Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11.07.2019, Az. 1 WDS-VR 4/19

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2019, 5567

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Gegenstand

Konkurrentenstreit; Anordnungsanspruch; erfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung


Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung eines Oberstabsfeldwebel-[X.].

2

...

3

In einem Personalentwicklungsgespräch am 8. Dezember 2016 hatte der Antragsteller den Wunsch geäußert, wieder in seinem originären Werdegang eingesetzt und dort für höherwertige Dienstposten betrachtet zu werden. Daraufhin wurden dem Antragsteller verschiedene Verwendungsmöglichkeiten mit einer Oberstabsfeldwebel-Option in 2017 in diesem Werdegang aufgezeigt, darunter den dem ab dem 1. Oktober 2017 zu besetzenden Dienstposten als Werkstattleiter ... Unter dem 12. Dezember 2016 bewarb sich der Antragsteller auch auf diesen Dienstposten.

4

Am 10. Mai 2018 war der PKW des Antragstellers in einen Verkehrsunfall verwickelt, in dessen Folge gegen ihn wegen einer Trunkenheitsfahrt mit Personenschaden strafrechtlich und disziplinarisch ermittelt wurde. Durch seine Dienststelle wurde das [X.] erstmals mit E-Mail vom 19. Juni 2018 über ein "Ermittlungsverfahren Amtsgericht B. vom 12.06.2018" gegen den Antragsteller unterrichtet. In der Folge wurde dem [X.] auch ein "Meldeformular Meldepflichtiges Ereignis 2018" vom 21. Juni 2018 mit Angaben zu dem Gegenstand der Ermittlungen übermittelt. Unter dem 10. September 2018 teilte die Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Kommandos ... dem [X.] mit, dass Vorermittlungen gegen den Antragsteller wegen der Trunkenheitsfahrt aufgenommen worden sind. Das gerichtliche Disziplinarverfahren wurde mit Verfügung des [X.] ... vom 4. Februar 2019 eingeleitet.

5

Auf der Grundlage einer Dokumentation der Verwendungsentscheidung vom 10. Juli 2018 wurde durch Entscheidung des [X.] vom 13. Juli 2018, gebilligt durch den [X.] am 2. August 2018, für den streitgegenständlichen Dienstposten (...) der Beigeladene ausgewählt. Für den Dienstposten wurden fünf Soldaten mitbetrachtet, nicht aber der Antragsteller. In einem handschriftlichen Vermerk vom 8. April 2019 auf der Dokumentation heißt es, der Antragsteller sei nicht berücksichtigt worden, weil dem [X.] Erkenntnisse vorgelegen hätten, dass disziplinarisch ermittelt werde.

6

Das [X.] versetzte den Beigeladenen, der bereits seit 2014 beim ... in ... als Mechatronikfeldwebel ... verwendet worden war, unter dem 22. August 2018 mit Wirkung vom 1. Oktober 2018 auf den streitgegenständlichen Dienstposten. Mit Wirkung vom 1. Oktober 2018 wurde der Beigeladene zum Oberstabsfeldwebel befördert.

7

Am 21. November 2018 legte der Antragsteller Beschwerde gegen die Entscheidung über die Besetzung des streitgegenständlichen [X.] ein. Er sei zu Unrecht bei der Besetzung der fraglichen Stelle übergangen worden. Am 14. November 2018 habe er feststellen müssen, dass die Stelle, auf die er sich zum 1. Oktober 2017 beworben habe, zum 1. Oktober 2018 besetzt worden sei. Er habe weder einen Zwischenbescheid noch eine Absage erhalten. Unter dem 28. März 2019 wurde die Beschwerde ergänzend begründet und die vorläufige Rückgängigmachung der Versetzung des ausgewählten Bewerbers beantragt.

8

Über die Beschwerde hat das [X.] noch nicht entschieden.

9

Am 29. März 2019 hat der Antragsteller Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Der ausgewählte Mitbewerber sei zum 1. Oktober 2018 auf den zuvor vakanten streitgegenständlichen Dienstposten versetzt worden. Damit drohe nun, dass er einen beurteilungsrelevanten und in einem wiederholten Auswahlverfahren bedeutsamen Erfahrungsvorsprung erwerbe. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei dadurch verletzt, dass er zwischen 2014 und 2016 nicht auf den vakanten Dienstposten versetzt worden sei. Er habe zum 30. September 2014 eine rechtswidrige Beurteilung erhalten, die 2016 mit der Folge korrigiert worden sei, dass er hiernach in den Kreis der Anwärter für Oberstabsfeldwebelverwendungen einzubeziehen sei. Wäre der vakante Dienstposten zeitnah besetzt worden, hätte er als geeigneter und leistungsstärkster Bewerber ausgewählt werden müssen. Seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletze, dass seine Bewerbung für den streitgegenständlichen Dienstposten nicht zeitnah beschieden worden sei. Die Beweislast für eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung trage die Behörde. Der Antragsteller hätte trotz der Ermittlungen wegen des Vorfalles vom 10. Mai 2018 bei der Auswahlentscheidung vom 10. Juli 2018 mitbetrachtet werden müssen. Der Hinweis auf das [X.] sei erst am 10. September 2018 eingegangen. Erkenntnisse über disziplinarische Ermittlungen hätten bei der Auswahlentscheidung nicht vorgelegen. Diese hätten sich nicht aus der Mitteilung über ein meldepflichtiges Ereignis vom 21. Juni 2018 oder dem [X.] zwischen dem 19. Juni und dem 23. August 2018 ergeben. Bei der Auswahlentscheidung habe nur ein Verdacht bestanden. Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" hätte er in die Auswahlentscheidung einbezogen werden müssen. Mittlerweile sei er freigesprochen. Er sei nur als Halter des Wagens in den Verdacht einer Straftat geraten. Nr. 246 [X.] [X.]49 zähle [X.] nicht abschließend auf. Hier liege ein solcher vor, weil er unverschuldet in den Verdacht einer Straftat geraten sei und zuvor 35 Jahre tadelfrei Dienst geleistet habe. Bei einer zeitgerechten Bearbeitung seiner Bewerbung wäre der Verdacht gegen ihn für die Entscheidung nicht relevant geworden. Er wäre 2017 auch nicht in Konkurrenz zu dem ausgewählten Bewerber getreten und hätte ausgewählt werden müssen. Der Vortrag des [X.] zu den Gründen der Verzögerung der Bearbeitung sei widersprüchlich und werde mit Nichtwissen bestritten. Das [X.] müsse vortragen, wie sich die Konkurrenzsituation seit seiner Bewerbung darstelle. Könne dazu nichts vorgetragen werden, sei von einer Beweislastumkehr zu seinen Gunsten auszugehen. Die bessere Eignung des Beigeladenen ergebe sich nicht aus dessen besserer aktueller Beurteilung. Diese halte einer Plausibilitätskontrolle nicht stand. Er sei dagegen bis 2014 durch in sich schlüssige Beurteilungen höher bewertet. Er sei wegen der zivilen Ausbildung als Handwerksmeister Metallbau besser qualifiziert. Die nicht ausbildungsgerechte Verwendung habe er nicht zu vertreten.

Der Antragsteller beantragt,

die Bundesministerin der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Senats über die Beschwerde des Antragstellers vom 21. November 2018 gegen die Auswahl- und Versetzungsentscheidung betreffend den Dienstposten ID ... Teileinheit ..., die Versetzung des Beigeladenen auf diesen Dienstposten vorläufig rückgängig zu machen.

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antrag sei mangels [X.] und -grundes unbegründet. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Auswahlverfahren gehabt, da gegen ihn seit Juni 2018 wegen eines Verkehrsunfalles strafrechtlich ermittelt worden sei. Der Antragsteller habe seinem [X.] unter dem 15. Juni 2019 mitgeteilt, dass ihm durch Beschluss des [X.] vom 12. Juni 2018 wegen des Vorfalles die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden sei und ihm seinen Dienstführerschein ausgehändigt. Daraufhin habe der Disziplinarvorgesetzte das [X.] informiert. Ausweislich der Mitteilung eines meldepflichtigen Ereignisses vom 21. Juni 2019 habe er zudem, den Vorgang an die zuständige Wehrdisziplinaranwaltschaft abgeben wollen. Damit seien disziplinare Ermittlungen durch den [X.] dokumentiert, über die das [X.] am 21. Juni 2018 informiert worden sei. Der Vorfall habe Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers für eine Förderung begründet, so dass er in Anwendung der Nr. 245 ff. [X.] [X.]49 nicht in die Auswahl für den streitigen Dienstposten einbezogen worden sei. Ein Härtefall habe nicht vorgelegen. Eine verzögerte Bearbeitung sei nicht der Grund für entscheidungsrelevante Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers. Der streitgegenständliche Dienstposten sei nach der Ruhestandsversetzung des damaligen Inhabers mit Ablauf des 30. September 2017 unbesetzt gewesen. Wegen der beabsichtigten Verlegung der zugehörigen Fachgruppe von ... nach ... sei zunächst der Wegfall des [X.] geplant gewesen. Zugleich seien alle Mechatronikfeldwebel des [X.] und der [X.] in eine Zentrale Ausbildungs- und Verwendungsreihe eingegliedert worden. Nach einem Wechsel der Zuständigkeit für die Personalführung im [X.] sei dann beschlossen worden, die Nachbesetzung des [X.] bis zum 1. Oktober 2018 auszusetzen, um der neuen Personalführung ein ausreichendes Zeitfenster für seine sachgerechte Auswahlentscheidung zu sichern. Die Bearbeitungsdauer sei daher dienstlich veranlasst gewesen. Nach der Organisationsgrundentscheidung vom 30. März 2017 sei der streitgegenständliche Dienstposten mit einem Stabsfeldwebel zu besetzen, der über die Qualifikation [X.] Klima verfüge. Die Besetzung habe mit einem Soldaten erfolgen sollen, der über eine Vorverwendung in dieser Fachlichkeit verfüge. Unter den diese Voraussetzungen erfüllenden und zur Verfügung stehenden Soldaten sei nach den Beurteilungen im Dienstgrad Stabsfeldwebel zum [X.] 30. September 2016 ein Leistungsvergleich erfolgt, in dessen Ergebnis der Beigeladene sich durchgesetzt habe. Zwar erfülle auch der Antragsteller die Anforderungen des [X.]. Der Beigeladene sei jedoch im Vergleich mit diesem leistungsstärker. Seine Einwendungen gegen dessen Beurteilungen seien spekulativ. Zudem sei der Antragsteller seit 2007 nicht mehr in der fraglichen Fachlichkeit verwendet und beurteilt worden.

Der Beigeladene hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der auf eine vorläufige Wegversetzung des Beigeladenen gerichtete Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.] hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist im [X.] gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. § 123 VwGO grundsätzlich statthaft. Sachlich zuständig ist das [X.] als das Gericht, dessen Entscheidung in der Hauptsache zu beantragen wäre (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

Der Antragsteller ist [X.]. Er kann einen Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 [X.] geltend machen, weil es sich bei dem strittigen Dienstposten ausweislich der Dokumentation der Verwendungsentscheidung um einen [X.]-Dienstposten und damit um eine höherwertige Verwendung handelt.

Der Zulässigkeit des Antrages steht § 3 Abs. 2 [X.] nicht entgegen. Das [X.] hat in seiner Stellungnahme vom 17. April 2019 ausdrücklich erklärt, dass [X.] nicht erfolgen wird. Dem Erfordernis, dass die nach § 3 Abs. 2 [X.] zuständige Stelle vor einer gerichtlichen Entscheidung Gelegenheit gehabt haben soll, selbst eine einstweilige Maßnahme zu treffen, ist damit Rechnung getragen ([X.], Beschluss vom 18. Dezember 2017 - 1 [X.] 8.17 - Rn. 15).

2. Der zulässige Antrag ist aber unbegründet.

a) Für die begehrte einstweilige Anordnung fehlt es nicht an einem Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]).

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl. z.B. [X.], Beschluss vom 25. April 2007 - 1 [X.] 31.06 - [X.]E 128, 329 Rn. 39 m.w.N.). In [X.] um die Besetzung eines [X.] kann sich ein Anordnungsgrund jedoch daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist allerdings erst anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein [X.]raum von mehr als sechs Monaten liegt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29. April 2010 - 1 [X.] 2.10 - [X.] 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f., vom 19. Dezember 2011 - 1 [X.] 5.11 - [X.]E 141, 271 Rn. 29 f. und vom 2. Oktober 2018 - 1 [X.] 3.18 - Rn. 14).

So liegt der Fall hier, da der Beigeladene bereits seit Oktober 2018 auf dem [X.] Dienstposten verwendet wird. Dass der Beigeladene bereits zum [X.] befördert worden ist, ist für die Frage nach der Erlangung eines beurteilungsrelevanten [X.] unerheblich. Denn hierfür kommt es nur auf die Verwendung auf dem höherwertigen Dienstposten und nicht auf den statusrechtlichen Dienstgrad oder die statusrechtliche Planstelleneinweisung an ([X.], Beschluss vom 12. Februar 2018 - 1 [X.] 12.17 - Rn. 21).

b) Dem Antragsteller steht nach summarischer Prüfung aber kein Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) zu.

aa) Das Fehlen eines Anordnungsanspruches ergibt sich nicht bereits daraus, dass die Auswahlentscheidung in Bestandskraft erwachsen wäre.

Nach § 6 Abs. 1 [X.] muss die Beschwerde innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem [X.] Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom [X.] hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt ([X.], Beschluss vom 12. August 2014 - 1 [X.] 51.13 - juris Rn. 17 m.w.N.). Bei [X.] bedeutet dies, dass der Soldat von der endgültig getroffenen Auswahlentscheidung zugunsten des Konkurrenten oder davon Kenntnis erhält, dass er selbst nicht auf dem angestrebten Dienstposten verwendet werden soll ([X.], Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 1 [X.] 7.15 - Rn. 24 m.w.N.). Dies hat der Antragsteller nach seinem vom [X.] nicht bestrittenen Vortrag erst am 14. November 2018 erfahren. Dass ihm die Auswahlentscheidung formell eröffnet worden wäre, ergibt sich aus den Akten nicht. Die nicht vor dem Ablauf des 14. November 2018 anlaufende Monatsfrist ist durch die Beschwerde vom 21. November 2018 gewahrt.

bb) Bei summarischer Prüfung ist allerdings nicht feststellbar, dass die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt.

aaa) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen [X.] um [X.] folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung - nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung - in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. [X.], Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - [X.]E 124, 99 <102>). § 3 Abs. 1 [X.] übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf [X.]. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (stRspr, vgl. z.B. [X.], Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 1 [X.] 60.11 - juris Rn. 40 und vom 28. September 2017 - 1 [X.] 44.16, 1 [X.] 45.16 - juris Rn. 28, jeweils m.w.N.).

Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. [X.], [X.] vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - [X.]K 11, 398 <402 f.>). Dem folgend hat der Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. z.B. [X.], Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 [X.] 31.06 - [X.]E 128, 329 Rn. 50 und vom 16. Dezember 2008 - 1 [X.] 19.08 - [X.]E 133, 13 Rn. 36). Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Februar 2010 - 1 [X.] 36.09 - Rn. 27).

Maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung der Auswahlentscheidung ist die Sach- und Rechtslage im [X.]punkt der letzten Behördenentscheidung. Dies gilt auch für die Kombination der Anfechtung einer Auswahlentscheidung mit dem [X.], über die Besetzung des [X.] neu zu entscheiden. Handelt es sich bei der Auswahlentscheidung nicht um eine Entscheidung des [X.] (im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.]), sondern - wie hier - um eine solche des Entscheidungsträgers im [X.], ist hinsichtlich der maßgeblichen Sach- und Rechtslage somit auf die Beschwerdeentscheidung des [X.] abzustellen. Im Hinblick auf die in § 13 [X.] verankerte umfassende Kontroll- und Abänderungskompetenz kann die gemäß § 9 Abs. 1 [X.] zuständige Beschwerdestelle dabei auch die materiellen Auswahlerwägungen ändern oder ergänzen. Es entspricht dem Zweck des vorgerichtlichen Beschwerdeverfahrens, eine Selbstkontrolle der Verwaltung zu ermöglichen, ebenso wie der Verfahrensökonomie, dass die Beschwerdestelle in dem Umfang, in dem die [X.] auf sie übergegangen ist, auch in Auswahlverfahren befugt ist, erkannte Fehler oder Defizite der Ausgangsentscheidung zu beheben. In gleichem Umfang kann sie eine fehlende Dokumentation der Auswahlerwägungen nachholen oder eine vorhandene Dokumentation der Ausgangsentscheidung ändern, ergänzen oder inhaltlich fortschreiben ([X.], Beschlüsse vom 26. Oktober 2017 - 1 [X.] 41.16 - [X.] 449 § 3 [X.] Nr. 87 Rn. 31 und vom 1. März 2018 - 1 [X.] 1.17 - juris Rn. 23). Allerdings ist eine erst nach dem [X.]punkt der Auswahlentscheidung eingetretene tatsächliche Veränderung für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Vergabe des streitgegenständlichen [X.] nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG nicht von Bedeutung ([X.], Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 1 [X.] 5.18 - Rn. 14 m.w.N.).

bbb) Hiernach kann dahinstehen, ob die Auswahlentscheidung des [X.] wegen einer unzureichenden Dokumentation der Gründe dafür, den Antragsteller nicht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen, rechtswidrig ist. Die im Falle des Antragstellers maßgeblichen Erwägungen könnten in einer den Anforderungen der Dokumentationspflicht genügenden Weise auch in dem - hier noch nicht erstellten - Beschwerdebescheid des [X.] niedergelegt werden, solange es sich allein um Erwägungen zu solchen Tatsachen handelt, die im [X.]punkt der Auswahlentscheidung bereits vorlagen ([X.], Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 1 [X.] 7.15 - Rn. 32 f.).

Der Senat lässt auch dahinstehen, ob das [X.] der Bundeswehr im Hinblick auf die Ermittlungen wegen des Verkehrsunfalles am 10. Mai 2018 den Antragsteller wegen Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung für den in Rede stehenden Dienstposten von der [X.] ausschließen durfte. Da das für die Entscheidung über die Beschwerde zuständige [X.] auch die materiellen Auswahlerwägungen ändern oder ergänzen kann und in seiner Stellungnahme zum Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung auch auf den Leistungsvergleich zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen abgestellt hat, fehlt es der Beschwerde jedenfalls wegen dieser Erwägungen bei summarischer Prüfung an hinreichenden Erfolgsaussichten. Denn es ist nicht feststellbar, dass die Auswahl des Beigeladenen gegen den Grundsatz der Bestenauslese verstoßen würde. Vielmehr darf der Beigeladene nach einem Leistungsvergleich zwischen ihm und dem Antragsteller ohne Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten des Antragstellers diesem vorgezogen werden.

(1) Werden mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht, so haben - in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene - Abstufungen der Qualifikation Bedeutung (vgl. [X.], Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 [X.] 31.06 - [X.]E 128, 329 Rn. 55 und vom 16. Dezember 2008 - 1 [X.] 39.07 - [X.]E 133, 1 Rn. 42; für das Beamtenrecht Urteil vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 - [X.]E 115, 58 <61>). Zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum [X.]punkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerundeten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität ist es darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann im Rahmen sachgerechter Erwägungen auch sonstigen sachlichen Gesichtspunkten ein (gegebenenfalls) entscheidendes Gewicht für die Auswahl beigemessen werden, sofern dadurch das Gebot der Auswahl nach Eignung, Befähigung und Leistung nicht in Frage gestellt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Mai 2011 - 1 [X.] 59.10 - [X.] 449 § 3 [X.] Nr. 60 Rn. 31 m.w.N.).

Nach der Dokumentation der Verwendungsentscheidung sieht das Anforderungsprofil des [X.] vor, diesen mit einem Soldaten mit gültiger Vorverwendung als Mechatronikfeldwebel [X.] Klima zu besetzen. Über diese verfügen sowohl der Beigeladene als auch der Antragsteller. Nach der zum [X.]punkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilung zum 30. September 2016 ist sowohl dem Antragsteller als auch dem Beigeladenen die Entwicklungsprognose "Förderung bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn" bescheinigt worden. Allerdings lautet der Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung des Beigeladenen "8,10", während der des Antragstellers nur "7,40" beträgt. Damit dürfen der Auswahlentscheidung auch bei einer Einbeziehung des Antragstellers in den Leistungsvergleich bessere Leistungen des Beigeladenen zugrunde gelegt werden.

(2) Die Einwendungen des Antragstellers gegen die Beurteilung des Beigeladenen greifen nicht durch.

Auch im Falle einer inzidenten Kontrolle im Rahmen eines [X.] sind dienstliche Beurteilungen gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar, weil den Vorgesetzten bei ihrem Werturteil über die Eignung, Befähigung und Leistung ein Beurteilungsspielraum zusteht (stRspr, vgl. - auch zum Folgenden - [X.], Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 [X.] 43.12 - juris Rn. 38, vom 12. August 2014 - 1 [X.] 38.13 - juris Rn. 23, vom 4. Februar 2016 - 1 [X.] 30.15 - Rn. 26 ff. und vom 19. Juli 2018 - 1 [X.] 31.17 - juris Rn. 40). Die [X.] hat sich darauf zu beschränken, ob der Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung bzw. Stellungnahme oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hat das [X.] Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, an denen sich die Beurteilungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ständig orientiert, kann das Gericht ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den normativen Regelungen für Beurteilungen in Einklang stehen (stRspr, vgl. [X.], Beschluss vom 26. Mai 2009 - 1 [X.] 48.07 - [X.]E 134, 59 Rn. 30). [X.] der Beurteilung, also die Ausfüllung des Persönlichkeits- und Leistungsbildes des Soldaten, ist dagegen einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen, weil es sich hierbei um ein höchstpersönliches, subjektives und insofern [X.] Werturteil des Beurteilenden handelt, das nicht durch die Einschätzung eines Außenstehenden ersetzt werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 30. April 2013 - 1 [X.] 34.12 - juris Rn. 23).

Hiernach ist eine Überschreitung des Beurteilungsspielraumes durch die angegriffene Beurteilung nicht ersichtlich. Die Plausibilität der maßgeblichen Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass diese eine deutlich bessere Leistungsbewertung als vorangegangene Beurteilungen aufweist. Es gibt keinen substantiellen Hinweis darauf, dass der Beigeladene seine Leistungen tatsächlich nicht in einer die Verbesserung der Bewertung rechtfertigenden Weise gesteigert hätte. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass die erste Beurteilung des Beigeladenen im höheren Dienstgrad eine schlechtere Bewertung ausweist als seine letzte Beurteilung im niedrigeren Dienstgrad. Es gibt keine Erfahrungswerte dazu, dass eine bestimmte Differenz in den Leistungswerten aufeinanderfolgender Beurteilungen diese unplausibel machen würde. Daher sind die Einwände des Antragstellers spekulativ und sie verkennen den Beurteilungsspielraum des Beurteilers.

c) Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers folgt ein Anordnungsanspruch auch nicht aus dem rechtswidrigen Unterbleiben einer zeitnahen Auswahlentscheidung. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass es zu einer seine subjektiv-öffentlichen Rechte verletzenden Verzögerung der Auswahlentscheidung gekommen ist. Nach dem Vortrag des [X.] bestehen vielmehr sachgerechte Gründe für die Verzögerung der Auswahlentscheidung. Substantiierte Einwendungen dagegen sind weder vorgebracht noch ersichtlich. Hiernach war zunächst wegen einer organisatorischen Umgliederung zweifelhaft, ob der Dienstposten überhaupt nachbesetzt werden sollte. Da der Wegfall des [X.] einen Abbruch des Auswahlverfahrens rechtfertigen kann ([X.], Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 1 [X.] 56.14 - Rn. 31), war es während der Phase der Unklarheit nicht sachwidrig, die Entscheidung zurückzustellen. Schließlich kam es zu Änderungen der Zuständigkeit für die Vorbereitung der Auswahlentscheidung innerhalb des [X.]. Dem neu zuständigen Referat sollte ausreichend [X.] zur Vorbereitung einer sachgerechten Auswahlentscheidung gegeben werden. Es ist ohne Weiteres sachgerecht, dass Auswahlentscheidungen sorgfältig und durch umfassend aktenkundiges Personal vorbereitet werden, um die Gewährung für die Rechtskonformität der Auswahlentscheidungen zu erhöhen. Die Frage, wieviel [X.] ein neu zuständiges Personalreferat hierfür benötigt, fällt in das organisatorische Ermessen des Dienstherrn, dessen Überschreiten hier nicht ersichtlich ist.

d) Es bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung über die - nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten den Gegenstand eines beim Verwaltungsgericht ... anhängigen Rechtsstreites bildende - Frage, ob der Antragsteller einen Anspruch auf Schadlosstellung hat. Ein solcher [X.] würde sich darauf richten, den Antragsteller besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtlich so zu stellen, als wäre er zu einem früheren [X.]punkt befördert worden. Die Durchsetzung dieses Anspruches zu sichern, ist die beantragte einstweilige Anordnung weder geeignet noch erforderlich. Zudem handelt es sich bei einer Schadlosstellung nicht um eine truppendienstliche Angelegenheit. Die Zuständigkeit der [X.] ist dafür nicht eröffnet, weil sie nach § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht zur Entscheidung über Streitigkeiten um Geld- und Sachbezüge im Sinne des § 30 [X.] berufen sind ([X.], Beschluss vom 14. Dezember 2018 - 1 [X.] 49.17 - juris Rn. 16 m.w.N.)

3. Der Beigeladene, der keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt die ihm entstandenen Aufwendungen selbst.

Meta

1 WDS-VR 4/19

11.07.2019

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

§ 23a Abs 2 S 1 WBO, § 123 Abs 1 S 2 VwGO, Art 33 Abs 2 GG, Art 19 Abs 4 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11.07.2019, Az. 1 WDS-VR 4/19 (REWIS RS 2019, 5567)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5567

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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