Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.08.2018, Az. 1 StR 326/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 5227

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Gegenstand

Strafrechtliche Vermögensabschöpfung im Verfahren wegen Steuerhinterziehung: Einziehung von Taterträgen bei vorläufig eingestellten Taten


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. März 2018 dahingehend abgeändert, dass die Einziehung von 114.565,29 € und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.488.375,68 € angeordnet wird; in Höhe von 43.179,55 € entfällt die Einziehung.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 33 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung von 1.646.120,52 € angeordnet.

2

Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

3

1. Der Angeklagte war alleiniger Geschäftsführer und einziger Gesellschafter der [X.] Aufgrund der von ihm monatlich abgegebenen unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen erstattete das Finanzamt auf das Konto der Gesellschaft in den 33 abgeurteilten Fällen angeblich angefallene Vorsteuern in Höhe von insgesamt 1.602.940,97 €. Weitere Taten mit einer unberechtigten Vorsteuererstattung von insgesamt 43.179,55 € hat die Kammer nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Die vom Finanzamt auf das Konto der [X.] überwiesene Vorsteuererstattung in Höhe von insgesamt 1.646.120,52 € gab der Angeklagte bis auf 114.565,29 € für seinen luxuriösen Lebenswandel aus.

4

2. Die [X.] hat die Einziehung von [X.] in Höhe von insgesamt 1.646.120,52 €, also einschließlich der auf die vorläufig eingestellten Taten entfallenden 43.179,55 €, angeordnet.

5

3. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben. Allerdings hält die Anordnung der Einziehung der durch die Tat erlangten 1.646.120,52 € nicht in vollem Umfang rechtlicher Nachprüfung stand.

6

Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend das einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist die Einziehung des [X.] nicht möglich, weil es verbraucht ist, ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung eines Geldbetrages auszusprechen, der dem Wert des [X.] entspricht. [X.] hat der Angeklagte durch die 33 abgeurteilten Taten 1.602.940,97 €, sodass gemäß § 73 Abs. 1 StGB deren Einziehung anzuordnen war.

7

Der Einziehung unterliegen jedoch nicht die Beträge, die durch die nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Taten erlangt worden sind. Auch § 73 StGB nF erfasst lediglich das [X.]e aus den verfahrensgegenständlichen Taten. Mit der vorläufigen Einstellung aber sind diese Taten nicht mehr Verfahrensgegenstand des Strafverfahrens (vgl. zur Unanwendbarkeit der §§ 73, 73a StGB aF und des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB aF bei nach § 154 StPO eingestellten Taten: [X.], Beschlüsse vom 7. April 2016 - 1 StR 632/15, [X.]R StGB § 73d Anwendungsbereich 4 Rn. 5 f. und vom 7. Januar 2003 - 3 [X.], [X.], 422 f.).

8

Darüber hinaus hat die [X.] übersehen, dass der Angeklagte die erlangten 1.602.940,97 € bis auf 114.565,29 € verbraucht hat, eine Einziehung von 1.488.375,68 Euro nach § 73 StGB nF daher insoweit nicht mehr möglich ist. Anstelle dessen ist die Einziehung des Wertes von [X.] gemäß § 73c StGB anzuordnen.

9

Wegen des nur geringfügigen Teilerfolgs des Rechtsmittels besteht für eine Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO kein Anlass.

Raum     

        

Jäger     

        

Bellay

        

Cirener     

        

Fischer     

        

Meta

1 StR 326/18

01.08.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

§ 154 Abs 2 StPO, § 73 Abs 1 StGB vom 13.04.2017, § 73c S 1 StGB vom 13.04.2017, StrVermAbRefG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.08.2018, Az. 1 StR 326/18 (REWIS RS 2018, 5227)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 5227

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