1. Senat | REWIS RS 2017, 11241
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Organschaft: Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter; Verlustübernahmevereinbarung bei Änderung des Aktienrechts
1. Die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen des beherrschenden Unternehmens an einen außenstehenden Gesellschafter der beherrschten Gesellschaft steht der körperschaftsteuerrechtlichen Anerkennung eines Gewinnabführungsvertrags entgegen, wenn neben einem bestimmten Festbetrag ein zusätzlicher Ausgleich gewährt wird, dessen Höhe sich am Ertrag der vermeintlichen Organgesellschaft orientiert und der zu einer lediglich anteiligen Gewinnzurechnung an den vermeintlichen Organträger führt (Bestätigung des Senatsurteils vom 4. März 2009 I R 1/08, BFHE 225, 312, BStBl II 2010, 407) .
2. Eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft mit einer GmbH als Organgesellschaft setzt nach § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG a.F. voraus, dass ausdrücklich die Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG (in allen seinen Bestandteilen und in den jeweiligen Regelungsfassungen) vereinbart worden ist. Dieses Vereinbarungserfordernis bezieht sich auch auf solche Regelungsbestandteile des § 302 AktG, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gewinnabführungsvertrags noch nicht in Kraft getreten waren (hier: § 302 Abs. 4 AktG). Im Falle der Änderung des § 302 AktG ist demnach eine dieser Vorschrift entsprechende Vereinbarung --durch Anpassung des ursprünglichen Gewinnabführungsvertrags-- zu treffen .
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 11. November 2015 6 K 386/13, soweit es den Streitgegenstand Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2006 betrifft, aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
A.
Zwischen den [X.]eteiligten ist streitig, ob zwischen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, und der [X.] ([X.]) ein Organschaftsverhältnis begründet wurde.
Geschäftsgegenstand der im Jahr 2000 gegründeten Klägerin ist die Gas- und Wasserversorgung im [X.]ereich der Stadt [X.] und die Abwasserentsorgung für die Städte [X.] und H.
Die Stadt [X.] hielt zunächst unmittelbar 51 % des Stammkapitals der Klägerin. Die [X.] gliederte dann ihren [X.]äder-Regiebetrieb auf die neu gegründete [X.] aus und übertrug dieser die Mehrheitsbeteiligung. In Höhe von 49 % war die [X.] im Streitzeitraum beteiligt, die zugleich den [X.]etrieb der Klägerin führte. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass die [X.] von dem ausgewiesenen Jahresüberschuss vorab eine Gewinnausschüttung in Höhe von ... € erhalten sollte. Der verbleibende Gewinn war im Verhältnis der [X.]eteiligungsquoten aufzuteilen.
2004 schlossen die Klägerin und die [X.] einen Gewinnabführungsvertrag zwecks [X.]egründung einer ertragsteuerlichen Organschaft. Danach verpflichteten sich die Klägerin zur Abführung ihres gesamten Gewinns und die [X.] zur Übernahme etwaiger Jahresfehlbeträge. In Absatz 2 der in § 2 des [X.] geregelten Verlustübernahme war die entsprechende Anwendung des § 302 Abs. 1 und Abs. 3 des Aktiengesetzes ([X.]) angeordnet. [X.] später fügte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 15. Dezember 2004 dem § 302 [X.] einen vierten Absatz an. Dieser enthält eine Verjährungsregelung für den Verlustübernahmeanspruch des beherrschten Unternehmens.
§ 3 des [X.] enthielt [X.]estimmungen für die Ausgleichszahlung an den außenstehenden Gesellschafter. Danach garantierte die [X.], an diesen für jedes volle Geschäftsjahr eine jährliche Ausgleichszahlung in Höhe von ... € je 1.000 € Nennbetrag eines Geschäftsanteils zu leisten.
Die [X.] verpflichtete sich weiterhin, jährlich einen variablen Zuschlag zur Ausgleichszahlung zu gewähren. Im Einzelnen sah der Vertrag diesbezüglich vor, dass Ausgangsgröße der [X.]erechnung der Jahresüberschuss der Klägerin vor Ergebnisabführung, Ausgleichszahlung und Ertragsteuern sein sollte. Davon waren laut Vertrag die originäre bzw. fiktive Gewerbeertragsteuer und die fiktive Körperschaftsteuer einschließlich des Solidaritätszuschlags sowie der festen Ausgleichszahlung in Abzug zu bringen. Das Ergebnis dieser [X.]erechnung war schließlich mit der [X.]eteiligungsquote zu multiplizieren. Im Falle eines negativen Rechenergebnisses sollte dieser Wert auf neue Rechnung vorgetragen werden und die Ausgangsgröße für die [X.]erechnung der künftigen variablen Ausgleichszahlung mindern.
Auf dieser Grundlage erhielt die [X.] als außenstehende Gesellschafterin die vertraglich vereinbarten festen und variablen Ausgleichszahlungen. Die Verlustübernahmeregelung blieb --ohne Anpassung der Klausel an die Verjährungsregelung in § 302 Abs. 4 [X.]-- unverändert.
Der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) ging allerdings davon aus, dass wegen der Höhe der Ausgleichszahlungen, die in den Streitjahren zwischen 56 % und 63 % des Jahresüberschusses der Klägerin ausmachten, von einer Abführung des gesamten Gewinnes, wie es für die Organschaft erforderlich sei, nicht gesprochen werden könne.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das [X.] ([X.]) sah die am Gewinn der Organgesellschaft orientierte Ausgleichsregelung als schädlich an. Es beanstandete zusätzlich die Verlustübernahmeregelung in § 2 des [X.] wegen des fehlenden Verweises auf § 302 Abs. 4 [X.] als unzureichend (Urteil vom 11. November 2015 6 K 386/13, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2016, 1193).
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des [X.]-Urteils die [X.] 2004 bis 2007 dahingehend abzuändern, dass als Einkommen diejenigen [X.]eträge angesetzt werden, die sich bei Anerkennung der Organschaft ergeben würden.
Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
B.
Das angefochtene Urteil des [X.] ist, soweit es über den Bescheid über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2006 vom 22. April 2013 entschieden hat, aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. An die Stelle dieses Bescheids ist während des Revisionsverfahrens der Änderungsbescheid vom 22. November 2016 getreten. Soweit dem [X.]-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt, kann es keinen Bestand haben (vgl. Senatsurteil vom 3. August 2005 I R 94/03, [X.], 398, [X.], 20, m.w.[X.]).
Der Bescheid für 2006 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 22. November 2016 ist gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Nachdem sich hinsichtlich der vorliegend streitigen Punkte keine Änderungen ergeben haben und die Klägerin auch keinen weiter gehenden Antrag gestellt hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das [X.] gemäß § 127 [X.]O. Die vom [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht entfallen. Sie bilden unverändert die Grundlage für die Entscheidung des erkennenden Senats. Diese kann in der Sache selbst ergehen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O; Senatsurteil in [X.], 398, [X.], 20).
Im Hinblick auf den Streitgegenstand Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2006 ist die Klage unbegründet und daher abzuweisen. Im Übrigen ist die Revision unbegründet und zurückzuweisen. Das [X.] hat zu Recht das gesamte von der Klägerin erzielte Einkommen derselben und nicht teilweise der [X.] zugerechnet, weil in den Streitjahren ein körperschaftsteuerrechtliches Organschaftsverhältnis zwischen beiden Kapitalgesellschaften nicht bestanden hat. Sowohl die Regelungen über die Ausgleichszahlungen als auch die vertraglichen Verlustübernahmebestimmungen genügen den gesetzlichen Anforderungen nicht.
I. Ausgleichszahlungen
1. Gemäß § 16 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung ([X.]) hat eine Organgesellschaft ihr Einkommen in Höhe von 4/3 der geleisteten Ausgleichszahlungen selbst zu versteuern. Diese Regelung gilt nach § 17 Satz 1 [X.] entsprechend, wenn eine GmbH als Organgesellschaft sich verpflichtet hat, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen i.S. des § 14 [X.] abzuführen. Die Versteuerung der Ausgleichszahlungen als eigenes Einkommen der Organgesellschaft setzt die wirksame Begründung einer Organschaft voraus. Fehlt es daran, hat die GmbH --als vermeintliche Organgesellschaft-- das von ihr erzielte Einkommen in voller Höhe selbst zu versteuern.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats stehen Ausgleichszahlungen grundsätzlich der steuerlichen Anerkennung einer Organschaft nicht entgegen, weil der Steuergesetzgeber die Leistung von Ausgleichszahlungen an außenstehende [X.]er bei der [X.] der Selbstversteuerungspflicht der Organgesellschaft in §§ 16, 17 Satz 1 [X.] vorausgesetzt hat (Senatsurteil vom 4. März 2009 I R 1/08, [X.], 312, [X.], 407). Allerdings darf durch eine --vollständige oder zumindest teilweise-- Koppelung der Ausgleichszahlung an das Ergebnis der Organgesellschaft vor Gewinnabführung die tatsächliche Durchführung der Gewinnabführungsverpflichtung nicht in Frage gestellt werden. Jedenfalls dann, wenn dem außenstehenden [X.]er infolge der Ausgleichszahlung der Gewinn der Organgesellschaft in dem Verhältnis zufließt, in dem er ohne Organschaft mit [X.] zu verteilen gewesen wäre, liegt die von § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorausgesetzte Abführung des ganzen Gewinns an den Organträger nicht vor (Senatsurteil in [X.], 312, [X.], 407).
b) Nach dieser Rechtsprechung, an der trotz der Kritik des Schrifttums (vgl. z.B. [X.]/von [X.]/[X.], Betriebs-Berater 2009, 2344; [X.]/[X.], [X.] 2009, 1098) festzuhalten ist, bestimmen die gesellschaftsrechtlichen Vorgaben die ertragsteuerliche Rechtsanwendung nicht abschließend. Ob bei einer Aktiengesellschaft über die Mindestanforderungen des § 304 Abs. 2 Satz 1 [X.] (fester Ausgleich) hinausgehend privatautonom "beliebig" [X.]en gesellschaftsrechtlich vereinbart werden können (vgl. z.B. [X.]/von [X.]/[X.], a.a.[X.]) und ob bei einer GmbH mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung erst recht gesellschaftsrechtliche Vertragsfreiheit bei der Vereinbarung von Ausgleichszahlungen herrscht (vgl. [X.], [X.] --GmbHR-- 2016, 975), kann dahinstehen. Jedenfalls sind die steuerrechtlichen Tatbestandsmerkmale, insbesondere die für die Anerkennung der Organschaft unabdingbare vereinbarungsgemäße und tatsächlich durchgeführte Abführung des ganzen Gewinns, eigenständig anhand der steuerrechtlichen Regelungszwecke und Sachgesetzlichkeiten auszulegen und anzuwenden (Senatsurteil vom 3. März 2010 I R 68/09, [X.], 1132). Gegen eine "freie" und vom Steuerrecht grundsätzlich zu akzeptierende Festlegung der Ausgleichszahlungen im Fall einer GmbH-Organgesellschaft spricht zudem die vom Steuergesetzgeber angeordnete entsprechende Anwendung der §§ 14 bis 16 [X.] (§ 17 Satz 1 [X.]). Die für Aktiengesellschaften einschlägigen Organschaftsregelungen für Ausgleichszahlungen (§§ 14 Abs. 1 und 16 [X.] i.V.m. § 304 [X.], vgl. Senatsurteil in [X.], 312, [X.], 407, wonach die Beachtung des § 304 [X.] zivilrechtliches und auch steuerrechtliches Wirksamkeitserfordernis ist) gelten demnach für eine GmbH als Organgesellschaft entsprechend. § 304 [X.] sieht lediglich einen festen Ausgleich (§ 304 Abs. 2 Satz 1 [X.]) und einen am Ergebnis des [X.] orientierten variablen Ausgleich (§ 304 Abs. 2 Satz 2 [X.]), nicht aber einen am (schwankenden) Gewinn der beherrschten [X.] orientierten variablen Ausgleich vor (so [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 304 Rz 19; a.A. wohl [X.]/[X.] in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 304 [X.] Rz 20a). Mit einem derartigen variablen Ausgleich hätten es die Beteiligten faktisch in der Hand, das von der Organgesellschaft erzielte Einkommen beliebig zwischen Organgesellschaft (vgl. § 16 [X.]), Organträger (§ 14 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und außenstehendem [X.]er aufzuteilen. Das ist zum einen mit dem Zweck des Tatbestandsmerkmals "Abführung des ganzen Gewinns" nicht zu vereinbaren (gl.[X.] in [X.]/ Drüen, [X.]/[X.]/[X.], § 16 [X.] Rz 31 ff.; [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 16 [X.] Rz 25). Zum anderen würden damit die Organschaftsregelungen, die als Ausnahmebestimmungen einer Einkommensverwendungsabrede in engen Grenzen steuerliche Wirkung beilegen (vgl. Gosch/ [X.], [X.], 3. Aufl., § 14 Rz 6; abweichend z.B. Streck/ Olbing, [X.], 8. Aufl., § 14 Rz 1), zweck- und systemwidrig ausgeweitet. [X.] sind deshalb für die AG und --durch die Anordnung der entsprechenden Anwendung der aktienrechtlichen Organschaftsregelungen (§ 17 Satz 1 [X.])-- auch für die GmbH grundsätzlich nur solche Ausgleichszahlungsvereinbarungen anzuerkennen, die gesellschaftsrechtlich dem dort zwingend Gebotenen Rechnung tragen und nicht zu einer beliebigen Aufteilung des von der Organgesellschaft erzielten Einkommens führen.
2. Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall nicht von einer Gesamtgewinnabführung auszugehen.
Die [X.] ist darauf angelegt, die [X.]er der Klägerin finanziell im Wesentlichen so zu stellen, wie sie ohne Organschaft gestanden hätten. Maßgeblich hierfür ist nicht die volle betragsmäßige Übereinstimmung der Ergebnisverteilung vor und nach Abschluss des [X.], sondern die wertende Betrachtung der Abrede. Danach hat im Streitfall eine Orientierung an der bisherigen Gewinnverteilungsregelung der --vermeintlichen-- Organgesellschaft stattgefunden. So sah der [X.]svertrag vom 31. Juli 2001 in § 12 eine Vorabausschüttung an die [X.] in Höhe von ... € vor. Der verbleibende Jahresgewinn war [X.] aufzuteilen. Die Regelung in § 3 des [X.]s gewährte der [X.] eine feste Ausgleichszahlung von ... €. Damit wurde der [X.] weitgehend substituiert. Die variable [X.] knüpft wie die bisherige gesellschaftsvertragliche Bestimmung an den nach Abzug der festen Ausgleichszahlung verbleibenden Teil des Gewinns an und verteilt diesen Restbetrag [X.]. Damit wurde, wie im Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vom 18. September 2003 mitgeteilt, durch den Abschluss des [X.] im Wesentlichen erreicht, dass "das auf die [X.] entfallende Ergebnis aus der Beteiligung an der S[X.] der [X.] zugerechnet" wird. Eine solche nur anteilige Gewinnzurechnung widerspricht aber --wie aufgezeigt-- dem Erfordernis der Gesamtgewinnabführung.
3. Auch soweit das [X.] der Klage unter dem Aspekt der Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft den Erfolg versagt hat, ist die Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz hat im Wesentlichen darauf abgestellt, dass den Schreiben des [X.] vom 13. November 2003 und vom 29. März 2004 keine --verbindlichen-- Aussagen zur Anerkennung der im Entwurf des [X.] enthaltenen [X.]en zu entnehmen seien. Der Senat schließt sich dem an.
II. Verlustübernahme
1. Nach ständiger Spruchpraxis des [X.] ([X.]) zu § 17 Satz 2 Nr. 2 [X.] muss der Gewinnabführungsvertrag eine dem § 302 [X.] entsprechende Vereinbarung über die Verlustübernahme durch den Organträger enthalten. Einbezogen werden muss seit Einfügung der Verjährungsregelung des § 302 Abs. 4 [X.] durch das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das [X.] vom 9. Dezember 2004 ([X.], 3214) mit Wirkung vom 15. Dezember 2004 (Art. 25 des besagten Gesetzes) auch diese (s. nunmehr auch das Erfordernis eines "dynamischen" Verweises auf § 302 [X.] gemäß § 17 Satz 2 Nr. 2 [X.] i.d.[X.] zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013, [X.], 285, [X.], 188). Die Tatsache, dass zivilrechtlich § 302 [X.] im GmbH-Vertragskonzern analog anzuwenden ist und damit auch ohne gesonderte Regelung im Vertrag zivilrechtlich "automatisch" gilt, ist steuerrechtlich unbeachtlich (Senatsurteile in [X.], 1132; vom 24. Juli 2013 I R 40/12, [X.]E 242, 139, [X.], 272, m.w.[X.]).
2. Die in § 17 Satz 1 [X.] für den GmbH-Konzern angeordnete entsprechende Anwendung von § 14 [X.] betrifft auch die Voraussetzungen zu Beginn und Ende der Wirksamkeit des [X.]s. Der Vertrag muss demnach gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 [X.] auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen sein und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden. Diese zeitlichen Erfordernisse erstrecken sich gleichermaßen auf die Einbeziehung der Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 [X.] gemäß § 17 Satz 2 Nr. 2 [X.] (vgl. Senatsurteile vom 22. Februar 2006 I R 74/05, [X.]/NV 2006, 1513, und [X.], [X.] --HFR-- 2006, 1009).
3. Auch nach diesen Maßstäben war die Organschaft in den Streitjahren steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Zwar genügte die Verlustübernahmeregelung im streitgegenständlichen Gewinnabführungsvertrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 30. November 2004 den Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 [X.], weil diese den hierfür ausreichenden Verweis auf die Absätze 1 und 3 des § 302 [X.] enthielt (vgl. [X.] 3 Satz 2 der [X.] 2004; Senatsurteil in [X.], 1009) und Absatz 4 jener Vorschrift erst am 15. Dezember 2004 in [X.] getreten ist (Art. 11 Nr. 6 und Art. 25 des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das [X.] vom 9. Dezember 2004, [X.], 3214).
a) Allerdings erstrecken sich die zeitlichen Erfordernisse des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 [X.] auch auf die Verlustübernahmeregelung mit der Folge, dass eine dem § 17 Satz 2 Nr. 2 [X.] genügende Regelung während der gesamten fünfjährigen Geltungsdauer durchgeführt worden sein muss. Hieran fehlt es im Streitfall. Denn bereits ab dem 15. Dezember 2004 galt hinsichtlich der Verjährung des [X.] die von den allgemeinen Verjährungsvorschriften abweichende Sonderregelung des § 302 Abs. 4 [X.]. Diese war indes nicht Grundlage der vertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der [X.], weil sie in den streitgegenständlichen Gewinnabführungsvertrag nicht einbezogen wurde.
b) Dieser rechtlichen Beurteilung steht der Wortlaut des § 17 Satz 2 Nr. 2 [X.] nicht entgegen (a.A. wohl Schothöfer, GmbHR 2005, 982; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 17 Rz 44; [X.]/Winter, Organschaft 2013/2014, [X.] 68 f.). Dieser ist zwar auslegungsbedürftig. Die dort verwendete Formulierung "vereinbart wird" besagt allerdings nicht, dass es für die ertragsteuerliche Anerkennung der Verlustübernahmevereinbarung und damit der Organschaft allein auf die Fassung des § 302 [X.] zum Zeitpunkt des Abschlusses des organschaftsbegründenden [X.] ankommen würde. Sie enthält vielmehr die Aufforderung des Gesetzgebers an die Rechtsanwender, im Falle einer Änderung des § 302 [X.] die Übereinstimmung des zuvor geschlossenen Vertrags mit dem neu gefassten § 302 [X.] wieder herzustellen, indem eine den --geänderten-- Vorschriften des § 302 [X.] entsprechende Klausel "vereinbart wird".
c) Für dieses Rechtsverständnis spricht zudem der Zweck des § 17 [X.] und seiner weitgehend inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 7a Abs. 5 [X.] i.d.[X.] zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 15. August 1969 --[X.] a.[X.] ([X.] 1969, 1182, BStBl I 1969, 471). Der Gesetzgeber wollte die aktienrechtliche und die außeraktienrechtliche Organschaft in den Voraussetzungen und den steuerrechtlichen Wirkungen "soweit wie möglich" einander anpassen (vgl. BTDrucks V/3017, [X.], zu § 7a Abs. 5 [X.] a.F.) und die Anerkennung einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft an die inhaltsgleiche Verlustübernahmeverpflichtung des [X.] anbinden (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1980 I R 220/78, [X.]E 132, 285, [X.] 1981, 383; vom 29. März 2000 I R 43/99, [X.]/NV 2000, 1250). Während bei der aktienrechtlichen Organschaft aber jede in [X.] getretene Änderung des § 302 [X.] als zwingendes Recht ([X.] in [X.]/ [X.], a.a.[X.], § 302 Rz 9, m.w.[X.]) sofort den Inhalt der gesetzlichen Verlustübernahmeverpflichtung des [X.] mit steuerlicher Folgewirkung verändert, würde --ohne Anpassung der getroffenen [X.] bei der GmbH-Organschaft "die alte vertragliche" Verlustübernahmeverpflichtung weitergelten. Damit wäre nicht nur der vom Gesetzgeber bezweckte [X.] gestört. Hinzu kommt, dass im Falle einer langjährigen Organschaft die vertraglichen Grundlagen der Organschaft --abweichend von der Absicht des [X.] auf Jahre hinaus im Widerspruch zu den materiell-rechtlichen Vorgaben stehen könnten.
d) Allgemeine steuerrechtliche Grundsätze bestätigen das gefundene Auslegungsergebnis. So gebietet der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung bzw. das Stichtagsprinzip, dass für jeden Veranlagungszeitraum (§§ 30 Nr. 3, 31 Abs. 1 [X.] i.V.m. §§ 2 Abs. 7, 25 des Einkommensteuergesetzes; vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 30 [X.] Rz 15) die Besteuerungsgrundlagen selbständig festzustellen und der Sachverhalt und die Rechtslage neu zu prüfen sind; maßgeblich sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse dieses Zeitraumes. Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung kommt unbeschadet des Umstands zum Tragen, dass sich die Frage des Bestehens einer Organschaft über einen mehrere Veranlagungszeiträume umfassenden Zeitraum hinzieht ([X.]-Urteil vom 3. September 2009 IV R 38/07, [X.]E 226, 283, [X.], 60). Zu den jeweiligen Besteuerungsstichtagen (31. Dezember) enthielt der Gewinnabführungsvertrag in keinem Streitjahr die gesetzlich vorgeschriebene Verlustübernahmeregelung.
3. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, wie --insbesondere innerhalb welcher zeitlichen [X.] der [X.] nach Inkrafttreten des § 302 Abs. 4 [X.] anzupassen gewesen wäre. Jedenfalls bestehen nach Auffassung des Senats keine durchgreifenden Bedenken gegen eine Anpassungsobliegenheit (für Anpassung z.B. [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 17 Rz 86; ablehnend gegenüber [X.], a.a.[X.]; [X.]/[X.], a.a.[X.]; [X.]/Winter, a.a.[X.]; eine Anpassung wegen Unklarheit der Rechtslage empfehlend [X.] in [X.], [X.], § 17 Rz 14). Bei [X.] ist es grundsätzlich Sache der [X.], die Übereinstimmung der vertraglichen Abmachungen mit den gesetzlichen Vorgaben im Zeitverlauf sicherzustellen.
4. Zu einer Heilung der unzureichenden [X.] gemäß § 17 Abs. 2 [X.] i.d.[X.] zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt [X.] zur [X.] und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25. Juli 2014 ([X.] 2014, 1266, [X.], 1126) i.V.m. § 34 Abs. 10b [X.] i.d.[X.] zur Anpassung des [X.] und anderer Gesetze an das [X.] ([X.]) vom 18. Dezember 2013 ([X.], 4318, [X.], 2) ist es, obgleich die Voraussetzungen hierfür nach den Grundsätzen des [X.] in [X.]E 242, 139, [X.], 272 im Streitfall tatbestandlich vorlagen (Fallgruppe des unvollständigen Verweises auf § 302 [X.]), nicht gekommen. Die hierfür erforderliche Vertragsanpassung hätte bis zum 31. Dezember 2014 vorgenommen werden müssen. Das ist aber nach den bindenden Feststellungen des [X.] nicht geschehen.
5. Eine Anerkennung der Organschaft trotz des fehlenden Verweises auf die Verjährungsregelung des § 302 Abs. 4 [X.] auf der Grundlage des Schreibens des [X.] ([X.]) vom 16. Dezember 2005 ([X.], 12) kommt nicht in Betracht.
a) Nach diesem Schreiben soll das Fehlen eines Hinweises auf § 302 Abs. 4 [X.] in vor dem 1. Januar 2006 abgeschlossenen Gewinnabführungsverträgen von der Finanzverwaltung nicht beanstandet werden. Auch die streitgegenständliche Konstellation, dass nach Inkrafttreten des § 302 Abs. 4 [X.] der bereits zuvor abgeschlossene Gewinnabführungsvertrag nicht entsprechend angepasst wurde, wird nach deren Wortlaut von der Nichtbeanstandungsregelung erfasst; der streitige Vertrag wurde zudem vor dem genannten Stichtag abgeschlossen.
b) Jedoch kann sich die Klägerin nach den Grundsätzen des [X.] in [X.]E 242, 139, [X.], 272 im finanzgerichtlichen Prozess nicht auf die Verwaltungsanweisung berufen, da sie für die Gerichte keine Bindungswirkung entfaltet.
c) Die hieran geübte Kritik, wonach die --gebotene-- Auseinandersetzung mit älterer Senatsrechtsprechung unterblieben sei (z.B. [X.], GmbHR 2013, 1105), rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
aa) Nach dem Senatsurteil vom 8. August 2001 I R 25/00 ([X.]E 196, 485, [X.] 2003, 923) war in einer --ebenfalls die Organschaftsanerkennung betreffenden-- früheren Nichtbeanstandungsanweisung eine sachliche Billigkeitsregelung der Verwaltung i.S. des § 163 der Abgabenordnung ([X.]) zu sehen. Treffe das [X.] eine darauf gestützte (Billigkeits-)Entscheidung (steuerliche Anerkennung der Organschaft trotz materiell-rechtlicher Unzulänglichkeit des [X.]), komme dieser für die Steuerfestsetzung Bindungswirkung i.S. des § 171 Abs. 10 [X.] zu.
bb) Im Schrifttum wird vertreten, dass es sich bei dem [X.]-Schreiben in [X.], 12 ebenfalls um eine sachliche Billigkeitsregelung handele ([X.]/[X.], [X.] --DStR-- 2016, 2361; [X.], Die Unternehmensbesteuerung 2016, 742).
cc) Indessen bedürfte auch eine solche Billigkeitsregelung der Umsetzung in eine konkrete Einzelfallentscheidung (abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 [X.]) der zuständigen Finanzbehörde. Davon ist ersichtlich auch der Senat in seinem Urteil in [X.]E 196, 485, [X.] 2003, 923 ausgegangen. In dem damals entschiedenen Fall hatte das [X.] in der Einspruchsentscheidung zum Ausdruck gebracht, dass die zivilrechtliche Unwirksamkeit des [X.] der steuerrechtlichen Anerkennung der Organschaft nicht entgegensteht. Ein solcher Billigkeitserweis, d.h. eine nach außen hin als solche erkennbare Willensäußerung des [X.], fehlt im Streitfall.
dd) Dass die auf der Annahme einer Organschaft beruhenden Steuererklärungen der Klägerin zunächst zu einer entsprechenden Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung führten, ändert daran nichts (zur Problematik vgl. [X.]/ [X.], [X.], 2361). Aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers kommt einem solchen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Körperschaftsteuerbescheid nicht der Erklärungswert zu, dass das Vorliegen der Organschaftsvoraussetzungen bereits abschließend materiell-rechtlich geprüft und --darüber hinaus-- unter Vornahme einer vom materiellen Recht abweichenden Steuerfestsetzung i.S. des § 163 [X.] in Anwendung des [X.]-Schreibens in [X.], 12 endgültig anerkannt worden sei. Vielmehr will sich die Finanzbehörde mit dem Nachprüfungsvorbehalt erkennbar gerade die abschließende Würdigung des [X.] unter allen denkbaren rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten offenhalten.
III. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.
Meta
10.05.2017
Urteil
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 11. November 2015, Az: 6 K 386/13, Urteil
§ 16 KStG 2002, § 17 S 2 Nr 2 KStG 2002, § 302 Abs 4 AktG, § 14 Abs 1 S 1 Nr 3 S 1 KStG 2002, KStG VZ 2005, KStG VZ 2006, KStG VZ 2007
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.05.2017, Az. I R 93/15 (REWIS RS 2017, 11241)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 11241
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Organschaft: Zeitpunkt der gewerblichen Betätigung des Organträgers - Besitz-Personengesellschaft als Organträger - Rückwirkende steuerliche Anerkennung …
Verlustübernahme bei Organschaft
(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 02.11.2022 I R 29/19 - Tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags)
Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags: Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres; "wichtiger Grund" bei vorzeitiger Vertragsbeendigung
Anerkennung einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft
Keine Referenz gefunden.
Keine Referenz gefunden.