Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2011, Az. I ZR 54/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2642

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

6. Oktober 2011

Bürk

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Kreditkontrolle
UWG § 4 Nr. 11; [X.] § 5 Abs. 1
Ein Finanzdienstleistungsunternehmen, das Kunden bei der Umschuldung be-stehender Verbindlichkeiten berät, darf die rechtliche Beratung zur vorzeitigen Beendigung von Darlehensverträgen gemäß §
490 Abs.
2 BGB als [X.] im Sinne von §
5
Abs.
1 [X.] nur durchführen, wenn der Sachverhalt ei-nem anerkannten Kündigungstatbestand zuzuordnen ist.
[X.], Urteil vom 6. Oktober 2011 -
I [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 6.
Oktober 2011 durch [X.] Dr. Büscher, Pokrant, Dr.
Schaffert, [X.] und Dr. Löffler

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 29.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 4.
Februar 2010 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts
wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine im Wirtschaft und Bankrecht tätige Rechtsan-waltskanzlei
in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft. Die Beklagte, ein Finanzdienstleistungsunternehmen, hat sich darauf spezialisiert, ihren Kunden Darlehen für die Finanzierung von Immobilien zu vermitteln
und bestehende Verbindlichkeiten umzuschulden.
1
-
3
-
Unter dem 12.
September 2008 schickte ein Mitarbeiter der [X.] einer Mandantin der Klägerin, einer Volksbank, ein Schreiben, in dem es aus-zugsweise
heißt:
[X.] wandte sich an uns,
nachdem er mehrfach vergeblich versucht hatte,
seine benötigte Kreditlinie aufzustocken. In diesem Zusammenhang wurden wir vom Kunden in Kenntnis gesetzt, dass in vergangenen Jahren mit Hinweis auf das Kundenrating Kreditkonditionen verteuert wurden. Nachdem [X.] sein Rating gemäß [X.] verbessert hatte, wurden ihm jedoch weiterhin nach ei-genen Aussagen die geforderten Konditionen zur Kreditaufstockung verwehrt.

Schlimmer noch wurde seiner Forderung im Zusammenhang
mit der vollständig besicherten Finanzierung nach einer Zinskondition von 6,5
% in einer fragwür-

Nachdem [X.] sich durch Ihr Vorgehen hintergangen fühlt, hat er uns damit beauftragt, die bestehenden Darlehen in Ihrem Haus zu kündigen. Was wir hiermit zum 30.09.2008 und Verweis auf die rechtliche Voraussetzung zur [X.] gemäß §
490 BGB Abs.
2 auch tun.

Die Klägerin hat
geltend
gemacht,
dass die Beklagte mit ihrer Tätigkeit gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz
verstoßen hat. Soweit für die Revision
noch von Interesse, hat das [X.] die Beklagte unter Androhung von [X.] verurteilt,

es zu unterlassen, entgegen §
3 [X.] entgeltlich an Dritte die rechtliche Bera-tung zur außerordentlichen oder vorzeitigen Beendigung von Darlehensverhält-nissen zu erbringen.

Die Berufung der [X.] ist
ohne Erfolg
geblieben.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

2
3
4
5
-
4
-
Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat
den Unterlassungsantrag als hinreichend be-stimmt angesehen und einen Verstoß der [X.] gegen
§
3 [X.] ange-nommen. Die beanstandete Beratung im Zusammenhang mit der Kreditkündi-gung sei keine nach §
5 Abs.
1 [X.] zulässige Nebenleistung zum Beruf
oder [X.] der [X.]. Die außerordentliche Kündigung im [X.] mit einer Kreditumschuldung erfordere stets eine individuelle rechtliche Prüfung, da eine Abwägung
zwischen den Interessen des Darlehensnehmers und des Darlehensgebers nötig sei. Die Kündigung des bestehenden Kreditver-trags sei conditio sine qua non für die Umschuldung des Kunden gewesen. Deshalb sei die Beratung
über die Kündigung
keine nach §
5 Abs.
1 [X.] zu-lässige Nebenleistung, sondern eine Hauptleistung, die die Beklagte nicht habe erbringen dürfen
und zu deren Unterlassung sie nach §
8 Abs.
1, §
4 Nr.
11 UWG verpflichtet sei.

I[X.] Diese
Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die
Revision der [X.]
führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht, soweit es zum Nachteil der [X.] erkannt hat.

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt der verallgem[X.]nd gefasste Unterlassungsantrag nicht dem Bestimmtheitserfordernis des §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO und ist deshalb unzulässig.

a) Nach §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart un-deutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefug-nis des Gerichts (§
308 Abs.
1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der 6
7
8
9
-
5
-
Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entschei-dung darüber, was dem [X.] verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe ([X.],
Urteil vom 16.
November 2006
I
ZR
191/03, [X.], 607 Rn.
16 = WRP 2007, 775
Telefonwerbung für "Individualverträge"; Urteil vom 4.
November
2010
I
ZR
118/09, [X.], 539
Rn.
11 = [X.], 742

Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker).

b) Der Unterlassungsantrag, mit dem der [X.] untersagt werden soll, entgegen §
3 [X.] entgeltlich an Dritte rechtliche Beratung zur [X.] oder vorzeitigen Beendigung von Darlehensverträgen zu erbringen, genügt diesen Anforderungen nicht.

aa) Der verallgemeinernd formulierte Antrag ist unbestimmt.
Er nimmt zwar auf die außerordentliche oder vorzeitige Beendigung von Darlehensver-trägen Bezug. Mit der Verwendung des Begriffs "rechtliche Beratung"
bleibt aber unklar, was der [X.]
in diesem Zusammenhang
konkret verboten werden soll
(vgl. auch [X.], [X.], 539 Rn.
13

Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe im Klageantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung ist allerdings hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmäßig oder sogar geboten, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht (vgl. [X.], Urteil vom 22.
November 2007

I
ZR
12/05,
[X.], 357 Rn.
22 = [X.], 499
Planfreigabesystem). Davon ist im Regelfall auszugehen, wenn über die Bedeutung des an sich auslegungsbedürftigen Begriffs zwischen den Parteien kein Streit besteht und objektive Maßstäbe zur Abgrenzung vorlie-gen (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Mai 2000

I
ZR
28/98, [X.]Z 144, 255, 263

Abgasemissionen) oder wenn zum Verständnis des Begriffs auf die konkrete Verletzungshandlung und die gegebene Klagebegründung zurückgegriffen wer-10
11
-
6
-
den kann (vgl. [X.], Urteil vom 4.
September
2003
I
ZR
23/01, [X.]Z
156, 126, 131

Farbmarkenverletzung
I; vgl. auch [X.], Urteil vom 29.
April 2010

I
ZR
202/07, [X.], 749 Rn.
21 = [X.], 1030
Er-innerungswerbung im [X.]). Beides ist vorliegend nicht der Fall.

Zwischen den Parteien ist umstritten, was unter "rechtlicher Beratung" zu verstehen ist und ob die Beklagte mit dem beanstandeten Schreiben ihren Kun-den rechtlich beraten hat. Auch durch die Verweisung auf §
3 [X.] wird der Antrag nicht ausreichend konkretisiert. Daraus erschließt sich zwar, dass der Begriff "rechtliche Beratung" im Antrag dem der Rechtsdienstleistung in §
3 [X.] entspricht, der wiederum auf §
2 Abs.
1 [X.] bezogen ist. Die dort gege-bene Definition, nach der Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in
konkreten frem-den Angelegenheiten ist, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls [X.], ist aber nicht so eindeutig und konkret, dass sich über diesen Begriff kein ernsthafter Streit ergeben kann oder mögliche Zweifel durch eine gefestig-te Rechtsprechung geklärt sind.

Das
von der Klägerin beantragte Verbot
ist
auch
nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt, weil es aufgrund des ganz allgemein gehaltenen Begriffs "rechtliche Beratung"
über die konkrete
Kündigungserklärung
im Schreiben vom 12.
September 2008
hinausgeht.

[X.]) Der Antrag ist ferner unbestimmt, weil er §
3 [X.] anführt und über diese Vorschrift auf die im Rechtsdienstleistungsgesetz vorgesehenen
Erlaub-nistatbestände Bezug nimmt, ohne diese näher zu konkretisieren. Insbesondere ist der Erlaubnistatbestand des §
5 [X.] nicht so eindeutig und konkret gefasst oder durch eine gefestigte Auslegung geklärt, dass seine (mittelbare) Über-nahme in den Unterlassungsantrag dem Bestimmtheitsgebot des §
253 Abs.
2 12
13
14
-
7
-
Nr.
2 ZPO genügt (vgl. [X.], [X.], 539 Rn.
14 ff.

Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker).

Allerdings kann nach der Senatsrechtsprechung eine auslegungsbedürf-tige Antragsformulierung hinzunehmen sein, wenn eine weitere Konkretisierung nicht möglich ist und die Antragsformulierung zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Geschäftspraxis erforderlich erscheint (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juli 2009
I
ZR
13/07, [X.], 977 Rn.
22 = [X.], 1076
Brillenversorgung
I; Urteil vom
5.
Oktober 2010

I
ZR
46/09,
GRUR
2011, 433 Rn.
10
= WRP
2011, 576

Verbotsantrag bei Telefonwerbung). Davon ist im Streitfall nicht auszugehen, weil die Klägerin sich mit der Formulierung des Klageantrags
an der konkreten Verletzungsform orientieren kann, ohne dass für sie damit ein effektiver Rechtsschutz gefährdet wäre
(vgl. [X.], [X.], 539
Rn.
17

Rechtsberatung durch Lebensmittel-chemiker).

2. Die Verurteilung der [X.] nach dem allgemein gefassten Unter-lassungsantrag hat
danach keinen Bestand. Gleichwohl kann die Klage nicht abgewiesen werden. Dem Klagevorbringen ist durch Auslegung zu entnehmen, dass die Klägerin zumindest die konkrete Verletzungshandlung unterbunden wissen möchte, die sie mit der Klage beanstandet hat. Bei dem [X.] handelt es sich um eine Verallgemeinerung, die die konkrete Verlet-zungsform als Minus umfasst. Unter diesen Umständen hätte das Berufungsge-richt nach §
139 Abs.
1 ZPO auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinwirken müssen, durch die die konkrete Verletzungsform hinreichend genau umschrie-ben wird. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Anspruch der [X.] auf ein faires Gerichtsverfahren gebieten es in einem solchen Fall, von einer Abweisung der Klage als unzulässig abzusehen und der Klägerin im wiederer-öffneten Berufungsverfahren Gelegenheit zu geben, den aufgetretenen Beden-15
16
-
8
-
ken durch eine angepasste Antragsfassung zu begegnen ([X.], Urteil vom 4.
Oktober 2007
I
ZR
143/04, [X.], 84 Rn.
23 = [X.], 98

[X.]; [X.], [X.], 539 Rn.
18

Rechtsberatung durch Lebensmit-telchemiker).

II[X.] Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:

1.
Zutreffend hat das Berufungsgericht die Parteien als Mitbewerber im Sinne von §
8 Abs.
3 Nr.
1 UWG und die Vorschriften
des Rechtsdienstleis-tungsgesetzes als Marktverhaltensregelungen nach §
4 Nr.
11 UWG
angese-hen
(vgl. [X.], [X.], 539 Rn.
25
Rechtsberatung durch Lebensmittel-chemiker).

2.
Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die [X.] Passagen des Schreibens der [X.] vom 12.
September 2008 eine Rechtsdienstleistung im Sinne von §
2 Abs.
1 [X.]
darstellen. [X.] ist danach jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
Mit dem [X.] ist die Beklagte konkret im Rahmen der Rechtsbeziehungen ihres Kunden zu seiner Bank tätig geworden. Diese Tätigkeit erfordert auch eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls, weil die Beklagte die Kündigung für ihren
Kunden erst erklären kann, nachdem sie die Voraussetzungen des §
490 Abs.
2 BGB mit Blick auf den konkreten Fall geprüft und bejaht hat.

3.
Nach §
5 Abs.
1
Satz
2 [X.]
sind Rechtsdienstleistungen im [X.] mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Beruf oder [X.] einer anderen Haupttätigkeit gehören.
Ob eine Ne-17
18
19
20
21
-
9
-
benleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen [X.] mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

a) Mit dieser Regelung ist die tragende Begründung des Berufungsge-richts unvereinbar, eine für die Haupttätigkeit erforderliche Rechtsdienstleistung könne keine Nebenleistung sein. Ein solcher Inhalt
der Vorschrift
ist dem Wort-laut des §
5 Abs.
1 [X.] nicht zu entnehmen. Nach der Gesetzesbegründung soll es
anders als bisher in Art.
I §
5 RBerG
gerade nicht mehr entscheidend sein, ob die Dienstleistung ohne den rechtsdienstleistenden Anteil überhaupt erbracht werden kann. Entsprechend bezeichnet die Begründung als typische

zulässige

Nebenleistungen rechtliche Beratung und Aufklärungspflichten, ohne die die eigentliche Tätigkeit nicht
ordnungsgemäß auszuführen ist (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes
zur Neuregelung des [X.], BT-Drucks.
16/3655, S.
52; in diesem Sinne auch [X.] in [X.]/Römermann, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2008, §
5 [X.] Rn.
46; [X.] in [X.]/Göcken, 2010, [X.] Berufsrecht, §
5 [X.] Rn.
15).

Maßgeblich ist vielmehr, ob die Rechtsdienstleistung nach der Verkehrs-anschauung ein solches Gewicht innerhalb der Gesamtleistung hat, dass nicht mehr von einer bloßen Nebenleistung ausgegangen werden kann. §
5 [X.] soll damit nur Anwendung finden, wenn die fragliche Rechtsdienstleistung nicht selbst wesentlicher Teil der Hauptleistung ist. Der Schwerpunkt der Tätigkeit muss

soweit es sich nicht um Dienstleistungen
von Angehörigen steuerbera-tender Berufe oder nach §
10 [X.] registrierter
Personen
handelt
stets auf nicht rechtlichem
Gebiet liegen (vgl. [X.].
15/3655, S.
52).

Dabei ist im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte Berufsausübungs-freiheit (Art.
12 GG) grundsätzlich keine enge
Auslegung des §
5 Abs.
1 [X.]
22
23
24
-
10
-
geboten (vgl. [X.]. 16/3655, S.
52; Kleine-Cosack, [X.], 2. Aufl., §
5 Rn.
21;
aA [X.] in [X.]/Römermann
aaO
§
5 [X.] Rn.
12, 14; Un-seld/[X.], [X.],
2009,
§
5 Rn.
3).

b) Nach diesen Grundsätzen
ist es der [X.] weder generell verbo-ten noch allgemein nach §
5 Abs.
1 [X.] erlaubt, ihre Kunden bei
der vorzeiti-gen Beendigung von Darlehensverträgen rechtlich zu beraten. Dies gilt auch, soweit es sich um
Kündigungen handelt, die auf §
490 Abs.
2 BGB gestützt sind.

aa) Es gehört grundsätzlich zum [X.] der [X.] als Unter-nehmen, das Umschuldungen für seine Kunden
vornimmt, diese im [X.] mit der Kündigung bestehender Kredite
zu beraten. Denn die Kündi-gung ist Voraussetzung für die Umfinanzierung. Ob es bereits ein etabliertes Berufsbild mit diesem Betätigungsfeld gibt, zu dem auch die Kündigung beste-hender Darlehen des Kunden zählt, ist nicht entscheidend. Die Bestimmung des §
5 Abs.
1 [X.] ist vielmehr für die Schaffung neuer Berufsbilder offen (vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 52).
[X.]) Ob die Beratung bei der Kündigung der Kredite eine Nebenleistung nach §
5 Abs.
1 [X.] darstellt, bestimmt sich nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit (Beratung im [X.] mit einer Umschuldung) unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
(1) Der sachliche Zusammenhang mit der Haupttätigkeit
ergibt sich [X.], dass ein Finanzdienstleister einen Auftrag zur Umfinanzierung zumindest häufig nicht wird annehmen oder jedenfalls nicht wird ausführen können, wenn eine vorzeitige Kündigung des bestehenden Darlehensvertrages ausscheidet. Die damit im
Zusammenhang stehenden Rechtskenntnisse sind für die Haupt-25
26
27
28
-
11
-
tätigkeit erforderlich. Für die Vermittlung einer Umfinanzierung ist die Kenntnis von dem Kündigungsrecht des §
490 Abs.
2 BGB und seinen Voraussetzungen jedenfalls in Grundzügen unverzichtbar.

(2) Ob die rechtliche Beratung zur Beendigung von Darlehensverträgen auch nach ihrem Inhalt und Umfang eine Nebenleistung zur [X.] darstellt, ist dagegen eine Frage des Einzelfalls.

Dabei ist davon auszugehen, dass die Vermittlung einer anderweitigen
Finanzierung die vertragstypische Hauptleistung und damit häufig der Schwer-punkt der Tätigkeit der [X.]
ist.
Für den Charakter
der
Beratung über die Kündigung des bestehenden Darlehensvertrages
als Nebenleistung spricht [X.], dass
die Beklagte sie nicht isoliert als gesondert zu vergütende [X.] anbietet.

Von den konkreten Umständen des Einzelfalls hängt jedoch ab, ob die Beratung und Unterstützung der Kunden bei der Kündigung bestehender Fi-nanzierungsverträge im Hinblick auf die Komplexität der dafür erforderlichen rechtlichen Prüfung und dem damit verbundenen Zeitaufwand nach Inhalt und Umfang noch als Nebenleistung angesehen werden kann. Ob der Kunde der [X.] einen Darlehensvertrag abgeschlossen hat, bei dem für
einen be-stimmten Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart und das Darlehen durch ein Grundpfandrecht gesichert ist, ist allerdings unschwer festzustellen. Auch die Fristen des §
490 Abs.
2 Satz
1 BGB lassen sich im Allgemeinen einfach be-rechnen. Weitere Voraussetzung des außerordentlichen Kündigungsrechts ist aber, dass berechtigte Interessen des Darlehensnehmers die Kündigung gebie-ten.

29
30
31
-
12
-
Die Prüfung dieser Voraussetzung bereitet keine erheblichen Schwierig-keiten, wenn der Sachverhalt einer Fallgruppe zuzuordnen ist, für die ein be-rechtigtes Kündigungsinteresse des Darlehensnehmers vom Gesetzgeber oder durch eine gesicherte Rechtsprechung anerkannt ist. Gemäß §
490 Abs.
2 Satz
2 BGB liegt ein solches Interesse vor, wenn der Darlehensnehmer ein Be-dürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Davon ist zur Erhaltung der wirtschaftlichen [X.] auszugehen, wenn ohne die vorzeitige Kreditab-lösung der beabsichtigte Verkauf des belasteten Grundstücks nicht möglich wä-re (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Juli 1997 -
XI
ZR 267/96, [X.]Z 136, 161, 167; Urteil vom 6.
Mai 2003 -
XI
ZR 226/02, [X.], 1261, 1262; vgl. auch Beschluss-empfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/7052, S.
200) oder wenn der Darlehensnehmer das mit dem Grundpfandrecht beliehene Objekt benötigt, um einen beim Darlehensgeber nicht erhältlichen, umfangreicheren Kredit ab-zusichern (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Juli 1997 -
XI
ZR 197/96, NJW 1997, 2878, 2879). In derartigen Fällen ist die erforderliche rechtliche Prüfung regelmäßig einfach und der dafür sowie für die Formulierung eines auf §
490 Abs.
2 BGB gestützten Kündigungsschreibens erforderliche Zeitaufwand gering. Die ent-sprechende Tätigkeit ist dann eine Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit der Bera-tung im Rahmen der Umfinanzierung.
Handelt es sich dagegen um einen Fall, der sich nicht ohne weiteres [X.] anerkannten Fallgruppe berechtigten [X.] zuordnen lässt, so sind komplexe rechtliche Überlegungen notwendig, die die volle Kompetenz eines Rechtsanwalts erfordern. Die Rechtsdienstleistung stellt sich dann nach Inhalt und Umfang nicht mehr als nach §
5 Abs.
1 [X.] zulässige [X.] zur Tätigkeit der Umschuldung dar.

32
33
-
13
-
Ob nach diesen Grundsätzen die im Streitfall von der [X.] erbrach-te Rechtsdienstleistung gemäß §
5 Abs.
1 [X.] erlaubt ist, lässt sich auf der Grundlage der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilen.

Büscher

Pokrant

Schaffert

Kirchhoff

Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.07.2009 -
1 [X.] 4022/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom [X.] -
29 U 4208/09 -

34

Meta

I ZR 54/10

06.10.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2011, Az. I ZR 54/10 (REWIS RS 2011, 2642)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2642

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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