Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2013, Az. VIII ZR 168/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7204

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 168/12
Verkündet am:

20. März 2013

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 535 Abs. 1, § 307 A, Bb
Eine
Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Mietvertrag über Wohnräume, die den Mieter verpflichtet, "keine Hunde und Katzen zu halten" ist wegen [X.] Benachteiligung des Mieters unwirksam.

[X.], Urteil vom 20. März 2013 -
VIII ZR 168/12 -
LG Essen

AG [X.]

-
2 -
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2013 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterinnen
Dr.
[X.], [X.] und [X.] sowie [X.] Bünger
für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des [X.] vom 15. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin ist eine Wohnungsbaugenossenschaft, zu deren Mitgliedern auch der Beklagte gehört. Seit dem 1. Dezember 2010 ist der Beklagte Mieter einer Wohnung der Klägerin
in G. . Die Familie des [X.] hält seit 2009 einen kleinen Hund (Shi Tzu-Malteser-Mischling
mit einer Schulterhö-he von 20 cm), der auf ärztliches Anraten für den [X.] des [X.] ange-schafft wurde. Diesen Umstand offenbarte der Beklagte vor Abschluss des [X.]. Wie die Mitarbeiter der Klägerin auf diesen Hinweis reagierten,
ist zwischen den Parteien streitig.
Der schriftliche Mietvertrag vom 30. November 2010 enthält in § 11 Abs.
3 Buchst. d folgende vorgedruckte [X.]:
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3 -
"Mit Rücksicht auf die Gesamtheit der Nutzer und im Interesse einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung des Gebäudes, des Grundstücks und der Wohnung bedarf das Mitglied der vorherigen Zustimmung der Genossenschaft, wenn es Tiere hält, soweit es sich nicht um übliche Kleintierhaltung handelt (z. B. Fische, Hamster, Vögel), es sei denn, in §
16 ist etwas anderes vereinbart."

In § 16 Satz 1 des Mietvertrags ist
unter der Überschrift "Zusätzliche Vereinbarungen"
folgende von der Klägerin bei [X.] und üblicherweise verwendete maschinenschriftliche Bestimmung [X.]:
"Das Mitglied ist verpflichtet, keine Hunde und Katzen zu halten."
Der Beklagte und seine Familie zogen mit dem Hund in die Mietwohnung ein. Störungen der Nachbarn gehen von dem Hund
nicht aus und werden auch nicht geltend gemacht. Nachdem die Klägerin von seiner
Anwesenheit in der angemieteten Wohnung erfahren hatte, forderte sie den [X.]
mit Schrei-ben vom 29. Juni 2011 auf, das Tier binnen vier Wochen abzuschaffen. Dem kam der Beklagte nicht nach; stattdessen legte er der Klägerin eine auf den 30.
Juni 2011 datierte Unterschriftenliste vor, auf der alle Mietvertragsparteien
-
mit Ausnahme eines damals [X.] -
bestätigten, dass kei-ne
Einwände gegen die Hundehaltung bestünden.
Die
Klägerin nimmt den [X.] auf Entfernung des Hundes aus der Mietwohnung und auf Unterlassung der Hundehaltung in Anspruch. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das Urteil der Vorinstanz geändert
und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die [X.] des amtsgerichtlichen Urteils.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat
keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
-
soweit für das Revisionsverfahren von Interesse -
im Wesentlichen ausgeführt:
Das Beseitigungs-
und Unterlassungsverlangen der Klägerin lasse sich nicht auf § 16 Satz 1 des Mietvertrags stützen. Bei der dort geregelten Ver-pflichtung des Mieters zur Unterlassung einer Hunde-
und Katzenhaltung han-dele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, denn die Klägerin ver-wende diese [X.] seit einigen Jahren regelmäßig. Die [X.] sei nach §
307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil
sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren sei. Nach dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs.1 BGB) hänge die
(Un-)Zulässigkeit einer Tierhaltung von einer umfassenden Abwägung der bei-derseitigen Interessen im Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten As-pekte ab.
Ein grundsätzliches Verbot der Tierhaltung sei mit diesem Grundgedan-ken nur hinsichtlich solcher
Tiere zu vereinbaren, deren Haltung -
abgesehen von höchst theoretischen Ausnahmefällen -
aus vernünftigen Gründen [X.] werden könne. Bei Hunden sei
eine solche generell und eindeutig für ein Haltungsverbot sprechende Interessenlage nicht festzustellen. Dass die [X.] nicht ausnahmslos mit der Beeinträchtigung von Interessen des Vermieters oder anderer Hausbewohner verbunden sei, zeige das Beispiel des vom [X.] gehaltenen Hundes, bei dem die Klägerin keine individuell störenden Verhaltensweisen gerügt habe. Demgegenüber seien Fälle eines 6
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gewichtigen
Mieterinteresses an der Hundehaltung vorstellbar, etwa bei auf Blindenhunde angewiesenen Mietern oder alten oder kranken Hundehaltern, die ein schon seit längerer Zeit gehaltenes, ihnen vertrautes Tier bei einem Wohnungswechsel nicht ohne die Gefahr einer Dekompensation abschaffen könnten.
§ 16 Satz 1 des Mietvertrags lasse aber selbst in solchen Fällen keinen Raum für eine Genehmigung der Hundehaltung, und zwar auch dann
nicht, wenn kein signifikantes Interesse des Vermieters an einem Haltungsverbot be-stünde. Die Klägerin behaupte nicht einmal, dass ihre Interessen oder die von ihr zu schützenden Nachbarinteressen grundsätzlich die Interessen der an einer Hunde-
und Katzenhaltung interessierten Mieter überwögen. Ihr wesentliches Interesse an einem generellen Verbot der Hunde-
und Katzenhaltung liege vielmehr darin zu verhindern, dass zahlreiche Mieter mit ähnlichen Wünschen an sie heranträten und sie infolgedessen den mit einer Interessenabwägung im Einzelfall verbundenen Verwaltungsaufwand zu bewältigen hätte. Die [X.] in § 16 Satz 1 des Mietvertrags diene damit der Vermeidung der nach dem we-sentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gebotenen Interessen-abwägung.
Im Hinblick auf das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion einer un-wirksamen [X.] könne § 16 Satz 1 des Mietvertrags nicht mit dem Inhalt auf-rechterhalten werden, dass er die Hunde-
und Katzenhaltung nur im Regelfall verbiete und in begründeten Ausnahmefällen die Erteilung einer Erlaubnis vor-behalte.

Der Beklagte sei auch nicht mit Rücksicht auf Treu und Glauben gehin-dert, sich auf die Unwirksamkeit der [X.] zu berufen. Dass er vor Abschluss des Mietvertrags versichert hätte, den Hund abzugeben, mache die Klägerin 10
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nicht geltend. Der Vertragspartner des [X.]verwenders erkläre mit seiner Unterschrift unter einen Vertrag, der eine unwirksame [X.] enthalte, grund-sätzlich auch nicht, dass er sich auf die Unwirksamkeit der [X.] nicht beru-fen werde. Im Übrigen lasse sich nicht einmal feststellen, dass der Beklagte den Mietvertrag in dem Wissen unterschrieben habe, dass die Hundehaltung nicht geduldet werde. Das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme
erlaube zwar nicht den Schluss, dass der zuständige Mitarbeiter der Klägerin den Hund habe dulden wollen. Ebenso wenig widerlege sie jedoch die gegenteilige Be-hauptung des [X.]. Die Beweislast für ein treuwidriges Verhalten des [X.] trage aber die Klägerin.
Nach der damit anwendbaren gesetzlichen Regelung sei -
wie im Übri-gen auch nach § 11 Abs. 1 Buchst. d des Mietvertrags -
dem [X.] die [X.] zu gestatten. Ob bei Abschluss des [X.] mündlich die Zustimmung zur Hundehaltung erteilt worden sei, könne offenbleiben. Jedenfalls verhielte sich die Klägerin treuwidrig, wenn sie der Haltung des ausgesprochen kleinen Hundes, von dem sich niemand gestört gefühlt und der auch nicht das Anwesen oder die Außenanlagen verunreinigt habe, ihre Zustimmung versagte.

II.
Diese Beurteilung hält
rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei Ansprüche der Klägerin auf Entfernung des vom [X.] gehaltenen Hundes aus der Mietwohnung und auf Unterlassung der Hundehaltung verneint.

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7 -
1. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, kann die Klä-gerin ihr Beseitigungs-
und Unterlassungsverlangen nicht auf das in § 16 Satz 1 des Mietvertrags geregelte Verbot der Hunde-
und Katzenhaltung stützen. Bei dieser [X.] handelt es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB. Die darin ausgesprochene generelle Untersagung der Haltung von Hunden und Katzen hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand. Sie benachteiligt den [X.] unange-messen, weil sie ihm eine Hunde-
und Katzenhaltung in jeder nur denkbaren Fallkonstellation versagt und damit zugleich gegen den wesentlichen Grundge-danken der [X.] (§ 535 Abs. 1 BGB) verstößt.

a) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Satz 1 des Mietvertrags soll die Haltung von Katzen und Hunden generell und ohne Einschränkung nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache (§ 535 Abs. 1 BGB) gehören. Die [X.]
verbietet eine Katzen-
und Hundehaltung ausnahmslos und ohne Rücksicht auf besondere Fallgestaltungen und Interessenlagen. Damit schränkt sie
die Gebrauchsbefugnis
des Mieters noch stärker ein als dies bei einer miet-vertraglichen [X.] der Fall ist, die die Haustierhaltung (mit [X.]) von einer in das freie Ermessen des Vermieters gestellten Erlaubnis abhängig macht. Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, ist schon für einen derartigen schrankenlosen Erlaubnisvorbehalt kein berechtigtes Inte-resse des Vermieters erkennbar und eine entsprechende [X.] we-gen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB unwirksam (Hinweisbeschluss des Senats vom 25. September 2012 -
VIII ZR 329/11; be-stätigt durch Senatsbeschluss vom 22. Januar 2013
-
VIII ZR 329/11, [X.], 152).
Erst recht hat dies für eine [X.] zu gelten, die -
wie hier -
die 15
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Möglichkeit einer Zustimmung des Vermieters zur Haltung von Katzen und Hunden von vornherein und kategorisch
ausschließt.
b) Der Revision ist zwar zuzugeben, dass bei einer Hunde-
und Katzen-haltung, anders als bei Kleintieren, die in geschlossenen Behältnissen gehalten werden können (vgl. Senatsurteil vom 14. November 2007 -
VIII [X.], [X.], 218 Rn. 15), eine Beeinträchtigung der Vermieterbelange oder eine Störung anderer Hausbewohner nicht grundsätzlich
ausgeschlossen werden kann. Daraus folgt aber nur, dass ein Vermieter nicht in jedem Fall verpflichtet ist, eine Hunde-
oder Katzenhaltung zu erlauben. Dagegen berechtigt die
bei Hunden und Katzen nicht generell ausschließbare Gefahr einer Beeinträchti-gung der Mietsache oder einer Störung von Nachbarn den Vermieter entgegen der Auffassung der Revision nicht
dazu, die Haltung von Hunden und Katzen im Wege eines formularmäßigen Generalverbots ohne Rücksicht auf besondere Umstände des Einzelfalls
vollständig zu untersagen.
aa) Eine unangemessene Benachteiligung des [X.] im Sinne von §
307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt schon darin begründet, dass auch evident be-rechtigte Belange des Mieters an einer entsprechenden Tierhaltung in vollem Umfang
ausgeblendet werden. Dem Mieter ist die Haltung von Hunden (und Katzen)
selbst
in besonderen Härtefällen (etwa bei einem Angewiesensein auf
einen
Blinden-, Behindertenbegleit-
oder Therapiehund)
untersagt. Weiter ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung des Mieters auch daraus, dass das Hunde-
und Katzenhaltungsverbot uneingeschränkt sogar
in den Fällen gilt, in denen auf Seiten des Vermieters kein berechtigtes Interesse an einem solchen Verbot erkennbar ist, etwa weil von den gehaltenen Tieren keine Beeinträchti-gungen der Mietsache und keine Störungen anderer Hausbewohner oder sons-tiger Nachbarn ausgehen.

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bb) Das in § 16 Satz
1 des Mietvertrags ausgesprochene Verbot der Hunde-
und Katzenhaltung benachteiligt den [X.] auch deswegen [X.], weil es
-
wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat -
dem wesentlichen Grundgedanken der [X.] nach §
535 Abs. 1 BGB
widerspricht (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Ob eine Tierhal-tung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 535 Abs.1 BGB gehört, erfordert eine umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters sowie der weiteren Beteiligten. Diese Abwägung lässt sich nicht [X.], sondern nur im Einzelfall vornehmen, weil die dabei zu berücksichtigen-den Umstände so individuell und vielgestaltig sind, dass sich jede schematische Lösung verbietet. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung und des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den [X.] sowie besondere Bedürfnisse des Mieters
(Senatsurteil vom 14. Novem-ber 2007 -
VIII [X.], aaO Rn. 19). Die [X.] in § 16 Abs. 1 des [X.] schließt dagegen losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls eine Hunde-
und Katzenhaltung abstrakt und generell aus. Sie verbietet damit eine solche Tierhaltung auch in den Fällen, in denen eine am Maßstab des §
535 Abs. 1 BGB ausgerichtete Interessenabwägung (eindeutig) zugunsten des Mieters ausfallen würde.
[X.]) Eine unangemessene Benachteiligung des [X.] wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass -
wie dies in der Revisionsbegründung anklingt
-
ein generelles formularmäßiges Verbot der Hunde-
und Katzenhaltung durch das allgemeine Rücksichtnahmegebot des § 241 Abs.
2 BGB durchbrochen werde.
Der eindeutige Wortlaut des § 16 Satz 1 des Mietvertrags lässt eine sol-che Korrekturmöglichkeit von vornherein nicht zu. Selbst wenn man dies anders 19
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sähe, wäre eine solche Deutung jedenfalls wegen der bei einer Inhaltskontrolle nach §
307 BGB maßgeblichen mieterfeindlichsten Auslegung ausgeschlossen.
[X.]) Die
Unwirksamkeit der [X.] nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr.
1 BGB hat -
anders als die Revision meint -
nicht zur Folge, dass jedermann ohne Rücksicht auf die Belange von Vermieter und Nachbarn Hunde oder [X.] halten könnte. Die Revision übersieht, dass beim Fehlen einer wirksamen mietvertraglichen Regelung die Zulässigkeit einer solchen
Tierhaltung gemäß §
535 Abs. 1 BGB von dem Ergebnis einer umfassenden Abwägung der jeweili-gen Einzelfallumstände abhängt (vgl. Senatsurteil vom
14. November 2007
-
VIII [X.], aaO).

c)
Wie das Berufungsgericht mit Recht
angenommen hat, ist der [X.] auch nicht gemäß
§ 242 BGB daran gehindert, sich auf die Unwirksamkeit des formularmäßigen Ausschlusses der Hunde-
und Katzenhaltung zu berufen.
Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass der Gegner des [X.] einer unwirksamen Vertragsklausel in aller Regel nicht schon allein [X.] das Recht verliert, sich auf deren Unwirksamkeit zu berufen, weil er den Vertrag,
ohne auf eine Streichung der [X.] zu dringen, unterzeichnet hat. Dass im Streitfall aufgrund besonderer Umstände eine andere Bewertung an-gezeigt wäre, ist nach den [X.] Feststellungen des Berufungsge-richts nicht anzunehmen.
Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass aufgrund des offen gebliebenen Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme
nicht feststeht, dass der Beklagte den Mietvertrag in dem Wissen unterschrieben hat, der Hund werde von der Klägerin nicht geduldet. Dabei
hat es zu Recht der Klägerin die Beweislast für den rechtsvernichtenden Einwand eines treuwidri-gen Verhaltens
des [X.] auferlegt (vgl. [X.], Urteile vom 27. Januar 1954 21
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-
11 -
-
VI ZR 16/53, [X.]Z 12, 154, 160; vom 31. Juni 1975 -
IV ZR 18/74, NJW 1975, 827, 829). Entgegen der Auffassung der Revision geht es hier nicht um den Nachweis einer vorrangigen Individualabrede über die Gestattung der Hun-dehaltung, für die den [X.] die Beweislast träfe. Vielmehr steht allein in Frage, ob es diesem
ausnahmsweise verwehrt ist, sich auf die Unwirksamkeit der -
mangels Nachweises einer abweichenden Individualabrede -
zur Anwen-dung gelangenden [X.] zu berufen.
2.
Folge der Unwirksamkeit des formularmäßigen Ausschlusses
der Hunde-
und Katzenhaltung, ist -
wie oben unter II 1 b [X.] ausgeführt -
die in An-wendung der gesetzlichen
Regelung
(§ 535 Abs.
1 BGB)
gebotene umfassende Abwägung der im Einzelfall konkret betroffenen Belange und Interessen der Mietvertragsparteien und anderer Hausbewohner und Nachbarn. Die formular-mäßige Regelung in § 11
Abs. 1 Buchst. d des Mietvertrags ist, was das [X.] offen gelassen hat, nicht einschlägig, weil sie
die in § 16 Satz 1 des Mietvertrags gesondert geregelte Hunde-
und Katzenhaltung ausdrücklich von ihrem
Anwendungsbereich ausnimmt.

Die Interessenabwägung des Berufungsgerichts, das eine Zustimmungs-pflicht der Klägerin zur Hundehaltung bejaht,
ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Hierbei handelt es sich um eine dem Tatrichter übertra-gene Würdigung, die vom Revisionsgericht nur eingeschränkt dahin überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht die [X.] erkannt, die tat-sächliche Wertungsgrundlage ausgeschöpft und die Denk-
und Erfahrungssätze beachtet hat (vgl. Senatsurteile vom 28.
Januar 2009 -
VIII ZR 8/08, [X.]Z 179, 289 Rn. 15; vom 8. Juni 2011
-
VIII [X.], NJW-RR 2011, 1517 Rn.
12; jeweils zu § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Einen hiernach revisionsrechtlich beachtli-chen
Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf.
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25

-
12 -
a) Die Feststellungen des Berufungsgerichts, der vom [X.] gehal-tene Mischlingshund habe weder andere Hausbewohner gestört noch das [X.] oder die Außenanlagen verunreinigt, greift die Revision nicht an. Soweit sie in Frage stellt, dass die Anschaffung des Hundes im
Hinblick auf den ge-sundheitlichen Zustand des [X.]es des [X.] medizinisch indiziert war, steht dem schon der Inhalt des von ihr selbst angeführten ärztlichen Attests entgegen.
[X.] Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt sie nicht auf. Zudem hat das Berufungsgericht bei seiner Interessenabwägung nicht entscheidend auf die Bedeutung des Hundes für den Gesundheitszustand des [X.]es des [X.] abgestellt.
b) Soweit die Revision bei der Abwägung des Berufungsgerichts schließ-lich die Berücksichtigung des Umstandes vermisst, dass ein Mieter nach § 241 Abs. 2 BGB zwar vom Vermieter Rücksichtnahme verlangen könne, hierfür aber eine auf die individuellen Umstände
und konkreten Bedingungen bezogene Klage auf Zustimmung zu der gewünschten Tierhaltung erheben müsse, geht sie von unzutreffenden rechtlichen Prämissen aus. Es trifft zwar zu, dass die Zulässigkeit der Hunde-
und Katzenhaltung in Anbetracht der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen [X.] von einer an
den Umständen des Einzelfalls ausgerichteten
Interessenabwägung abhängt, deren rechtliche Grundlage allerdings nicht in § 241 Abs. 2
BGB, sondern in der mietrechtlichen Regelung des § 535 Abs. 1 BGB zu suchen ist (vgl. Senatsurteil vom 14. No-vember 2007 -
VIII
[X.], aaO). Die
gebotene Interessenabwägung ist [X.] nicht nur im Rahmen einer vom Mieter angestrengten Klage auf Zustim-mung zur Tierhaltung, sondern auch bei einer vom Vermieter erhobenen Besei-tigungs-
und Unterlassungsklage vorzunehmen.

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13 -
3. Gehört die Hundehaltung
sonach zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache (§ 535 Abs. 1 BGB), kann die Klägerin ihr Beseitigungs-
und Unter-lassungsbegehren auch nicht auf § 1004 Abs. 1 BGB stützen. Ein solcher An-spruch ist nach § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
[X.]
Dr. [X.]
[X.]

[X.]
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 16.11.2011 -
28 C 374/11 -

LG Essen, Entscheidung vom 15.05.2012 -
15 [X.] -

28

Meta

VIII ZR 168/12

20.03.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2013, Az. VIII ZR 168/12 (REWIS RS 2013, 7204)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7204

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 168/12

VIII ZR 329/11

VIII ZR 226/09

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