Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.11.2012, Az. 26 W (pat) 515/11

26. Senat | REWIS RS 2012, 946

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren "JOSE MA SOGAS MASCARO/MASCARÓ"  – keine Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 884 667

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 28. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie des [X.] [X.] und des [X.] am Landgericht Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für [X.] IR des [X.] hat den gegen die [X.] für die [X.] 884 667

2

[X.] [X.] [X.] [X.]

3

in der [X.] für die Waren der [X.]

4

„Wines, liqueurs and other alcoholic beverages (except) beer)“

5

erhobenen Widerspruch aus der u. a. für die Waren der [X.]

6

„Weine aller Art, einschließlich Schaum- und Perlweine, Liköre aller Art, Schnaps, Anisliköre, Alkohole und Aperitifs“

7

eingetragenen prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 000005868

8

[X.]SCARÓ

9

zurückgewiesen, weil zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angegriffene Marke halte den angesichts der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Identität der Waren der [X.] gebotenen überdurchschnittlichen Abstand zur Widerspruchsmarke in jeder Richtung ein. In ihrer registrierten Form, auf die für den Markenvergleich abzustellen sei, unterschieden sich beide Marken auf Grund der in der angegriffenen Marke enthaltenen zusätzlichen Bestandteile „[X.] [X.] [X.]“ klanglich, schriftbildlich und begrifflich deutlich voneinander. Bei dieser Sachlage könne eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nur unter der Voraussetzung bejaht werden, dass der Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch ihren Bestandteil „[X.]“ geprägt werde bzw. dass dieses Wort in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung aufweise. Beides sei jedoch nicht der Fall. Der überwiegende Teil der angesprochenen inländischen Verkehrskreise erkenne in der angegriffenen Marke Wörter der [X.] und nehme deren erstes Wort „[X.]“ als [X.] Vornamen wahr. Die übrigen Wörter der angegriffenen Marke seien jedoch für den inländischen Verkehr nicht verständlich. Ein Teil der maßgeblichen inländischen Durchschnittsverbraucher werde deshalb hinter der angegriffenen Marke einen Aussagesatz mit beliebigem Inhalt vermuten, der von [X.] mit dem Vornamen „[X.]“ handele. Ein weiterer Teil des Verkehrs, der sich mit der [X.], Kultur und Namensbildung befasst habe, wisse, dass es in [X.] zur besseren Feststellung der Abstammung üblich sei, die Nachnamen beider Elternteile zu tragen. Dieser Teil des Verkehrs werde den Bestandteil „[X.] [X.]“ als Nachname verstehen, welcher aus den Familiennamen der Mutter und des [X.] gebildet sei. Der Bestandteil „[X.]“ werde als zweiter Vorname oder als Titel aufgefasst. Selbst wenn zu Gunsten der Widersprechenden angenommen werde, dass die angegriffene Marke auf den Nachnamen verkürzt werde, obwohl eine solche Verkürzung auf dem Gebiet der Weine und sonstigen alkoholischen Getränke nicht üblich sei, werde eine Verkürzung [X.]falls auf „[X.] [X.] [X.]“ oder „[X.] [X.]“ erfolgen. Auch diese beiden Verkürzungsformen wiesen aber deutliche, unmittelbare Verwechslungen ausschließende Unterschiede gegenüber der Widerspruchsmarke auf. Dem Bestandteil „[X.]“ komme innerhalb der angegriffenen Marke auch keine selbständig kennzeichnende Stellung zu, weil der Verkehr die übrigen Bestandteile der Marke, die keinen beschreibenden Sachhinweis enthielten, nicht vernachlässigen werde.

Dagegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist weiterhin der Ansicht, die angegriffene Marke halte den wegen der Identität der Waren gebotenen deutlichen Abstand gegenüber der Widerspruchsmarke nicht ein, weil das mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende Element „[X.]“ den Gesamteindruck der angegriffenen Marke präge bzw. diesem Wort in der angegriffenen Marke jedenfalls eine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Es werde als Familienname verstanden, da es an letzter Stelle der mit dem Vornamen „[X.]“ beginnenden Wortabfolge stehe. In den Wörtern „[X.] [X.] [X.]“ sehe der inländische Verkehr nur eine Aneinanderreihung von [X.] Vornamen bzw. von Vornamen und [X.], die er deshalb vernachlässigen werde. Auch bei vollständiger Benennung der angegriffenen Marke werde unter ungünstigen Übermittlungsbedingungen, wie sie in Gaststätten oder Bars vorherrschten, nur deren letzter Bestandteil „[X.]“ gehört werden. Bei mündlichen Bestellungen bestehe zudem eine Tendenz des Verkehrs, längere Marken zu verkürzen. Hierfür biete sich in der angegriffenen Marke der Bestandteil „[X.]“ an. Ergänzend hat die Widersprechende vorgetragen, dass sie über eine Serie von in der [X.] bzw. international registrierten Marken verfüge, in denen das Wort „[X.]SCARÓ“ Hinweischarakter auf ihr Unternehmen entwickelt habe. „[X.]SCARÓ“ sei zudem ihr Unternehmenskennzeichen. In [X.] würden ihre Produkte von ihrer Tochtergesellschaft „ [X.]“ vertrieben. Die Widerspruchsmarke verfüge zudem über eine erhöhte Kennzeichnungskraft auf dem [X.] und dem [X.] Markt, weil die Widerspruchsmarke dort seit vielen Jahren verwendet werde und wegen des Erringens von Weinprämierungen eine hohe Reputation genieße. Dem Kenner von [X.] Weinen und Spirituosen sei die Widerspruchsmarke bekannt. Auch wenn er die Unterschiede der Marken erkenne, werde er die jüngere Marke fälschlich dem Unternehmen der Widersprechenden zurechnen. Tatsächlich sei es bei der Abholung von Weinen bereits zu Verwechslungen bei den [X.] gekommen. Auch das Berufungsgericht [X.] habe mit seiner Entscheidung vom 11. Februar 2010 die Prägung der angegriffenen Marke durch deren Bestandteil „[X.]“ sowie eine Verwechslungsgefahr der beiderseitigen Marken bejaht.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] IR des [X.] vom 17. Februar 2011 aufzuheben und der [X.] 884 667 den Schutz in der [X.] zu verweigern.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von Marken auf deren Gesamteindruck abzustellen sei und dass der Verbraucher eine aus mehreren Bestandteilen bestehende Marke regelmäßig als Ganzes wahrnehme. Eine Ausnahme könne nur dann gelten, wenn ein als verwechslungsfähig in Betracht kommender Bestandteil den Gesamteindruck einer mehrgliedrigen Marke präge. Der Bestandteil „[X.]“ präge jedoch den Gesamteindruck der angegriffenen Marke auch bei einer unterstellten Tendenz zur Abkürzung längerer Marken nicht, weil sämtliche Bestandteile der angegriffenen Marke eine normale Kennzeichnungskraft aufwiesen. Auch wenn davon ausgegangen werde, dass der [X.] Durchschnittsverbraucher den ersten Bestandteil „[X.]“ als Vornamen erkenne und verstehe, gebe es keinerlei Erfahrungssätze oder Anhaltspunkte dafür, dass er die Marke ausgerechnet auf den letzten Bestandteil „[X.]“ verkürzen und die Marke mit diesem Bestandteil wiedergeben werde. Gegen die Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung dieses Wortes innerhalb der angegriffenen Marke spreche, dass er keine erhöhte Kennzeichnungskraft für die Widersprechende aufweise und innerhalb der angegriffenen Marke nicht als Unternehmens- oder Serienzeichen erkennbar sei.

II

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen [X.] § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne der vorstehenden Bestimmung ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen [X.] in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. z. B. [X.], 594, 596 - [X.]). Der Schutz der älteren Marke ist allerdings auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte ([X.] GRUR 2003, 55, 57 ff., - [X.] plc).

Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der Waren und Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten ([X.]. 2005, 511, 512 - [X.] Life).

Hiervon ausgehend hat die angegriffene Marke gegenüber der Widerspruchsmarke angesichts der Identität der beiderseitigen Waren der [X.] und der von Haus aus normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke einen überdurchschnittlichen Abstand einzuhalten. Für den Nachweis der von der Widersprechenden behaupteten nachträglichen Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die die Markeninhaberin zumindest konkludent bestritten hat, reichen die von der Widersprechenden vorgetragenen Tatsachen nicht aus. Für eine nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft einer eingetragenen Marke ist eine durch intensive und nicht nur kurzfristige Benutzung entstandene gesteigerte Verkehrsbekanntheit erforderlich. In diesem Zusammenhang sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen. Außer den Eigenschaften, die die Marke von Haus aus aufweist, sind dies vor allem der Marktanteil der mit der Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen, die Intensität, die geografische Ausdehnung und die Dauer der Benutzung, der getätigte Werbeaufwand für die Marke sowie ggf. der durch demoskopische Befragungen dargelegte prozentuale Bekanntheitsgrad der Marke ([X.], 1040, 1044 - Kinder; GRUR 2007, 780, 784 - Pralinenform; GRUR 2008, 903, 904 - [X.]). Die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für die Tatsachen, die eine nachträgliche Erhöhung der Kennzeichnungskraft einer eingetragenen Marke belegen sollen, trifft den Widersprechenden ([X.], 859, 862 - Malteserkreuz; [X.], 840, 842 f. - Lindore/Linola; [X.] 2006, 460, 463 - [X.]/ [X.]). Die Widersprechende hat weder konkrete Angaben zu den im Inland mit den einzelnen Waren der [X.] erzielten Umsätzen noch zu den für diese Waren in den vergangenen Jahren im Inland getätigten [X.] gemacht. Aus der pauschalen Behauptung, die Widerspruchsmarke sei seit vielen Jahren auf dem [X.] und [X.] Markt verwendet worden und genieße eine hohe Reputation lassen sich keine ausreichend sicheren Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke bei den [X.] Durchschnittsverbrauchern von Wein, Sekt und anderen alkoholischen Getränken zum Prioritätszeitpunkt der angegriffenen Marke und zum Entscheidungszeitpunkt treffen. Es fehlt zudem an einer Glaubhaftmachung entsprechender Tatsachen durch die Widersprechende, sodass die behauptete erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht festgestellt werden kann und folglich für die Prüfung der Verwechslungsgefahr [X.] § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der die Waren der [X.] nicht beschreibenden Widerspruchsmarke auszugehen ist.

Den angesichts der Identität der Waren gebotenen überdurchschnittlichen Abstand hält die angegriffene Marke gegenüber der durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke ein.

Für den markenrechtlichen Vergleich zweier Zeichen ist deren Gesamteindruck maßgeblich (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. [X.] GRUR Int. 2004, 843, 845 - [X.]TRATZEN; [X.], 1098, 1099 - [X.]/[X.]; BGH [X.], 729, 731 - [X.]; GRUR 2011, 148, 149 – [X.]). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 1998, 387, 390 - Sabèl/[X.]). Auch bei der Beurteilung des Gesamteindrucks mehrteiliger Marken ist stets von der registrierten Form der Marken auszugehen, die für den markenrechtlichen Schutz maßgeblich ist. Ein allgemeiner Elementenschutz eines aus einer älteren mehrgliedrigen Marke herausgelösten Bestandteils ist dem Markenrecht fremd ([X.], 198, 199 - Springende Raubkatze; a. a. O. - [X.]). Eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung kommt einem einzelnen Markenbestandteil vielmehr nur dann zu, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt oder in dieser eine selbständig kennzeichnende Stellung innehat. Beides ist jedoch bei dem Bestandteil „[X.]“ der angegriffenen Marke jedoch nicht der Fall.

Voraussetzung für die Prägung des Gesamteindrucks einer mehrgliedrigen Marke durch einen einzelnen Markenbestandteil ist, dass der betreffende Bestandteil den Gesamteindruck der fraglichen Marke zumindest maßgeblich mitbestimmt ([X.], 1002, 1005 - [X.]; GRUR 2009, 766, 772 - Stofffähnchen) und die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können ([X.] - [X.]/[X.]; [X.], 883, 885 - RAUSCH/[X.] RAUCH; [X.], 828, 832 - [X.]). Eine hinreichende Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil kann nicht angenommen werden, wenn sich dieser Bestandteil als lediglich gleichgewichtig mit den anderen Markenteilen darstellt ([X.], 775, 776 - [X.] Toft).

Bei der angegriffenen, aus vier einzelnen Wörtern bestehenden Marke kann - wie die Markenstelle in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss zutreffend festgestellt hat - nicht festgestellt werden, dass der Verkehr dem Bestandteil „[X.]“ eine besondere Bedeutung beimessen und die übrigen, ihm vorangehenden Markenwörter vernachlässigen wird. Die angegriffene Marke besteht aus Wörtern der [X.]. Der durchschnittlich informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher von alkoholischen Getränken in der [X.] verfügt [X.]falls über rudimentäre, z. B. im Urlaub in [X.] erworbene Grundkenntnisse dieser Sprache. Er wird deshalb, wie die Markenstelle überzeugend begründet hat, lediglich den ersten Markenbestandteil „[X.]“ als [X.] Vornamen erkennen und als solchen verstehen, weil er ihm z. B. auf Grund der Namen auch im Inland bekannter Personen, wie z. B. [X.] oder [X.], geläufig ist. Die übrigen Markenteile wird der normal informierte inländische Verbraucher der fraglichen Waren hingegen im Allgemeinen nicht kennen und nicht verstehen, weil er nicht über ausreichende Kenntnisse zu [X.] Familiennamen verfügt. Eine Wertung der weiteren Markenwörter „[X.] [X.] [X.]“ als weitere Namensbestandteile könnte ihm [X.]falls auf Grund des ihm bekannten Vornamens „[X.]“ nahegelegt sein, wobei für ihn dann jedoch weiterhin nicht erkennbar ist, ob es sich bei den drei Folgebestandteilen um weitere Vornamen oder einen oder mehrere Familiennamen oder beides handelt. Zu Recht hat die Markenstelle insoweit auch angenommen, dass bei der angegriffenen Marke der Schluss auf einen Namen für den [X.] Verkehr nicht einmal zwingend ist, weil es sich bei der angegriffenen Marke auch um einen mit dem Vornamen „[X.]“ beginnenden [X.] Satz oder Werbeslogan handeln könnte. Angesichts dieser [X.] der angegriffenen Marke durch die maßgeblichen [X.] Verkehrskreise kann entgegen der Argumentation der Widersprechenden nicht festgestellt werden, dass die Bestandteile „[X.] [X.] [X.]“ für diesen Verkehrskreis in der Marke in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnten.

Dies gilt selbst dann, wenn zu Gunsten der Widersprechenden unterstellt wird, dass ein rechtserheblicher Teil der [X.] Verbraucher in der angegriffenen Marke eine aus Vor- und Familiennamen gebildete Marke zu erkennen meint; denn abgesehen davon, dass es keinerlei überzeugende Gründe für die Annahme gibt, der Verkehr werde ausschließlich den letzten Bestandteil „[X.]“ aus der Abfolge von vier Namenswörtern herausgreifen und sich die Marke allein anhand dieses Bestandteils einprägen, gibt es auch - bei einem unterstellten Verständnis von „[X.] [X.] [X.]“ als Abfolge von drei Vornamen und einem Verständnis von „[X.]“ als alleiniger Familienname - keinen Erfahrungssatz, wonach im Regelfall nur dem Familiennamen eine prägende Bedeutung zukommt ([X.], 513, 514 - [X.]/[X.]), weil sich der inländische Verkehr in aller Regel an dem aus Vor- und Familiennamen gebildeten Gesamtnamen orientiert, zu dessen Individualisierung auch der Vorname wesentlich beiträgt ([X.]. – RAUSCH/[X.] RAUCH; [X.], 1031, 1032 - [X.]). Maßgeblich sind insoweit allein die Umstände des Einzelfalls, insbesondere des jeweiligen Verhältnisses von Vor- und Familiennamen zueinander ([X.] [X.], 933, 934 - [X.]). Im vorliegenden Fall ist schon deshalb davon auszugehen, dass der Verkehr den ersten Bestandteil „[X.]“ der angegriffenen Marke mit in sein maßgebliches Erinnerungsbild aufnimmt, weil er allein geeignet ist, ihm bei den hier zu berücksichtigenden Waren einen sprachlichen Hinweis auf die geografische Herkunft dieser Waren aus [X.] bzw. aus einem anderen Land des [X.] Sprachraums zu geben, die für den Verkehr bei der Auswahl eines Weins, eines Sekts oder auch eines anderen alkoholischen Getränks von mitentscheidender Bedeutung ist.

Weitere maßgebliche Gesichtspunkte, die gegen eine Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke durch deren Bestandteil „[X.]“ sprechen, sind darin zu sehen, dass der Verkehr sich bei längeren Marken in der Regel eher an ihren Anfängen orientiert und er eher ihm bekannte und damit einprägsamere Bestandteile in sein Erinnerungsbild aufnimmt. Der am Anfang der mehrteiligen angegriffenen Marke stehende Vorname „[X.]“ stellt in dieser einen solchen merkfähigen Bestandteil dar, der einen angemessen aufmerksamen und verständigen inländischen Durchschnittsverbraucher in die Lage versetzen wird, die Marken auseinanderzuhalten.

Auch eine selbständig kennzeichnende Stellung nimmt der Bestandteil „[X.]“ in der angegriffenen Marke nicht ein. Zwar entspricht dieser Bestandteil - abgesehen von dem fehlenden Akzent über dem Schlussbuchstaben „O“ - der normal kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke. Auch sind die [X.] für identische Waren bestimmt. Von einer selbständig kennzeichnenden Stellung einer in eine jüngere mehrteilige Marke übernommenen älteren Marke kann jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn die ältere Marke in der jüngeren mehrteiligen Marke wie eine Marke eigenständig in Erscheinung tritt, wofür es besonderer Anhaltspunkte und Feststellungen bedarf ([X.] [X.] 2006, 527, 530 - POWER). Von einer selbständig kennzeichnenden Stellung kann bei der Übernahme einer Nachnamensmarke in eine aus Vor- und Zunamen gebildete jüngere Gesamtnamensmarke nicht grundsätzlich ausgegangen werden. Vielmehr kommt es insoweit - wie bereits zuvor dargelegt worden ist - stets auf die Umstände des Einzelfalls an ([X.] a. a. O. - [X.]). Gegen eine selbständig kennzeichnende Stellung eines übernommenen Bestandteils spricht, wenn der betreffende Bestandteil vollständig in das jüngere [X.] integriert ist (BGH [X.], 646, 648 - OFFROAD). Eine solche Integration der Widerspruchsmarke in die [X.] liegt bei der angegriffenen Marke vor, die der Verkehr entweder als einheitliche [X.] Aussage mit - in der Regel - für ihn nicht verständlichem Inhalt oder als einen Gesamtnamen versteht, bei dem die übrigen Markenteile als gleichwertige und gleichgewichtige Namensteile verstanden werden und die Widerspruchsmarke nicht eigenständig in Erscheinung tritt. Unmittelbare Markenverwechslungen sind daher auch bei einer Benutzung der Marken für identische Waren durch einen angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren in der [X.] nicht zu befürchten.

Soweit die Widersprechende sich zur Stützung ihrer gegenteiligen Ansicht auf einen Fall beruft, in dem es bei der Abholung von Waren zu einer Verwechslung der Unternehmen der Beteiligten gekommen ist, vermag dies eine andere Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen den beiderseitigen Marken nicht zu rechtfertigen; denn bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr geht es allein um die Rechtsfrage, welcher Schutzumfang einer Marke zukommt, also welchen Abstand die ältere Marke von konkurrierenden jüngeren Marken fordern kann ([X.], 96, 100 - [X.]/flow; [X.] GRUR 2004, 537, 545), was nicht ausschließt, dass es entgegen dieser rechtlichen Bewertung im Einzelfall dennoch - möglicherweise auf Grund mangelnder Aufmerksamkeit - zu einzelnen tatsächlichen [X.] kommen kann. Der Nachweis tatsächlich vorgekommener Verwechslungen der Marken vermag deshalb die gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] maßgeblichen rechtlichen Erwägungen weder zu ersetzen noch zu verdrängen (OLG Frankfurt [X.] 2002, 26, 28 - Mon Chéri).

Entgegen der im Beschwerdeverfahren von der Widersprechenden vertretenen Ansicht besteht auch unter Berücksichtigung ihres ergänzenden Sachvortrags nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Bejahung der Gefahr einer gedanklichen Verbindung setzt voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Marken erkennen, gleichwohl aber einen in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke werten, diesem Bestandteil also für sich gesehen die maßgebliche Herkunftsfunktion beimessen und deshalb die übrigen abweichenden Markenteile nur als Kennzeichen für bestimmte Waren und Dienstleistungen aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers der älteren Marke ansehen ([X.], 267, 269 - [X.]; [X.], 886, 887 - [X.]/[X.]; a. a. O. - [X.]). Das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in beiden Marken reicht zur Annahme einer solchen mittelbaren Verwechslungsgefahr aber noch nicht aus. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass diesem Bestandteil Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt, was die tatsächliche Benutzung einer Markenserie voraussetzt, in die sich die prioritätsjüngere Marke einfügt ([X.] GRUR 2008, 343, 346 – [X.]/[X.]).

Die Widersprechende hat zwar eine Anzahl von für sie eingetragenen weiteren Gemeinschaftsmarken vorgetragen, die sämtlich den Bestandteil „[X.]SCARÓ“ enthalten. Es fehlt jedoch an einem Sachvortrag und einer Glaubhaftmachung dazu, dass und in welchem Umfang und ggf. wie lange diese Marken in der [X.] für Waren der [X.] im Verkehr benutzt worden sind. Auch die von ihr weiterhin vorgetragene Prämierung von Weinen, Schaumweinen, Likören und anderen Spirituosen in [X.] sagt nichts darüber aus, ob und in welchem Umfang und mit welcher zeitlicher Dauer diese Waren unter den verschiedenen „[X.]SCARÓ“-Marken im Inland in den Verkehr gelangt sind und von den maßgeblichen Endverbrauchern wahrgenommen werden konnten. Bei dieser Sachlage kann die Benutzung einer Markenserie mit dem Stammbestandteil „[X.]SCARÓ“ durch die Widersprechende vor dem [X.] der angegriffenen Marke nicht festgestellt werden. Da der Sachvortrag und die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen es auch nicht erlauben, eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke oder der Firma der Widersprechenden für das Gebiet der [X.] festzustellen, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für die Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Marken durch die inländischen Verkehrskreise. Deshalb konnte die Beschwerde der Widersprechenden keinen Erfolg haben.

Die von der Widersprechenden angeführte, eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiderseitigen Marken bejahende Entscheidung des Berufungsgerichts [X.] vermag eine andere Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht zu rechtfertigen, da sie zum einen eine Bindungswirkung für den Senat nicht entfaltet und zum anderen schon deshalb keine unmittelbare Aussagekraft für das vorstehende Verfahren haben kann, weil dort das Verständnis der Marken in den Beneluxstaaten und die Verwendung der Widerspruchsmarke in diesem Bereich maßgeblich waren, während es für die Entscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren auf die tatsächlichen Gegebenheiten in der [X.] und das Verständnis der Marken in den [X.] Verkehrskreisen ankam.

Gründe, die es billig erscheinen lassen könnten, die Kosten des Beschwerdeverfahrens einer der Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 S. 1 [X.]), liegen nicht vor.

Meta

26 W (pat) 515/11

28.11.2012

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.11.2012, Az. 26 W (pat) 515/11 (REWIS RS 2012, 946)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 946

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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