Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2008, Az. I ZR 197/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1244

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 197/06 Verkündet am: 23. Oktober 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja
Sammelmitgliedschaft VI UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2 a) Für die Prüfung der Klagebefugnis eines Verbandes, der sich gegen die Werbung eines bestimmten Unternehmens wendet, ist es unerheblich, ob es sich bei der beanstandeten Werbung um eine [X.] mit Unternehmen handelt, die in anderen räumlich relevanten Märkten tätig sind; der maßgebliche räumliche Markt wird allein durch die Geschäftstätig-keit des beklagten Unternehmens bestimmt. b) Für die Frage, ob die Mitglieder eines Verbandes als Unternehmen - bezo-gen auf den maßgeblichen Markt - in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob den Verbandsmitgliedern nach Anzahl, Bedeutung oder Umsatz im Verhältnis zu allen auf diesem Markt tä-tigen Unternehmen eine repräsentative Stellung zukommt (im [X.] an [X.], [X.]. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, [X.], 804, 805 f. = [X.], 1034 - [X.]). [X.], [X.]. v. 23. Oktober 2008 - I ZR 197/06 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 23. Oktober 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 17. Oktober 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Beklagte betreibt in [X.] einen Fachmarkt für elektrische und elektronische Geräte. Sie warb zusammen mit zum selben Konzern [X.] in [X.], [X.] und [X.] am 30. Januar 2002 in einer Zeitungsbeilage für einen Camcorder. Der Kläger, der [X.] im Wettbewerb, [X.], hält diese Anzeige für wettbewerbswidrig, weil das Gerät nicht als Auslaufmodell gekennzeichnet war. Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und zur Zahlung von Abmahnkosten verurteilt. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht die Klagebefugnis des [X.] verneint und die Klage abgewiesen. Der [X.] hat dieses [X.]eil aufgehoben, weil die Gesellschafter der [X.] entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei Beurtei- lung der Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu berücksichtigen seien ([X.], [X.]. v. 18.3.2006 - I ZR 103/03, [X.], 610 = [X.], 778 - Sammelmitgliedschaft IV). 2 Nach Zurückverweisung hat das Berufungsgericht die Klage erneut als unzulässig abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom [X.] zugelassenen Revision. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel [X.]. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat die Klagebefugnis erneut verneint, weil dem Kläger keine erhebliche Zahl von Unternehmen angehöre, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die [X.] vertrieben. Zur Begründung hat es ausgeführt: 4 Wegen der Reichweite der beanstandeten Werbung seien in den räum-lich relevanten Markt neben [X.] und Umgebung auch der Raum [X.] 5 - 4 - sowie, weil die Beklagte mit der [X.] auch Beihilfe zur wett-bewerbswidrigen Werbung ihrer Schwestergesellschaften leiste, die Umgebung von [X.], [X.] und [X.] einzubeziehen. Sachlich sei der Markt auf die Branche der Unterhaltungselektronik (insbesondere Foto, Film) beschränkt. Auf dem so abgegrenzten Markt vertrete der Kläger auch unter Einbeziehung der Gesellschafter der [X.] lediglich die Interessen von 21 Unternehmen. Angesichts der Fläche und der erheblichen Bevölkerungszahl des fraglichen Raums, die auf eine Vielzahl von Betrieben in der relevanten Branche schließen lasse, sei diese Anzahl von Unternehmen für sich allein zur Bejahung der Klagebefugnis zu gering. Zur Bedeutung und zum Umsatz seiner mittelbaren und unmittelbaren Mitglieder habe der Kläger nichts ausgeführt. I[X.] Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das [X.] hat das Kriterium der "erheblichen Zahl von Unternehmen, die Wa-ren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben" (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.), fehlerhaft [X.]. 6 1. Den sachlich relevanten Markt hat das Berufungsgericht zwar zutref-fend auf die Branche der Unterhaltungselektronik (insbesondere Foto, Film) beschränkt. Die Abgrenzung des räumlich relevanten Markts hält aber revisi-onsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit es die Umgebung von [X.], [X.] und [X.] einbezogen hat. Es gibt keinen Anhalts-punkt dafür, dass die Beklagte den beworbenen Camcorder auch in der Umge-bung von [X.], [X.] und [X.] und damit in Gebieten [X.] konnte, in denen die anderen an der beanstandeten Werbung beteiligten M. -Märkte ansässig sind. 7 - 5 - Der Kläger wendet sich nur gegen die Werbung der [X.], die ihren Fachmarkt in [X.] betreibt. Zur Bestimmung des für die Prüfung der Klage-befugnis räumlich relevanten Marktes kommt es allein auf die Geschäftstätigkeit der [X.] an (vgl. [X.], [X.]. v. 5.6.1997 - I ZR 69/95, [X.], 489, 491 = [X.], 42 - Unbestimmter Unterlassungsantrag III; [X.]. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, [X.], 619, 620 = [X.], 517 - Orient-Teppichmuster; [X.]. v. 5.10.2000 - I ZR 237/98, [X.], 260, 261 = [X.], 148 - Vielfachabmahner). Das Berufungsgericht hat - von den Parteien unbeanstandet - angenommen, dass ein Interessent, der sich für den Besuch eines M. -Marktes entscheide, im Allgemeinen den nächstgelegenen Markt aufsuchen werde und dass es jedenfalls hinsichtlich der Waren, die Gegen-stand der beanstandeten Werbung gewesen seien, keinen nennenswerten Wettbewerb unter den verschiedenen M. -Märkten gebe, wenn diese Waren - wie im Streitfall - von den in der Anzeige genannten Märkten zum selben Preis beworben würden; ein etwa in der Nähe des M. -Marktes [X.] wohnen- der Verbraucher werde sich daher nicht zu der [X.] begeben. Diese Beur-teilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 8 Für die Prüfung der Klagebefugnis ist unerheblich, ob sich an der bean-standeten Werbung auch in anderen räumlich relevanten Märkten tätige Unter-nehmen beteiligen. Eine an sich bestehende Klagebefugnis kann nicht deshalb entfallen, weil das wettbewerbswidrig werbende Unternehmen die Werbung gemeinsam mit in anderen räumlich relevanten Märkten tätigen Unternehmen durchführt. Das werbende Unternehmen hätte es sonst in der Hand, die Klage-befugnis von Verbänden durch [X.] zu beseitigen, obwohl die durch seine Werbung eintretende Beeinträchtigung wettbewerblich ge-schützter Interessen nicht davon abhängt, ob eine individuelle oder eine Ge-meinschaftswerbung vorliegt. 9 - 6 - Demgegenüber konnte das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdi-gung den [X.]er Bereich, aus dem kein M. -Markt an der Gemein- schaftswerbung teilgenommen hat, in den räumlich relevanten Markt [X.]. 10 2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts verfügt der Kläger nach seinem Vortrag im Raum [X.]/[X.] über eine für die Klagebefugnis ausreichende Zahl von Mitgliedern. Der Kläger hat danach in diesem relevanten Raum ein unmittelbares Mitglied und - vermittelt über die [X.] - acht mittelbare Mitglieder. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass diese Gesamtzahl von neun Mitgliedern angesichts der hohen [X.] des fraglichen Gebiets und der daraus zu schließenden Anzahl von Betrieben nicht für die Klagebefugnis ausreiche. 11 Erheblich i.S. des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) ist die Zahl der Mitglieder des Verbands auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmen - bezogen auf den maßgeblichen Markt - in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des [X.] ausgeschlossen werden kann. Wie der [X.] nach Erlass des zweiten Berufungsurteils klargestellt hat, kann dies auch schon bei einer geringen Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein ([X.], [X.]. [X.], [X.], 809 [X.]. 15 = [X.], 1088 - [X.]; [X.]. v. 16.11.2006 - I ZR 218/03, [X.], 610 [X.]. 18 = [X.], 778 - Sammelmitgliedschaft V). Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen ande-ren auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind, kommt es nicht ent-scheidend an ([X.] [X.], 809 [X.]. 15 - Krankenhauswerbung). Dies [X.] - 7 - gibt sich schon daraus, dass andernfalls die Klagebefugnis von Verbänden auf oligopolistischen Märkten unangemessen eingeschränkt würde. Anders als das Berufungsgericht meint, ist die Gesamtzahl der in der Branche tätigen Unter-nehmen und deren Marktbedeutung daher nicht von entscheidender Bedeu-tung. Ebenso wenig brauchte der Kläger zu Bedeutung und Umsatz seiner (mit-telbaren oder unmittelbaren) Mitglieder vorzutragen. Dem Zweck des Gesetzes, die Klagebefugnis der Verbände auf Fälle zu beschränken, die die Interessen einer erheblichen Zahl von verbandsangehörigen Wettbewerbern berühren, wird schon dann hinreichend Rechnung getragen, wenn im Wege des [X.] festgestellt werden kann, dass es dem Verband bei der betreffenden Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte [X.] Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht ([X.], [X.]. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, [X.], 804 = [X.], 1034 - [X.]). Nach diesen Grundsätzen kann die Klagebefugnis des [X.], dem - unmittelbar oder mittelbar - acht oder neun auf dem sachlich und räumlich re-levanten Markt tätige Mitglieder angehören, nicht verneint werden. 13 II[X.] Danach ist das angefochtene [X.]eil aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Verbandsklagebefugnis muss sowohl im Zeitpunkt der beanstandeten [X.] als auch bei der letzten 14 - 8 - mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren gegeben sein. Sollte sich der Vortrag des [X.] zu seinen Mitgliedern als richtig erweisen, wird das [X.] im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob die beanstandete Werbung der [X.] irreführend ist. Bornkamm Büscher Schaffert
[X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom [X.]/02 - [X.], Entscheidung vom 17.10.2006 - [X.]

Meta

I ZR 197/06

23.10.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2008, Az. I ZR 197/06 (REWIS RS 2008, 1244)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1244

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