Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. IV ZB 27/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10053

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 27/14
vom

10. Juni 2015

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.]

am 10. Juni 2015

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivil-senats des [X.] vom 17.
Juli 2014 wird auf Kosten des Beklagten als unzu-lässig verworfen.

[X.]: 100.000

Gründe:

[X.] Die Klägerin macht gegen den Beklagten, ihren Bruder, einen Anspruch auf Rückzahlung eines [X.] überwiesenen Betrages von 100.000

Das der Klage stattgebende Urteil des [X.] wurde dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 4.
Februar 2014 zugestellt. Nachdem dieser fristgerecht Berufung eingelegt hatte, ist die Frist zur Begründung der Berufung auf seinen mit einer Erkrankung des Beklagten begründeten Antrag zunächst bis zum 5.
Mai 2014 verlängert worden. Mit Telefax vom 5.
Mai 2014, eingegangen beim Berufungsgericht um 1
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18.22 Uhr, beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten sodann eine weitere Verlängerung der Begründungsfrist um zwei Wochen, weil der Beklagte "aufgrund der Art seiner Erkrankung derzeit noch außer Stande [sei], an länger währenden Besprechungen teilzunehmen, [X.] eine gemeinsame Ausarbeitung der Berufungsbegründung derzeit nicht möglich" sei.

Dieser Antrag wurde den Klägervertretern am Morgen des [X.] per Telefax mit der Bitte um umgehende Stellungnahme zuge-leitet. Diese teilten am selben Tage um 12.56 Uhr per Telefax mit, dass sie einer weiteren Fristverlängerung nicht zustimmen, was gegenüber dem Beklagtenvertreter auch schon am 2.
Mai 2014 erklärt worden sei. Danach wies der Vorsitzende des [X.] den Antrag des [X.] am 6.
Mai 2014 zurück und begründete dies mit der versagten Einwilligung der Klägerin.

Der Beklagte hat daraufhin die Berufung noch am 6.
Mai 2014 mit einem um 22.23 Uhr per Telefax beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass eine Verwerfung der Berufung als unzulässig beabsichtigt sei, hat er am 16.
Mai 2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit wei-terem
Schriftsatz vom 20.
Mai 2014 hat er den Wiedereinsetzungsantrag und die Berufungsbegründung ergänzt.

Zur Begründung des [X.] hat der Beklagte unter Verweis auf ein ärztliches Attest ausgeführt, dass er einen Bespre-chungstermin mit seinem Prozessbevollmächtigten bis zum Fristablauf aus gesundheitlichen Gründen weder in dessen Kanzlei noch zuhause habe wahrnehmen können.
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Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurück-gewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe nicht [X.] gemacht, dass weder ihn noch seinen Prozessbevollmächtigten ein Verschulden an der Fristversäumung treffe. Da dem Beklagtenvertreter schon am 2.
Mai 2014 mitgeteilt worden sei, dass die Klägerin einer [X.] Fristverlängerung nicht zustimmen werde, hätte er die [X.] bis zum Fristablauf bei Gericht einreichen müssen. Zwar könne eine Erkrankung des Rechtsmittelführers eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Dies gelte aber nur dann, wenn diese Erkrankung ursächlich dafür geworden sei, dass er die Berufung nicht habe rechtzeitig begründen lassen können. Das sei nicht hinreichend dargetan.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht eine Ent-scheidung des [X.]. Die Ablehnung der Wieder-einsetzung und die
Verwerfung der Berufung durch das Berufungsgericht ist weder willkürlich (Art. 3 Abs.
1 GG) noch verletzt sie den Anspruch des Beklagten auf Gewährung
rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) oder auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG). Auch bedarf es im Streitfall keiner Klärung rechtsgrundsätzlicher Fragen.
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1. Allerdings kann die Erkrankung einer [X.] eine Wiedereinset-zung in den vorigen Stand rechtfertigen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sie infolge der Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, den Rat ihres Rechtsanwalts einzuholen und diesen sachgemäß zu unterrichten ([X.], Beschlüsse vom 23. April 2013
[X.]/12,
juris Rn.
6; vom 24.
März 1994
[X.], NJW-RR 1994, 957 unter II, juris Rn.
5; vom 11.
Juli 1989
[X.], [X.], 931 unter II 2 a, juris Rn.
10 m.w.N.).

Hiervon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen, hat [X.] das Vorliegen
der danach erforderlichen Voraussetzungen nicht feststellen können, was jedenfalls im Ergebnis einer rechtlichen Kontrolle standhält.

a) Dabei kann die grundsätzliche Notwendigkeit einer Rücksprache des Prozessbevollmächtigten mit seiner [X.] vor einer Begründung des eingelegten Rechtsmittels angenommen werden. Einer detaillierteren Begründung, was im Einzelnen insoweit mit der [X.] habe besprochen werden müssen, bedarf es
anders als das Berufungsgericht gemeint hat

auch nach der [X.] regelmäßig nicht.

Auch hätte das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legen müssen, dass es dem Beklagten nicht möglich gewesen ist, seinen Rechtsanwalt zu einer Besprechung aufzusuchen oder zuhause zu emp-fangen. Dies ergibt sich aus dem vom Beklagten zur Glaubhaftmachung dieses Vortrags vorgelegten ärztlichen Attest vom 5.
Mai 2014, wonach der Beklagte wegen der bestehenden Erkrankung Termine weder im häuslichen noch im außerhäuslichen Bereich wahrnehmen konnte. Über diese Aussage durfte sich das Berufungsgericht mangels jeglicher An-10
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haltspunkte für eine Unrichtigkeit der ärztlichen Bescheinigung nicht hinwegsetzen.

b) Zu Recht weist jedoch die Beschwerdeerwiderung darauf hin, dass sich aus dem Vorbringen des Beklagten und dem vorgelegten [X.] Attest nicht ergibt, dass nicht wenigstens eine telefonische Ver-ständigung des Beklagten mit seinem Prozessbevollmächtigten über eine fristgerecht einzureichende Berufungsbegründung möglich gewesen wä-re. Eine solche wäre im Streitfall ausreichend
gewesen, für die Fristwah-rung Sorge zu tragen (vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 23.
April 2013

[X.]/12, juris Rn.
6; vom 28.
Juli 2005
[X.], BeckRS 2005, 09505), weil
worauf auch das Berufungsgericht entscheidend [X.] hat

der Prozessbevollmächtigte nach der Ablehnung der Frist-verlängerung auch ohne vorherige Rücksprache aufgrund seiner [X.] des erstinstanzlichen Verfahrens in der Lage gewesen ist, noch am selben Tage eine Berufungsbegründung zu fertigen und einzureichen, und die nach der späteren Besprechung erfolgte Ergänzung keine neuen Gesichtspunkte enthält, die erst aufgrund dieser Besprechung in das Verfahren eingeführt werden konnten. Diesen Umstand hat das [X.] in zulässiger Weise berücksichtigt. Seine Entscheidung be-ruht insoweit, anders als die Beschwerde meint, nicht auf Willkür [X.]. 3 Abs.
1 GG.

2. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner erkannt, dass ein Vertrauen des Beklagten auf eine Einwilligung der Klägerin in die noch-malige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht gerechtfertigt war, weshalb sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage nach [X.] rechtsmissbräuchlichen Verweigerung nicht stellt.

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Für eine mangelnde Kenntnisnahme des Berufungsgerichts vom Vortrag des Beklagten, er habe auf die Einwilligung vertrauen dürfen, spricht nichts. Das Berufungsgericht hat ein schützenswertes Vertrauen des Beklagten, wenn auch mit knapper Begründung, ausdrücklich ver-neint. Seine Entscheidung ist zudem in der Sache richtig. Einem begrün-deten Vertrauen des Beklagten auf die Einwilligung steht schon entge-gen, dass die Klägerin bereits am 2.
Mai 2014
und damit noch vor Stel-lung des Verlängerungsantrags die Verweigerung der Zustimmung ge-genüber dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten angekündigt hatte. In Kenntnis dieses Umstands hätte er die am 6.
Mai 2014 tatsächlich eingereichte Berufungsbegründung auch schon am 5.
Mai 2014 einrei-chen können anstatt den ersichtlich aussichtslosen Verlängerungsantrag zu stellen.

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II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.01.2014 -
2 O 46/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.07.2014 -
7 U 25/14 -

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Meta

IV ZB 27/14

10.06.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. IV ZB 27/14 (REWIS RS 2015, 10053)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10053

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