Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 25.01.2022, Az. 2 BvR 2462/18

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2022, 1793

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Rechts auf Selbstbelastungsfreiheit im Ordnungswidrigkeitenverfahren (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 1 Abs 1 GG; Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) durch Verkennung der Reichweite des Auskunftsverweigerungsrechts gem § 9 Abs 4 GGBefGjuris: GefahrgutG


Tenor

Das Urteil des [X.] vom 14. Juli 2017 - 25 OWi 124 Js 12243/16 - (Ziffern 1 und 4 des Tenors) sowie der Beschluss des [X.] vom 26. Juni 2018 - 2 Ss OWi 321/18 - verletzen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des [X.] vom 26. Juni 2018 - 2 Ss OWi 321/18 - wird aufgehoben und die Sache zur Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Der Beschluss des [X.] vom 31. Oktober 2018 - 2 Ss OWi 321/18 - wird damit gegenstandslos.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Der [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

1. Der Beschwerdeführer ist geschäftsführender Inhaber eines Speditionsunternehmens. Am 20. Oktober 2014 kontrollierte die Verkehrspolizei ein Lastfahrzeug des Unternehmens und stellte dabei fest, dass das Fahrzeug nicht mit Feuerlöschgeräten ausgerüstet war und seit mehr als zwei Jahren keine Nachprüfung eines [X.] stattgefunden hatte. Sie untersagte daraufhin die Weiterfahrt des Fahrzeugs und begleitete dieses zu seinem Startpunkt zurück.

2

2. Dieselbe Verkehrspolizeiinspektion forderte das Unternehmen des Beschwerdeführers "zur Ermittlung des für den Sachverhalt Verantwortlichen" mit [X.] vom 15. Dezember 2014 "wegen einer Ordnungswidrigkeit" beziehungsweise "zur Aufklärung der vorgenannten Ordnungswidrigkeit(en)" zur Mitteilung auf, wer im Sinne des § 9 Abs. 1, Abs. 2 OWiG die für die Einhaltung der gefahrgutrechtlichen Vorschriften im Betrieb verantwortliche und beauftragte [X.] sei. Dabei ging die Verkehrspolizei im Hinblick auf die fehlenden Feuerlöscher und das nicht nachgeprüfte Kontrollgerät von der Verwirklichung bußgeldbewehrter Verstöße gegen das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (GGBefG), gegen die [X.], Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB), gegen das Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen ([X.]) sowie gegen das [X.] über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) aus.

3

Die Verkehrspolizeiinspektion wies darauf hin, dass der Unternehmer oder Inhaber des Betriebs gemäß § 9 Abs. 2, Abs. 5 GGBefG zur vollständigen und unverzüglichen Auskunftserteilung verpflichtet sei und die Verletzung dieser Auskunftspflicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 GGBefG mit einer Geldbuße geahndet werden könne. Nach § 9 Abs. 4 GGBefG könne die Auskunft nur auf solche Fragen verweigert werden, deren Beantwortung den zur Erteilung der Auskunft Verpflichteten selbst oder einen ihm nahen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Zudem wurde der Beschwerdeführer für den Fall, dass er selbst für die Ordnungswidrigkeiten verantwortlich sein sollte, oder für den Fall, dass der Fragebogen an den verantwortlichen [X.] weitergegeben worden sei, im Rahmen einer "Betroffenenbelehrung" gemäß § 55 OWiG darauf hingewiesen, dass es ihm frei stehe, [X.]h zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. In jedem Fall bestehe aber eine Pflicht zur Beantwortung der Fragen zur [X.].

4

3. Mit Schreiben vom 2. April 2015 teilte Fahrzeugführer [X.] mit, er sei die für den Verstoß verantwortliche [X.], habe aber nicht gewusst, dass er Gefahrgut befördere.

5

4. Hierauf erwiderte die Verkehrspolizeiinspektion mit einem an das Unternehmen gerichteten Schreiben vom 13. Juli 2015, der Fahrzeugführer könne rechtlich nicht der verantwortliche Beförderer sein und habe keine Unternehmenspflichten. Da offen[X.]htlich im Betrieb keine verantwortliche beauftragte [X.] bestellt sei, sei der Beschwerdeführer als eingetragener Geschäftsführer selbst verantwortlich und werde aufgefordert, seine vollständigen [X.]alien in den beiliegenden Anhörungsbogen einzutragen und diesen unverzüglich zurückzusenden. Es werde nochmals auf die bußgeldbewehrte Pflicht zur Auskunftserteilung bezüglich der Daten des für diesen Verstoß verantwortlichen [X.] hingewiesen.

6

Mit beiliegendem, an den Beschwerdeführer persönlich adressierten [X.] an den "Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit" teilte die Verkehrspolizeiinspektion dem Beschwerdeführer zudem mit, dass ihm als Beförderer und Unternehmer die fehlende Ausrüstung des Fahrzeugs mit Feuerlöschgeräten sowie die fehlende fristgerechte Nachprüfung des [X.] als Ordnungswidrigkeiten zur Last gelegt würden. Es folgte eine im Wesentlichen der Belehrung im Schreiben vom 15. Dezember 2014 entsprechende Belehrung "zu der Beschuldigung", wobei jedoch der Passus zur etwaigen Weitergabe des Fragebogens an den für diesen Verstoß verantwortlichen [X.] nicht mehr enthalten war und die Belehrung nun mit der Betroffenenbelehrung nach § 55 OWiG begann.

7

5. Mit E-Mail vom 25. August 2015 teilte der Beschwerdeführer seine [X.]alien mit. Zudem gab er an, dass im Betrieb eine verantwortlich beauftragte [X.] bestellt sei. Da er aber weder [X.]h selbst noch einen Familienangehörigen belasten müsse oder wolle, mache er von seinem "Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 9 GGBefG" Gebrauch. Im Übrigen sei einzig der Auftraggeber für den Verstoß verantwortlich, da weder der Beschwerdeführer noch sein Fahrer gewusst hätten, dass Gefahrgut transportiert werde. Dies sei mit dem Auftraggeber weder vereinbart noch abgesprochen gewesen.

8

6. Hierauf forderte die Verkehrspolizeiinspektion den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. September 2015 letztmalig auf, die verantwortliche beauftragte [X.] "für die begangenen Ordnungswidrigkeiten" zu benennen.

9

[X.] befreie nicht von der Verpflichtung zur Mitteilung der Verantwortlichkeit im Unternehmen. Die verbleibende zusätzliche Pflicht zur Auskunftserteilung sei unabdingbar für eine wirksame Kontrolle, da ansonsten nur noch derjenige Unternehmer überhaupt zu einer Auskunftserteilung verpflichtet wäre, der [X.]h in jeder Hin[X.]ht an die Vorschriften halte, deren Einhaltung Gegenstand der behördlichen (polizeilichen) Kontrolle sei (unter Verweis auf [X.], Beschluss des Dreierausschusses des [X.] vom 7. September 1984 - 2 BvR 159/84 -). Nach Auffassung des [X.] gelte diese Auskunftspflicht sogar dann, wenn [X.]h der Betroffene selbst als Verantwortlicher bezeichnen müsse. Denn letztlich liefen die in § 9 Abs. 2 GGBefG nominierte Auskunftspflicht und damit das gesamte Gesetzeswerk im Ergebnis leer, wenn nur der gesetzestreue Unternehmer den Auf[X.]htsmaßnahmen Folge leisten müsste, während der nicht gesetzestreue Unternehmer [X.]h der Auf[X.]htsbehörde gegenüber regelmäßig auf das [X.]srecht des § 9 Abs. 4 GGBefG berufen könnte. Sollte [X.]h der Beschwerdeführer weiterhin weigern, die [X.]alien der beauftragten [X.] mitzuteilen, werde er als eingetragener Geschäftsführer persönlich für die Verstöße nach dem Gefahrgutrecht angezeigt und werde gegen ihn ein weiteres Verfahren wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die Auskunftspflicht nach § 9 Abs. 2 GGBefG betrieben.

7. Nachdem der Beschwerdeführer hierauf nicht reagiert hatte, setzte das [X.] Polizeiverwaltungsamt mit Bescheid vom 22. Februar 2016 gegen den Beschwerdeführer eine Geldbuße von 550 Euro zuzüglich Kosten (gesamt 581 Euro) wegen der bei der Verkehrskontrolle am 20. Oktober 2014 festgestellten Verstöße in Bezug auf die fehlenden Feuerlöscher und die unterbliebene fristgerechte Nachprüfung des [X.] fest.

Parallel hierzu verhängte das [X.] Polizeiverwaltungsamt mit angegriffenem Bescheid vom 22. Februar 2016 gegen den Beschwerdeführer wegen vorsätzlich nicht erteilter Auskunft gemäß § 9 Abs. 2 und Abs. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 GGBefG in Verbindung mit § 9 Abs. 2, § 17 OWiG eine Geldbuße in Höhe von 1.000 Euro nebst 53,50 Euro Kosten. Im Rahmen der Begründung wiederholte die Behörde im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Schreiben der Verkehrspolizeiinspektion vom 21. September 2015, wonach der Beschwerdeführer unabhängig von seiner möglichen Selbstbetroffenheit zur Auskunftserteilung hin[X.]htlich der für die vorherigen [X.] verantwortlichen [X.] verpflichtet gewesen sei.

8. Der Beschwerdeführer legte gegen beide Bescheide am 8. März 2016 Einsprüche ein, woraufhin das [X.] die beiden Verfahren durch Beschluss vom 15. Dezember 2016 verband.

9. Mit angegriffenem Urteil vom 14. Juli 2017 sprach das [X.] den Beschwerdeführer schuldig der Nichterteilung einer Auskunft entgegen § 9 Abs. 2 Satz 1 GGBefG und verurteilte ihn deswegen zu einer Geldbuße in Höhe von 1.000 Euro (Ziffer 1 des Tenors). Hin[X.]htlich des Vorwurfs der unterlassenen Nachprüfung des [X.] stellte es das Verfahren nach § 260 Abs. 3 StPO ein und sprach den Beschwerdeführer in Bezug auf die Feuerlöscher frei (Ziffern 2 und 3 des Tenors). Dem Beschwerdeführer wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt, soweit er verurteilt wurde (Ziffer 4 des Tenors).

a) Der Beschwerdeführer hätte als Geschäftsführer des Unternehmens gemäß § 9 Abs. 2 und Abs. 5 GGBefG unverzüglich mitteilen müssen, wer in seinem Unternehmen für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich gewesen sei. Der zur Erteilung der Auskunft Verpflichtete könne gemäß § 9 Abs. 4 GGBefG die Auskunft lediglich auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens aussetzen würde. Das [X.] habe für das gleichgelagerte [X.]srecht nach § 4 Abs. 4 Fahrpersonalgesetz ([X.]) entschieden, dass die [X.] nicht die Verpflichtung zur Aushändigung von Unterlagen umfasse (unter Verweis auf [X.], Beschluss des Dreierausschusses des [X.] vom 7. September 1984 - 2 BvR 159/84 -). Vielmehr sei die verbleibende zusätzliche Pflicht zur Auskunftserteilung als unabdingbar für eine wirksame Kontrolle anzusehen, da ansonsten nur noch derjenige Unternehmer überhaupt zu einer Auskunftserteilung verpflichtet wäre, der [X.]h in jeder Hin[X.]ht an die Vorschriften halte, deren Einhaltung Gegenstand der behördlichen polizeilichen Kontrolle sei, beziehungsweise derjenige, der selbst sämtliche Verantwortung delegiert habe, soweit dies überhaupt möglich sei. Dies gelte sogar dann, wenn [X.]h der Betroffene selbst als verantwortlich bezeichnen müsse. Da das [X.] im Hinblick auf § 4 Abs. 4 [X.] für die gleiche Konfliktsituation eine klare Entscheidung getroffen habe, sei dies auch als Grundsatzentscheidung für das [X.] zu sehen. Der Beschwerdeführer sei daher zur Auskunftserteilung verpflichtet gewesen.

Im Hinblick auf die Dauer der Gesetzesverletzung und den damit verbundenen erheblichen Mehraufwand der Polizeibehörden sowie wegen der dadurch eingetretenen Teilverjährung sei eine Geldbuße von 1.000 Euro angemessen.

b) Der Vorwurf, als Unternehmer die regelmäßige Nachprüfung des [X.] nicht vor Ablauf von zwei Jahren durchgeführt zu haben, sei nach "§ 206 Abs. 2 StPO" ([X.], gemeint wohl § 260 Abs. 3 StPO) wegen Verjährung einzustellen.

c) Soweit dem Beschwerdeführer auch zur Last gelegt worden sei, ohne Feuerlöschgeräte Gefahrgut transportiert zu haben, sei er mangels vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes freizusprechen. Ausweislich der Beweisaufnahme habe der Auftraggeber den Beschwerdeführer als Subunternehmer nicht darüber informiert, dass an diesem Tag Gefahrgut an Bord des Fahrzeugs sein werde. Die Ladepapiere des Auftraggebers hätten nicht zum tatsächlichen Inhalt der Ladung gepasst. Daher habe der Beschwerdeführer weder gewusst, noch habe er davon ausgehen müssen, dass sein Fahrzeug mit Gefahrgut beladen worden sei.

10. Gegen die Verurteilung legte der Beschwerdeführer am 21. Juli 2017 Rechtsbeschwerde ein, die er mit Schriftsatz vom 21. September 2017 begründete.

a) Das Amtsgericht habe die Bedeutung und Reichweite des [X.]srechts aus § 9 Abs. 4 GGBefG verkannt. Er sei berechtigt, die Antwort auf solche speziellen Fragen zu verweigern, deren Beantwortung ihn persönlich oder Angehörige der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen würde. Im Hinblick auf alle übrigen Fragen, die den Sachverhalt im Allgemeinen beträfen, bleibe er hingegen auskunftspflichtig. Nichts anderes ergebe [X.]h, wenn man den vom Amtsgericht angeführten Beschluss des [X.] auf die hiesige Konstellation übertragen wolle.

b) Der Beschwerdeführer sei von Anfang an als Betroffener eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens angehört worden. Dies zeige [X.]h daran, dass bereits das erste [X.] eine Belehrung nach § 55 OWiG in Verbindung mit § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO enthalten habe und ihm die Polizei mitgeteilt habe, dass man wegen seiner Stellung als Geschäftsführer von seiner Verantwortlichkeit ausgehe. Ferner sei für präventive Maßnahmen nach dem Gefahrgutbeförderungsrecht das Gewerbeauf[X.]htsamt zuständig; vorliegend habe indes die Polizei gehandelt. Deshalb folge sein Recht zu schweigen ohnehin aus § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO. Dieses grundlegende rechtsstaatliche Prinzip des Straf- und Bußgeldverfahrens sei verfassungsrechtlich in Art. 20 Abs. 3 sowie in Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verankert.

c) Zudem habe das Amtsgericht versäumt, im Tenor oder in den Gründen des Urteils auszusprechen, wegen welcher Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) der Beschwerdeführer verurteilt werde, und habe darüber hinaus gegen die Grundsätze der Bußgeldbemessung verstoßen (wird jeweils ausgeführt).

11. Mit Schriftsatz vom 1. März 2018 beantragte die Generalstaatsanwaltschaft [X.], die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

a) Ein Verstoß gegen die [X.] des Betroffenen, die in § 9 Abs. 4 GGBefG eine einfachgesetzliche Ausgestaltung erfahre, liege nicht vor. Die Vorschrift befreie den Beschwerdeführer nicht von der Verpflichtung zur Mitteilung der Verantwortlichkeiten im Unternehmen. Vielmehr sei diese unabdingbar für eine wirksame Kontrolle im Gefahrgutrecht. Diese Auffassung werde durch den vom [X.] angeführten Beschluss des [X.] gestützt. Abgesehen hiervon hätte der Betroffene [X.]h ausdrücklich auf das [X.]srecht berufen müssen. Dies habe er zwar bei seiner Anhörung wegen des Vorwurfs der mangelhaften Fahrzeugausstattung getan, nicht jedoch bei der hiervon zu trennenden Anhörung wegen des Vorwurfs, gegen die Auskunftserteilungspflicht aus § 9 Abs. 2 GGBefG verstoßen zu haben.

b) [X.] sei auch, dass [X.]h aus dem Tenor des angefochtenen Urteils nicht entnehmen lasse, von welcher Schuldform das Amtsgericht ausgegangen sei. Ebenso wenig sei die Bußgeldbemessung zu beanstanden (wird jeweils ausgeführt).

12. Mit Schriftsatz vom 23. März 2018 trat der Beschwerdeführer der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft entgegen.

Die Auslegung der Generalstaatsanwaltschaft nehme dem unmissverständlichen Wortlaut des § 9 Abs. 4 GGBefG jeden denkbaren Anwendungsbereich. Zudem sei vom Beschwerdeführer nicht zu verlangen gewesen, dass er [X.]h in beiden Verfahren gesondert auf sein [X.]srecht berufe. Der Beschwerdeführer habe mit E-Mail vom 25. August 2015 ausdrücklich sein [X.]srecht geltend gemacht. Die Verfahren könnten nicht isoliert betrachtet werden, da sie - wie auch die prozessuale Verbindung durch das Amtsgericht zeige - untrennbar zusammenhingen.

13. Das Oberlandesgericht [X.] verwarf die Rechtsbeschwerde gemäß § 349 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG mit angegriffenem Beschluss vom 26. Juni 2018 als unbegründet und nahm zur Begründung auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Bezug.

14. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10. Juli 2018 Anhörungsrüge, die das Oberlandesgericht [X.] mit Beschluss vom 31. Oktober 2018 als unbegründet verwarf.

Der Senat habe den Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt. Er habe auch die Gegenerklärung des Beschwerdeführers bei seiner Entscheidung berück[X.]htigt. Im Ergebnis habe er das [X.] lediglich als nicht durchgreifend erachtet.

Mit seiner am 25. Juli 2018 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer die Verletzung der [X.] aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG.

1. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung und die Aussagefreiheit des Beschwerdeführers.

Der Grundsatz der [X.] garantiere, dass niemand gezwungen werde, [X.]h durch eine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen und damit die Voraussetzungen für eine strafgerichtliche Verurteilung oder die Verhängung einer entsprechenden Sanktion selbst schaffen zu müssen. Die Regelungen in § 9 Abs. 4 GGBefG sowie in § 55 OWiG in Verbindung mit § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO seien einfachgesetzliche Ausprägungen dieses verfassungsrechtlichen Prinzips.

Ein Eingriff in den Grundsatz der [X.] sei nicht durch § 9 Abs. 2 GGBefG zu rechtfertigen. Die Norm ermächtige nur die für die Überwachung präventiv zuständigen Verwaltungsbehörden, hier das Gewerbeauf[X.]htsamt, eine Auskunft zu verlangen. Der Beschwerdeführer sei indes von Anfang an als Betroffener im Ordnungswidrigkeitenverfahren mit entsprechender Belehrung angehört worden. Vorliegend bestehe daher keine Konfliktlage zwischen einer präventiv durchgeführten Kontrolle und einem Anfangsverdacht zu repressiven Zwecken.

Die von den Ermittlungsbehörden und Fachgerichten zitierte Entscheidung des [X.] beziehe [X.]h auf den hiervon abweichenden Sachverhalt einer präventiven Routinekontrolle und auf die Frage, ob [X.]h ein Unternehmer pauschal und umfassend auch im Hinblick auf die Herausgabe von Unterlagen auf sein [X.]srecht berufen könne.

2. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei unter anderem darin zu sehen, dass [X.]h das Oberlandesgericht [X.] mit den Argumenten des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt, sondern pauschal auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Bezug genommen habe.

3. Schließlich sei das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG dadurch verletzt, dass die Grundsätze der Bußgeldbemessung nicht beachtet worden seien (wird ausgeführt).

Die Verfassungsbeschwerde ist dem [X.]n Staatsministerium der Justiz sowie dem [X.] zur Stellungnahme zugestellt worden.

1. Das [X.] Staatsministerium der Justiz hat die Verfahrensakten vorgelegt und mit Schriftsatz vom 10. September 2021 dargelegt, dass es die Verfassungsbeschwerde für unbegründet hält.

a) [X.] nach § 9 Abs. 4 GGBefG stelle keine Befreiung von der Verpflichtung zur Mitteilung der Verantwortlichen im Unternehmen dar. Denn die verbleibende grundsätzliche Pflicht zur Auskunftserteilung erscheine unabdingbar für eine wirksame Kontrolle des [X.]es. Dies gelte sogar dann, wenn [X.]h der Betroffene selbst als Verantwortlicher bezeichnen müsse (unter Verweis auf [X.], Beschluss des Dreierausschusses des [X.] vom 7. September 1984 - 2 BvR 159/84 -). Bei der Beförderung gefährlicher Güter bestehe ein erhöhtes Bedürfnis, die Einhaltung der Vorschriften wirksam zu kontrollieren.

b) Auch ein Gehörsverstoß oder eine Verletzung des Willkürverbots in Bezug auf die Bußgeldbemessung lägen nicht vor (wird ausgeführt).

2. Der [X.] beim [X.] hat mit Schreiben vom 11. November 2021 Stellung genommen. Er hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig und begründet, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG rügt.

a) Der Grundsatz der [X.], wonach der Betroffene nicht gezwungen werden dürfe, durch eigene Aussagen die Voraussetzungen für die Verhängung von Sanktionen zu liefern, betreffe das Strafverfahren sowie das Ordnungswidrigkeitenverfahren und gelte in seinem Kernbereich vorbehaltslos. Auch außerhalb des Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahrens entfalte der Grundsatz der [X.] Wirkung, jedoch müssten insoweit die Interessen des Auskunftspflichtigen mit den legitimen Informationsbedürfnissen staatlicher Stellen abgewogen werden. Dies geschehe entweder durch die gesetzliche Einräumung eines [X.]srechts, soweit [X.]h der Betroffene selbst einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit bezichtigen müsste, oder bei gewichtigen, nicht anders erfüllbaren Informationsinteressen durch die Unverwertbarkeit der [X.] Auskunftserteilung in Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren. Dieser abwägungsoffene Schutz außerhalb von Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren relativiere nicht den weitergehenden, abwägungsfesten Grundrechtsschutz im Kernbereich, sondern ergänze ihn.

b) Nach diesen Maßstäben verletzten die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG.

Der Beschwerdeführer sei im (ersten) Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen der fehlenden Feuerlöschgeräte und des [X.] bereits bei Verfahrenseinleitung als Geschäftsführer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ernstlich als Täter der Ordnungswidrigkeiten in Betracht gekommen und sei spätestens ab dem 13. Juli 2015 formell als Betroffener geführt worden. Folglich sei er berechtigt gewesen, [X.]h schweigend zu verteidigen und Angaben zur Sache umfassend zu verweigern. Die Ausübung dieses Rechts dürfe nicht mit einem Bußgeld belegt werden, weil von einer solchen Sanktion eine nötigende Wirkung ausginge. In den angefochtenen Entscheidungen werde das dem Beschwerdeführer gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1, § 55 OWiG zustehende Schweigerecht vollständig übergangen.

Aus der angeführten Entscheidung des [X.] (vgl. [X.], Beschluss des Dreierausschusses des [X.] vom 7. September 1984 - 2 BvR 159/84 -) lasse [X.]h nichts Gegenteiliges entnehmen. Die Entscheidung beziehe [X.]h auf einen anders gelagerten Sachverhalt, nämlich auf die Verhängung einer Geldbuße wegen Nichtvorlage von Schaublättern und Arbeitszeitnachweisen.

Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft habe [X.]h der Beschwerdeführer hinreichend auf sein [X.]srecht berufen. Seine E-Mail vom 25. August 2015 sei eindeutig.

Soweit [X.]h der Beschwerdeführer gegen Ziffern 1 und 4 des Tenors des Urteils des [X.] vom 14. Juli 2017 sowie gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts [X.] vom 26. Juni 2018 wendet, wird die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung angenommen, da dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.]G genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]G). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]G für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des [X.] geklärt. Danach ist die Verfassungsbeschwerde insoweit zulässig und offen[X.]htlich begründet.

Der ebenfalls angegriffene Bußgeldbescheid vom 22. Februar 2016 ist demgegenüber durch die amtsgerichtliche Entscheidung prozessual überholt und die Verfassungsbeschwerde insoweit unzulässig (vgl. [X.]E 85, 97 <103 f.>; [X.]K 3, 348 <354>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 17. Januar 1996 - 2 BvR 589/92 -, juris, Rn. 11).

1. Die in Bezug auf die fachgerichtlichen Entscheidungen zulässige und annahmefähige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Das Urteil des [X.] vom 14. Juli 2017 (Ziffern 1 und 4 des Tenors) und der Beschluss des Oberlandesgerichts [X.] vom 26. Juni 2018 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf [X.] aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

a) Die Aussagefreiheit des Beschuldigten und das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung (nemo tenetur se ipsum accusare) sind notwendiger Ausdruck einer auf dem Leitgedanken der Achtung der Menschenwürde beruhenden rechtsstaatlichen Grundhaltung. Denn durch rechtlich vorgeschriebene Auskunftspflichten kann die Auskunftsperson in die Konfliktsituation geraten, [X.]h entweder selbst einer strafbaren Handlung zu bezichtigen oder durch eine Falschaussage gegebenenfalls ein neues Delikt zu begehen oder aber wegen ihres Schweigens Zwangsmitteln ausgesetzt zu werden (vgl. [X.]E 56, 37 <41>). Der Grundsatz der [X.] ist zum einen im allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie zum anderen im Rechtsstaatsprinzip verankert und wird von dem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG umfasst (vgl. [X.]E 38, 105 <113 f.>; 55, 144 <150 f.>; 56, 37 <41 ff.>; 80, 109 <119 ff.>; 95, 220 <241>; 109, 279 <324>; 110, 1 <31>; 133, 168 <201 Rn. 60>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. September 2016 - 2 BvR 890/16 -, Rn. 34 m.w.[X.]). Ein Zwang, durch [X.] Verhalten zur eigenen strafrechtlichen Verurteilung beitragen zu müssen, wäre mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar (vgl. [X.]E 80, 109 <121>; 95, 220 <241 f.>; [X.], Beschluss des [X.] vom 1. Dezember 2020 - 2 BvR 916/11 u.a. -, Rn. 190).

[X.] umfasst das Recht auf [X.] und Entschließungsfreiheit im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren. Dazu gehört, dass im Rahmen des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens niemand gezwungen werden darf, [X.]h durch seine eigene Aussage einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen. Der Beschuldigte beziehungsweise Betroffene muss frei von Zwang eigenverantwortlich entscheiden können, ob und gegebenenfalls inwieweit er mitwirkt (vgl. [X.]E 38, 105 <113>; 56, 37 <43>; 133, 168 <201 Rn. 60>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. September 2016 - 2 BvR 890/16 -, Rn. 35).

Aus der Verfassung ergibt [X.]h zwar kein ausnahmsloses Gebot, dass niemand zu Auskünften oder zu sonstigen Handlungen gezwungen werden darf, durch die er eine von ihm begangene strafbare Handlung offenbart (vgl. [X.]E 56, 37 <42, 49>; [X.]K 4, 105 <108>; 18, 144 <150>). Handelt es [X.]h um Auskünfte zur Erfüllung eines berechtigten Informationsbedürfnisses, ist der Gesetzgeber befugt, die Belange der verschiedenen Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Eine außerhalb des Strafverfahrens erzwungene Selbstbezichtigung ist aber nur dann zulässig, wenn sie mit einem strafrechtlichen Verwertungsverbot einhergeht (vgl. [X.]E 56, 37 <49 f.>; [X.]K 4, 105 <108>). Auch bloße Mitwirkungspflichten verletzen das Verbot der Selbstbelastung nicht, wenn durch sie [X.] und Zeugnisverweigerungsrechte im [X.] oder Strafverfahren nicht berührt werden (vgl. [X.]E 55, 144 <150 f.>; [X.], Beschluss des Dreierausschusses des [X.] vom 7. Dezember 1981 - 2 BvR 1172/81 -, juris, Rn. 7; Beschluss des [X.] vom 1. Dezember 2020 - 2 BvR 916/11 u.a. -, Rn. 310). Daher schützt das Verbot der Selbstbelastung nicht davor, dass Erkenntnismöglichkeiten, die den Bereich der Aussagefreiheit nicht berühren, genutzt werden und insoweit die Freiheit des Betroffenen eingeschränkt wird (vgl. [X.]E 55, 144 <151>; [X.], Beschluss des [X.] vom 1. Dezember 2020 - 2 BvR 916/11 u.a. -, Rn. 310). So betreffen gesetzliche Aufzeichnungs- und Vorlagepflichten nicht den Kernbereich der grundgesetzlichen [X.], sondern können zum Schutz von Gemeinwohlbelangen verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein (vgl. [X.]E 81, 70 <97>; [X.]K 17, 253 <264>).

Unzumutbar und mit der Würde des Menschen unvereinbar ist aber ein Zwang, durch eigene Aussagen die Voraussetzungen für eine strafgerichtliche Verurteilung oder die Verhängung entsprechender Sanktionen liefern zu müssen (vgl. [X.]E 56, 37 <49>; [X.]K 1, 156 <157>; 15, 457 <471>; 17, 253 <264>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. September 2016 - 2 BvR 890/16 -, Rn. 35). Die in den jeweiligen Prozessordnungen und sonstigen Gesetzen vorgesehenen Aussageverweigerungsrechte dienen der Verwirklichung des rechtsstaatlichen Grundsatzes, dass niemand gezwungen werden darf, gegen [X.]h selbst auszusagen (vgl. [X.], Beschluss des Dreierausschusses des [X.] vom 7. September 1984 - 2 BvR 159/84 -, [X.]).

Dies gilt sowohl für die strafprozessuale Aussagefreiheit gemäß §§ 136, 163a, 243 Abs. 5 Satz 1 StPO (vgl. [X.]E 56, 37 <43>), die gemäß § 46 Abs. 1 OWiG auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren Anwendung findet (vgl. [X.], in: [X.] Kommentar zum OWiG, 5. Aufl. 2018, § 55 Rn. 15), als auch für das in § 9 Abs. 4 GGBefG normierte [X.]srecht (vgl. Begründung des Bundesrates zum [X.] zu § 9 des Gesetzes vom 6. August 1975, zitiert aus [X.], in: [X.], 2015, Auszug aus der Loseblattsammlung Busch , Gefahrgut für die Praxis, Bd. 2, § 9, [X.]; zur ähnlich konzipierten Regelung in § 4 Abs. 4 [X.] vgl. [X.], Beschluss des Dreierausschusses des [X.] vom 7. September 1984 - 2 BvR 159/84 -, [X.]). Die in § 9 GGBefG angeordnete behördliche Überwachungsbefugnis und die entsprechenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Verantwortlichen dienen dem Schutz vor Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die von der Beförderung gefährlicher Güter ausgehen (vgl. [X.], in: [X.], 2015, Auszug aus der Loseblattsammlung Busch , Gefahrgut für die Praxis, Bd. 2, § 9, [X.] Rn. 1; vgl. auch § 1, [X.]9 Rn. 30). Um die Wirksamkeit der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten und damit der Überwachungsmaßnahmen [X.]herzustellen, ist eine Verweigerung der Auskunftserteilung und Mitwirkung grundsätzlich bußgeldbewehrt (vgl. Begründung des Bundesrates zum [X.] zu § 10 , zitiert aus: [X.], in: [X.], 2015, Auszug aus der Loseblattsammlung Busch , Gefahrgut für die Praxis, Bd. 2, § 10, [X.]). Jedoch darf der zur Auskunft Verpflichtete nach § 9 Abs. 4 GGBefG die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn oder einen nahen Angehörigen der Gefahr straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlicher Verfolgung aussetzen würde. Damit überträgt die Norm die allgemeinen prozessualen Grundsätze der Zeugenvernehmung auf das Überwachungsverfahren in Bezug auf den an [X.]h auskunftsverpflichteten Verantwortlichen nach § 9 GGBefG (vgl. [X.], in: [X.], 2015, Auszug aus der Loseblattsammlung Busch , Gefahrgut für die Praxis, Bd. 2, § 9, [X.] Rn. 15). Die Einschränkung der Auskunftspflicht bezieht [X.]h auf Verfahren wegen möglicher Verstöße bei der Beförderung gefährlicher Güter. Deshalb kann der Auskunftspflichtige eine Antwort verweigern, wenn er [X.]h dadurch der Gefahr eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach § 10 Abs. 1 GGBefG aussetzen würde (vgl. [X.], in: [X.], 2015, Auszug aus der Loseblattsammlung Busch , Gefahrgut für die Praxis, Bd. 2, § 9, [X.] Rn. 16, 18).

Nichts anderes ergibt [X.]h aus der von den Fachgerichten herangezogenen Entscheidung des [X.] vom 7. September 1984 (vgl. [X.], Beschluss des Dreierausschusses des [X.] vom 7. September 1984 - 2 BvR 159/84 -, [X.]). Zum einen betraf das damals festgesetzte Bußgeld eine verweigerte Herausgabe von Unterlagen und nicht eine verweigerte Auskunft. Gesetzliche Aufzeichnungs- und Vorlagepflichten betreffen den Kernbereich der grundgesetzlichen [X.] auch dann nicht, wenn die zu erstellenden oder vorzulegenden Unterlagen auch zur Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verwendet werden dürfen. Vielmehr können solche anderweitigen Mitwirkungspflichten nach der Rechtsprechung des [X.] namentlich zum Schutz von Gemeinwohlbelangen verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein (vgl. [X.]K 17, 253 <264>). Zum anderen bestätigt die Entscheidung das nach § 4 Abs. 4 Fahrpersonalgesetz (entspricht § 9 Abs. 4 GGBefG) bestehende Recht, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, deren Beantwortung den Betroffenen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Die weiteren Feststellungen des [X.] bezogen [X.]h auf solche Fragen, mit deren Beantwortung [X.]h der Betroffene nicht selbst belastet.

b) Im vorliegenden Verfahren verstößt die Verurteilung wegen Nichterteilung einer Auskunft gegen den Grundsatz der [X.].

Der Beschwerdeführer war aufgrund der Gefahr einer ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfolgung wegen eines vorherigen gefahrgutrechtlichen Verstoßes nicht zur Auskunft über seine Verantwortlichkeit verpflichtet. Denn das polizeiliche Auskunftsersuchen diente nicht der allgemeinen Überwachung von gefahrgutbefördernden Transportunternehmen und war damit nicht präventiv auf den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerichtet. Vielmehr verfolgte die Polizeiinspektion bereits mit dem ersten [X.] er[X.]htlich repressive Ziele, namentlich die Verfolgung von zwei zuvor begangenen Ordnungswidrigkeiten. Dies zeigt [X.]h bereits darin, dass schon das erste [X.] vom 15. Dezember 2014 eine Anlage namens "Anhörung wegen einer Ordnungswidrigkeit" enthielt, das Schreiben den Vorwurf begangener Ordnungswidrigkeiten erhob und eine Belehrung nach § 55 OWiG beigefügt war. Dieses Ordnungswidrigkeitenverfahren richtete [X.]h spätestens mit Schreiben vom 13. Juli 2015 gegen den Beschwerdeführer persönlich, als diesem ein nicht an sein Unternehmen, sondern an ihn persönlich adressiertes Schreiben zur "Anhörung des Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit" bekanntgegeben wurde, wobei die Belehrung nun mit der Belehrung zu § 55 OWiG begann. Im letzten [X.] vom 21. September 2015 teilte die Polizeiinspektion dem Beschwerdeführer mit, dass er selbst als eingetragener Geschäftsführer für die Verstöße nach dem Gefahrgutrecht angezeigt werde, sollte er nicht die [X.]alien der beauftragten [X.] mitteilen. Die Polizeiinspektion zog den Beschwerdeführer folglich nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ernstlich als Täter der verfahrensgegenständlichen Ordnungswidrigkeiten in Betracht. Darüber hinaus zeigt [X.]h der Verfolgungswille der Polizeiinspektion deutlich in der späteren Realisierung dieser Verfolgungsgefahr, als der Beschwerdeführer zeitgleich nicht nur einen Bußgeldbescheid wegen der verweigerten Auskunft, sondern auch wegen der gefahrgutrechtlichen Verstöße in Bezug auf den Feuerlöscher und das Kontrollgerät erhielt. Durch den Erlass dieses Bußgeldbescheids gab die Polizeiinspektion eindeutig zu erkennen, dass sie den Beschwerdeführer als Verantwortlichen für die gefahrgutrechtlichen Verstöße ansah. Das Verfahren gegen den Beschwerdeführer war daher von Beginn an repressiv auf die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit gerichtet, sodass der Beschwerdeführer nicht verpflichtet war, [X.]h im laufenden Ordnungswidrigkeitenverfahren durch das Eingeständnis seiner Verantwortlichkeit für die bußgeldbewehrten Verstöße gegen das [X.] selbst zu bezichtigen. Darüber hinaus war sein [X.]srecht in § 9 Abs. 4 GGBefG gesetzlich verankert.

Die Ausübung dieses Rechts darf nicht - wie hier geschehen - mit einer Geldbuße sanktioniert werden, weil hiervon eine nötigende Wirkung ausgeht und der Betroffene andernfalls gezwungen wäre, zur Vermeidung einer (weiteren) Geldbuße auf sein [X.]srecht zu verzichten.

Soweit die Generalstaatsanwaltschaft meint, der Beschwerdeführer habe [X.]h "nur" im gefahrgutrechtlichen Verfahren in Bezug auf die Feuerlöscher und das Kontrollgerät, nicht aber im auskunftsrechtlichen Verfahren ausdrücklich auf sein [X.]srecht berufen, greift dieser Einwand nicht durch. Die eindeutige Erklärung des Beschwerdeführers mit E-Mail vom 25. August 2015, von nun an im Hinblick auf sein [X.]srecht zu schweigen und keine weiteren Auskünfte mehr zu erteilen, brauchte nicht bei jedem neuen [X.] "aktualisiert" zu werden. Darüber hinaus bezog [X.]h das [X.]srecht auf den gefahrgutrechtlichen Verstoß in Bezug auf die Feuerlöscher und das Kontrollgerät. In diesem Verfahren hat der Beschwerdeführer berechtigterweise sein [X.]srecht ausgeübt.

2. Da die Verfassungsbeschwerde schon aus den oben genannten Gründen Erfolg hat, kann offenbleiben, ob die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen den Beschwerdeführer insbesondere im Hinblick auf die fehlenden ausdrücklichen Feststellungen zur Schuldform und im Hinblick auf die Bemessung der Geldbuße am äußersten Rand des [X.] auch in anderen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzen.

Das Verfahren wird an das Oberlandesgericht [X.] zurückverwiesen, da dieses trotz der seit dem 1. Februar 2019 bestehenden Zuständigkeit des [X.]n Obersten Landesgerichts für Rechtsbeschwerden gemäß Art. 12 Nr. 2 [X.] für zuvor am Oberlandesgericht [X.] anhängig gewordene Verfahren zuständig bleibt (Art. 58 Abs. 4 [X.]).

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 [X.]G. Da der nicht zur Entscheidung angenommene Teil der Verfassungsbeschwerde von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Auslagen in vollem Umfang zu erstatten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 2462/18

25.01.2022

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Bamberg, 26. Juni 2018, Az: 2 Ss OWi 321/18, Beschluss

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 9 Abs 1 GefahrgutG, § 9 Abs 4 GefahrgutG, § 10 Abs 1 GefahrgutG, § 46 Abs 1 OWiG, § 136 StPO, § 163a StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 25.01.2022, Az. 2 BvR 2462/18 (REWIS RS 2022, 1793)

Papier­fundstellen: NJW 2022, 1086 REWIS RS 2022, 1793

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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