Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.12.2014, Az. V ZR 36/14

5. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 386

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Gegenstand

Beschränkte persönliche Dienstbarkeit: Anspruch auf Verlegung der Ausübung eines Geh- und Fahrrechts auf einen anderen Grundstücksteil


Leitsatz

Eine entsprechende Anwendung von § 1023 BGB auf den Dienstbarkeitsberechtigten scheidet aus, wenn die Ausübungsstelle rechtsgeschäftlich zum Inhalt der Dienstbarkeit gemacht worden ist.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.] - 2. Zivilkammer - vom 4. Februar 2014 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks Flurstück 55 (nachfolgend: Grundstück), auf dem sich eine Werkstatthalle befindet. Mit notarieller Urkunde vom 29. Juni 1988 hatte eine Rechtsvorgängerin des Beklagten zu Gunsten der Kläger eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestellt, nach der diese berechtigt sein sollten, die [X.] als Abstellfläche und Werkstatt für private Zwecke zu nutzen. In derselben Urkunde hatte sie eine weitere beschränkte persönliche Dienstbarkeit bewilligt, der zufolge die Kläger befugt sein sollten, „auf einem vier Meter breiten Streifen entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück [X.]. 54 zu gehen und zu fahren, um von der [X.] zur o.g. [X.] zu gelangen und zurück“. Wegen des Verlaufs des Geh- und Fahrtrechts nimmt die [X.] zudem auf einen Lageplan Bezug, der den Weg in roter Markierung unmittelbar an der Grundstücksgrenze verlaufend zeigt. Die Dienstbarkeiten sind im Grundbuch unter Bezugnahme auf diese Bewilligungen eingetragen.

2

Von der genannten Straße führt über das Grundstück ein vier Meter breiter befestigter Weg zur [X.], der überwiegend in einer Entfernung von mehr als vier Metern zur Grenze zum Flurstück 54 (nachfolgend: Nachbargrundstück) verläuft. Dieser Weg wurde von den Klägern seit jeher im Einvernehmen mit dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks genutzt, um zur [X.] zu gelangen. Ein Zugang von der Straße zur [X.] auf einem vier Meter breiten Streifen unmittelbar entlang der Grundstücksgrenze wäre nur nach Entfernung einer Mauer, von Bäumen und Rabatten sowie unter Versetzung des [X.]ntors möglich.

3

Die Kläger haben mit ihrer Klage sinngemäß die Feststellung begehrt, dass sie eine dem tatsächlich vorhandenen Weg entsprechende Fläche als Zuweg und Zufahrt zur [X.] zu nutzen berechtigt sind. Der Beklagte hat die Kläger widerklagend auf Unterlassung dieser Nutzung in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das [X.] hat umgekehrt entschieden und die Revision zugelassen, soweit der Widerklage stattgegeben worden ist. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter; der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

I.

4

[X.]as Berufungsgericht meint, dem Beklagten stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu. [X.]ie Kläger seien Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 1 [X.], da sie kein Recht hätten, die Zuwegung wie in der Vergangenheit geschehen zu nutzen. [X.]a sie dies in Abrede stellten, seien weitere Beeinträchtigungen zu besorgen. [X.]er Unterlassungsanspruch sei nicht verwirkt. [X.]enn der Beklagte habe gegenüber den Klägern zu keinem Zeitpunkt einen Vertrauenstatbestand gesetzt. Entsprechendes Verhalten seiner Rechtsvorgänger müsse er sich nicht zurechnen lassen. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht könne die Verwirkung einem Sonderrechtsnachfolger nicht entgegengehalten werden. [X.]er Anspruch des Beklagten ergebe sich zudem aus § 862 Abs. 1 Satz 2 [X.].

II.

5

[X.]iese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.

6

1. [X.]as Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass dem Beklagten ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] gegen die Kläger zusteht, da die Benutzung des auf seinem Grundstück gelegenen Weges sein Eigentumsrecht beeinträchtigt und weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Ein eigenes Recht der Kläger zur Nutzung des Weges, das den Beklagten zur [X.]uldung der Eigentumsbeeinträchtigung gemäß § 1004 Abs. 2 [X.] verpflichtet, besteht nicht.

7

[X.]ies folgt im Revisionsverfahren bereits aus der rechtskräftigen Abweisung der Klage, mit der die Kläger im Wesentlichen die [X.]stellung begehrt haben, dass sie berechtigt sind, das Grundstück des Beklagten auf einem 4,0 Meter breiten Streifen entlang der Grenze zum Nachbargrundstück mit einem Seitenabstand zur Grundstücksgrenze von 3,10 Meter unten und 4,0 Meter oben zu begehen und zu befahren. Aufgrund der Klageabweisung ist die Frage, ob den Klägern ein Recht zur Nutzung des Grundstücks in dem genannten Bereich gegen den Beklagten zusteht, einer erneuten rechtlichen Würdigung grundsätzlich nicht zugänglich. Aus der - vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachtenden ([X.], Urteil vom 16. Januar 2008 - [X.], [X.], 1227 Rn. 9) - [X.] folgt nämlich nicht nur, dass eine erneute Klage mit identischem Streitgegenstand unzulässig wäre. Es besteht vielmehr auch eine Bindungswirkung insoweit, als die in einem Vorprozess entschiedene Rechtsfolge Vorfrage für die Entscheidung des nachfolgenden Rechtsstreits ist (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juli 1995 - [X.], N[X.] 1995, 2993). Nichts anderes gilt, wenn bei einer Teilanfechtung der nicht angegriffene Teil in Rechtskraft erwächst ([X.], Urteil vom 12. [X.]ezember 2006 - [X.], N[X.] 2007, 1466 Rn. 7 - insoweit in [X.]Z 170, 180 nicht abgedruckt). So liegt der Fall hier. [X.]er Unterlassungsanspruch des Beklagten wäre gemäß § 1004 Abs. 2 [X.] ausgeschlossen, wenn die Kläger das Grundstück in dem Bereich des tatsächlich vorhandenen Weges benutzen dürften. [X.]iese Vorfrage ist durch die rechtskräftige Abweisung der Klage zu Lasten der Kläger abschließend entschieden worden.

8

2. Jedenfalls im Ergebnis richtig ist auch die weitere [X.]stellung des Berufungsgerichts, dass der Unterlassungsanspruch des Beklagten gegen die Kläger nicht verwirkt ist.

9

a) [X.]er Prüfung dieses Einwands steht die rechtskräftige Abweisung der Klage nicht entgegen. [X.]urch die Abweisung der Klage ist nur festgestellt, dass die Kläger kein eigenes Recht zur Nutzung des vorhandenen Weges haben, nicht dagegen auch eine Entscheidung darüber getroffen worden, ob sich die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch den Beklagten als treuwidrig erweist.

b) Auf den Gesichtspunkt der Verwirkung können sich die Kläger nicht mit Erfolg berufen, weil es bereits an deren Voraussetzungen fehlt. Auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob die Verwirkung einem Sonderrechtsnachfolger entgegengehalten werden kann, kommt es deshalb nicht an.

aa) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 30. April 1993 - [X.], [X.]Z 122, 308, 315 mwN; [X.], Urteil vom 21. Oktober 2005 - [X.], N[X.]-RR 2006, 235 Rn. 10). [X.]ie Verwirkung ist somit ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 [X.]); sie kann im gesamten Privatrecht eingewendet werden ([X.], Urteil vom 30. April 1993- [X.], [X.]Z 122, 308, 314). Auch die aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach § 862 Abs. 1 [X.], § 1004 Abs. 1 [X.] unterliegen der Verwirkung ([X.], Urteil vom 21. Oktober 2005 - [X.], N[X.]-RR 2006, 235 Rn. 10).

bb) Bezogen auf den Unterlassungsanspruch des Beklagten fehlt es bereits an dem für die Verwirkung erforderlichen Zeitmoment. Sollen mit einem Unterlassungsanspruch wiederholte gleichartige Störungen abgewehrt werden, die zeitlich unterbrochen auftreten, löst jede Einwirkung einen neuen Anspruch aus ([X.], Urteil vom 22. Juni 1990 - [X.], N[X.] 1990, 2555, 2556; Urteil vom 21. Oktober 2005 - [X.], N[X.]-RR 2006, 235 Rn. 11). [X.]ie für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist beginnt jeweils neu zu laufen, so dass es in der Regel - mit Ausnahme besonders langer Unterbrechungen - an dem Zeitmoment fehlt ([X.], Urteil vom 21. Oktober 2005 - [X.], N[X.]-RR 2006, 235 Rn. 11). [X.]as Befahren und das Begehen des sich auf dem Grundstück des Beklagten befindlichen Weges durch die Kläger stellen solche gleichartigen Störungen dar.

3. Entgegen der Auffassung der Revision haben die Kläger gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Verlegung der Ausübung der zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen beschränkten persönlichen [X.]ienstbarkeit auf den Teil des Grundstücks, auf dem sich derzeit der Zuweg für die [X.] befindet. Wäre dies der Fall, stellte sich die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch den Beklagten allerdings als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 [X.] dar. [X.]ie Forderung einer Leistung ist unzulässig, wenn sie aus einem anderen Rechtsgrund an den Schuldner zurückerstattet werden muss ([X.], Urteil vom 21. [X.]ezember 1989 - [X.], [X.]Z 110, 30, 33). Entsprechendes gilt, wenn jemand einen Unterlassungs- oder einen Beseitigungsanspruch geltend macht, obwohl die Gegenseite einen Anspruch auf Einräumung einer Rechtsposition hat, die den Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch ausschließt (vgl. [X.], Urteil vom 5. [X.]ezember 2003 - [X.], [X.], 1798, 1802). Ein solcher Anspruch steht den Klägern jedoch nicht zu.

a) [X.]ie rechtskräftige Abweisung der Klage hinderte die Annahme eines Anspruchs auf Verlegung der Ausübung der [X.]ienstbarkeit allerdings nicht. [X.] steht hiernach nur, dass die Kläger an der Stelle des tatsächlich vorhandenen Weges derzeit kein Nutzungsrecht haben und sie deshalb auch nicht mehr geltend machen können, die zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragene [X.]ienstbarkeit erstrecke sich auf diesen Weg. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Kläger einen Anspruch auf Verlegung der [X.] der [X.]ienstbarkeit auf eine andere, von der im Grundbuch eingetragenen abweichenden Stelle haben.

b) [X.]as Gesetz sieht in § 1023 Abs. 1 [X.] nur einen Anspruch des Eigentümers auf Verlegung der Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle vor, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist. [X.]iese Regelung gilt gemäß § 1090 Abs. 2 [X.] auch für den Eigentümer eines Grundstücks, das- wie hier - mit einer beschränkten persönlichen [X.]ienstbarkeit belastet ist. Ob auch dem [X.] in entsprechender Anwendung von § 1023 Abs. 1, § 1090 Abs. 2 [X.] oder aus § 242 [X.] in Verbindung mit diesen Vorschriften ein Anspruch auf Verlegung der Ausübung der [X.]ienstbarkeit auf eine andere Stelle des belasteten Grundstücks zustehen kann, ist umstritten.

aa) Nach einer vor allem im älteren Schrifttum vertretenen Auffassung soll nur der Eigentümer die Verlegung der Ausübung beanspruchen können (RGRK/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1023 Rn. 2; [X.]/[X.], [X.], § 1023 [X.] 1; [X.]/[X.], Sachenrecht, 10. Bearbeitung, § 107 II, [X.]; [X.]/[X.]/[X.], Nachbarrecht im [X.] (ohne [X.]), 5. Aufl., § 31 VI, [X.]; [X.]/Ring, [X.] [1981], § 1023 Rn. 14; Soergel/Stürner, [X.], 13. Aufl., § 1023 Rn. 1). [X.]ie Vertreter dieser Ansicht sehen in § 1023 [X.] (ausschließlich) eine besondere Ausprägung des Prinzips der schonenden Rechtsausübung - mithin einen Ausfluss der Rechte des Eigentümers aus § 1020 [X.] (RGRK/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1023 Rn. 2; [X.]/[X.], Sachenrecht, 10. Bearbeitung, § 107 II, [X.]; [X.]/Ring, [X.] [1981], § 1023 Rn. 1; Soergel/Stürner, [X.], 13. Aufl., § 1023 Rn. 1; so auch [X.]/Lilienthal, [X.], [X.] Sachenrecht, § 56 II 1 c, [X.]; [X.]/[X.]/[X.], Nachbarrecht im [X.] (ohne [X.]), 5. Aufl., § 31 VI, [X.]).

bb) Nach der Gegenmeinung kann sich ein Anspruch des [X.] auf Verlegung der Ausübung aus einer entsprechenden Anwendung des § 1023 [X.] ([X.]Komm-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 1023 Rn. 7; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1023 Rn. 10 und bereits [X.], [X.] 1933, 189) bzw. aus § 242 [X.] ([X.]/[X.], [X.] [2009], § 1023 Rn. 7; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., § 1023 Rn. 3; RGRK/[X.]e, [X.], 12. Aufl., § 1023 Rn. 3; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 1023 Rn. 2; [X.]/Prütting, [X.], 9. Aufl. § 1023 Rn. 4, die Anspruchsgrundlage offen lässt NK-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 1023 [X.] Rn. 1, 30; vgl. auch [X.] 62, 24, 35 zu einer [X.] alten Rechts) ergeben. § 1023 [X.] sei Ausdruck des Gebots der schonenden Rechtsausübung (§ 1020 [X.]), wie aber auch des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme, das auf dem zwischen den Beteiligten bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis bei einer Grunddienstbarkeit basiere ([X.]Komm-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 1023 Rn. 1; [X.]/[X.], [X.] [2009], § 1023 Rn. 1; NK-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 1023 Rn. 1, 30; so auch [X.], N[X.]-RR 2014, 401, 402; [X.]/[X.]/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 121 [X.] Rn. 21; [X.]/[X.], 7. Aufl., § 1023 Rn. 7).

cc) Richtigerweise scheidet eine entsprechende Anwendung von § 1023 [X.] auf den [X.] aus, wenn die [X.] - wie hier - rechtsgeschäftlich zum Inhalt der [X.]ienstbarkeit gemacht worden ist.

(1) [X.]ie Ausübung einer [X.]ienstbarkeit, die auf dem gesamten dienenden Grundstück lastet, kann auf den realen Teil des Grundstücks beschränkt werden. [X.]abei steht es grundsätzlich im Belieben der Beteiligten, ob sie die Bestimmung des [X.] der tatsächlichen Ausübung überlassen oder rechtsgeschäftlich zum Inhalt der [X.]ienstbarkeit machen ([X.], Beschluss vom 16. Februar 1984 - [X.], [X.]Z 90, 181, 183). Im zuletzt genannten Fall ist die Vereinbarung als Inhaltsbestimmung in das Grundbuch einzutragen. Eine Verlegung der [X.] erfordert dann eine dingliche Einigung (§§ 873, 877 [X.]) über die Änderung des Inhalts der [X.]ienstbarkeit und deren Eintragung in das Grundbuch (vgl. [X.], Urteil vom 7. Oktober 2005 - [X.], N[X.]-RR 2006, 237 Rn. 15; Beschluss vom 16. Februar 1984 - [X.], [X.]Z 90, 181, 183; Urteil vom 21. November 1975 - [X.], [X.], 274, 275). [X.]ie Vorschrift des § 1023 [X.], bei der es sich um einen besonderen Anwendungsfall der Schonpflicht aus § 1020 [X.] handelt (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 1959 - [X.], [X.] § 242 ([X.]) [X.] Nr. 31), sieht einen Verlegungsanspruch auch für den Fall vor, dass die [X.] rechtsgeschäftlich bestimmt und damit Inhalt der [X.]ienstbarkeit geworden ist (§ 1023 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Sie legt dem [X.] also nicht nur eine Änderung des tatsächlichen Verhaltens auf dem dienenden Grundstück auf, wenn die Ausübung der [X.]ienstbarkeit an der bisherigen Stelle für den Eigentümer besonderes beschwerlich ist, sondern kann auch seine Verpflichtung begründen, an einer Inhaltsänderung der [X.]ienstbarkeit mitzuwirken (vgl. [X.], Urteil vom 21. November 1975 - [X.], [X.], 274, 275; RGRK-[X.]/[X.]e, 12. Aufl., § 1023 Rn. 4).

(2) Eine Grundlage, auch den [X.]ienstbarkeitsverpflichteten in bestimmten Fällen zu einer Inhaltsänderung des Rechts zu zwingen, bietet § 1023 [X.] indessen nicht.

(a) Es fehlt bereits an der für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift notwendigen planungswidrigen Regelungslücke (vgl. hierzu allgemein [X.], Urteil vom 14. [X.]ezember 2006 - [X.], [X.]Z 170, 187 Rn. 15). [X.]er Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass dem Berechtigten, der einem Anspruch des Verpflichteten auf Verlegung eines vereinbarten [X.] ausgesetzt ist, eine [X.]ienstbarkeit anderen Inhalts „aufgedrängt“ wird, und hat den Vorgang als „zivilrechtliche Zwangsenteignung“ bezeichnet (vgl. Motive [X.], [X.] = [X.], Materialien, [X.]I, [X.]; Protokolle II, [X.] ff. = [X.], Materialien, [X.]I. S. 735 ff.). [X.]ies lässt den Ausnahmecharakter der Vorschrift erkennen und damit den Schluss zu, dass der Verlegungsanspruch bewusst nur für den Eigentümer geschaffen worden ist.

(b) [X.]arüber hinaus fehlt es, wenn eine bestimmte [X.] Inhalt der [X.]ienstbarkeit geworden ist, an hinreichenden sachlichen Gründen für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift. [X.]as Interesse des Berechtigten an einer Ausübung der [X.]ienstbarkeit ohne Beschwernisse rechtfertigt es nicht, deren Inhalt zu verändern. Ist ein bestimmter Ausübungsort Inhalt der [X.]ienstbarkeit geworden, kann und muss er sich darauf einrichten, dass ein weitergehendes Recht zur Nutzung des dienenden Grundstücks als aus dem Grundbuch ersichtlich nicht besteht. Auf der anderen Seite muss sich der Eigentümer, der eine inhaltlich beschränkte [X.]ienstbarkeit bewilligt hat, darauf verlassen können, dass die Beschränkung grundsätzlich Bestand hat. [X.]eren Wirkungen (vgl. z.B. § 1026 [X.]) dürfen nicht durch einen Verlegungsanspruch des Berechtigten unterlaufen werden. Entsprechendes gilt für etwaige Rechtsnachfolger; auch ihr Vertrauen darauf, dass das Grundbuch die [X.] der [X.]ienstbarkeit verlässlich wiedergibt, ist grundsätzlich schutzwürdig.

(3) [X.]as Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme, aus dem ein Verlegungsanspruch des [X.] entsprechend § 1023 [X.] teilweise hergeleitet wird (siehe oben zu II. 3. b bb), vermag eine Inhaltsänderung der [X.]ienstbarkeit gegen den Willen des [X.]ienstbarkeitsverpflichteten nicht zu rechtfertigen. [X.]er [X.] hat bereits entschieden, dass das Begleitschuldverhältnis, welches als gesetzliche Folge der Bestellung einer [X.]ienstbarkeit zwischen den Parteien entsteht ([X.], Urteil vom 28. Juni 1985 - [X.], [X.]Z 95, 144, 146 f.) und eine Pflicht zu gegenseitiger Rücksichtnahme begründet, schon vom gedanklichen Ansatz her nicht zu einer Änderung des Inhalts der [X.]ienstbarkeit verpflichten kann, da sich die Pflichten nach Inhalt und Zweck der [X.]ienstbarkeit bestimmen ([X.], Urteil vom 19. September 2008 - [X.], [X.], 3703 Rn. 17). [X.]ies muss in gleicher Weise für einen unmittelbar aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme abgeleiteten Verlegungsanspruch gelten.

dd) Ob und unter welchen Voraussetzungen der [X.]ienstbarkeitsberechtigte in besonders gelagerten Ausnahmefällen nach Treu und Glauben (§ 242 [X.]) doch einmal die Veränderung eines rechtsgeschäftlich bestimmten Ausübungsbereichs einer [X.]ienstbarkeit verlangen kann, bedarf keiner Entscheidung. In Betracht käme dies jedenfalls nur unter der Voraussetzung, dass die Ausübung der [X.]ienstbarkeit an der bisher vorgesehenen Stelle aufgrund nachträglich eingetretener, nicht auf einer willkürlichen Benutzungsänderung (vgl. dazu [X.], Urteil vom 2. Oktober 1998 - [X.], N[X.]-RR 1999, 166, 167) beruhender Umstände für den [X.] mit unzumutbaren Nachteilen verbunden ist. Bereits hieran fehlt es. [X.]ie Revision räumt ein, dass die Erschwernisse, die eine Ausübung der [X.]ienstbarkeit an der vereinbarten Stelle entlang der Grundstücksgrenze mit sich bringt, von Anfang an bestanden haben. [X.]ann ist es aber nicht unbillig, wenn sich die Kläger an dem vereinbarten Inhalt der [X.]ienstbarkeit festhalten lassen müssen.

[X.].

[X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]   

      

Schmidt-Räntsch   

      

Ri[X.] [X.]r. [X.]
ist infolge Krankheit an
der Unterschrift gehindert.
[X.], den 24.2.2015
[X.]ie Vorsitzende
[X.]

      

Brückner   

      

Göbel   

      

Meta

V ZR 36/14

12.12.2014

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Schweinfurt, 4. Februar 2014, Az: 24 S 72/12

§ 242 BGB, § 1023 Abs 1 BGB, § 1090 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.12.2014, Az. V ZR 36/14 (REWIS RS 2014, 386)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 1750 REWIS RS 2014, 386

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Verpflichtung zum Rückbau eines Zufahrtstores


Referenzen
Wird zitiert von

KZR 101/20

V ZR 22/15

V ZR 22/15

V ZR 36/14

15 U 3001/14

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