 2010 nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Die Ausführungen des [X.]
da-zu, dass die Gutachterin von der Klägerin "in Abstimmung mit den [X.] Geheimdiensten ausgesucht"
worden sei
und ein Zusammenhang mit dem "[X.]"
bestehe, sind unverständlich.

2. Der Beklagte hat keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Ent-scheidung des [X.]s beruhen kann (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO). Der [X.] hat nicht gegen den [X.] verstoßen. Die Entscheidung über den geltend gemachten Zahlungsanspruch erforderte keine Feststellungen zu einem "[X.]"
oder "[X.]"
des [X.].
Der [X.] war auch nicht [X.] nicht vorschriftsmäßig besetzt, weil der Vorsitzende im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits das "[X.]"
erreicht hatte. Wie sich im Umkehrschluss aus §
103 Abs.
2, §
94 Abs.
3 Satz 1, §§
65
ff., §
67 Nr.
1 [X.] ergibt, kann ein Rechtsanwalt, der das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat, Mitglied des [X.]s sein. Der Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) wurde nicht verletzt. Der Vor-trag, dessen fehlende Protokollierung der Beklagte rügt, war unerheblich.

3. Die Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen oder tatsächli-chen Schwierigkeiten auf (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
2 VwGO).
Der [X.] war nicht zu beteiligen.
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4. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
3 VwGO). Der Bescheid
vom 12. Februar 2010 ist nicht nichtig. Die vom [X.] aufgeworfene Frage einer "Umgehung des nichtigen Verwaltungsaktes"
stellt sich damit nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf
§
112c Abs.
1 Satz 1 [X.], §
154 Abs.
2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs.
1 [X.], §
52 Abs.
3 GKG.

Kayser
Lohmann
Seiters

Stüer
Martini

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 02.11.2012 -
2 [X.] 10/12 -

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Meta

AnwZ (Brfg) 10/13

02.11.2013

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2013, Az. AnwZ (Brfg) 10/13 (REWIS RS 2013, 1504)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1504

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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