Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.06.2022, Az. 3 B 29/21

3. Senat | REWIS RS 2022, 2891

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Gegenstand

Rechtsweg bei Geltendmachung eines auf § 56 IfSG analog gestützten Entschädigungsanspruchs


Tenor

Die weitere Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 2. November 2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I

1

Der Kläger ist als selbstständiger Veranstaltungstechniker tätig. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2020 beantragte er bei den Regierungspräsidien [X.], [X.]. und C. Entschädigungszahlungen für Verdienstausfall, den er aufgrund von infektionsschutzrechtlichen ("coronabedingten") [X.] in [X.] erlitten habe. Zur [X.]egründung stützte er sich auf § 56 des [X.] ([X.] - [X.]). Die Anträge wurden an das Ministerium für Soziales und Integration [X.] abgegeben, das dem Kläger unter dem 24. November 2020 mitteilte, die geltend gemachten Ansprüche würden zurückgewiesen. Die im Frühjahr 2020 durch die Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2 erfolgten [X.] und Einschränkungen von Veranstaltungen begründeten keinen Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 [X.]. Da die Entschädigungsvorschriften des [X.] abschließend seien, ergäbe sich auch sonst kein Anspruch. Im März 2021 hat der Kläger beim [X.] Klage erhoben und beantragt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 4 288 € nebst Zinsen zu zahlen. Er stützt sein Klagebegehren auf eine analoge Anwendung von § 56 [X.], das Vorliegen eines "enteignenden Eingriffs", den allgemeinen Aufopferungsanspruch, § 100 des Polizeigesetzes ([X.]) sowie hilfsweise auf Amtshaftung.

2

Das Verwaltungsgericht hat nach Anhörung der [X.]eteiligten mit [X.]eschluss vom 5. August 2021 den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen. Für die geltend gemachten Ansprüche aus enteignendem Eingriff, Aufopferung, § 100 [X.] und hilfsweise aus Amtshaftung sei der ordentliche Rechtsweg gegeben. § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] stehe der Verweisung nicht entgegen. Es sei nach jeder rechtlichen [X.]etrachtungsweise ausgeschlossen, dass das Klagebegehren auf eine Anspruchsgrundlage gestützt werden könne, für die die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig sei. Ein Anspruch aus § 56 [X.] in analoger Anwendung bestehe offensichtlich nicht.

3

Die [X.]eschwerde des [X.] hat der Verwaltungsgerichtshof [X.] durch [X.]eschluss vom 2. November 2021 zurückgewiesen. Eine Entschädigungspflicht des [X.]eklagten nach § 56 Abs. 1 [X.], über die im Streitfall gemäß § 68 Abs. 1 [X.] die Verwaltungsgerichte zu entscheiden hätten, sei nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 [X.] lägen nicht vor; auch der Kläger mache nicht geltend, dass ein Anspruch in direkter Anwendung der Norm bestehe. Ein Entschädigungsanspruch nach § 56 [X.] in entsprechender Anwendung komme nicht in [X.]etracht. Er werde in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung einhellig und zutreffend verneint. Dass § 68 Abs. 1 [X.] i. d. F. der Gesetze vom 18. November 2020 und 29. März 2021 "für Streitigkeiten über Ansprüche nach den §§ 56 bis 58 und 65 gegen das nach § 66 Absatz 1 zur Zahlung verpflichtete Land" den Verwaltungsrechtsweg vorsehe, gelte nicht für den auf eine analoge Anwendung von § 56 [X.] gestützten Anspruch. Hätte der Gesetzgeber für Verdienstausfall wie den vom Kläger geltend gemachten eine Entschädigungsregelung im [X.] vorsehen wollen, hätte er dies bei einer der Novellierungen des Gesetzes seit dem März 2020 ausdrücklich regeln können. Für eine planwidrige Regelungslücke bestünden keine Anhaltspunkte. Für die übrigen vom Kläger geltend gemachten Ansprüche sei der ordentliche Rechtsweg gegeben. Da eine Rechtswegzuständigkeit der Verwaltungsgerichte unter keinem Gesichtspunkt erkennbar sei, ergebe sich deren Zuständigkeit auch nicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.].

4

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen weiteren [X.]eschwerde. Die den angefochtenen [X.]eschlüssen zugrundeliegende Annahme, der geltend gemachte Anspruch aus § 56 Abs. 1 [X.] analog sei offensichtlich nicht gegeben, nehme unzulässig die Sachprüfung vorweg. Aus der [X.] ([X.]) ergebe sich, dass der Gesetzgeber alle Streitigkeiten über Ansprüche nach den §§ 56 bis 58 [X.] dem Verwaltungsrechtsweg habe zuweisen wollen. Das schließe Streitigkeiten über Ansprüche aus § 56 [X.] in analoger Anwendung ein. Im Übrigen sei vor einer analogen Anwendbarkeit zu prüfen, ob sich der geltend gemachte Anspruch direkt aus § 56 [X.] ergebe. [X.] sei in beiden Fällen die Verpflichtungsklage. Das auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtete [X.]egehren könne er vor den Zivilgerichten nicht verfolgen.

5

Der [X.]eklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.

II

6

Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.], § 152 Abs. 1 und § 173 Satz 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere [X.]eschwerde ist unbegründet. Für den Rechtsstreit ist nicht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten, sondern der ordentliche Rechtsweg gegeben. Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit deshalb zu Recht an das [X.] verwiesen (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 [X.], § 1 ZPO i. V. m. § 71 Abs. 3 [X.], § 3 AG[X.] [X.]W, § 17 und § 18 ZPO).

7

1. Maßgeblich für die [X.]estimmung des Rechtsweges ist die Rechtsnatur des Streitgegenstandes. Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die Rechtsfolge herleitet, bestimmt. Erfasst werden alle materiell-rechtlichen Ansprüche bzw. Anspruchsgrundlagen, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem dem Gericht zur Entscheidung vorgetragenen Lebenssachverhalt herleiten lassen (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 7. März 2016 - 7 [X.] - [X.] 300 § 17 [X.] Nr. 8 Rn. 6 und vom 28. Oktober 2019 - 10 [X.] 21.19 - [X.] 404 IFG Nr. 35 Rn. 7, jeweils m. [X.]). Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in [X.]etracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. In Fällen, in denen der [X.] auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete Anspruchsgrundlagen gestützt ist, ist das angerufene Gericht daher zuständig, sofern nur der Rechtsweg für eine von ihnen gegeben ist. Erforderlich und ausreichend ist, dass zumindest für einen der nach dem Klagevorbringen bei objektiver Würdigung in [X.]etracht kommenden Klagegründe der beschrittene Rechtsweg eröffnet ist. Dabei nicht zu berücksichtigen sind Anspruchsgrundlagen, die offensichtlich nicht einschlägig sind (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 15. Dezember 1992 - 5 [X.] - [X.] 300 § 17a [X.] Nr. 5 S. 4 f., vom 30. April 2002 - 4 [X.] - [X.] 310 § 40 VwGO Nr. 288 S. 10 und vom 4. März 2015 - 6 [X.] 58.14 - [X.] 422.2 Rundfunkrecht Nr. 72 Rn. 11; [X.], Urteil vom 11. Dezember 1991 - 3 [X.] 91.1953 - NVwZ-RR 1992, 575; [X.], [X.]eschluss vom 12. März 1993 - 8 S 2554/92 - juris Rn. 4; [X.], [X.]eschluss vom 14. November 2016 - 11 O[X.] 232/16 - juris Rn. 9; [X.]GH, Urteil vom 5. Juli 1990 - [X.] - NVwZ 1990, 1103 <1104>; [X.]eschlüsse vom 15. Dezember 1994 - III Z[X.] 49/94 - [X.]GHZ 128, 204 <209> und vom 9. Februar 2021 - VIII Z[X.] 20/20 - [X.]GHZ 228, 373 Rn. 22 m. [X.]; [X.]SG, [X.]eschluss vom 25. März 2021 - [X.] 1 SF 1/20 R - juris Rn. 10 m. [X.]).

8

2. Danach ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten hier nicht zulässig. Es ist offensichtlich ausgeschlossen, dass das Klagebegehren auf eine Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, für die dieser Rechtsweg eröffnet ist.

9

a) Für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche aus enteignendem Eingriff und Aufopferung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 VwGO). Das Gleiche gilt gemäß § 103 [X.] für den Anspruch aus § 100 [X.] ([X.], [X.]eschluss vom 5. August 2021 - 16 K 1112/21 - [X.] des [X.]eschlussabdrucks; [X.], [X.]eschluss vom 2. November 2021 - 1 S 2802/21 - NJW 2021, 3799 Rn. 15). Davon geht auch der Kläger aus.

Für den hilfsweise geltend gemachten Amtshaftungsanspruch ergibt sich nichts Abweichendes. Solange der Hauptantrag anhängig ist, bestimmt sich die Zuständigkeit für die gesamte Klage allein nach ihm ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 7. März 2016 - 7 [X.] - [X.] 300 § 17 [X.] Nr. 8 Rn. 17; [X.], Urteil vom 30. November 1992 - 23 A 1471/90 - NVwZ 1994, 795 <797> m. [X.]). Abgesehen davon besteht für Amtshaftungsansprüche gemäß Art. 34 Satz 3 GG, § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] eine alleinige Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte.

b) Ein Entschädigungsanspruch des [X.] gegen den [X.]eklagten in direkter Anwendung von § 56 oder § 65 [X.], für den im Streitfall gemäß § 68 Abs. 1 [X.] i. d. F. der Gesetze vom 18. November 2020 ([X.]G[X.]l. I [X.]397) und vom 29. März 2021 ([X.]G[X.]l. I S. 370) der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, besteht offensichtlich nicht.

aa) Nach seinem Klagevorbringen hat der Kläger den geltend gemachten Verdienstausfall nicht dadurch erlitten, dass er gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider (§ 2 Nr. 6 [X.]), [X.] (§ 2 Nr. 7 [X.]), Krankheitsverdächtiger (§ 2 Nr. 5 [X.]) oder sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 [X.] Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterlegen hat oder unterworfen war. Es liegt auch offensichtlich kein Fall einer Absonderung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] vor. Der Kläger macht nicht geltend, als infektionsschutzrechtlicher Störer im Sinne von § 56 Abs. 1 [X.] in Anspruch genommen worden zu sein. Er stützt sich vielmehr darauf, infolge von [X.], die auf der Grundlage von Rechtsverordnungen des [X.]eklagten nach § 32 [X.] gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Personen ergangen sind, einen Verdienstausfall erlitten zu haben. Auf einen solchen Sachverhalt ist § 56 Abs. 1 [X.] nicht direkt anwendbar; davon geht auch der Kläger aus.

bb) Ein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 65 Abs. 1 [X.] scheidet ebenfalls offenkundig aus. Nach dieser [X.]estimmung ist eine Entschädigung in Geld zu leisten, soweit auf Grund einer Maßnahme nach den §§ 16 und 17 [X.] Gegenstände vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden oder ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird. Der Kläger macht nicht geltend, infolge einer behördlichen Maßnahme zur Verhütung übertragbarer Krankheiten nach § 16 oder § 17 [X.] einen Vermögensnachteil im Sinne von § 65 Abs. 1 [X.] erlitten zu haben. Dafür ist nach seinem Klagevorbringen auch nichts ersichtlich (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 3. September 2021 - 13 O[X.] 321/21 - juris Rn. 14; [X.]GH, Urteil vom 17. März 2022 - [X.]/21 - juris Rn. 24 ff.).

cc) Ebenso wenig kommt in [X.]etracht, § 56 Abs. 1 oder § 65 Abs. 1 [X.] dahin auszulegen, dass auch Personen anspruchsberechtigt sind, die infolge genereller [X.] oder Einschränkungen für Veranstaltungen aufgrund einer Verordnung nach § 32 [X.] einen Verdienstausfall bzw. Vermögensnachteil erlitten haben. Diese Auslegung scheidet aus, weil sie in Widerspruch zu dem eindeutigen Wortlaut der Regelungen sowie dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers treten würde, Entschädigungstatbestände auf den Kreis der ausdrücklich genannten Anspruchsberechtigten zu beschränken (vgl. [X.]GH, Urteil vom 17. März 2022 - [X.]/21 - juris Rn. 21, 29 ff. und 36).

c) Ob der geltend gemachte Anspruch aus § 56 [X.] analog eine Streitigkeit im Sinne von § 68 Abs. 1 [X.] begründet, kann offenbleiben. Diese Anspruchsgrundlage kommt jedenfalls als Rechtsgrundlage für das Klagebegehren offensichtlich nicht in [X.]etracht.

Eine Analogie ist nur zulässig, wenn die maßgebliche Norm eine planwidrige Regelungslücke aufweist und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Normgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Normgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Vorschrift, zu dem gleichen [X.] gekommen. Von einer planwidrigen Regelungslücke ist auszugehen, wenn festzustellen ist, dass die Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten (stRspr, vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 14. Dezember 2017 - 4 C 6.16 - [X.]VerwGE 161, 99 Rn. 15 und vom 30. Oktober 2019 - 6 C 10.18 - [X.]VerwGE 167, 20 Rn. 19 m. [X.]; [X.]eschluss vom 6. September 2018 - 9 C 5.17 - [X.]VerwGE 163, 58 Rn. 31; [X.]GH, [X.]eschluss vom 25. Januar 2022 - [X.] - NJW 2022, 1620 Rn. 21 f. m. [X.]; Urteil vom 17. März 2022 - [X.]/21 - juris Rn. 38).

Danach kommt eine Analogie hier nicht in [X.]etracht. Eine planwidrige Regelungslücke lässt sich nicht feststellen. Das haben die Vorinstanzen überzeugend dargelegt. Nach dem Regelungsprogramm des [X.] sollen [X.] wie der vom Kläger geltend gemachte nicht von dem Entschädigungstatbestand des § 56 Abs. 1 [X.] erfasst sein. Dass der Gesetzgeber übersehen haben könnte, für auf § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 [X.] gestützte infektionsschutzrechtliche Maßnahmen gegenüber der Allgemeinheit keine Entschädigung vorgesehen zu haben, liegt fern. Wortlaut und Systematik des § 56 [X.] lassen klar erkennen, dass er einen Anspruch auf Entschädigung lediglich in den Fällen des § 56 Abs. 1 [X.] - Inanspruchnahme als infektionsschutzrechtlicher Störer - sowie des § 56 Abs. 1a [X.] - [X.] von Sorgeberechtigten betreuungsbedürftiger Kinder wegen infektionsschutzrechtlicher Schließung von Einrichtungen zur [X.]etreuung von Kindern, von Schulen oder von Einrichtungen für Menschen mit [X.]ehinderungen - zuerkennen wollte. Danach entspricht es nicht dem Regelungsplan des Gesetzgebers, über diese Fälle hinaus für eine unkalkulierbare Vielzahl von [X.]etriebsinhabern, Gewerbetreibenden und Selbstständigen Entschädigungsansprüche für [X.] vorzusehen, die diese infolge von Schutzmaßnahmen aufgrund von Rechtsverordnungen gemäß § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 [X.] erlitten haben. Hätte er solche Entschädigungsansprüche begründen wollen, hätte er dies bei einer der Novellierungen des [X.]es seit dem März 2020 entsprechend regeln können. Dass er davon abgesehen hat, spricht daher klar gegen das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ([X.], [X.]eschluss vom 2. November 2021 - 1 S 2802/21 - NJW 2021, 3799 Rn. 11; [X.], [X.]eschluss vom 5. August 2021 - 16 K 1112/21 - S. 3 f. des [X.]eschlussabdrucks; OVG [X.]erlin-[X.]randenburg, [X.]eschluss vom 6. Mai 2021 - 1 L 16/21 - juris Rn. 7 f.; [X.], [X.]eschlüsse vom 3. September 2021 - 13 O[X.] 321/21 - juris Rn. 15 f. und vom 27. Oktober 2021 - 13 O[X.] 385/21 - juris Rn. 5; [X.]/[X.], in: [X.]/Winkelmüller, [X.]eckOK InfSchR, 11. Edition, Stand: 1. April 2022, § 56 [X.] Rn. 31; [X.], [X.], 5. Aufl. 2021, § 56 Rn. 47a ff.; [X.], NVwZ 2021, 1254 <1258>; ebenso die zivilgerichtliche Rechtsprechung, vgl. die Nachweise im [X.]eschluss des [X.] vom 2. November 2021 a. a. [X.] Rn. 9; OLG [X.]randenburg, Urteil vom 1. Juni 2021 - 2 U 13/21 - juris Rn. 54 und 57 ff., jeweils m. [X.]; bestätigt durch [X.]GH, Urteil vom 17. März 2022 - [X.]/21 - juris Rn. 40 ff.).

Aus den gleichen Gründen kann der geltend gemachte Entschädigungsanspruch offensichtlich nicht auf eine analoge Anwendung von § 65 Abs. 1 [X.] gestützt werden.

d) Etwas anderes ergibt sich nicht deshalb, weil der Kläger sein auf § 56 [X.] analog gestütztes [X.]egehren im Wege der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) verfolgt.

aa) Der Annahme eines auf Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Klagebegehrens steht nicht entgegen, dass der Kläger den Antrag angekündigt hat, den [X.]eklagten zu verurteilen, ihm 4 288 € nebst Zinsen (...) zu bezahlen (Schriftsatz vom 8. März 2021, [X.]). Gemäß § 86 Abs. 3 VwGO hat das Verwaltungsgericht auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken. Nach § 88 VwGO hat es das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Maßgeblich ist das Rechtsschutzziel, wie es in dem Klageantrag, der Klagebegründung und dem weiteren Vorbringen sowie in den sonstigen für das Gericht und die übrigen [X.]eteiligten erkennbaren Umständen zum Ausdruck kommt (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 26. April 2018 - 3 C 11.16 - [X.] 451.74 § 8 [X.] Nr. 18 Rn. 14 und [X.]eschluss vom 27. Juli 2021 - 3 [X.] 12.20, 3 PKH 1.20 - juris Rn. 4, jeweils m. [X.]). Danach erfasst das Klagebegehren hier auch das Verpflichtungsbegehren, Verdienstausfallentschädigung zu gewähren. [X.]ereits im [X.] vom 8. März 2021 hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er auf eine Verbescheidung abstellt (vgl. dort S. 4 unten und [X.]). Im Schriftsatz vom 21. Juli 2021 verweist er unter [X.]ezugnahme auf die Entscheidung des [X.] vom 28. Juni 2021 (4 [X.]/21.DA) darauf, dass statthafte Klageart für sein auf § 56 [X.] analog gestütztes [X.]egehren die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO ist.

bb) Unabhängig davon handelt es sich bei dem geltend gemachten Entschädigungsanspruch jedoch um einen einheitlichen Streitgegenstand. Die in Rede stehenden Anspruchsgrundlagen sind auf die gleiche Rechtsfolge - Zahlung eines bezifferten Geldbetrages - gerichtet, und der Kläger leitet die Rechtsfolge aus demselben Lebenssachverhalt her. Dass die Zahlungsklage auf Verurteilung zur Leistung und die Verpflichtungsklage auf Erlass eines Verwaltungsakts über die begehrte Summe gerichtet sind, stellt das [X.]estehen eines einheitlichen Streitgegenstandes nicht in Frage. Es kommt deshalb für die [X.]estimmung des Rechtsweges nicht darauf an, ob die Verpflichtung eines Hoheitsträgers zum Erlass eines [X.]escheides über die Gewährung von Verdienstausfallentschädigung (§ 56 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 und Abs. 11, § 77 Abs. 3 [X.]) durch die Zivilgerichte ausgesprochen werden könnte (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 28. Juni 2021 - 4 [X.]/21.DA - juris Rn. 5 ; [X.], NVwZ 2021, 1254 <1255>; [X.], in: [X.]/Winkelmüller, [X.]eckOK InfSchR, 11. Edition, Stand: 1. April 2022, § 68 [X.] Rn. 10 ; [X.], in: [X.] Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, § 17 [X.] Rn. 14 <[X.]efugnis, einen Träger öffentlicher Gewalt zu einem hoheitlichen Handeln zu verurteilen>). Gegebenenfalls wäre stattdessen eine Verurteilung zur Zahlung auszusprechen. Jedenfalls aber liegen die Voraussetzungen für eine direkte wie analoge Anwendung des § 56 [X.] - wie dargelegt - offensichtlich nicht vor. Danach kommt auch der Erlass eines entsprechenden [X.]escheides offensichtlich nicht in [X.]etracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Anfechtung der Entscheidung über die Verweisung löst ein selbstständiges Rechtsmittelverfahren aus, in dem nach den allgemeinen Vorschriften über die Kosten zu befinden ist ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 18. Mai 2010 - 1 [X.] 1.10 - [X.]VerwGE 137, 52 Rn. 13 und vom 17. September 2018 - 7 [X.] 6.18 - juris Rn. 7, jeweils m. [X.]).

Der Festsetzung eines Streitwerts für das weitere [X.]eschwerdeverfahren bedarf es nicht, da die Gerichtsgebühr streitwertunabhängig bestimmt ist (vgl. Nr. 5502 der Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG).

Meta

3 B 29/21

01.06.2022

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 2. November 2021, Az: 1 S 2802/21, Beschluss

§ 17 Abs 2 S 1 GVG, § 17a Abs 4 S 4 GVG, § 56 IfSG, § 65 IfSG, § 68 Abs 1 IfSG, § 40 Abs 2 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.06.2022, Az. 3 B 29/21 (REWIS RS 2022, 2891)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2891

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