Bundessozialgericht, Urteil vom 27.02.2020, Az. B 8 SO 18/18 R

8. Senat | REWIS RS 2020, 2434

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Gegenstand

Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft - heilpädagogische Leistungen für Vorschulkinder - bestandskräftige Bewilligung von Leistungen für den Besuch eines integrativen Kindergartens - Übernahme der Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt - Auswahlermessen des Sozialhilfeträgers - selbstbeschaffte Leistung


Leitsatz

Bei Durchführung einer bestandskräftig bewilligten Eingliederungshilfemaßnahme sind notwendigerweise entstehende Fahrkosten als deren Bestandteil vom Sozialhilfeträger zu übernehmen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 12. Juli 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.] ist die Erstattung von Fahrkosten für den Besuch eines integrativen Kindergartens in [X.]öhe von 2310 Euro.

2

Die am 19.4.2008 geborene Klägerin leidet ua an einer Autismus-Spektrum-Störung (Asperger-Syndrom) und einer expressiven Sprachentwicklungsstörung. Ein [X.]rad der Behinderung von 80 und die Merkzeichen "B", "[X.]" und "[X.]" sind festgestellt. Von September 2011 bis zum 31.8.2015 besuchte sie den ca 12 km von ihrem Wohnort entfernten integrativen Kindergarten "[X.]." in [X.] Dafür erhielt sie vom beklagten überörtlichen Träger der Sozialhilfe durchgehend als Leistungen der Eingliederungshilfe teilstationäre Betreuung (Bescheide vom [X.], vom [X.]) und zusätzlich Leistungen der interdisziplinären Frühförderung. Bis zum [X.] übernahm der Beklagte daneben auch die Kosten eines Fahrdienstes für den Weg zum Kindergarten und zurück, lehnte eine Verlängerung aber ab (Bescheid vom 21.10.2013; Widerspruchsbescheid vom 24.4.2014). Die Klägerin wurde vom [X.] bis zum 31.8.2015 von ihren Eltern in deren Pkw zum Kindergarten und zurück gefahren.

3

Das Sozialgericht (S[X.]) [X.] hat der Klage auf Erstattung von Fahrkosten in [X.]öhe von 2310 Euro (2 x 12 km x 0,25 Euro/km x 385 Tage) nebst Zinsen in [X.]öhe von vier Prozent seit dem 1.9.2015 stattgegeben (Urteil vom 13.12.2017). Das [X.] (LS[X.]) hat dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.7.2018). Die Übernahme von Fahrkosten sei als Eingliederungshilfeleistung nicht erforderlich; auch nicht als Annexleistung, denn die Klägerin habe wohnsitznähere geeignete Kindergärten zur Vorbereitung einer angemessenen Schulbildung besuchen können. Zudem sei der [X.] nicht behinderungsbedingt.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von §§ 53, 54 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (S[X.]B XII), § 55 Abs 2 [X.] behinderter Menschen - (S[X.]B IX) und macht Verfahrensfehler geltend.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 12. Juli 2018 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts [X.] vom 13. Dezember 2017 zurückzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das Urteil des LS[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des [X.] und der Zurückverweisung der Sache an dieses [X.]ericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ). Entgegen der Auffassung des [X.] kommt für die Klägerin ein Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten als notwendiger Bestandteil der bindend bewilligten teilstationären Eingliederungsleistung in dem integrativen Kindergarten "[X.]." in Betracht. Der [X.] kann aber nicht abschließend beurteilen, ob der geltend gemachte Anspruch besteht. Hierfür fehlen ausreichende Feststellungen des [X.] (§ 163 S[X.][X.]).

9

[X.]egenstand des Verfahrens ist der Bescheid des [X.]n vom 21.10.2013 in der [X.]estalt des Widerspruchsbescheids vom 24.4.2014 (§ 95 S[X.][X.]), mit dem der [X.] die Übernahme der Fahrkosten für den Hin- und Rückweg zum Kindergarten abgelehnt hat. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 S[X.][X.]), gerichtet auf Kostenerstattung für die Zeit vom [X.] bis 31.8.2015 in Höhe von 2310 Euro. Der im Klage- und Berufungsverfahren zunächst noch geltend gemachte Zinsanspruch ist nicht mehr im Streit, nachdem der [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht erklärt hat, die [X.] im Falle des Unterliegens zu erfüllen, und die Klägerin dieses Teilanerkenntnis angenommen hat.

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere war der Jugendhilfeträger nicht notwendig beizuladen (§ 75 Abs 2 1. Alt S[X.][X.]). Dies käme wegen § 14 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 [X.] (in der Normfassung des [X.] schwerbehinderter Menschen vom 23.4.2004, [X.]) bei einer unterlassenen Weiterleitung des Antrags durch den im Außenverhältnis zur Klägerin damit in jedem Fall zuständigen [X.]n zwar in Betracht, wenn (bei Vorliegen nur einer seelischen Behinderung) der Jugendhilfeträger der "eigentlich" zuständige Träger der Rehabilitation wäre (zur vorrangigen Zuständigkeit des [X.] in diesen Fällen vgl § 10 Abs 4 Satz 1 [X.] - <[X.]III> in der Normfassung des [X.] eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen vom 22.12.2011, <[X.] 2975>; zur Notwendigkeit einer Beiladung bei der Möglichkeit der Leistungsverpflichtung nach § 10 Abs 4 Satz 1 [X.]III nur [X.] vom [X.] [X.] 7/15 R - juris Rd[X.]2 mwN). Die Beiladung scheidet hier aber aus, weil der [X.] in jedem Fall für die streitigen Maßnahmen zuständig ist; denn nach § 10 Abs 4 Satz 3 [X.]III iVm Art 64 Abs 2 Satz 1 des [X.] zur Ausführung der Sozialgesetze ([X.]; in der Normfassung vom 8.12.2006, [X.]esetz- und Verordnungsblatt <[X.]VBl> 942) werden in [X.] Maßnahmen der [X.] - zu denen heilpädagogische Maßnahmen für noch nicht eingeschulte Kinder in einer integrativen Kindertagesstätte (vgl § 30 Abs 1 Satz 2, § 56 Abs 2 [X.] in der Normfassung des [X.], [X.] 1046; im Folgenden alte Fassung ) gehören (vgl dazu Oberverwaltungsgericht Lüneburg vom 21.1.2014 - 4 LC 57/11 - juris Rd[X.]2 ff) und zu denen als deren notwendiger Bestandteil auch die begehrten Fahrkosten zählen (dazu sogleich) - unabhängig von der Art der Behinderung von den Trägern der Sozialhilfe nach den Vorschriften des [X.] gewährt. Für die streitigen Leistungen ist der [X.] als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich also unabhängig von der Art der Behinderung zuständig (vgl § 97 Abs 3 [X.] iVm Art 80 Abs 1 Satz 1, Art 82 Satz 1 [X.] [X.]). Seine örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 98 Abs 1 Satz 1 [X.] (zur örtlichen Zuständigkeit bei teilstationären Leistungen bereits BS[X.] vom 6.12.2018 - [X.] [X.] 9/18 R - [X.] 4-3500 § 75 [X.] Rd[X.]6, für [X.] vorgesehen). Die insoweit notwendigen Feststellungen zum Landesrecht durfte der [X.] selbst treffen, weil das [X.] die Frage nach einer denkbaren Zuständigkeit des Trägers der Jugendhilfe nicht angesprochen hat.

Rechtsgrundlage für die begehrte Kostenerstattung ist § 15 Abs 1 Satz 4 Alt 2 [X.] (in der Normfassung des [X.], [X.] 1046). Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl [X.] vom 9.12.2008 - [X.]/9b [X.] 10/07 R - [X.] 102, 126 = [X.] 4-3500 § 54 [X.], Rd[X.]1). Die Vorschrift kommt vorliegend zur Anwendung; denn anders als das [X.] meint, war der Antrag der Klägerin zunächst nicht auf eine [X.]eldleistung gerichtet (vgl hierzu [X.] vom 19.5.2009 - [X.] [X.] 32/07 R - [X.] 103, 171 = [X.] 4-3500 § 54 [X.], Rd[X.]2), sondern auf eine Verlängerung der Übernahme der Kosten für den ursprünglich in Anspruch genommenen Fahrdienst im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses (grundlegend hierzu BS[X.] vom 28.10.2008 - [X.] [X.] 22/07 R - [X.] 102, 1 = [X.] 4-1500 § 75 [X.], Rd[X.]5 ff). Obwohl die selbst beschaffte Leistung nicht mit dieser ursprünglich beantragten identisch ist, war ein zusätzliches Verwaltungsverfahren nicht durchzuführen (vgl aber BS[X.] vom 24.2.2016 - [X.] [X.] 18/14 R - [X.] 4-3250 § 14 [X.]). Die Selbstbeschaffung einer identischen Leistung setzt § 15 Abs 1 Satz 4 Alt 2 [X.] aF nämlich nicht voraus (vgl zu § 13 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - [X.]esetzliche Krankenversicherung - <[X.]> [X.] in [X.], [X.], 19. Aufl 2008, § 13 Rd[X.]55); es genügt vielmehr, dass die selbst beschaffte Leistung wesensgleich ist, es sich also im vorliegenden Fall um Fahrkosten handelt. Nur dann ist die vom Sozialhilfeträger vorenthaltene Leistung auch "erforderlich", dh geeignet, bedarfsgerecht und wirksam (dazu [X.] in [X.], 2. Aufl 2015, § 15 Rd[X.]1 mwN; hieran fehlte es in BS[X.] vom 24.2.2016 - [X.] [X.] 18/14 R - [X.] 4-3250 § 14 [X.]; dort ging es um die durch die Nutzung des Pkw angefallenen Kosten und damit um einen anderen Streitgegenstand).

Der [X.] kann indes nicht abschließend beurteilen, ob der [X.] selbstbeschaffte Leistungen zu Unrecht abgelehnt hat. Als Rechtsgrundlage für die ursprünglich begehrte [X.] kommt nur § 19 Abs 3 iVm § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 [X.] (jeweils in der Fassung des [X.]esetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [X.], [X.] 3022) iVm § 55 Abs 1, Abs 2 [X.] (in der Fassung des [X.] schwerbehinderter Menschen vom 23.4.2004, [X.]) und § 56 [X.] (in der Fassung des [X.], [X.] 1046) in Betracht. Die Klägerin hat vorliegend als behindertes Kind, das durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 [X.] wesentlich in der Fähigkeit, an der [X.]esellschaft teilzuhaben, eingeschränkt bzw von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht ist, vom [X.]n als Leistungen der Eingliederungshilfe heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind (§ 55 Abs 2 [X.] aF iVm § 56 Abs 1 Satz 1 [X.] aF), erhalten (zur Bindungswirkung dieser Bewilligung sogleich). Entstehen bei Durchführung einer solchen Eingliederungshilfemaßnahme notwendigerweise Fahrkosten, sind sie als deren notwendiger Bestandteil vom Sozialhilfeträger zu übernehmen (stRspr des [X.] <[X.]>, vgl [X.] vom [X.] 185.65 - [X.]E 25, 28, 29 = [X.] 436.0 § 40 [X.] [X.] ff; [X.] vom 11.3.1970 - [X.] 112.69 - [X.]E 35, 99; [X.] vom [X.] - [X.] 19.74 - [X.]E 48, 228, 232 ff = [X.] 436.0 § 40 [X.] [X.] ff; [X.] vom 10.9.1992 - 5 C 7/87 - [X.] 436.0 § 39 [X.] [X.] ff; [X.] vom 14.10.1994 - 5 [X.]/93 - juris Rd[X.]; [X.] vom [X.] - 5 [X.]/08 - juris Rd[X.]; BS[X.] vom 20.11.2008 - [X.] KN 4/07 KR R - [X.] 102, 90 = [X.] 4-2500 § 33 [X.], Rd[X.]8). Dem steht nicht entgegen, dass die [X.] nicht explizit im [X.]esetz genannt wird, wenn ihre Übernahme unerlässlich ist, um die Ziele der Eingliederungshilfe durch die Ermöglichung einer spezifischen Maßnahme zu erfüllen.

Dies ist hier der Fall. Denn die Klägerin kann den über 12 km langen Weg zum Kindergarten und zurück nicht alleine und zu Fuß bewältigen. Dabei kommt es - entgegen der Auffassung des [X.] - nicht darauf an, ob auch der Besuch eines fußläufig gelegenen Kindergartens zur Erfüllung der Eingliederungsziele von heilpädagogischen Maßnahmen im Fall der Klägerin denkbar gewesen wäre. Dem Verweis auf einen näher gelegenen Kindergarten steht entgegen, dass die heilpädagogischen Maßnahmen ausdrücklich für den integrativen Kindergarten "[X.]." zuerkannt worden sind und diese Entscheidung bindend ist (Bescheide vom [X.], vom [X.]). Bei der Entscheidung über die mit der Eingliederungshilfeleistung zusammenhängenden Übernahme der Fahrkosten verbietet sich eine abweichende, die Rechtsstellung der Klägerin verschlechternde Regelung (vgl nur BS[X.] vom 28.10.2008 - [X.] [X.] 33/07 R - [X.] 4-1500 § 77 [X.] Rd[X.]4 mwN). Die Bewilligung der heilpädagogischen Maßnahme in einer bestimmten Einrichtung ist wegen der Entscheidung über die notwendigerweise verbundenen Fahrkosten dorthin vorgreiflich (zum Begriff der Vorgreiflichkeit etwa BS[X.] vom 8.6.1993 - 1 RK 21/91 - [X.] 72, 252, 258 = [X.] 3-2200 § 182 [X.]7 S 85); denn das damit geregelte Rechtsverhältnis gehört bei der Prüfung eines Fahrkostenanspruchs zu dessen materiell-rechtlichen Voraussetzungen. Ist die Bewilligung der heilpädagogischen Maßnahme in einer bestimmten Einrichtung bindend, ist ein Anspruch auf die konkrete Eingliederungsmaßnahme aber ohne zusätzliche Prüfung zugrunde zu legen (vgl zur Bindungswirkung von Verwaltungsakten allgemein BS[X.] vom 30.10.2014 - [X.] RE 11/14 R - [X.] 4-2600 § 231 [X.] Rd[X.]2 mwN).

Einem Anspruch auf [X.] steht § 19 Abs 3 [X.] aF nicht entgegen, wonach Eingliederungshilfe ua nur geleistet wird, wenn den Leistungsberechtigten und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem Elften Kapitel des [X.] nicht zuzumuten ist. Nach § 92 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.] (in der Fassung des [X.]esetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [X.], [X.] 3022) ist die Aufbringung der Mittel bei heilpädagogischen Maßnahmen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, nämlich nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten, zu denen Fahrkosten als notwendiger Bestandteil der Maßnahme nicht zählen. Der sozialhilferechtliche Bedarf ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Eltern der Klägerin die Fahrkosten getragen haben, denn dies erfolgte nur im Rahmen der Selbsthilfe wegen der rechtswidrigen Ablehnung des [X.]n (vgl BS[X.] vom 20.9.2012 - [X.] [X.] 15/11 R - [X.] 112, 67 = [X.] 4-3500 § 92 [X.], Rd[X.]5).

Dem Kostenerstattungsanspruch steht ebenfalls nicht entgegen, dass der Sozialhilfeträger, weil das [X.] insoweit keine nähere Regelung über Art und Umfang der Leistungsgewährung enthält, wegen der [X.]ewährung von Fahrkosten grundsätzlich ein Auswahlermessen hat (§ 17 Abs 2 [X.]; vgl zur [X.] Abs 2 [X.] <[X.]>: [X.] vom [X.] - [X.] 19.74 - [X.]E 48, 228, 232 ff = [X.] 436.0 § 40 [X.] [X.] ff; [X.] vom 14.10.1994 - 5 [X.]/93 - juris Rd[X.]), das die Wahl des Beförderungsmittels und - bei Wahl eines privaten Pkw - die Höhe der dafür zu erstattenden Kosten umfassen kann ([X.] vom [X.] - [X.] 19.74 - [X.]E 48, 228, 232 ff = [X.] 436.0 § 40 [X.] [X.] ff). Diesen Ermessensspielraum verliert der Sozialhilfeträger, wenn sich Berechtigte - wie hier - die Leistung selbst beschaffen müssen, weil er diese rechtswidrig abgelehnt hat, ohne aufzuzeigen, wie eine erfolgreiche Teilhabe erreicht werden kann ([X.] Hamburg vom 28.9.2018 - L 4 [X.] 34/17 - juris Rd[X.]9; Schleswig-Holsteinisches [X.] vom 27.10.2015 - L 7 R 43/14 - juris Rd[X.]9; [X.] Baden-Württemberg vom 22.7.2014 - L 11 R 2652/13 - juris Rd[X.]3; [X.]/Jabben, [X.] Teil 1, 2. Aufl 2011, § 15 Rd[X.]1; [X.] in [X.], 2. Aufl 2015, § 15 Rd[X.]2; vgl zu § 36a [X.]III: [X.] vom 18.10.2012 - 5 C 21/11 - [X.]E 145, 1 = [X.] 436.511 § 36a [X.]III [X.], Rd[X.]4; vgl zur Rechtslage vor [X.]eltung des [X.]: BS[X.] vom 12.8.1982 - 11 RA 62/81 - [X.] 54, 54, 62 = [X.] 2200 § 1237 [X.]8 S 37 f; BS[X.] vom 19.3.1980 - 4 RJ 89/79 - [X.] 50, 51, 55 = [X.] 2200 § 1237a [X.]2 S 30; [X.] vom 10.9.1992 - 5 C 7/87 - [X.] 436.0 § 39 [X.] [X.] ff).

Zu prüfen bleibt allerdings, ob die Fahrten mit dem privaten Pkw schon nicht erforderlich waren, weil die Klägerin den Kindergarten mit einem Elternteil durch den öffentlichen Nahverkehr - in dem sie aufgrund der Merkzeichen "[X.]" und "B" mit einer Begleitperson unentgeltlich befördert worden wäre (vgl § 145 Abs 1 Satz 1, Abs 2 [X.] [X.] in der Normfassung des [X.]esetzes zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vom 14.12.2012, [X.] 2598) - zumutbar hätte erreichen können. Die Feststellungen des [X.] reichen für eine Prüfung dieser Frage durch den [X.] nicht aus. Es spricht jedoch wegen des vorgetragenen zeitlichen Aufwands für Fahrten mit dem öffentlichen Nahverkehr wenig dafür, dass die Fahrten mit dem privaten Pkw nicht erforderlich waren. Zudem kann der Klägerin eine günstigere Möglichkeit der Beförderung nicht entgegengehalten werden, wenn es ihre Eltern in nicht rechtsmissbräuchlicher Weise ablehnen, sie mit dem öffentlichen Nahverkehr statt mit dem Pkw zum Kindergarten und zurück zu bringen.

Im Übrigen fehlen Feststellungen zur Höhe der der Klägerin tatsächlich entstandenen und damit erstattungsfähigen Kosten (vgl BS[X.] vom [X.] - [X.] [X.] 30/10 R - [X.] 110, 301 = [X.] 4-3500 § 54 [X.], Rd[X.]). Für eine pauschale Entschädigung für die Nutzung eines privaten Pkw pro gefahrenem Kilometer bildet die Wegstreckenentschädigung nach § 5 Abs 1 Bundesreisekostengesetz (BRK[X.]) den Richtwert und die Untergrenze; denn sie entspricht regelmäßig den [X.]rundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl BS[X.] vom 31.1.1980 - 11 RA 42/79 - [X.] 49, 271, 275 = [X.] 2200 § 1241g [X.] S 5 f). Eine höhere pauschale Erstattung kann sich insbesondere aus einer Verwaltungspraxis des [X.]n ergeben, die ihn wegen Art 3 Abs 1 [X.]rundgesetz ([X.][X.]) bindet. Macht die Klägerin die pauschale Erstattung übersteigende tatsächliche Kosten geltend, sind diese ggf unter Rückgriff auf § 202 S[X.][X.] iVm § 287 Abs 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zu schätzen (vgl zur Anwendbarkeit der Norm im Sozialgerichtsprozess [X.] vom 20.4.2016 - [X.] [X.] 25/14 R - [X.] 121, 129 = [X.] 4-3500 § 92 [X.], Rd[X.]5; zur Anwendung bei der Fahrkostenermittlung: [X.] vom 19.2.1991 - [X.] - juris Rd[X.]9).

Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 8 SO 18/18 R

27.02.2020

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Nürnberg, 13. Dezember 2017, Az: S 20 SO 80/14, Urteil

§ 53 Abs 1 S 1 SGB 12, § 54 Abs 1 S 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 55 Abs 1 SGB 9, § 55 Abs 2 Nr 2 SGB 9, § 56 SGB 9, § 15 Abs 1 S 4 Alt 2 SGB 9, § 17 Abs 2 S 1 SGB 12

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 27.02.2020, Az. B 8 SO 18/18 R (REWIS RS 2020, 2434)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2434

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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