Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2011, Az. B 11 AL 25/10 R

11. Senat | REWIS RS 2011, 6779

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Unterstützende Leistungen der Beratung und Vermittlung - Erstattung von Reisekosten für Vorstellungsgespräche - Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses - vereinfachte Antragstellung


Leitsatz

Reisekosten für Fahrten zu Vorstellungsgesprächen eines Ausbildungsuchenden können nach § 45 S 2 Nr 2 SGB 3 in der bis zum 31.12.2008 gültigen Fassung auch dann übernommen werden, wenn keine versicherungspflichtige Beschäftigung, sondern ein öffentlich-rechtliches bzw beamtenrechtliches Dienstverhältnis begründet werden soll.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 21. April 2010 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. März 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, über die Anträge des [X.] auf Bewilligung von Reisekosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Reisekosten zu zwei Vorstellungsgesprächen.

2

Der 1975 geborene Kläger war bei der Beklagten als Ausbildungsuchender gemeldet. Am 8.12.2006 beantragte er Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung ([X.]). Nachdem er sich bei der [X.] um einen Ausbildungsplatz für Beamte des gehobenen Dienstes beworben hatte und deswegen zu einem Eignungstest am 13.12.2006 nach L. eingeladen worden war, reichte er bei der Beklagten einen schriftlichen Antrag vom 13.12.2006 auf Übernahme von Reisekosten ein. Außerdem beantragte der Kläger mit schriftlichem Antrag vom 19.12.2006 die Übernahme von Reisekosten für ein Vorstellungsgespräch am 19.12.2006 beim Finanzamt [X.] wegen der Einstellung als Beamtenanwärter zur Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt. Weder die [X.] noch das Finanzamt [X.] haben die für die Fahrten entstandenen Aufwendungen ersetzt. Die Beklagte lehnte die Anträge des [X.] ab (Bescheide vom 28.12.2006 und vom 10.1.2007, Widerspruchsbescheide vom [X.]).

3

Gegen die ablehnenden Bescheide hat der Kläger jeweils Klage erhoben. Das Sozialgericht ([X.]) hat beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Beschluss vom 14.2.2008) und die angefochtenen Bescheide aufgehoben sowie die Beklagte verurteilt, an den Kläger Fahrtkosten auf seine Anträge vom 13.12.2006 und 8.12.2006 nach den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen (Urteil vom 14.3.2008).

4

Das [X.] (L[X.]) hat die Berufung zugelassen (Beschluss vom 5.9.2008) und sodann auf die Berufung der Beklagten das Urteil des [X.] geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung hat das L[X.] ua ausgeführt: Ein Anspruch des [X.] ergebe sich nicht aus § 45 [X.] ([X.]B III). Danach könnten zwar zur Beratung und Vermittlung unterstützende Leistungen und als solche Leistungen auch Kosten im Zusammenhang mit Fahrten zu Vorstellungsgesprächen übernommen werden. Der in § 45 [X.]B III verwendete Begriff der Vermittlung nehme Bezug auf den Vermittlungsbegriff in § 35 [X.]B III. Er umfasse nur Tätigkeiten, die darauf gerichtet seien, Ausbildungs- oder Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Ein solches Beschäftigungsverhältnis sei das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (B[X.]) zur Rechtslage nach dem Arbeitsförderungsgesetz ([X.]) fielen Bemühungen zur Begründung von [X.] nicht unter den Begriff der Arbeitsvermittlung. Nach dieser Rechtsprechung seien die Arbeitsämter zwar nicht gehindert, Arbeitslosigkeit auch durch Hinweise auf andere, nicht zum Arbeitsmarkt zu rechnende Möglichkeiten zu beseitigen; hieraus folge jedoch nicht die Einsetzbarkeit von Beitragsmitteln für in eine Beamtenausbildung strebende Ausbildungssuchende. An dieser Rechtslage habe der Gesetzgeber des [X.]B III nichts ändern wollen. Die Arbeitsvermittlung solle nach wie vor auf den privatrechtlichen Bereich abzielen.

5

Mit der vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 45 [X.]B III. Weder der Wortlaut noch der Sinn und der Zweck der Vorschrift stünden der Unterstützung der Suche einer Ausbildung im Beamtenverhältnis entgegen. Bei § 45 [X.]B III stehe der arbeitsmarktpolitische Zweck im Vordergrund. [X.] seien zu erbringen, um die Arbeitslosigkeit zu beenden; zur Beendigung der Arbeitslosigkeit komme es aber auch mit der Aufnahme eines Beamtenverhältnisses. Selbst die Beklagte stelle über ihre Job-Börse solche Angebote zur Verfügung. Der Auffassung des L[X.], die Rechtsprechung zu § 53 [X.] sei problemlos auf § 45 [X.]B III zu übertragen, sei nicht zu folgen. Der Gesetzgeber habe einerseits den Leistungskatalog des § 53 Abs 1 [X.] und andererseits die Begriffe der Bewerbungs- und Reisekosten neu definiert. Das L[X.] verkenne ferner, dass zwischen dem Anspruch auf Übernahme von Kosten nach § 45 [X.]B III und dem Anspruch auf Vermittlung nach § 35 [X.]B III zu unterscheiden sei; § 35 [X.]B III finde auf die bloße [X.] nach freien Stellen keine Anwendung.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des L[X.] vom [X.] aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14.3.2008 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verurteilt wird, über die Anträge des [X.] auf Bewilligung von Reisekosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des [X.] zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ). Sie führt zur Wiederherstellung des die Bescheide der [X.] aufhebenden erstinstanzlichen Urteils mit der Maßgabe, dass die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet ist.

1. Zu entscheiden ist ausschließlich über den im gerichtlichen Verfahren gestellten Antrag des [X.] auf Verurteilung der [X.] zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der [X.]läger hat sein Begehren im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.5.2011 bei der Antragstellung konkretisiert. Zwischen den Beteiligten war zu keiner [X.] streitig, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach § 45 [X.] im Ermessen der [X.] liegt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Antrag des [X.] bei verständiger Auslegung unter Berücksichtigung seines wirklichen Willens von Anfang an als Antrag auf Neubescheidung zu verstehen war. Dem steht die weitergehende Formulierung bei der Antragstellung in erster Instanz nicht entgegen (§ 123 SGG).

2. Der geltend gemachte Anspruch scheitert nicht an fehlender oder verspäteter Antragstellung (§ 323 Abs 1, § 324 Abs 1 [X.]). Den tatsächlichen Feststellungen des [X.], das im angefochtenen Urteil ergänzend auf die von der [X.] vorgelegten Verwaltungsunterlagen Bezug genommen hat, ist zu entnehmen, dass der [X.]läger bereits am 8.12.2006 bei der [X.] Leistungen zur [X.] beantragt und dass ihm die Beklagte daraufhin ein Antragsformular übersandt hat. Unter diesen Umständen kann auf sich beruhen, inwieweit die später formularmäßig eingereichten Anträge vom 13.12. und 19.12.2006 zeitlich vor Eintritt des jeweils [X.] iS des § 324 Abs 1 Satz 1 [X.] (Vorstellungsgespräche vom 13. bzw 19.12.2006) bei der [X.] eingegangen sind. Denn insoweit ist zugunsten des [X.] auf § 6 der Anordnung des Verwaltungsrats der [X.] zur [X.] (Anordnung [X.]) vom 10.4.2003 (AN[X.] 2003, 731) abzustellen, wonach eine einmal erfolgte Antragstellung bis zur Aufnahme einer Beschäftigung, Berufsausbildung oder der Einstellung der Vermittlungsbemühungen wirksam ist und für alle bis dahin entstehenden Aufwendungen für Bewerbungen oder Fahrten die Voraussetzungen des § 324 [X.] erfüllt sind (ebenso auch Schlaeger, info also 2007, 99, 101 f, 103).

Unter Berücksichtigung dieser auf der Ermächtigungsgrundlage des § 47 [X.] beruhenden Regelung der Anordnung [X.], von der die Beklagte bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide offensichtlich ausgegangen ist, richtete sich der bereits am 8.12.2006 gestellte Antrag auf Bewilligung aller zukünftig in Betracht kommender Leistungen zur [X.] gemäß § 45 [X.]. Es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob die Beklagte berechtigt war, Leistungen von Amts wegen nach § 323 Abs 1 Satz 3 [X.] zu bewilligen, oder ob sie in den angefochtenen Bescheiden sinngemäß eine (teilweise) verspätete Antragstellung iS des § 324 Abs 1 Satz 2 [X.] zugelassen hat (vgl zum Verhältnis zwischen § 323 und § 324 [X.]: [X.] in [X.], [X.], § 323 Rd[X.] 40 ff und § 324 Rd[X.] 30 ff, Stand Einzelkommentierung Juli 2010 bzw Dezember 2007).

3. Entgegen der Rechtsmeinung des [X.] ist ein Anspruch des [X.] auf Bewilligung von Reisekosten nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Vorstellungsgespräche die Begründung eines Beamtenverhältnisses zum Ziel hatten. Vielmehr sind nach den getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Satz 2 [X.] 2 [X.] für die Bewilligung von Reisekosten im Zusammenhang mit den Vorstellungsgesprächen vom 13.12. und 19.12.2006 erfüllt.

a) Nach § 45 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung, die die Vorschrift durch das Erste Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom [X.] ([X.] 4607) erhalten hat (durch Gesetz vom [X.], [X.] 2917, ist § 45 [X.] mit Wirkung ab 1.1.2009 neu gefasst worden - dazu im Folgenden unter f), können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende sowie [X.] zur Beratung und Vermittlung unterstützende Leistungen erhalten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird (Satz 1). Als unterstützende Leistungen können ua [X.]osten im Zusammenhang mit Fahrten zur Berufsberatung, Vermittlung, Eignung der Feststellung und zu Vorstellungsgesprächen (Reisekosten) übernommen werden (Satz 2 [X.] 2).

b) Zwischen den Beteiligten steht fest, dass dem [X.]läger Reisekosten für zwei Vorstellungsgespräche, nämlich vom 13.12.2006 in L. und vom 19.12.2006 in F., entstanden sind. Zweifelsfrei ist auch, dass die potenziellen Einstellungsbehörden es abgelehnt haben, dem [X.]läger die für die Fahrten zu den Vorstellungsgesprächen entstandenen [X.]osten zu erstatten.

c) Dem Wortlaut des § 45 [X.] ist zunächst nur zu entnehmen, dass [X.]osten im Zusammenhang mit Fahrten ua zu Vorstellungsgesprächen als Leistungen zur [X.] übernommen werden können. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich jedenfalls nicht ausdrücklich, ein "Vorstellungsgespräch" iS der Vorschrift sei nur ein auf die Begründung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses abzielendes Gespräch. Ein derart eingeschränktes Verständnis des Begriffs "Vorstellungsgespräch" ergibt sich entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht daraus, dass § 45 [X.] insbesondere Leistungen zur Unterstützung der "Vermittlung" betrifft.

Wie vom [X.] unangegriffen und damit bindend (§ 163 SGG) festgestellt, war der [X.]läger bei der [X.] als [X.]r gemeldet. Er gehört somit zu dem nach § 45 Satz 1 [X.] förderbaren Personenkreis (Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende sowie [X.]). [X.] sind gemäß § 15 Satz 1 [X.] Personen, die eine Berufsausbildung suchen. Arbeitsuchende sind Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen (Satz 2). Dies gilt auch, wenn sie bereits eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit ausüben (Satz 3).

Ebenso wenig wie § 45 [X.] spricht die Vermittlungsvorschrift des § 35 Abs 1 [X.] ausdrücklich von "Arbeitnehmern". Vermittlung umfasst nach § 35 Abs 1 Satz 2 [X.] alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, [X.] mit Arbeitgebern zur Begründung eines Ausbildungsverhältnisses und Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zu Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Wenn das [X.] (im [X.] an das [X.] Berlin, Urteil vom 15.8.2003 - L 4 AL 22/02) unter Verweis auf die Regelung des § 35 Abs 1 Satz 2 [X.] für "Arbeitsuchende" als entscheidend ansieht, dass der Betreffende eine abhängige Beschäftigung in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis sucht, vermag sich der Senat dieser Rechtsansicht nicht anzuschließen. Denn sowohl § 45 Abs 1 Satz 1 [X.] als auch § 35 Abs 1 Satz 1 [X.] unterscheiden zwischen verschiedenen Personenkreisen, und auch § 35 Abs 1 Satz 2 Alt 1 [X.] stellt bei [X.]n - wie dem [X.]läger - auf die "Begründung eines Ausbildungsverhältnisses" ab, also nicht - wie bei [X.] (§ 35 Abs 1 Satz 2 Alt 2 [X.]) - auf die "Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses" (dazu im Folgenden unter e). Dem [X.] ist auch nicht zu folgen, soweit es maßgeblich auf den Vergleich zwischen § 45 [X.] und § 53 [X.] abstellt. Vom Wortlaut her bestehen zwischen § 45 [X.] und § 53 [X.] erhebliche Unterschiede, die auch dann nicht außer Betracht bleiben können, wenn davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber des [X.] grundlegende Leistungsvoraussetzungen in § 53 Abs 1 [X.] 1 und [X.] 2 [X.] übernehmen wollte (BT-Drucks 13/4941 [X.]).

d) § 53 Abs 1 Satz 1 [X.] in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung des [X.] ([X.]) vom [X.] ([X.] 594) sah vor, dass die [X.] "für arbeitslose und von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedrohte Arbeitsuchende zur Förderung der Arbeitsaufnahme" eine Reihe von Leistungen gewähren konnte. Entsprechendes regelte § 53 Abs 2 [X.] für die dort genannte Personengruppe der "Berufsanwärter". Abgesehen davon, dass schon die [X.] (Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende sowie [X.]) in § 45 Satz 1 [X.] abweichend definiert sind, hat der Gesetzgeber in § 45 Satz 1 [X.] - anders als in § 53 Abs 1 [X.] - die [X.] nicht an die Voraussetzung geknüpft, dass sie der "Arbeitsaufnahme" dient und auch der [X.]atalog der in § 45 Satz 2 [X.] ausdrücklich genannten Leistungen entspricht nicht dem Leistungskatalog in § 53 Abs 1 Satz 1 [X.] 1 bis 7 [X.]. Demgemäß hat der 7. Senat des [X.] in seiner Entscheidung vom 2.9.2004 ([X.] AL 62/03 R - [X.] 4-4300 § 45 [X.] 1 Rd[X.] 13 - keine Übernahme der [X.]osten für eine Telefonkarte) insoweit bereits darauf hingewiesen, dass schon wegen der eindeutigen Änderung des Wortlauts des § 45 [X.] nicht von einer unveränderten Rechtslage ausgegangen werden kann.

Wenn somit nach § 53 Abs 1 Satz 1 [X.] vorgesehen war, Leistungen "zur Förderung der Arbeitsaufnahme" zu gewähren und das [X.] in Anwendung der damaligen Vorschrift unter einer "Arbeitsaufnahme" nicht die Aufnahme "irgendeiner Erwerbstätigkeit", sondern die Aufnahme einer Tätigkeit in einem dem Privatrecht unterfallenden abhängigen Beschäftigungsverhältnis verstanden hat ([X.], Urteil vom [X.] - 7 [X.]/83 - [X.] 1984, 272), kann hieraus nicht geschlossen werden, eine Leistung nach § 45 Satz 2 [X.] 2 [X.] sei im Zusammenhang mit einem Vorstellungsgespräch ebenfalls nur in Fällen der Anbahnung eines privaten Beschäftigungsverhältnisses möglich.

e) Entgegen der vom [X.]läger in seiner Revisionsbegründung vertretenen Ansicht ist § 45 [X.] zwar nicht losgelöst von § 35 [X.] zu verstehen. Denn sowohl die Überschrift des Ersten Abschnitts des 4. [X.]apitels des [X.] "Unterstützung der Beratung und Vermittlung" als auch der Wortlaut des § 45 Satz 1 [X.] sprechen dafür, dass die unterstützenden Leistungen am Zweck und Ziel dieser beiden Aufgaben zu messen sind (so bereits [X.], aaO - zum Zusammenhang der Förderung der Arbeitsaufnahme mit der Arbeitsvermittlung, § 13 Abs 1 [X.]). Im Unterschied zu § 53 Abs 1 [X.] und zu der Regelung der Mobilitätshilfen in § 53 Abs 1 [X.] idF des [X.] (ebenfalls aufgehoben mit Wirkung vom 1.1.2009 durch Gesetz vom [X.], [X.] 2917), ist jedoch Tatbestandsvoraussetzung in § 45 [X.] nicht die Förderung der Arbeitsaufnahme bzw (für den Personenkreis der Arbeitslosen) die Förderung der Aufnahme einer "versicherungspflichtigen Beschäftigung" (so ausdrücklich § 53 Abs 1 [X.], der die ursprünglich in § 53 Abs 1 [X.] 2 bis 5 [X.] geregelten Leistungen übernommen hat; vgl [X.] [X.] 4-4300 § 53 [X.] 2 Rd[X.] 11 ff). Statt dessen knüpft § 45 Satz 1 [X.] - wie bereits (unter c) erwähnt - an die Zugehörigkeit zum förderungsfähigen Personenkreis (Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende sowie [X.]) an.

Die Begriffsdefinition des § 15 [X.] ([X.]) ist zeitgleich mit der Regelung in § 45 [X.] neu durch das [X.] eingeführt worden, hingegen ist der Begriff des [X.] im [X.] für die Arbeitsvermittlung (vgl §§ 13 ff [X.]) mit vergleichbarem Inhalt verwendet worden (vgl [X.] in [X.], [X.], § 15 Rd[X.] 5 ff, Stand Einzelkommentierung Juni 2005; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl 2008, § 15 Rd[X.] 1; [X.] in [X.], [X.]/[X.] § 15 Rd[X.] 4, Stand Einzelkommentierung Juli 1999). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob Voraussetzung der Eigenschaft als Arbeitsuchender das Interesse an einer abhängigen Beschäftigung als "Arbeitnehmer" ist und deshalb derjenige kein Arbeitsuchender ist und folglich auch keine Förderleistungen nach § 45 [X.] erhalten kann, der ausschließlich eine Tätigkeit als Beamter oder Selbstständiger sucht (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 15 Rd[X.] 7, 8, Stand Einzelkommentierung Dezember 2010). Jedenfalls bei [X.]n, zu denen der [X.]läger gehört, umfasst der Begriff der Berufsausbildung iS des § 15 Satz 1 [X.] jede Art und Form von Berufsausbildung, einschließlich der Tätigkeit in einem Beamtenverhältnis (vgl auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.], 3. Aufl 2008, § 45 Rd[X.] 29 - der sich für eine generelle [X.] der Reisekosten für die Begründung eines Beamtenverhältnisses ausspricht). Denn die Art der gesuchten Berufsausbildung hat für die Eigenschaft, [X.]r zu sein, keine Bedeutung. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob die angestrebte Berufsausbildung eine solche in einem anerkannten Ausbildungsberuf iS des § 1 Abs 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) und ob das Ausbildungsverhältnis privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich (vgl § 2 Abs 1 [X.] 1 BBiG) ausgestaltet ist (so bereits [X.] in [X.], [X.], § 35 Rd[X.] 36, 37 und Rd[X.] 54, Stand Einzelkommentierung Oktober 1998; abweichend zur nF des § 45 [X.] vgl [X.] in [X.], [X.], § 45 Rd[X.] 24, Stand Einzelkommentierung Dezember 2010). Schon unter der Geltung des § 29 Abs 1 [X.], der die Vermittlung beruflicher Ausbildungsstellen regelte, war die vom [X.] in seiner Entscheidung vom [X.] (7 [X.]/83 - [X.] 1984, 272) vertretene Auffassung, dass diese Vorschrift sich nicht auf Ausbildungen in öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen beziehe, in der Literatur umstritten und sollten jedenfalls Ausbildungen im öffentlichen Dienst (§ 2 Abs 1 [X.] 1 BBiG) - wenn auch nicht im Beamtenverhältnis - erfasst sein (vgl dazu im Einzelnen [X.] in [X.]/[X.], aaO Rd[X.] 6, mwN). Der Gesetzgeber des [X.] hat den Begriff des [X.]n weder in § 15 Satz 1 [X.] noch in § 35 Abs 1 und 2 [X.] bzw § 45 Satz 1 [X.] näher eingegrenzt und auch die Umschreibung des Ausbildungsverhältnisses in § 35 [X.] enthält keine Einschränkung.

f) Außerdem wäre es mit den Aufgaben der Arbeitsförderung nach § 1 Abs 1 [X.] kaum zu vereinbaren, die Vermittlungstätigkeit der [X.] auf privatrechtlich ausgestaltete Ausbildungsverhältnisse zu begrenzen. Dies hat auch die Beklagte in ihrer Revisionserwiderung nicht in Abrede gestellt. Soweit sie jedoch unter Hinweis auf die Entscheidung des [X.] vom [X.] (7 [X.]/83 - [X.] 1984, 272) meint, eine sich auch auf Erwerbsmöglichkeiten als Beamter oder Selbstständiger erstreckende Vermittlungstätigkeit müsse keineswegs die [X.] der Aufnahme einer solchen versicherungsfreien Tätigkeit aus [X.] zur Folge haben, ist dieses Argument im Hinblick auf die aktuelle Rechtslage nicht überzeugend. Selbst wenn - wie dies bereits der 7. Senat in seiner Entscheidung vom 2.9.2004 ([X.] AL 62/03 R - [X.] 4-4300 § 45 [X.] 1) herausgestellt hat - das [X.] darauf abzielte, die Beitragszahler zu entlasten, folgt hieraus nicht, dass deshalb Reisekosten für Vorstellungsgespräche nach § 45 Satz 2 [X.] 2 [X.] nur bei Begründung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses übernommen werden könnten. Weder Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte des § 45 [X.] (BT-Drucks 13/4941, [X.]) bieten Anhaltspunkte, dass die Entlastung der Beitragszahler speziell durch Einsparungen im Bereich der Leistungen zur [X.] erfolgen sollte. Es bedarf deshalb auch keiner weiteren Erörterung, ob der gedankliche Ansatz, dass [X.] in einem (versicherungsfreien) Beamtenverhältnis nicht auf [X.]osten der Beitragszahler gefördert werden sollten, angesichts der aktuellen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt überhaupt tragfähig ist oder wegen wechselnder Erwerbsbiografien keine Berechtigung hat.

Schließlich kann sich die Beklagte mit Erfolg auch nicht auf § 45 [X.] in der seit 1.1.2009 geltenden Fassung berufen. Mit dieser Neufassung des § 45 [X.] durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom [X.] ([X.] 2917) hat der Gesetzgeber die Vorschrift grundlegend umgestaltet und sind die in den §§ 45 ff [X.] und §§ 53 ff [X.] geregelten Bereiche wieder zusammengeführt worden. An die Stelle eines detaillierten Leistungskatalogs ist eine "Generalklausel" zur Förderung [X.]r, von Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitsuchender und Arbeitsloser bei der "Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung" getreten (vgl im Einzelnen Rademacker in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 45 Rd[X.] 3 ff, 10, 19, Stand Einzelkommentierung Juli 2010). Da der Gesetzgeber ausdrücklich das bisherige Recht umgestalten wollte (vgl BT-Drucks 16/10810, [X.]), kann die Vorschrift auch nicht als rückwirkende [X.]larstellung der hier maßgebenden, bis 31.12.2008 geltenden Regelung des § 45 [X.] verstanden werden.

4. Sind somit bei dem [X.]läger die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 [X.] gegeben, liegt die Entscheidung über die Bewilligung von Reisekosten dem Grunde nach im Ermessen der [X.]. Dass keine andere Entscheidung als eine vollständige Bewilligung oder eine vollständige Ablehnung hätte getroffen werden können (Ermessensreduzierung auf Null), ist nach den bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht zu erkennen. Zwar kommt es nach § 45 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung nicht auf die Eigenleistungsfähigkeit des [X.] an (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl 2008, § 45 Rd[X.] 5). Die Beklagte wird jedoch im Rahmen ihrer Ermessensausübung insbesondere die Zweckmäßigkeit, die Erfolgsaussicht und den [X.]ostenaufwand zu berücksichtigen haben (vgl Hessisches [X.], Urteil vom [X.] - L 7 AL 15/09 - juris Rd[X.] 19; [X.], aaO, Rd[X.] 37 mit Hinweis ua auf § 7 [X.]; zur nF des § 45 [X.] vgl [X.] in [X.], [X.], § 45 Rd[X.] 53). In diesem Zusammenhang wird die Beklagte ggf bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit berücksichtigen können, ob der [X.]läger seine Reisen zu den Vorstellungsgesprächen vorher mit der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit abgestimmt hatte (allerdings ist eine vorherige Zustimmung der örtlichen Agentur - auch im Fall der [X.] - keine Anspruchsvoraussetzung; so aber offenbar Geschäftsanweisungen der [X.] zu § 45 [X.], Stand November 2006, unter Ziff 45.03, [X.] der Verwaltungsunterlagen).

Darüber hinaus wird sie auch über die Höhe der begehrten Reisekosten unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des 46 [X.] in der Fassung des [X.] vom [X.] ([X.] 1418) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden haben (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl 2008, § 46 Rd[X.] 9, 30).

5. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 11 AL 25/10 R

12.05.2011

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Detmold, 14. März 2008, Az: S 9 AL 1/07, Urteil

§ 45 S 1 SGB 3 vom 23.12.2002, § 45 S 2 Nr 2 SGB 3 vom 23.12.2002, § 45 SGB 3 vom 21.12.2008, § 15 S 1 SGB 3, § 35 Abs 1 S 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 35 Abs 1 S 2 SGB 3 vom 23.12.2003, § 35 Abs 2 SGB 3 vom 23.12.2003, § 53 Abs 1 S 1 AFG vom 24.03.1997, § 323 Abs 1 SGB 3, § 324 Abs 1 S 1 SGB 3, § 6 UBVAnO vom 10.04.2003

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.05.2011, Az. B 11 AL 25/10 R (REWIS RS 2011, 6779)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6779

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