Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2017, Az. I ZB 94/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8047

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:130717BIZB94.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 94/16
vom

13.
Juli
2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 13.
Juli
2017 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Löffler, die Richterin Dr.
[X.] und den Richter Feddersen

beschlossen:

[X.] gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats des [X.] vom 25. August 2016 wird auf Kosten des [X.]n als unzulässig verworfen.
Wert des Beschwerdeg

Gründe:

[X.] Die Klägerin, der [X.] und Frau B.

waren Gesellschafter und
Geschäftsführer der P.

GmbH & Co. KG
(im Folgenden:
Kommanditgesellschaft). Der [X.] und Frau B.

verließen die Komman-
ditgesellschaft und standen
mit einem Unternehmen in Verbindung, das
Wett-bewerber der Kommanditgesellschaft war und das einen Teil von deren Mitar-beitern übernahm.
Der [X.] war bei der Kommanditgesellschaft Administrator mit Zu-griff auf die E-Mail-Adresse der Klägerin. Die Gesellschafter der Kommanditge-sellschaft richteten anlässlich der Trennung neue E-Mail-Adressen ein, wobei 1
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-
die alten E-Mail-Adressen weiterhin fortbestanden und von Kunden der [X.] auch genutzt wurden. Mit Ablauf des 31.
Oktober 2011 ver-anlasste der [X.] die Sperrung des Zugriffs der Klägerin auf ihre alte
E-Mail-Adresse.
Nachdem die Klägerin davon erfuhr, dass unter ihrer alten E-Mail-Adresse weiterhin Nachrichten von Geschäftspartnern eingingen, bat sie den [X.]n darum, die E-Mails an ihre neue E-Mail-Adresse weiterzuleiten. Der anwaltliche Vertreter des [X.]n bot mit Schreiben vom 30.
November 2011 an, die E-Mail-Konten von ehemaligen Mitarbeitern
der Kommanditgesellschaft zu löschen, so dass ein Zugang von E-Mails unmöglich wird. Dieses Angebot nahm die Klägerin durch anwaltliches Schreiben vom 8.
Dezember 2011 an.
Die Klägerin wurde am 27.
September 2012 darauf aufmerksam, dass die Löschung ihres
alten E-Mail-Kontos
unterblieben war. Die Klägerin hat Stu-fenklage erhoben
und in der ersten Stufe zur Vorbereitung von [X.]ansprüchen vom [X.]n [X.] darüber
verlangt, welche E-Mail-Nachrichten im
Zeitraum vom 1.
November 2011 bis zum 1.
Oktober 2012 an ihrer alten E-Mail-Adresse eingegangen waren.
Der [X.] behauptet, er habe die alte E-Mail-Adresse der Klägerin nach Erhalt der Abmahnung der Klägerin vom 29.
September 2012 gelöscht. Er macht geltend, eine Wiederherstellung der Daten und eine [X.] über den Inhalt der Nachrichten sei damit unmöglich geworden.
Das [X.] hat dem [X.]santrag durch Teilurteil stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des [X.]n als unzulässig verworfen, nachdem es den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu

hatte ([X.], Beschluss vom 25.
August 2016 -
12 [X.], juris). Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.], deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
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I[X.] Das Berufungsgericht hat die
Berufung des [X.]n gemäß §
522 Abs.
1 ZPO als unzulässig angesehen, da die Berufungssumme des §
511 Abs.
2 Nr.
1 ZPO nicht erreicht sei
und das [X.] die Berufung nicht [X.] habe. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren betrage
[X.] Verurteilten bemesse sich nach seinem Interesse, die [X.] nicht erteilen zu müssen. Dabei sei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, die die Erteilung der geschuldeten [X.] erfordere. Dieser Aufwand des [X.] , weil nach seinen eigenen An-gaben die Sicherung von relevanten Daten für ihn eine Selbstverständlichkeit sei. Der [X.] habe gegen die Streitwertfestsetzung durch das [X.] in entsprechender Höhe keine Einwände mehr erhoben. Das vorgelegte Angebot eines IT-Dienstleisters für die Wiederherstellung eines [X.] von [X.] könne nicht berücksichtigt werden, weil der [X.] [X.] habe, er habe kein Backup der streitgegenständlichen E-Mails erstellt. Zum zu erwartenden Kostenaufwand, um mit anwaltlicher Hilfe Vollstreckungs-versuche hinsichtlich einer etwa unmöglichen Leistung abzuwehren, habe der [X.] nichts vorgetragen. Der [X.] habe nicht beantragt, unter Nachho-lung einer insoweit unterbliebenen Entscheidung des [X.]s die Berufung zuzulassen. Es könne im Übrigen nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit fest-gestellt werden, dass das [X.] über die Zulassung der Berufung nicht befunden habe, weil es von der Rechtsmittelfähigkeit seines Teilurteils ausge-gangen sei.
II[X.] [X.] ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbin-dung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht
zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitli-7
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5
-
chen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Berufung des [X.]n als unzulässig verworfen.
1.
Das Berufungsgericht hat zutreffend
angenommen, dass der Wert des [X.] die Wertgrenze des §
511 Abs.
2 Nr.
1 ZPO von 600

a)
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] bemisst sich der Wert der Beschwer bei der Verurteilung zur [X.]serteilung nicht nach dem Wert des mit der Klage geltend gemachten [X.]sanspruchs, sondern nach dem Interesse der verurteilten [X.], die [X.] nicht erteilen zu müssen. Dabei ist -
von dem hier nicht in Rede stehenden Fall eines beson-deren Geheimhaltungsinteresses abgesehen -
im Wesentlichen auf den Auf-wand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der hiernach geschul-deten [X.] erfordert (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
November 1994
-
GSZ 1/94, [X.]Z 128, 85, 87
ff.; Beschluss vom 28.
Januar 2016
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III
ZB 96/15, juris Rn.
5 mwN).
Nach § 511 Abs. 2 Nr. 1
und
Abs. 3 ZPO hat der Berufungskläger den Wert des [X.] glaubhaft zu ma-chen. Zwar hat das Gericht diesen Wert selbstständig nach freiem Ermessen zu ermitteln. Das enthebt den Berufungsführer aber nicht von seiner Obliegenheit, für die Schätzung erforderliche Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu ma-chen ([X.], Beschluss vom 17.
November 2015 -
II
ZB 28/14, [X.], 348 Rn.
11). Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen.
b) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der [X.] den Anspruch des [X.]n auf rechtliches Gehör bei der Bemessung [X.] durch das landgerichtliche Teilurteil nicht verletzt. Weder hat es Vortrag des [X.]n zu den Tatsachen, die für die Schätzung der Beschwer erforderlich sind, übergangen, noch hat es entsprechenden Vortrag in einer 10
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Weise missverstanden, dass darin ein Verstoß gegen den Anspruch auf [X.] rechtlichen Gehörs liegen würde.
aa) Das Berufungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss den Vor-trag des [X.]n wiedergegeben, dass ihm die begehrte [X.] unmöglich sei, da Backups der streitgegenständlichen E-Mails nicht existierten. Der [X.] habe für die Darlegung seiner Beschwer einen Kostenvoranschlag eines IT-Dienstleisters über einen Betrag in Höhe von 2.vorgelegt, um zu bele-gen,
welche Kosten mit der nach seinem Vortrag unmöglichen Ermittlung und Herausgabe der E-Mails entstehen würden, wenn auf seinem Computersystem Backups der streitgegenständlichen E-Mails vorhanden wären. Daraus ist er-sichtlich, dass das Berufungsgericht den als übergangen gerügten Vortrag des [X.]n zur Kenntnis genommen hat.
[X.]) Das Berufungsgericht hat angenommen, dieser Vortrag könne bei der Ermittlung der Beschwer des [X.]n nicht berücksichtigt werden, weil nach seinem Vortrag ein Backup nicht erstellt und deshalb auch nicht wieder-hergestellt werden könne. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach dem eigenen Vortrag des [X.]n handelt es sich bei den von ihm be-haupteten Kosten zur Erfüllung des ausgeurteilten [X.]sanspruchs nicht um tatsächliche Kosten, sondern um fiktive Kosten, weil nach seiner Behaup-tung tatsächlich keine Backups existieren. Fiktive Kosten können bei der Ermitt-lung seiner Beschwer durch das angefochtene landgerichtliche Urteil nicht [X.] werden. Maßgeblich ist allein eine tatsächliche, vom [X.]n dar-zulegende Beschwer.
Aus diesem Grund kann der [X.] nicht mit Erfolg gel-tend machen, das Berufungsgericht habe berücksichtigen müssen, dass er trotz [X.] für die Ermittlung des Werts des [X.] hypothetisch habe unterstellen wollen, dass auf seinem Computersystem Backups vorhanden seien.
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7
-
c) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beschwer des [X.]n darin liegt, dass er nach seinem Vorbringen zu einer unmögli-chen Leistung verurteilt worden ist und dass er deshalb darzulegen hat, dass diese Verurteilung
ihn in Im Ergebnis zu Recht ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass dies nicht der Fall
ist.
aa) Bei der Bemessung der Beschwer ist auch der zu erwartende [X.] zu berücksichtigen, der notwendig ist, um mit anwaltlicher Hilfe Vollstreckungsversuche aus der Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung abzuwehren ([X.], Beschluss vom
28.
Januar 2016 -
III
ZB 96/15, juris Rn.
9 mwN). Dabei genügt es, wenn der [X.] im Rahmen der Verurteilung zur [X.] zu einer nach seinem Vortrag unmöglichen Leistung verurteilt worden ist ([X.], Beschluss vom 4.
Juni 2014 -
IV
ZB 2/14, juris Rn.
11). Dies hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt.
[X.]) Das Berufungsgericht hat diese Kosten allerdings zu Unrecht mit der Begründung nicht berücksichtigt, der [X.] habe zu deren Höhe nichts [X.]. Das
Berufungsgericht war gehalten, diese Kosten selbst zu berech-nen, weil sie vom Streitwert des vorliegenden Verfahrens abhängen
und ihre Höhe gesetzlich festgelegt ist. Dieser Rechtsfehler wirkt sich jedoch im [X.] nicht aus, weil -
worauf die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend ver-weist -

[X.] Die Klägerin hat den Streitwert für die von ihr erhobene Stufenklage

beziffert. Das [X.] hat
ohne eine förmliche Streit-wertfestsetzung hieraus die Höhe des [X.] errechnet und ihn bei der Klägerin angefordert. Bei einer Stufenklage haben zwar alle verbundenen Ansprüche einen eigenen Streitwert.
Für die Streitwertfestsetzung ist maßgeblich jedoch nach §
44 GKG nur der Anspruch mit dem höheren Wert. Dies ist bei einer Stufenklage regelmäßig der Leistungsanspruch. Von einem 15
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solchen Regelfall ist mangels abweichender Anhaltspunkte im Streitfall auszu-gehen. Verfolgt die Klägerin mit ihrer bisher unbezifferten Schadensersatzklage Ersatzansprüche in Höhe von

mit einem Bruchteil hiervon zu bemessen. [X.] macht gel-tend, im Streitfall sei ein Bruchteil von einem Viertel angemessen. Danach hätte

(2) Im Zwangsvollstreckungsverfahren können an anwaltlichen Gebühren eine 0,3fache Verfahrensgebühr gemäß [X.] Nr. 3309
und eine 0,3fache Terminsgebühr nach [X.] Nr. 3310 entstehen. Die Entstehung einer Ter-minsgebühr nach [X.] Nr. 3310 in der Zwangsvollstreckung ist allerdings selten. Selbst wenn jedoch im Streitfall zugunsten des [X.]n unterstellt
wird, dass im Zwangsvollstreckungsverfahren eine Terminsgebühr anfallen würde, betragen die in diesem Verfahren entstehenden Anwaltsgebühren
unter Einschluss der Postpauschale und der Mehrwertsteuer lediglich 487,90

brutto. Dies übersteigt den für die Zulässigkeit der Berufung maßgeblichen Betrag von 600

cc) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist bei der Bemessung des Werts der Beschwer des [X.]n der zu erwartende Kostenaufwand zur Abwehr von Vollstreckungsversuchen aus der Verurteilung zu einer unmögli-
zusam-menzurechnen, den das Berufungsgericht als Wert der Beschwer des Beklag-ten ohne Berücksichtigung dieses Aufwands festgesetzt hat.
Bei diesen [X.] handelt es
sich um Kosten, die alternativ und
nicht kumulativ entstehen können.
Der Wertfestsetzung des Berufungsgerichts
liegt der geschätzte
Auf-wand zugrunde, der dem [X.]n für die Erteilung der streitigen [X.] entstehen würde, wenn er hierzu in der Lage wäre. Anwaltliche Kosten zur Ab-wehr der Zwangsvollstreckung aus einer Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung können den [X.]n dagegen nur dann beschweren, wenn ihm die 19
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[X.] unmöglich ist. Im Fall einer Verurteilung zu einer unmöglichen Leis-tung kann daneben ein eigener Aufwand des [X.]n zu deren Erfüllung denknotwendig in nennenswerter Höhe nicht entstehen, weil Erfüllung bereits mit seiner Erklärung eintritt, er könne der [X.]sverpflichtung nicht nach-kommen. Soweit der [X.] anwaltliche Kosten zur Abwehr der Zwangsvollstreckung und eigenen Aufwand der zur [X.] verurteilten [X.] zusammengerechnet hat, betraf dies Fallkonstellationen, in denen diese Kosten -
anders als im Streitfall -
kumulativ entstehen konnten ([X.], Beschluss vom 11.
Mai 2016 -
XII ZB
12/16, [X.], 1448 Rn.
16
mwN).
d) Dem [X.]n wird durch eine unterhalb der Berufungssumme lie-gende Festsetzung
seiner Beschwer nicht in unzumutbarer Weise der Zugang zur Berufungsinstanz erschwert. Zwar muss der zur [X.]serteilung Verur-teilte die [X.] wahrheitsgemäß und vollständig erteilen. Ob aber die erteilte [X.] diesen Anforderungen genügt, unterliegt in aller Regel nicht der weite-ren Nachprüfung im [X.]sprozess oder im Zwangsvollstreckungsverfahren. Mit der Erteilung der [X.] ist der dem Urteil zugrundeliegende [X.]s-anspruch erfüllt. Eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Pflichtige die [X.] verweigert oder wenn die erteilte [X.] erkennen lässt, dass er von der [X.]spflicht umfasste [X.]en zurückhält. Erklärt er dagegen, nicht mehr als das Mitgeteilte zu wissen und in Erfahrung bringen zu können, so hat er seiner [X.]spflicht genügt, mag auch die erteilte [X.] unrichtig oder unvollständig sein. In ei-nem solchen Fall ist für Vollstreckungsmaßnahmen kein Raum; vielmehr trägt das Gesetz dem Interesse des [X.]sberechtigten, eine wahrheitsgemäße und vollständige [X.] zu erhalten, dadurch Rechnung, dass es ihm gegen den Pflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gewährt, der im Wege der Stufenklage mit dem [X.]sverlangen verbunden werden kann ([X.], Urteil vom 14.
Juni 21
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-
1993 -
III
ZR 48/92, juris Rn. 8).
Sollte der [X.] im Zwangsvollstreckungs-verfahren erklären, er könne keine [X.] erteilen, weil er die E-Mails ohne vorherige Kenntnisnahme gelöscht habe, kommt er damit zwar nicht unmittelbar der ausgeurteilten [X.]sverpflichtung nach. Wenn dieser Sachverhalt [X.] den Tatsachen entspricht, kann er die ihn treffende [X.]sverpflichtung nur auf diese Weise erfüllen (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Juni 1993 -
III
ZR 48/92, juris Rn. 9).

2. [X.] dringt mit ihrer Rüge, das Berufungsgericht habe über die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 2 Nr. 2
und
Abs. 4 ZPO selbst entscheiden müssen, weil das [X.] hierüber nicht befunden habe, im Ergebnis ebenfalls nicht durch.
a) Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung ist, wie sich aus §
511 Abs. 4 Satz 1 ZPO ergibt, grundsätzlich dem Gericht des ersten [X.] vorbehalten. Hat -
wie hier
-
keine [X.] die Zulassung
der Berufung [X.], so ist eine ausdrückliche Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts entbehrlich; das Schweigen im Urteil bedeutet in diesem Fall Nichtzulassung ([X.], Beschluss vom 28.
Januar 2016 -
III
ZB 96/15, juris Rn.
13 f.). Nach der Rechtsprechung des [X.] muss das Berufungsgericht allerdings -
bevor es die Berufung mangels ausreichender Beschwer verwerfen darf
-
eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachholen, wenn das erstin-stanzliche Gericht hierzu keine Veranlassung gesehen hat, weil es von einer Berufungsgericht diesen Wert aber nicht für erreicht hält ([X.], Urteil vom 7.
März 2012 -
IV
ZR 277/10, NJW-RR 2012, 633, 634 Rn. 13; Beschluss
vom 16.
August 2012 -
I
ZB 2/12, [X.] 2013, 161 Rn. 8, jeweils mwN).
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-
11
-
b) [X.] beanstandet zu Recht die Annahme des [X.], es sei ein Antrag des [X.]n erforderlich, um eine Entschei-dung über die Zulassung der Berufung nachzuholen. Die Entscheidung über die Zulassung eines Rechtsmittels hat von Amts wegen zu erfolgen.
Zulassungsan-träge der [X.]en sind lediglich Anregungen an das Gericht. Das [X.] hat dementsprechend die Entscheidung über die Zulassung der Berufung von Amts wegen nachzuholen, wenn das erstinstanzliche Gericht diese Ent-scheidung irrtümlich unterlassen hat.
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist im Streitfall erkennbar, dass das [X.] von einer Rechtsmittelfähigkeit seiner Entscheidung aus-gegangen ist und deshalb irrtümlich eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung unterlassen hat.
aa) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass aus dem Streitwert des landgerichtlichen Verfahrens nicht geschlos-sen werden
kann, dass das [X.] von einer Beschwer des unterlegenen Bei der [X.]sklage fallen der Streitwert der Klage und die Beschwer des verurteilten [X.]n in aller Regel
auseinander. Der Streitwert richtet sich nach dem Interesse des [X.] an der Erteilung der [X.]. Dieses ist nach einem gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Teilwert des Anspruchs zu bemessen, dessen Durchsetzung die verlangte [X.] dienen soll. Demgegenüber richtet sich die Beschwer des zur Ertei-lung der [X.] verurteilten [X.]n nach seinem Interesse, die [X.] nicht erteilen zu müssen
([X.], Beschluss vom 26.
Oktober 2011
-
XII ZB 465/11, juris Rn.
11).
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-
12
-
[X.])
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Entscheidung des Landge-richts zur vorläufigen Vollstreckbarkeit lasse nicht zweifelsfrei erkennen, dass es von einer zulassungsunabhängigen Rechtsmittelfähigkeit seiner Entschei-dung ausgegangen sei, trifft dagegen nicht
zu.
[X.] Das [X.] hat eine Sicherheitsleistung nach §
709 Satz 1 ZPO angeordnet. Der Fall liegt damit anders als diejenigen Fäl-le, in denen das Urteil nach §
708 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt und eine Abwendungsbefugnis gemäß § 711 ZPO ausge-sprochen worden ist. In diesen Fällen deutet die Abwendungsbefugnis darauf hin, dass die Anwendbarkeit des §
713 ZPO verneint
und
mithin die Rechtsmit-telfähigkeit der Entscheidung bejaht worden ist ([X.], Beschluss vom 21. April 2010 -
XII [X.], NJW-RR 2010, 934 Rn. 20).
(2) Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat entschieden, dass sich aus der fehlerhaften Anordnung einer Sicherheitsleistung nach §
709 ZPO und aus ihrer Höhe keine hinreichend sicheren
Schlüsse zur Beurteilung der Rechtsmittelfähigkeit durch das erstinstanzliche Gericht ziehen lassen.
Er ist der Ansicht, mit der Anwendung des §
709 ZPO seien inzident ein Fall des §
708 ZPO und damit auch die Voraussetzungen des §
711 ZPO verneint [X.]. Dann sei
§
713 ZPO von vornherein nicht anwendbar, ohne dass es hierfür auf die Rechtsmittelfähigkeit der Entscheidung ankomme
([X.], Urteil vom 7.
März 2012 -
IV ZR 277/10, NJW-RR 2012, 633 Rn.
16 f.). Auf diese Überle-gung hat das Berufungsgericht seine Entscheidung gestützt.
(3) Diese Erwägungen begegnen
allerdings Bedenken. Nach Ansicht des Senats spricht die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach §
709 ZPO in [X.], dass das [X.] von einer Rechtsmittelfähigkeit [X.] Entscheidung ausgegangen ist und deshalb eine Prüfung, ob die Berufung zuzulassen ist, unterlassen hat. Im Streitfall handelt es sich um eine vermö-27
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gensrechtliche Streitigkeit, weil [X.] eine Verurteilung zum [X.] wegen der Verletzung einer vertraglichen Pflicht ist. Bei derartigen Streitig-keiten richtet sich die Vollstreckbarkeitsentscheidung nach §
708 Nr.
11 ZPO, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 nicht über-steigt. Liegt der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache darüber, ist eine Vollstreckbarkeitsentscheidung nach §
709 ZPO zu treffen. Die Höhe der Sicherheit ist bei einer Verurteilung zur [X.] nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten der [X.]sverurteilung zu bemessen (vgl. [X.]Z 128, 85, 87 ff.; [X.]/Kindl, ZPO, 7.
Aufl., §
709 Rn.
2; [X.]/[X.], ZPO, 31.
Aufl., §
709 Rn.
6). Setzt das erstinstanzliche Gericht bei einer Aus-kunftsverurteilung eine Sicherheitsleistung gemäß §
709 ZPO fest, spricht dies Rechtsmittelfähigkeit seiner Entscheidung ausgegangen ist und irrtümlich eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung unterlassen hat. Das [X.] hätte bei einer solchen Sachlage die Entscheidung über eine Zu-lassung der Berufung nach §
511 Abs. 4 Satz
1 Nr.
1 ZPO nachholen müssen (vgl. [X.],
Urteil vom 14. November 2007 -
VIII [X.], [X.], 218, 219; Beschluss vom 21.
April 2010 -
XII
[X.], NJW-RR 2010, 934 Rn.
21). Eine solche Entscheidung hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
Das verhilft der Rechtsbeschwerde allerdings nicht zum Erfolg.
d) Die fehlende Prüfung der Zulassung der Berufung durch die Instanz-gerichte ist hier
allerdings unerheblich, weil eine Zulassung der Berufung ohne-hin nicht in Betracht gekommen wäre. [X.] legt nicht dar, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entschei-dung des Berufungsgerichts erfordert (§
511 Abs.
4 Satz
1 Nr.
1 ZPO).
Dafür ist auch nichts ersichtlich.
Mangels Divergenz im Ergebnis kommt es deshalb nicht auf die Frage an, ob eine Vollstreckbarkeitsentscheidung nach §
709 ZPO in 31
-
14
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einer vermögensrechtlichen Streitigkeit in einer Zweifel ausschließenden Weise dafür spricht, dass das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung für [X.] gehalten hat.
[X.] Die Kostenentscheidung folgt aus §
97 Abs.
1 ZPO.
Büscher
Schaffert
Löffler

[X.]
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.03.2016 -
14 O 34/13 -

[X.] in [X.], Entscheidung vom 25.08.2016 -
12 [X.] -

32

Meta

I ZB 94/16

13.07.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2017, Az. I ZB 94/16 (REWIS RS 2017, 8047)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8047

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZB 96/15 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

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Zitiert

I ZB 94/16

XII ZB 465/11

XII ZB 128/09

IV ZR 277/10

VIII ZB 95/11

12 U 52/16

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