6. Senat | REWIS RS 2010, 2308
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Anspruch auf rechtliches Gehör und richterliche Hinweispflicht
NV: Der Anspruch auf rechtliches Gehör und die richterliche Hinweispflicht des § 76 Abs. 2 FGO verlangen nicht, dass das Gericht die maßgebenden Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend erörtert oder sogar die einzelnen für die Entscheidung erheblichen (rechtlichen oder tatsächlichen) Gesichtspunkte im Voraus andeutet.
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrte im finanzgerichtlichen Verfahren erfolglos Anschaffungskosten für einen Laptop nicht nur --wie vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) anerkannt-- in Höhe von 50 %, sondern in Höhe von 100 % zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Darüber hinaus machte er --ebenfalls ohne Erfolg-- Bestattungskosten für seinen Bruder als außergewöhnliche Belastung geltend. Überdies wehrte er sich [X.] gegen die Anrechnung des Kindergeldes bei der Festsetzung der Einkommensteuer. Der Kläger habe eine 100%ige berufliche Nutzung des Laptops zwar vorgetragen, aber weder glaubhaft gemacht noch nachgewiesen. Die streitigen Bestattungskosten seien dem Kläger mangels rechtlicher oder sittlicher Verpflichtung nicht zwangsläufig erwachsen. Auch im Hinblick auf die Anrechnung des Kindergeldes seien die Bescheide nicht zu beanstanden. Die Revision ließ das Finanzgericht ([X.]) nicht zu.
II. 1. Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist (Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 21. Oktober 2009 [X.]/08, [X.], 444).
a) Soweit der Kläger rügt, das [X.] habe gegenüber dem nicht vertretenen Kläger die dem Gericht obliegende Hinweis- und Fürsorgepflicht verletzt und dadurch den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör verletzt, weil es ihn, den Kläger, nicht darauf hingewiesen habe - dass er die Ausgaben für den [X.] nur dann zu 100 % als Werbungskosten in Abzug bringen könne, wenn er, der Kläger, [X.] und nachweise oder zumindest glaubhaft mache, dass er den Computer nahezu ausschließlich beruflich nutze, und die bisherigen Ausführungen hierzu nicht ausreichten und - dass er als Naturalpartei den Sachverhalt so detailliert darzulegen habe, dass das Gericht entscheiden könne, ob ihm Bestattungskosten zwangsläufig erwachsen seien, liegt ein Verfahrensfehler jedenfalls nicht vor.
Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör und die richterliche Hinweispflicht des § 76 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) verlangen nicht, dass das Gericht die maßgebenden Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend erörtert oder sogar die einzelnen für die Entscheidung erheblichen (rechtlichen oder tatsächlichen) Gesichtspunkte im Voraus andeutet ([X.] vom 7. Dezember 2005 [X.], [X.], 601; vom 7. Februar 2007 [X.]/06, [X.], 962). Ein richterlicher Hinweis nach § 76 Abs. 2 [X.]O soll zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens, zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und zur Vermeidung von Überraschungsentscheidungen Schutz und Hilfestellung für die Beteiligten geben, ohne dass deren Eigenverantwortlichkeit eingeschränkt wird ([X.] vom 29. Juni 2010 [X.]/09, [X.], 1847). Inhalt und Umfang der gerichtlichen Hinweispflichten (§ 76 Abs. 2 [X.]O) hängen regelmäßig von der Sach- und Rechtslage im Einzelfall ab, von der Mitwirkung der Beteiligten sowie von deren individuellen Möglichkeiten. Vorliegend kommt eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht schon deshalb nicht in Betracht, weil der Einzelrichter in zwei Terminen die Streitsache mit den Beteiligten erörtert hat und der Kläger rund vier Wochen vor der Durchführung der mündlichen Verhandlung nochmals vom [X.] auf seinen bislang nicht ausreichenden Sachvortrag und entsprechend fehlende Nachweise hingewiesen wurde.
b) Soweit der Kläger die Zulassung der Revision begehrt, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative [X.]O) sowie zur Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative [X.]O) erfordere, entspricht die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O.
aa) Die Darlegung der Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative [X.]O) verlangt ebenso wie die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich [X.] ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des [X.] und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (z.B. [X.] vom 19. Juli 2007 [X.]/06, [X.], 2067; vom 14. September 2007 [X.], [X.]/NV 2008, 25; vom 30. Januar 2008 [X.], [X.]/NV 2008, 611, und vom 8. Oktober 2008 [X.]/08, [X.]/NV 2009, 46). Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (z.B. [X.] vom 30. August 2001 [X.], 80/01, [X.]E 196, 30, [X.] 2001, 837; vom 22. Januar 2008 [X.]/07, [X.]/NV 2008, 603; vom 19. Mai 2008 [X.], [X.]/NV 2008, 1501, unter [X.], und in [X.]/NV 2009, 46).
Diesen Anforderungen einer substantiierten Darlegung genügt die Beschwerdebegründung bereits deshalb nicht, weil sie bezüglich keinem der streitigen Punkte eine bestimmte Rechtsfrage herausstellt, die einer Klärung bedarf und in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden kann.
bb) Der Kläger hat auch die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative [X.]O (Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung) nicht hinreichend dargelegt. Erforderlich ist vielmehr, dass eine die Abweichung erkennbar machende Gegenüberstellung von Rechtssätzen, eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen oder ein offensichtlicher (materieller oder formeller) Rechtsanwendungsfehler des [X.] von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung dargetan wird (vgl. [X.] vom 10. Februar 2010 [X.]/09, [X.], 887, m.w.N.).
Auch insoweit fehlt es vorliegend an einem entsprechend substantiierten Vortrag. Der Kläger hat in keiner Weise dargelegt, dass das [X.] in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, im Urteil des [X.] dieselbe Rechtsfrage wie in der Divergenzentscheidung entschieden wurde und die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O).
Meta
18.10.2010
Beschluss
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 5. Mai 2010, Az: 12 K 18/07, Urteil
Art 103 Abs 1 GG, § 76 Abs 2 FGO, § 52 Abs 4 FGO, § 72 Nr 1 FGO
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.10.2010, Az. VI B 91/10 (REWIS RS 2010, 2308)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 2308
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