Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2016, Az. VI ZR 461/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 14936

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:080316BVIZR461.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR
461/14

vom

8. März 2016

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am
8.
März
2016
durch den
Vorsitzenden Richter [X.], den
Richter
Stöhr, den
Richter Offenloch
und die Richterinnen
Dr. Oehler
und Dr. Roloff

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der
Klägerin
wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] in Schleswig
vom 25. September
2014
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung hinsichtlich der [X.] zu 1 bis 8, 11
und 12
zurückgewiesen worden ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das [X.] wird auf bis 65.000

festgesetzt.

Gründe:
I.
Die Klägerin
verlangt von den Beklagten
aus
eigenem Recht sowie als Erbin ihres Ehemannes Schadensersatz wegen angeblicher Falschberatung bezüglich des Erwerbs von Wertpapieren.
1
-
3
-

Die Beklagten waren alleinige Vorstände der zwischenzeitlich [X.], die unter anderem im Bereich der Anlageberatung tätig war und ihre Erträge insbesondere durch Provisionen der Emittenten der empfohlenen [X.] erwirtschaftete. In der [X.] vom 2. April
2007
bis zum 16. Juni
2008 erwar-ben die Klägerin und ihr Ehemann
nach Beratung und auf Empfehlung eines für die A.
AG tätigen Kundenberaters
verschiedene Wertpapiere, darunter Genuss-scheine,
zum Preis von insgesamt .
Die Klägerin
hat unter anderem behauptet, sie und ihr Ehemann
seien
nicht hinreichend über die mit den Anlagen verbundenen Risiken -
insbesonde-re das Emittenten-
und das Totalverlustrisiko
-
aufgeklärt worden. Dafür seien die Beklagten verantwortlich, da sie ihre Kundenberater systematisch zu einer fehlerhaften Anlageberatung veranlasst hätten.
Soweit sie Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens
ist, hat die Klägerin
mit ihrer
Klage Schadensersatz in Höhe der für die Wertpapiere
gezahlten Kaufpreise abzüglich erzielter
Erlöse
Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den
noch vorhandenen
Wertpapieren
sowie Ersatz entgan-gener Anlagezinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten jeweils nebst Verzugszinsen verlangt. Ferner hat sie die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagten mit den Gegenleistungen in Annahmeverzug befinden. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin
mit ihrer
Nichtzulas-sungsbeschwerde.

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der
Klägerin
hat Erfolg und führt im be-antragten Umfang gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen 2
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4
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-
4
-

Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die Klägerin
rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe ihren
Anspruch aus Art.
103 Abs.
1 GG
auf Gewährung rechtlichen Gehörs
in entscheidungserheb-licher Weise verletzt.
1.
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der
Klägerin
verneint. Zur Begründung hat es, soweit für das [X.] von Interesse, ausgeführt, die Beklagten hafteten der
Klägerin
nicht nach § 826 BGB. Zwar seien die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schädi-gung nach dem Klägervortrag erfüllt. Denn danach hätten die Beklagten das Unternehmen derart organisiert, dass die Berater die Anleger flächendeckend und umfassend entgegen ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, vor allem ihrer Risikobereitschaft, beraten hätten. Die Klägerin
behaupte, im Rahmen einer von der [X.] genommenen Stich-probe hätten sich in den Depots sämtlicher 1.111 von der Stichprobe erfasster Anleger Genussscheine der Risikoklassen 3 und 4 befunden, obwohl die [X.] den Risikoklassen 1 und 2 zuzuordnen gewesen seien. Wenn aus einer Stichprobe von 1.111 Anlegern mit Genussscheinen im Depot sämtliche dieser Anleger nicht anlegergerecht beraten worden sein sollten, trage dies zur Über-zeugung des Berufungsgerichts den Schluss auf flächendeckende nicht anle-gergerechte Beratung und [X.] Handeln der Beklagten. Der
Klägerin
sei es aber nicht gelungen, diese Behauptung zu beweisen. Die von ihr
benann-ten [X.] seien gemäß § 376 ZPO nicht zu vernehmen gewesen, da sie nach Auskunft der [X.] zur Amtsverschwiegenheit unterlägen, von der die [X.] sie nicht entbunden habe; daran sei das Berufungsgericht gebunden. Die weiteren Zeugen hätten den Vortrag der
Klägerin
nicht bestätigt.
6
-
5
-

2.
Diese
Ausführungen verletzen die
Klägerin
in entscheidungserhebli-cher Weise in ihrem
Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
a)
Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass ein [X.] Handeln der Beklagten nach dem Sachvor-trag der
Klägerin
zu bejahen wäre. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist ein Anlageberater, der vorsätzlich eine anleger-
und objektwidrige Empfehlung abgibt und die Schädigung des um Rat fragenden Anlegers zumin-dest billigend in Kauf nimmt, dem Anleger wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet (Urteil
vom 19. Februar 2008
-
XI
ZR 170/07, [X.], 276 Rn. 29). Dementsprechend handelt auch [X.], wer -
wie von der
Klägerin
in Bezug auf die Beklagten behauptet
-
als Leiter eines mit Anlageberatung befassten Unternehmens ein System etabliert, das darauf gerichtet ist, den Kunden unter planmäßiger Falschberatung ihren Interessen und ihrer Risikobereitschaft nicht entsprechende risikobehaftete An-lagen zu empfehlen (Senatsbeschluss vom 18. August 2015 -
VI
ZR 302/14, juris Rn. 13; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Juli 2015 -
VI
ZR 463/14, [X.], 1574 Rn. 24).
b)
Mit Erfolg rügt die Nichtzulassungsbeschwerde, dass die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin
sei für diese Behauptung beweisfällig ge-blieben, auf einem Gehörsverstoß beruht. Das Berufungsgericht hat
die Kläge-rin
dadurch in ihrem
Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs.
1 GG) verletzt, dass es die von ihm
insoweit benannten [X.] nicht vernommen hat
(vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 16. Februar 2016
-
VI [X.], zur Veröffentlichung bestimmt).
aa) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Gerichte, erheblichen Beweisanträgen nachzugehen. Die Nichtberücksichtigung 7
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10
-
6
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eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze findet, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (Senatsbeschluss
vom 16. September 2014
-
VI [X.], [X.], 338 Rn. 4; [X.], Beschluss vom 23. April 2015
-
V [X.], juris Rn. 7; [X.] 69, 141, 143 f.; [X.], [X.], 492, 493; NJW 1993, 254; teilweise mwN). Davon ist im Streitfall auszugehen. Das Unterbleiben der vom Berufungsgericht selbst als erheblich angesehenen Ver-nehmung der [X.] findet im Prozessrecht keine Grundlage.
bb)
Anders als das Berufungsgericht meint, steht der Vernehmung der [X.] § 376 Abs. 1 ZPO nicht entgegen.
(1) Das Berufungsgericht hat sich aufgrund einer Auskunft der Bundes-anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: [X.]) gemäß § 376 Abs. 1 ZPO daran gehindert gesehen, die [X.] zu verneh-men. Nach dieser Auskunft handelt
es sich bei den Zeugen um [X.], derer sich die [X.] gemäß § 4 Abs. 3 des Finanzdienstleistungs-aufsichtsgesetzes ([X.]) bedient hatte, um bei der [X.] eine Prüfung vor-zunehmen (§ 35 Abs. 1 [X.], § 44 Abs. 1 [X.]); weiter heißt es, die Zeugen unterlägen nach § 8 Abs. 1 [X.], § 9 Abs. 1 [X.] einer gesetzlichen [X.], von der sie nicht entbunden werden könnten.
(2) Diese Mitteilung rechtfertigte es indes nicht, von der Vernehmung der [X.] gemäß § 376 Abs. 1 ZPO abzusehen. Die [X.] werden vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht erfasst.
(a) Nach § 376 Abs. 1 ZPO gelten für die Vernehmung von Richtern, [X.] und anderen Personen des öffentlichen Dienstes als Zeugen über Um-stände, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, und für die Genehmigung zur Aussage die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften. §
376 Abs. 1 ZPO setzt mithin
-
ebenso wie der gleichlautende § 54 Abs. 1 11
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-
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StPO -
eine durch andere Bestimmungen begründete Pflicht des Zeugen zur Amtsverschwiegenheit voraus (vgl. [X.], Urteil vom 11. September 1980
-
4
StR 16/80, NStZ 1981, 70 zu § 54 StPO) und überträgt diese Pflicht in das Prozessrecht (zu § 54 StPO vgl. [X.]/[X.], 4. Aufl., § 54 Rn. 2; [X.]/[X.], § 54 Rn. 1 [Stand: November 2010]; [X.]/v. Schlieffen, 2. Aufl., § 54 Rn. 1). Infolgedessen besteht, wenn dem Zeugen von der zustän-digen Behörde keine Aussagegenehmigung erteilt wird, ein Vernehmungsverbot (vgl. Berger in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 376 Rn. 2, 13; MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 376 Rn. 1, 11; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 376 Rn.
43). Dadurch sollen die öffentlichen Geheimhaltungsinteressen auch im gerichtlichen Verfahren geschützt werden (vgl. MüKoZPO/[X.], aaO Rn. 1; [X.], aaO Rn. 2; zu § 54 StPO vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2005
-
3
StR 281/04, [X.]St 50, 318, 326 f.; BayObLG, NJW 1990, 1857, 1858; [X.]/[X.]/[X.], 26. Aufl., § 54 Rn. 1).
(b) [X.] und [X.] sind nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststel-lungen und der in Bezug genommenen Mitteilung der [X.] keine Rich-ter oder Beamte und auch keine sonstigen Personen des öffentlichen Dienstes. Zwar waren die Zeugen aufgrund ihrer Beauftragung durch die [X.] deren Hilfspersonen und
wurden bei der Prüfung der [X.] unmittelbar in Erfül-lung von Angelegenheiten tätig, die für die Behörde Verwaltungsaufgaben wa-ren (vgl. [X.], Urteile vom 7.
Mai 2009 -
III ZR 277/08, [X.]Z 181, 12 Rn. 23; vom 26. Juni 2001 -
X
ZR 231/99, [X.], 1390, 1392). Dies begründete aber jedenfalls deshalb kein Vernehmungsverbot gemäß § 376 Abs. 1 ZPO, weil den Zeugen keine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit im Sinne dieser Vor-schrift auferlegt worden war (zu § 54 StPO vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2005 -
3
StR 281/04, [X.]St 50, 318, 327; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 54 Rn.
22).
15
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8
-

(aa) Ob sich eine solche Pflicht aus einer Amtsträgereigenschaft im Sin-ne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB ergeben kann (zu § 54 StPO vgl. [X.], Urteil vom 28. November 1979 -
3
StR 405/79, [X.], 846, 847; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 54 Rn. 22; [X.]/[X.]/[X.], 26. Aufl., § 54 Rn. 9 a.E.), kann dabei offenbleiben. Denn die Amtsträgereigenschaft setzt nach der Rechtsprechung des [X.] eine öffentlich-rechtliche Bestellung voraus, die zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit oder zu einer organisatorischen Eingliederung in die Behördenstruktur führen muss (Urteile vom 15. Mai 1997 -
1
StR 233/96, [X.]St 43, 96, 105; vom 19. Juni 2008 -
3 [X.], [X.]St 52, 290 Rn. 25; vom 9. Juli 2009 -
5 [X.], [X.]St 54, 39 Rn. 46). Beides ist nicht festgestellt.
(bb) Nach den getroffenen Feststellungen ist eine Pflicht der [X.] zur Amtsverschwiegenheit auch nicht durch eine
förmliche Verpflichtung nach dem Verpflichtungsgesetz begründet worden (vgl. dazu MüKoZPO/
[X.], 4. Aufl., § 376 Rn. 6; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4.
Aufl., §
376 Rn. 32; zu § 54 StPO vgl. [X.], Urteile vom 11. September 1980 -
4
StR 16/80, NStZ 1981, 70 und vom 15. Dezember 2005 -
3
StR 281/04, [X.]St 50, 318, 327 f. mwN).
(cc) Eine für das Eingreifen von § 376 Abs. 1 ZPO erforderliche Pflicht zur Amtsverschwiegenheit folgt schließlich auch nicht aus der sich aus § 8 Abs.
1 [X.] und § 9 Abs. 1 [X.] ergebenden Verschwiegenheitspflicht.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] und § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] dürfen unter anderem Personen, die bei der [X.] beschäftigt oder -
wie die [X.]
-
nach § 4 Abs. 3 [X.] beauftragt sind, die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse eines ge-prüften Unternehmens oder eines Dritten liegt, nicht unbefugt offenbaren. Bei dieser Verschwiegenheitspflicht handelt es sich aber nicht um eine von § 376 16
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-
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-

Abs. 1 ZPO in Bezug genommene Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (zu ähnli-chen Vorschriften vgl. [X.], 1, 3; [X.], [X.] Personen des öffentlichen Dienstes vor Zivil-
und Strafgerichten, 1973, S. 25), wenn sie sich mit ihr im Einzelfall -
anders als im Streitfall
-
auch überschneiden kann (vgl. [X.], [X.], 1130, 1134).
Zwischen der sich aus § 8 [X.] und § 9 [X.] ergebenden Verschwie-genheitspflicht einerseits und der allgemeinen Amtsverschwiegenheit anderer-seits bestehen wesentliche Unterschiede (vgl. BVerwG, NVwZ 2011, 1012 Rn.
15; [X.]/[X.]/[X.], 2. Aufl., § 8 [X.] Rn. 10). Anders als die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht erfassen § 8 [X.] und § 9 [X.] keine Tatsachen, deren Geheimhaltung im eigenen Interesse der [X.] liegt, sondern Geschäfts-, Betriebs-
und Privatgeheimnisse der be-aufsichtigten Marktteilnehmer und sonstiger Dritter (vgl. BT-Drucks. 12/6679 S.
42; [X.]/[X.]/[X.], aaO Rn. 21; [X.] in Schwark[X.], [X.], 4.
Aufl., § 8 Rn. 1; [X.]/[X.] in [X.], [X.], § 8 Rn. 2; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]er, [X.], § 8 Rn. 2; [X.]er in Reischau-er/[X.], [X.], § 9 Rn. 12 [[X.]. 8/12]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., § 9 Rn. 1). Zwar bezwecken beide Vorschriften damit nicht nur den Schutz der privaten Träger des [X.]. Vielmehr sollen auch das notwendige Vertrauen in die Integrität der Aufsichts-praxis, eine entsprechende Kooperationsbereitschaft der beaufsichtigten [X.] und damit letztlich die Funktionsfähigkeit der Märkte für Finanzin-strumente sichergestellt werden (vgl. [X.], Urteil vom 12.
November 2014 -
C-140/13, [X.], 873 Rn. 31 ff.; BT-Drucks. 12/6679 S. 42; [X.]/[X.]/[X.], 2. Aufl., § 8 Rn. 6 f.; [X.] in Schwark[X.], [X.], 4. Aufl., § 8 Rn. 1; [X.]/[X.] in [X.], [X.], § 8 Rn. 2; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]er, [X.], § 8 Rn. 2). Das ändert aber nichts daran, dass die geschützten Personen über den Schutz ihrer Geheimnisse [X.]
-
10
-

ponieren können. [X.] sie in die [X.] einer Tatsache ein, erfolgt die [X.] nicht unbefugt und die Verschwiegenheitspflicht entfällt (vgl. [X.]/[X.]/[X.], aaO Rn. 32; [X.], aaO Rn. 11, 25;
[X.]/[X.], aaO Rn. 23; [X.], aaO Rn. 11; Döhmel in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 8 Rn. 14; [X.]er in Reischauer/[X.], [X.], § 9 Rn. 18 [[X.]. 8/12]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., § 9 Rn. 16). Einer Zustimmung der [X.] bedarf es dafür in Ermangelung eines entsprechenden Genehmigungsvorbehalts nicht. [X.] besteht die von § 376 Abs. 1 ZPO in Bezug genommene Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gegenüber dem öffentlichen Dienstherrn, der allein dazu berufen ist, den Bediensteten von dieser Pflicht zu entbinden (vgl. § 67 Abs. 3, §
68 [X.], § 37 Abs. 3 bis 5 BeamtStG; BVerwGE 18, 58, 61 f.).
cc) Auch war das Berufungsgericht an der Vernehmung der [X.] nicht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 ZPO gehindert.
Nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind Personen, denen kraft
ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche sich die Verpflichtung zur Verschwiegenheit bezieht, zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt. Dass sie von ihrem Zeugnisverweige-rungsrecht Gebrauch machen wollen, haben [X.] und [X.] bislang nicht erklärt. Schon deshalb wären sie grundsätzlich zu vernehmen gewesen (vgl. § 386 Abs. 3 ZPO).
Anderes ergibt sich auch nicht aus §
383 Abs. 3 ZPO. Nach dieser Vor-schrift soll das Gericht selbst dann, wenn ein nach § 383 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 ZPO zeugnisverweigerungsberechtigter Zeuge zur Aussage bereit ist, nur solche Fragen stellen bzw. zulassen, durch deren Beantwortung der Zeuge nicht er-kennbar gegen Verschwiegenheitspflichten verstößt (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 21
22
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11
-

31. Aufl., § 383 Rn. 22). Regelmäßig beschränkt die Vorschrift mithin allein den Kreis der im Rahmen einer Vernehmung zulässigen Fragen, macht aber die Vernehmung des angebotenen Zeugen als solche weder unzulässig noch ent-behrlich (vgl. MükoZPO/[X.], 4. Aufl., § 383 Rn. 42). Ob -
ausnahmsweise
-
anderes gelten kann, wenn von vornherein offensichtlich ist, dass der Zeuge mit jeder Aussage zum Beweisthema gegen seine Verschwiegenheitspflicht
ver-stieße, kann offenbleiben. Denn eine solche Konstellation ist im Streitfall weder hinsichtlich der sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] erge-benden Verschwiegenheitspflicht (1) noch hinsichtlich derjenigen
aus § 43 Abs. 1
Satz 1 [X.] (2) gegeben.
(1) Die sich aus § 8 [X.] und § 9 [X.] ergebende und von § 383 Abs.
1 Nr. 6 ZPO geschützte Verschwiegenheitspflicht der [X.] ist nicht allumfassend. Sie greift ihrem Schutzzweck entsprechend nur, wenn Ge-heimhaltungsinteressen der beaufsichtigten Marktteilnehmer oder sonstiger Dritter betroffen sind ([X.]/[X.] in [X.], [X.], § 8 Rn. 8).
(a) Etwaigen Geheimhaltungsinteressen der [X.] kommt dabei für die Frage, ob und inwieweit die [X.] zur Verweigerung des [X.] berechtigt sind, im Streitfall von vorneherein keine Bedeutung zu. Denn der Insolvenzverwalter der [X.] hat die Zeugen von ihrer Verpflichtung zur Ver-schwiegenheit entbunden (§ 385 Abs. 2 ZPO). Der Insolvenzverwalter war be-fugt, diese
Erklärungen abzugeben, soweit die Verschwiegenheitspflicht zu Gunsten der [X.] besteht (vgl. MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 385 Rn. 7; [X.]/[X.], ZPO, 31. Auflage, § 385 Rn. 10) und das Beweisthema deren ver-mögensrechtliche Interessen betrifft (vgl. [X.], Urteile vom 30. November 1989
-
III ZR 112/88, [X.]Z 109, 260, 270; vom 6. Juni 1994 -
II ZR 292/91, NJW 1994, 2220, 2225, insoweit in [X.]Z 126, 181 nicht abgedruckt; MükoZPO/
[X.], aaO Rn. 8; [X.]/[X.], aaO).
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25
-
12
-

(b)
Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass von § 8 [X.] und § 9 [X.] geschützte Geheimhaltungsinteressen sonstiger Dritter einer Aussage der [X.] in vollem Umfang entgegenstehen. Zwar [X.] allein das Interesse an der Durchsetzung eines zivilrechtlichen An-spruchs im Allgemeinen keine Befugnis zur [X.] von Tatsachen im Sin-ne des § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] oder des § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Dies folgt daraus, dass § 8 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 [X.] und § 9 Abs.
1 Satz 4 Nr. 1 [X.] eine Weitergabe von Tatsachen an Strafverfolgungsbehörden oder an für Straf-
und Bußgeldsachen zuständige Gerichte ausdrücklich gestatten, dass es aber in Bezug auf Zivilprozesse an einer entsprechenden Regelung fehlt (vgl. [X.]. [X.], NVwZ 2010, 1036, 1044; [X.], [X.], 1130, 1134 f.; [X.]/[X.]/[X.], 2.
Aufl., § 8 [X.] Rn. 48; [X.] in Schwark[X.], [X.], 4. Aufl., § 8 Rn.
24; [X.]/[X.] in [X.], [X.], § 8 Rn. 21; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]er, [X.], § 8 Rn.
12; Lin-demann in [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, [X.], 4. Aufl., § 9 Rn. 20; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
9 Rn. 16). Das Gesetz misst damit dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse in der Abwägung mit den von § 8 [X.] und § 9 [X.] geschützten Geheimhaltungsinteressen ein höheres Ge-wicht bei als dem Interesse an der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche. Über Tatsachen, deren Geheimhaltung nicht nur im Interesse der [X.], [X.] auch im Interesse eines Dritten liegt, insbesondere über dessen perso-nenbezogene Daten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 [X.]), dürfen die Zeugen deshalb nur aussagen, wenn und soweit der Dritte in die [X.] eingewilligt hat. Das gilt insbesondere für identifizierende Angaben über einzelne von der Stichprobe erfasste ehemalige Kunden der [X.], einschließlich der Tatsache, dass über-haupt eine Kundenbeziehung bestand (vgl. BT-Drucks. 12/6679 S.
42; [X.]/[X.]/[X.], 2. Aufl., §
8 [X.] Rn. 22, 27; [X.] in Schwark[X.], [X.], 4. Aufl., § 8 Rn. 8; [X.] in [X.]/[X.]/-26
-
13
-

Schulte-Mattler, [X.], 4. Aufl., § 9 Rn. 8, 10; [X.] in
[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 9 Rn. 1, 11). Den Zeugen ist es dadurch aber insbesondere nicht verwehrt, in anonymisierter Weise über die Zusammenset-zung der von ihnen geprüften Depots sowie ihr Vorgehen bei der Prüfung selbst zu berichten. Dass dem Berufungsgericht entsprechende Angaben der Zeugen genügt hätten, sich davon zu überzeugen, dass die unter Beweis gestellten Be-hauptungen der
Klägerin
zutreffen, ist jedenfalls nicht von vornherein ausge-schlossen.
(2) Schließlich ergibt sich eine das Beweisthema erschöpfende Schwei-gepflicht der [X.] auch nicht aus § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Zwar unterliegen die Zeugen als Wirtschaftsprüfer auch der allgemeinen berufsrecht-lichen Pflicht zur Verschwiegenheit. Diese schützt regelmäßig aber nur den [X.] (vgl. [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 43 Rn. 119, 140). An der Weitergabe von Tatsachen, die allein Dritte betreffen, zu denen kein Mandats-verhältnis besteht, ist der Wirtschaftsprüfer durch § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] grundsätzlich nicht gehindert (vgl. [X.], aaO 140; zu § 57 [X.] auch [X.], [X.], 7. Aufl., § 57 Rn. 62). Die Erkenntnisse, die die Zeugen bei der von der [X.] beauftragten Prüfung der [X.] gewonnen haben und die sie mit Einwilligung des Insolvenzverwalters offenbaren sollen, betreffen nicht die Verhältnisse der [X.]. Ein schutzwürdiges Eigeninteresse der [X.] an der Geheimhaltung dieser Erkenntnisse ist nicht ersicht-lich.
dd)
Die angefochtene Entscheidung beruht auf der gehörswidrig [X.] Vernehmung der [X.] Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage der -
ggf. eingeschränkten -
Aussage der Zeugen den Klägervortrag als erwiesen angesehen hätte, wonach sich in den Depots von sämtlichen 1.111 Anlegern, die die Zeugen stichprobenhaft 27
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14
-

überprüft haben, Genussscheine der Risikoklassen 3 und 4 befanden, obwohl die Anleger den Risikoklassen 1 und 2 zuzuordnen waren. Aus einem solchen Beweisergebnis hätte das Berufungsgericht nach seinen eigenen Ausführungen auf eine flächendeckende nicht anlegergerechte Beratung und ein sittenwidri-ges Handeln der Beklagten geschlossen.
[X.]
Stöhr
Offenloch

Oehler
Roloff

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.03.2014 -
7 O 12/12 -

OLG Schleswig, Entscheidung vom 25.09.2014 -
5 [X.] -

Meta

VI ZR 461/14

08.03.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2016, Az. VI ZR 461/14 (REWIS RS 2016, 14936)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14936

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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