Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2000, Az. 3 StR 353/00

3. Strafsenat | REWIS RS 2000, 399

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[X.]/00vom23. November 2000in der Strafsachegegenwegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.], zu Ziffer 2 auf dessen Antrag, am23. November 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.]s [X.] vom 7. April 2000 im Strafausspruch da-hin geändert, daß das Wort "Freiheitsstrafe" durch das Wort"Gesamtfreiheitsstrafe" ersetzt wird und im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.2. Die weitergehende Revision wird verworfen.Gründe:Die Nachprüfung des Schuld- und Strafausspruchs auf Grund der Revi-sionsrechtfertigung hat - abgesehen von der vorgenommenen Berichtigung [X.] - keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des [X.] in seiner Antragsschrift vom 31. Juli 2000. Durch die fehlerhaf-ten Ausführungen zur Gesamtstrafenbildung ist der Angeklagte letztlich nichtbeschwert. Die [X.] hatte zwar erkannt, daß die Einzelstrafe für [X.] der Urteilsgründe mit den unter Nr. 22 und 23 genannten Vorverurteilun-gen und der aus ihnen gebildeten Gesamtgeldstrafe gesamtstrafenfähig gewe-- 3 -sen wäre, hat jedoch nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von der Bildung einer Ge-samtstrafe aus diesen abgesehen, weil andernfalls zwei Gesamtfreiheitsstrafengebildet werden müßten. Dabei hat sie übersehen, daß die Zäsurwirkung einerauf Geldstrafe lautenden Verurteilung nicht deswegen entfällt, weil auf [X.] nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB gesondert erkannt wird (vgl. [X.] Zäsurwirkung 9 m.w.Nachw.). Sie hätte daher unabhängig von [X.] der Einbeziehung der Geldstrafen in eine Gesamtstrafe mit der Frei-heitsstrafe für den Fall 1 eine weitere Gesamtstrafe für die Fälle 2 und 3 bildenmüssen. Daß sie diese zwingende Folgerung aus § 55 StGB nicht gezogenhat, beschwert indes den Angeklagten nicht.Dagegen hat der [X.] keinen Bestand. Die [X.]hat die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeord-net, weil die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 StGB vorlägen und die [X.] "nicht von vornherein aussichtslos im Sinne des § 64 Abs. 2 StGBerscheine" ([X.]). Dies und die nachfolgend gegebene widersprüchlicheBegründung lassen besorgen, daß ihr hierbei nicht bewußt war, daß Absatz 2des § 64 StGB insoweit für teilnichtig erklärt worden und Voraussetzung viel-mehr ist, daß die Behandlung im Maßregelvollzug eine hinreichend konkreteAussicht auf Erfolg haben muß ([X.] NStZ 1994, 578). Auch der vom [X.] angehörte Sachverständige hat lediglich nicht ausschließen können,daß eine konsequente Therapie an dem Hang des Angeklagten etwas ändernkönnte. Dies reicht zur Annahme einer konkreten Erfolgsaussicht nicht. [X.] die [X.] dem ohne nähere Auseinandersetzung in vollem Umfanganschließt und eine "begründete Aussicht auf Heilung" ([X.]) annimmt,steht dies in Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen und istdurch nichts [X.] 4 -Auch die Begründung des [X.] von sechs Jahren Freiheits-strafe nach § 67 Abs. 2 StGB begegnet rechtlichen Bedenken, wie der Gene-ralbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat. Hieraufnimmt der Senat Bezug.Die Anordnung der - an sich naheliegenden - Sicherungsverwahrung istso unzureichend begründet, daß eine ausreichende revisionsrechtliche Kon-trolle nicht möglich ist. Dabei ist zu beachten, daß bei einer derart in die [X.] eines Angeklagten einschneidenden Entscheidung eine die-ser Bedeutung angemessene Begründung erforderlich ist (vgl. BGHR StGB§ 66 Darstellung 1). Die [X.] hat die Anordnung auf "§ 66 StGB" ge-stützt, ohne die angewandte Alternative (Abs. 1, 2 oder 3) ausdrücklich zunennen. Auch wenn sich aus der anschließenden Wiedergabe der formellenVoraussetzungen des Absatzes 1 entnehmen läßt, daß sie diese Rechts-grundlage heranziehen wollte, so fehlt es jedoch an einer näheren Darlegungdieser formellen Voraussetzungen im einzelnen. Der allgemeine Satz "dieseVoraussetzungen ergäben sich aus den oben aufgeführten Vorverurteilungendes Angeklagten und den Haftzeiten" ([X.]) reicht hierfür nicht. Es ist nichtAufgabe des [X.], sich aus den bei den Angaben zur Person mit-geteilten 23 Eintragungen im Bundeszentralregister diejenigen herauszusu-chen, die die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.] könnten. Vielmehr hat der Tatrichter diejenigen Taten festzustellen, [X.] zur Begründung der Anordnung heranziehen will. Dies ist auch deswegenerforderlich, weil nur solche Taten der Entscheidung zugrunde gelegt werdendürfen, die [X.] haben, und weil diese sodann in die nach Nr. [X.] Vorschrift vorzunehmende Gesamtwürdigung des [X.] und [X.] einzubeziehen sind (vgl. BGHR StGB § 66 I Vorverurteilungen 4, 5).- 5 -Diese Gesamtwürdigung obliegt dem Tatrichter, sie kann durch das Revisions-gericht nicht ersetzt werden. Es kommt die Besorgnis hinzu, die [X.]könnte in den drei durch das [X.] am 20. September 1994abgeurteilten Überfällen die nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB erforderliche [X.] Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr gesehenund dabei außer acht gelassen haben, daß Verurteilungen zu Gesamtstrafe alseine Verurteilung in diesem Sinne gelten (§ 66 Abs. 4 Satz 1 StGB). [X.] hätte es sich damit auseinandersetzen müssen, daß als weitere Verurtei-lungen zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe nur solche in Betracht [X.], die mehr als fünf Jahre (vgl. § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB) zuvor begangenworden waren, wobei es bei den unter Nr. 11 und 13 genannten Verurteilungenan der Mitteilung der - maßgeblichen - Einzelstrafen fehlt und hinsichtlich deram 25. August 1988 durch das [X.] erfolgten Verurteilungwegen versuchtem Diebstahl zu einem Jahr Freiheitsstrafe eine Erörterungnicht nur der "Rückfallverjährung" nach § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB, sondern auchihrer Eignung als [X.] geboten gewesen wäre.Auch die Darstellung des [X.] genügt nicht den Begründungsan-forderungen des § 267 Abs. 1 und 3 StPO i.V. mit § 66 Abs. 1 StGB. Urteils-gründe sollen sich zwar auf das Wesentliche beschränken, das umgekehrtaber auch nicht fehlen darf. Das bedeutet für die Vorstrafen, daß sie nur in [X.] und in den Einzelheiten mitzuteilen sind, in denen sie für die getroffe-ne Entscheidung von Bedeutung sind (vgl. BGHR StPO § 267 III 1 Strafzumes-sung 16). Bei der Begründung der Anordnung einer Sicherungsverwahrungbedarf es allerdings einer ausführlichen Erarbeitung und Darstellung des [X.] Werdeganges an Hand der Vorstrafen, insbesondere wie es zu den Ta-ten gekommen ist, ob sie gegebenenfalls auf einem Hang zu delinquentem- 6 -Verhalten beruhen, welche typische Begehungsweisen ihnen zu eigen sind undinwieweit die Opfer durch sie seelisch oder körperlich geschädigt wurden oderwirtschaftliche Schäden, die für die Allgemeinheit gefährlich sind, angerichtetworden sind. Daneben sind die Tatsachen festzustellen, die für die formellenVoraussetzungen der einzelnen Alternativen des § 66 StGB von Bedeutungsind ([X.], Einzelstrafen, Verbüßungszeiten u.ä.). Dafür genügt es nicht,wie hier die Vorverurteilungen lediglich aufzulisten und überflüssigerweise de-ren Sachverhalt umfangreich in das Urteil hineinzukopieren, wobei zahllose [X.] vorliegende Verfahren unnötige Details übernommen werden (wie z.B. [X.] bei einer lange zurückliegenden Tat oder die seitenweiseAuflistung von gestohlenen Artikeln nach Art, Marke und Wert in Pfennigbeträ-gen), während die für die Anwendung des § 66 Abs. 1 StGB wesentlichenFakten wie Einzelstrafen, genaue Verbüßungszeiten bei der Einrechnung in die"Rückfallverjährung" u.ä. vielfach fehlen. Die dem Tatrichter obliegende Erar-beitung des kriminellen Werdegangs an Hand der materiellen und formellenVoraussetzungen des § 66 StGB kann durch dieses schematische Vorgehen,das zudem die Urteilsgründe unnötig aufbläht und unübersichtlich macht, nichtersetzt werden.Ein weiterer rechtlicher Mangel liegt auch darin, daß die [X.]zwar zwei Maßregeln nebeneinander angeordnet, sich aber nicht mit der Vor-schrift des § 72 Abs. 1 StGB auseinandergesetzt hat, wonach zu prüfen gewe-sen wäre, ob eine von mehreren konkurrierenden Maßregeln vorgeht oder ob- 7 -die Maßregeln unter Bestimmung der Vollstreckungsreihenfolge nebeneinan-der anzuordnen sind (vgl. BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 2; [X.] in [X.] Aufl. § 72 Rdn. 22).Kutzer Rissing-van Saan [X.] von [X.]

Meta

3 StR 353/00

23.11.2000

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2000, Az. 3 StR 353/00 (REWIS RS 2000, 399)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 399

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