Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. V ZB 258/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8944

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:170518BVZB258.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 258/17
vom

17. Mai 2018

in der Abschiebungshaftsache

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 17. Mai 2018
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, [X.], die Richterin [X.] und [X.] Hamdorf

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 84 des [X.] vom 8. Dezember 2017 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, reiste ohne gültige Papiere nach [X.] ein und stellte im Oktober
2014 einen Asylantrag, den das zuständige [X.] mit Bescheid vom 5. Februar 2016 unter [X.] als offensichtlich unbegründet ablehnte. Am 19. Juli 2017 ordnete das Amtsgericht gegen den Betroffenen im Wege der einstweili-am 23.
Juli 2017, [X.] erfolgte am 23. Juli 2017.

Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht am gleichen Tag nach Anhörung des Betroffenen gegen diesen Haft zur Sicherung der [X.] bis zum Ablauf
des 16. August 2017 angeordnet. Die mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4. August 2017 eingelegte und nach Abschiebung des Betroffe-1
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nen am 16. August 2017 mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung [X.] Beschwerde hat das [X.]. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die beteiligte Behörde beantragt.

II.

Nach Auffassung des [X.] waren die Voraussetzungen für die Anordnung der Abschiebungshaft gegeben. Entgegen der Annahme des Betroffenen sei auch davon auszugehen, dass der Bescheid über die Zurück-weisung seines Asylantrags vom 5. Februar 2016 ihm
ordnungsgemäß bekannt gegeben worden sei. Es gebe zwar Unstimmigkeiten. Auf der [X.] sei der Vermerk

f-teten Vermerk vom 9. Februar 2016 sei angegeben, dass der Bescheid am 15.
Februar 2016 mit Postzustellungsurkunde zur Post gegeben worden sei. Diese Unstimmigkeiten änderten aber nichts daran, dass die Postzustellungsur-kunde den Bescheid über die Zurückweisung des Asylantrags vom 5. Februar 2016 betreffe,
dieser ordnungsgemäß zugestellt worden und der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig gewesen sei.

III.

Diese Erwägungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung stand.

1. [X.] ist zulässig. Das Beschwer-degericht hat mit dem angefochtenen Beschluss nicht über den eingangs seiner Entscheidungsgründe erwähnten, im Verfahren der einstweiligen Anordnung ergangenen
und nach § 70 Abs. 4 FamFG nicht rechtsbeschwerdefähigen [X.] des Amtsgerichts vom 19. Juli 2017
entschieden, sondern über die Be-3
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schwerde des Betroffenen gegen den
Beschluss des Amtsgerichts, durch den Haft zur Sicherung der
Abschiebung bis zum Ablauf des 16. August 2017 ange-ordnet worden ist. Das ist der im Hauptsacheverfahren ergangene
Beschluss vom 23. Juli 2017; nur gegen diesen
hat der Betroffene Beschwerde eingelegt.

2. Das Rechtsmittel ist aber unbegründet.

a) Der
Betroffene wendet gegen die auf
einem
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was von Amts wegen zu prüfen ist -
zulässigen Haftantrag beruhende Haftanordnung nur ein, das Be-schwerdegericht habe auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht zu der Würdigung gelangen dürfen, der Ablehnungsbescheid des [X.]es sei dem Betroffenen am 12. Februar 2016 zugestellt worden und habe seine vollziehbare Pflicht zur Ausreise ausgelöst.
Angesichts der Häufung falscher Datumsangaben habe das Beschwerdegericht durch Nachfrage bei dem [X.] wegen klären müssen, auf welcher Grundlage das Amt von einer wirksamen Zustellung seines Bescheids vom 5. Februar 2016 ausgegan-gen sei. Mit Mutmaßungen habe das Gericht
sich nicht begnügen dürfen.

b) Diese Rüge ist schon nicht zulässig erhoben, weil die Tatsachen nicht, wie aber nach § 71 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b FamFG geboten, bezeichnet wer-den, die den Sachaufklärungsfehler des Gerichts ergeben. Sie ist auch unbe-gründet.
aa) Die von dem Betroffenen für notwendig gehaltene ergänzende Auf-klärung, ob und wann der Bescheid vom 5. Februar 2016 zugestellt worden ist, wäre nur geboten gewesen, wenn sich diese Frage nicht anhand der von dem Beschwerdegericht herangezogenen Ausländerakte hätte klären lassen. Der Betroffene gibt dazu nur an, die Begründung der Entscheidung des [X.] ergebe eine Häufung falscher Datumsangaben. Das besagt aber für die Frage, ob die für die Entscheidung maßgebliche Feststellung des Be-6
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schwerdegerichts, der Bescheid vom 5. Februar 2016 sei am 12. Februar 2016 zugestellt worden, durch den Inhalt der Ausländerakte belegt wird
oder ergän-zender Aufklärung bedarf, nichts
und genügt den Anforderungen des § 71 Abs.
3 Nr. 2 Buchstabe b FamFG nicht.

bb) Die gebotene Befassung des Betroffenen mit den von dem Be-schwerdegericht verwerteten
Teilen der [X.] hätte zudem ergeben, dass die angegriffene Feststellung nach dem
Akteninhalt bewiesen ist und der gerügte Verfahrensfehler nicht vorliegt.

(1) [X.] enthält eine Postzustellungsurkunde, nach deren Inhalt dem Betroffenen am 12. Februar 2016 ein Bescheid des [X.]s vom 9. Februar 2016 zugestellt worden ist. Auf die Zustellung eines Bescheids nach dem Asylgesetz durch Postzustellungsurkunde gemäß § 3 Abs. 1 [X.] ist nach Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift unter anderem § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO entsprechend anwendbar, wonach die Postzustellungsurkunde den Be-weiswert einer öffentlichen Urkunde gemäß § 418 ZPO hat, auch wenn sie nicht von einer öffentlichen Stelle, sondern zum Beispiel von einem Postunterneh-men ausgestellt worden ist (vgl. [X.], [X.]/NV 2016, 922, 923). Die Beweiskraft einer Postzustellungsurkunde reicht zwar nur so weit, wie gewährleistet ist, dass die zur Beurkundung berufene Person die Tatsachen selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zutreffend festgestellt hat ([X.], [X.] vom 6. Mai 2004 -
IX ZB 43/03, [X.], 1391, 1392). Sie erbringt aber auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vollen Beweis für den äußeren [X.] (BayObLG, [X.], 245, 246). Deshalb ist durch die Urkunde bewiesen, dass dem Betroffenen am 12. Februar 2016 ein Bescheid des [X.]s vom 9. Februar 2016 zugestellt worden ist. Der nach § 3 Abs. 1 u. Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. §
182 Abs. 1 Satz 2 u. § 418 Abs. 2 ZPO mögliche Gegenbeweis ist nicht geführt.
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(2) Mit dem Nachweis der Zustellung des Bescheids vom 9. Februar 2016 ist auch die Zustellung des Bescheids vom 5. Februar 2016 über die Zu-rückweisung des Asylantrags am 12. Februar 2016 bewiesen. Die Begründung, die das Beschwerdegericht für diese Feststellung gegeben hat, beruht zwar auf einem Irrtum, ändert aber an deren
Richtigkeit nichts.

(a) Das Beschwerdegericht erklärt den Umstand, dass das Schriftstück, dessen Zustellung die Postzustellungsurkunde belegt, auf der Urkunde nicht mit , mit
einem Schreibfehler des [X.]s. Es hat dabei aber übersehen, dass das [X.] den Ablehnungsbescheid vom 5. Februar 2016, wie sich aus der verwerteten Stelle der Ausländerakte ergibt, dem Betroffenen nicht unmittelbar, sondern -
unter dem gleichen Aktenzeichen -
mit einem [X.] vom 9.
Februar 2016 zugestellt hat, der auf der Postzustellungsurkunde deshalb auch zutreffend als Gegenstand der Zustellung angegeben wird. Grund für die-ses Vorgehen ist die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet. Denn in einem solchen Fall ist dem Asylbewerber nach § 36 Abs. 2 Satz 1 [X.] mit der Zustellung der Entscheidung eine Kopie des Inhalts der [X.] zu übermitteln, weil die Klagefrist ebenso wie die Frist zur Stellung eines [X.] nach § 80 Abs. 5 VwGO in diesem Fall gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 [X.] nur eine Woche beträgt.

(b) Der Absendevermerk vom 9. Februar 2016 bezieht sich deshalb nicht auf den vorgehefteten Ablehnungsbescheid, sondern auf den Bescheid vom 9.
Februar 2016, dem dieser Ablehnungsbescheid neben anderen Unterlagen als Anlage beigefügt ist. Dieser Vermerk enthält allerdings einen Schreibfehler: Der Bescheid vom 9. Februar 2016 kann nicht, wie es dort heißt, am 15. Febru-ar 2016 und damit nach
der mit der Postzustellungsurkunde bewiesenen Zustel-12
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lung zur Post gegeben worden sein.
Dieser Fehler ist offensichtlich und gibt keinen Anlass,
an der Richtigkeit der anhand des Aktenzeichens eindeutig dem Ablehnungs-
und dem [X.] zuzuordnenden Postzustellungsurkunde zu zweifeln. Es bestand deshalb auch kein Anlass zu weiterer
Aufklärung von Amts wegen. Vielmehr muss der Betroffene die Unrichtigkeit der Urkunde be-weisen.
Das ist nicht geschehen.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG ab-gesehen.

[X.]Schmidt-Räntsch Kazele

[X.]

Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tiergarten, Entscheidung vom 23.07.2017 -
384 [X.]/17 B -

LG Berlin, Entscheidung vom 08.12.2017 -
84 [X.]/17 B -

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Meta

V ZB 258/17

17.05.2018

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2018, Az. V ZB 258/17 (REWIS RS 2018, 8944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8944

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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