Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. XII ZB 47/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9372

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:090518BXIIZB47.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 47/17

vom

9. Mai 2018

in der Personenstandssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
EGBGB Art.
10 Abs.
3
Eine ausländische Rechtsordnung, die die Namensbestimmung für ein minder-jähriges Kind in die freie Wahl der sorgeberechtigten Eltern stellt und auch die Erteilung eines sogenannten Phantasienamens zulässt (hier: [X.] Recht), kann nicht nach Art.
10 Abs.
3 EGBGB
als das auf den Familiennamen anwendbare Recht gewählt werden.
[X.], Beschluss vom 9. Mai 2018 -
XII ZB 47/17 -
Kammergericht [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
9.
Mai
2018 durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose
und [X.]
Dr.
[X.], Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu
1 wird der Beschluss
des 1.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 24.
November 2016 aufgehoben.
Auf die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu
1 wird der Be-schluss des [X.] vom 9.
Februar 2016 ab-geändert. Das Standesamt
I in [X.] wird angewiesen, den Antrag der weiteren Beteiligten zu
2 und 3 auf Bescheinigung der Wirk-samkeit ihrer
namensrechtlichen Erklärungen vom 11.
September 2015 zurückzuweisen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Wert: 5.000

Gründe:
I.
Die Beteiligten zu
2 und 3 sind die nicht miteinander verheirateten Eltern ihres
im März 2013 in [X.] geborenen [X.].
Die Mutter (Beteiligte
zu
2) war zum Zeitpunkt der Geburt [X.] Staatsangehörige. Im April 2013
erhielt 1
-
3
-
sie unter Aufgabe der [X.]n die [X.] Staatsangehörigkeit. Der [X.] (Beteiligter zu
3) ist [X.]r Staatsangehöriger.
Der [X.] wurde in der
[X.]n Geburtsurkunde mit dem Namen R.
S. eingetragen, wobei S. ein frei gewählter (Phantasie-)Name ist, der keinen Bezug zu einem Namen der Eltern enthielt. Der Vater trägt seit einer 2016 er-folgten Namensänderung ebenfalls den Namen S.
Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern gaben am 11.
September 2015 vor dem [X.]n Honorargeneralkonsul in [X.] ([X.]) eine Erklä-rung ab, nach der für die Namenswahl für das Kind [X.] Recht gelten und das Kind den Familiennamen S. führen
solle.
Die Eltern haben bei dem Standesamt
I
in [X.] die Bescheinigung der Wirksamkeit der Namenserklärung beantragt. Das Standesamt hat die Frage wegen bestehender Zweifel dem Amtsgericht vorgelegt. Dieses hat das Stan-desamt zur Erteilung einer Wirksamkeitsbescheinigung angewiesen. Das Be-schwerdegericht hat die Beschwerde des Standesamts zurückgewiesen. [X.] richtet sich dessen zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde
führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.] und zur Anweisung des Standesamts, den von den Eltern gestellten Antrag
zurückzuweisen.
1. Nach Auffassung des [X.] richtet sich die [X.] für das betroffene Kind, das sowohl die [X.] als auch die [X.] Staatsangehörigkeit besitzt,
gemäß Art.
10 Abs.
1 EGBGB nach [X.]m 2
3
4
5
6
-
4
-
Recht, weil sich im Hinblick auf
das Personalstatut die [X.] Staatsangehö-rigkeit nach Art.
5 Abs.
1 Satz
2 EGBGB durchsetze. Die ausschließliche An-knüpfung an das [X.] Recht werde jedoch durch die Möglichkeiten der Rechtswahl in Art.
10 Abs.
2 und 3 EGBGB abgemildert.
Die Voraussetzungen
von Art.
10 Abs.
3 EGBGB
lägen hier vor.
Die Eltern könnten aufgrund ihres

nach der Geburt begründeten

ge-meinsamen Sorgerechts das auf den Namen des Kindes anzuwendende Recht wählen. Der Name S. sei nach dem von den Eltern gewählten [X.]n Recht, das eine freie Wahl des Namens erlaube, zulässig. Der gewählte Name habe auch einen Bezug zu dem vom Vater des Kindes nach [X.]m Recht wirksam angenommenen Familiennamen. Aus der Schutzvorschrift des Art.
23 EGBGB, die auch die [X.] erfasse, ließen sich aus Grün-den des Kindeswohls keine Einwendungen herleiten.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Nach Art.
10 Abs.
1 EGBGB unterliegt der Name einer Person dem Recht des Staates, dem die Person angehört. Gemäß Art.
10 Abs.
3 Satz
1
Nr.
1 EGBGB
kann der Inhaber der Sorge gegenüber dem Standesamt

unter anderem

bestimmen, dass ein Kind den Familiennamen erhalten soll nach dem Recht eines Staates, dem ein Elternteil angehört, ungeachtet des Arti-kels
5 Abs.
1 EGBGB.
aa) Aus dem Bezug der Rechtswahl auf den autonom auszulegenden Begriff des Familiennamens
folgt, dass nur Rechtsordnungen
gewählt werden können,
die eine den familiären Bezug erkennbar machende [X.]
vorsehen. Kennt das gewählte Recht dagegen nur Eigennamen, so ist dieses von einer Rechtswahl ausgeschlossen ([X.]/[X.]/Hausmann BGB
[2013] Art.
10 EGBGB
Rn.
389; [X.]/[X.] Art.
10 EGBGB Rn.
158; 7
8
9
10
-
5
-
[X.] [X.] 2001, 257, 259; [X.] [X.] 2006, 152, 153; aA [X.]/[X.] Art.
10 EGBGB Rn.
140; offenbar auch [X.]/Hohloch BGB
15.
Aufl. Art.
10 EGBGB Rn.
32). Der mithin stets erforderliche familiäre Bezug des zu erteilenden Namens ist bei einem Zwischennamen, der eine
Verbindung zum Namen eines Elternteils erkennen lässt, noch gewährleistet (vgl. Senats-beschluss
vom 26.
April 2017

XII
ZB
177/16

FamRZ 2017, 1179
Rn.
13
ff.
zu Art.
48 EGBGB). Kann der Name des Kindes dagegen nach dem gewählten Recht frei bestimmt werden
und ist dabei die Erteilung eines sogenannten Phantasienamens erlaubt, so handelt es sich folglich nicht mehr um einen Fa-miliennamen im Sinne von Art.
10 Abs.
3 EGBGB. Die
Wahl der betreffenden Rechtsordnung ist in solchen Fällen nicht eröffnet.
bb) Nach diesen Grundsätzen konnte aufgrund der vom [X.] getroffenen Feststellungen das [X.] Recht nicht als das auf den Familiennamen des Kindes anwendbare Recht gewählt werden. Da das austra-lische Recht den dem Kind zu erteilenden Namen in die freie Wahl der Eltern stellt, handelt es sich nicht um eine bezogen auf den Familiennamen gemäß Art.
10 Abs.
3 EGBGB wählbare Rechtsordnung. Dass die Namen von Kind und Vater nach der später von diesem vollzogenen Namensänderung übereinstim-men, ändert daran nichts. Denn abgesehen davon, dass die Namensänderung des [X.] erst nach Abgabe der Rechtswahlerklärung erfolgte, kommt es für die Zulässigkeit der Rechtswahl nur darauf an, ob die gewählte Rechtsordnung einen Familiennamen im Wortsinn vorschreibt, was hier nicht der Fall ist.
b) Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich aufgrund der mangels Er-öffnung einer Rechtswahl anwendbaren Regelanknüpfung in Art.
10 Abs.
1
iVm Art.
5 Abs.
1 Satz
2 EGBGB eine hinkende Namensführung ergeben kann
(vgl. für den [X.] Rechtsraum [X.] FamRZ 2008, 2089 Rn.
23
ff. "[X.]"; [X.] 2004, 40 Rn.
34
ff. "[X.]"; [X.], 1239 11
12
-
6
-
Rn.
44
ff. "[X.]"
und [X.], 1486 Rn.
55
ff. "[X.]").
Eine abweichende Namensführung in den beiden [X.] zwingt [X.] dann nicht zur Anerkennung der ausländischen Rechts-
bzw. Namenslage, wenn die erstrebte Namensführung auch aufgrund des [X.]n Rechts
er-reichbar ist. Diese Möglichkeit ist im vorliegenden Fall gegeben. Denn aufgrund der zwischenzeitlichen Änderung des väterlichen Nachnamens

auch wenn dieser kein Familienname nach [X.]m Rechtsverständnis ist

können die Eltern diesen gemäß Art.
10 Abs.
1 EGBGB, §
1617
b Abs.
1 BGB noch nach-träglich zum Geburtsnamen des Kindes bestimmen und so eine nach [X.]m
und [X.]n Recht übereinstimmende Namensgebung errei-chen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 16.
Dezember 2015

XII
ZB
405/13

[X.], 449
Rn.
6
ff.).
Die Möglichkeit der Änderung des zunächst kraft Gesetzes erworbenen Namens ist insbesondere dann eröffnet, wenn dem Kind der Name des bisher nicht sorgeberechtigten Elternteils erteilt werden soll und bezieht sich auf den von diesem zum Zeitpunkt der Namensbestimmung ge-führten Namen
(vgl. [X.]/[X.] BGB
[2015] §
1617
b Rn.
13; [X.]/v. [X.] [X.] 7.
Aufl. §
1617
b Rn.
10).
13
-
7
-
3. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben. Da weitere [X.] Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat nach §
74
Abs.
6 Satz
1 FamFG in der Sache abschließend entscheiden. Das Standesamt
ist
anzuweisen, den von den Eltern gestellten Antrag auf Erteilung einer Wirksam-keitsbescheinigung zurückzuweisen.

Dose

[X.]

Günter

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.02.2016 -
71a III 576/15 -

Kammergericht [X.], Entscheidung vom 24.11.2016 -
1 [X.]/16 -

14

Meta

XII ZB 47/17

09.05.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. XII ZB 47/17 (REWIS RS 2018, 9372)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9372

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