Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2005, Az. I ZB 45/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 770

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[X.] vom 17. November 2005 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja
ZPO § 885 Der Gläubiger kann die Zwangsvollstreckung nach § 885 ZPO auf eine Heraus-gabe der Wohnung beschränken, wenn er an sämtlichen in den Räumen [X.] Gegenständen ein Vermieterpfandrecht geltend macht. Auch wenn in einem solchen Fall Streit zwischen den Parteien des [X.] nach § 885 ZPO darüber besteht, ob alle beweglichen Sachen des Schuldners von dem Vermieterpfandrecht erfasst werden, hat der Gerichtsvollzieher nicht eine Räumung der Wohnung nach § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO vorzunehmen. [X.], [X.]. v. 17. November 2005 - [X.]/05 - [X.] - 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat am 17. November 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers werden die [X.]üsse des [X.] vom 7. Dezember 2004 und des [X.] vom 13. April 2005 aufgehoben. [X.] wird angewiesen, die Vollstreckung der Herausgabe der Wohnung [X.]

in [X.], 4. [X.] schoss links, nicht von der Zahlung des für den Abtransport gel-tend gemachten Kostenvorschusses von 3.000 • abhängig zu ma-chen. Die Kosten der Erinnerung und der Rechtsmittelverfahren haben die [X.] zu tragen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 3.000 • festgesetzt. - 3 - Gründe: 1 I. Die [X.] sind aufgrund des Versäumnisurteils des [X.] vom 17. August 2004 verurteilt, die Wohnung [X.] in [X.] im 4. Obergeschoss links zu räumen und geräumt an den Gläubiger [X.]. Mit Schreiben vom 30. August 2004 erteilte der Gläubiger der [X.]in zunächst einen Auftrag zur [X.]. In dem Schreiben wies er darauf hin, dass er an sämtlichen in der [X.] befindlichen Gegenständen der [X.] ein Vermieterpfandrecht geltend gemacht habe und dem Abtransport der Sachen widerspreche. Den [X.] beschränkte der Gläubiger mit Schreiben vom 15. September 2004 auf eine Herausgabe der Wohnung. Die Ausführung auch dieses Auftrags machte die Gerichtsvollzieherin von der Zahlung eines Vor-schusses von 3.000 • für die Vollstreckungskosten abhängig, die nach ihrer Ansicht auch die Kosten für den erforderlichen Abtransport derjenigen [X.] umfassten, die wegen der Unpfändbarkeit nicht dem Vermieterpfandrecht unterlägen. 2 Dagegen hat der Gläubiger Erinnerung eingelegt, mit der er geltend ge-macht hat, der Kostenvorschuss sei im Hinblick auf die ausschließlich in Auftrag gegebene [X.] zu hoch bemessen. 3 Das Amtsgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde des Gläubigers zurückgewiesen. Hiergegen rich-tet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Gläubigers. 4 - 4 - [X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen [X.]üsse des [X.] und des [X.]s Berlin und zur Anweisung der Gerichtsvollzieherin, die beantragte [X.] nicht von der Zahlung eines die Kosten des [X.] der beweglichen Sachen der [X.] umfassenden Vorschusses abhängig zu machen. 5 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung [X.]: 6 [X.] sei nicht anzuweisen, die [X.] durchzuführen. Eine isolierte [X.] sei gesetzlich nicht vorgesehen. Sie liefe dem Herausgabeanspruch des Schuldners nach § 885 Abs. 3 Satz 2 ZPO zuwider. In § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO sei vorgesehen, dass der Gerichtsvollzieher die Fortschaffung der dort genannten Sachen zu veranlassen und unpfändbare Sachen ohne weiteres an den Schuldner auf dessen Verlangen herauszugeben habe. Der Gerichtsvollzieher habe zu prüfen, auf welche Sachen sich das Vermieterpfandrecht erstrecke, und diese Sachen in der Wohnung zu belassen, während er die unpfändbaren Sachen einzulagern und gegebenenfalls an den Schuldner herauszugeben habe. Dieser [X.] werde vereitelt, wenn der Gerichtsvollzieher sämt-liche Sachen in der Wohnung belassen müsse. Nach der Lebenserfahrung be-fänden sich in fast jeder Wohnung Sachen, die wegen Unpfändbarkeit von dem Vermieterpfandrecht nicht betroffen seien. Deshalb habe die Gerichtsvollziehe-rin zu Recht die durch die Räumung mit Hilfe eines Transportunternehmens entstehenden Kosten bei der Bestimmung der Höhe des Vorschusses berück-sichtigt. 7 - 5 - 2. Der von der Gerichtsvollzieherin bestimmte Kostenvorschuss über 3.000 • ist zu hoch bemessen, weil er die Kosten für die Räumung der [X.] durch Entfernung der beweglichen Sachen der [X.] umfasst, obwohl der Gläubiger die Zwangsvollstreckung zulässigerweise auf eine Her-ausgabe der Wohnräume beschränkt hat. 8 Die Frage, ob der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach § 885 ZPO auf eine Herausgabe der Wohnung beschränken kann, wenn er an sämtlichen in den Räumen befindlichen Gegenständen ein Vermieterpfandrecht geltend macht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. 9 Teilweise wird die Ansicht vertreten, der Gerichtsvollzieher brauche die Räumung beweglicher Sachen aus der Wohnung nur dann nicht vorzunehmen, wenn zwischen den Beteiligten unstreitig sei, dass die in Rede stehenden be-weglichen Sachen vom Vermieterpfandrecht erfasst würden, während der [X.] die Räumung derjenigen beweglichen Sachen nach § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO vorzunehmen habe, auf die sich das Vermieterpfandrecht (unstreitig) nicht beziehe oder bei denen diese Frage umstritten sei (LG Frank-furt a.M. [X.] 1983, 173; [X.]/Lauterbach/[X.], ZPO, 63. Aufl., § 885 [X.]. 19; Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 885 [X.]. 17; [X.]/ [X.]/[X.], ZPO, 3. Aufl., § 885 [X.]. 7 f.; vgl. auch [X.] [X.] 1984, 79). 10 Vereinzelt wird angenommen, der Gerichtsvollzieher habe bei der [X.] nach § 885 ZPO neben der [X.] auch die [X.] vorzunehmen und im Falle der Geltendmachung eines Vermieterpfandrechts die Sachen in entsprechender Anwendung des § 815 ZPO in Gewahrsam zu nehmen und nach § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO zu verfahren. [X.] Sachen habe der Gerichtsvollzieher nach Prüfung an den [X.] - 6 - ner gemäß § 885 Abs. 3 Satz 2 ZPO herauszugeben ([X.]ZPO/ Schilken, 2. Aufl., § 885 [X.]. 23; für eine Prüfungspflicht des [X.] auch: [X.] 1982, 1028, 1029). 12 Überwiegend wird davon ausgegangen, der Gläubiger könne den Auftrag zur Zwangsvollstreckung nach § 885 ZPO auf die Herausgabe beschränken, wenn er sich auf ein Vermieterpfandrecht an den beweglichen, in der Wohnung befindlichen Gegenständen berufe. Der Gerichtsvollzieher habe in diesem Fall die Sachen des Schuldners in der Wohnung zu belassen, auch wenn zwischen den Parteien des [X.] umstritten sei, ob dadurch der Pfändung nicht unterworfene Gegenstände des Schuldners in der Wohnung verblieben (vgl. [X.] [X.] 1977, 89, 90; [X.] [X.] 1984, 31; [X.] [X.] 1991, 156; [X.] [X.] 1996, 75; AK-ZPO/[X.], § 885 [X.]. 9; Walker in [X.]/Walker, Vollstreckung und vor-läufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 885 ZPO [X.]. 15; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 885 [X.]. 29; [X.]/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 885 [X.]. 20; [X.], [X.] 1982, 984, 986; ders. [X.] 1982, 73, 74). 3. Nach der Rechtsprechung des [X.] kann der Auftrag zur Zwangsvollstreckung nach § 885 ZPO vom Gläubiger insoweit beschränkt werden, als ansonsten Gegenstände mit zu entfernen wären, an denen ein Vermieterpfandrecht geltend gemacht wird (vgl. [X.], [X.]. v. 14.2.2003 - [X.], [X.] 2003, 88 = [X.]Report 2003, 707). Das [X.] ist vorrangig gegenüber der in § 885 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 ZPO be-stimmten Entfernung der beweglichen Sachen zu berücksichtigen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind. Der Vermieter darf bei Auszug des Mieters die dem Pfandrecht unterliegenden Sachen in seinen Besitz nehmen (§ 562b Abs. 1 Satz 2 [X.]). Zudem muss der Vermieter der Entfernung wider-sprechen, soll das Vermieterpfandrecht nicht nach § 562a [X.] erlöschen. 13 - 7 - 14 Eine Prüfung, ob die bei Durchführung der [X.] in der Wohnung befindlichen Gegenstände vom Vermieterpfandrecht erfasst wer-den, hat der Gerichtsvollzieher regelmäßig nicht vorzunehmen. Der [X.] ist als Vollstreckungsorgan grundsätzlich nicht zuständig, materiell-rechtliche Ansprüche der Parteien im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu klä-ren. Dies gilt auch für die Frage, ob die in Rede stehenden Gegenstände wegen Unpfändbarkeit nach § 562 Abs. 1 Satz 2 [X.] dem Vermieterpfandrecht nicht unterliegen. Dieser Umstand gehört ebenfalls zur Beurteilung der Grenzen des Vermieterpfandrechts, über den bei Streit der Parteien die Gerichte und nicht die [X.] zu entscheiden haben. Schutzwürdige Belange des Vollstreckungsschuldners werden hierdurch nicht in einem Ausmaß betroffen, dass von einer auf die Herausgabe begrenz-ten Zwangsvollstreckung abzusehen ist, wenn ein Vermieterpfandrecht geltend gemacht wird. Anstelle der in § 885 Abs. 3 Satz 1 ZPO bestimmten Unterbrin-gung der beweglichen Sachen des Schuldners durch den Gerichtsvollzieher hat der Gläubiger die in der Wohnung verbliebenen Sachen zu verwahren, §§ 1215, 1257 [X.] (vgl. [X.][X.], 4. Aufl., § 562b [X.]. 6; [X.]/ [X.], [X.], 64. Aufl., § 562b [X.]. 6). Auf Verlangen des Schuldners hat er die dem Vermieterpfandrecht nicht unterliegenden Sachen herauszugeben. Kommt der Gläubiger diesen Pflichten nicht nach, macht er sich nach näherer Maßgabe des § 280 Abs. 1 [X.] und des § 823 Abs. 1 [X.] schadensersatz-pflichtig. Zudem kann der Schuldner auf Herausgabe der unpfändbaren beweg-lichen Sachen klagen und zur einstweiligen Regelung der Besitzverhältnisse vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 935 ff. ZPO in Anspruch nehmen. 15 Darüber hinaus kann der Gerichtsvollzieher nach § 765a Abs. 2 ZPO die auf die Herausgabe der Wohnung beschränkte Vollstreckung nach § 885 Abs. 1 16 - 8 - ZPO für die Dauer einer Woche aufschieben, wenn der Schuldner glaubhaft macht, dass die Vollstreckungsmaßnahme gemäß § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO mit den guten Sitten nicht vereinbar ist und die rechtzeitige Anrufung des [X.]sgerichts nicht möglich war. Dies kann etwa in Betracht kommen, wenn ansonsten in der herauszugebenden Wohnung bewegliche Sachen des Schuldners verbleiben würden, die offensichtlich unpfändbar sind, und er glaubhaft macht, nicht in der Lage gewesen zu sein, für ihre Entfernung und Unterbringung zu sorgen. 4. Für die ausschließlich auf Herausgabe gerichtete Zwangsvollstre-ckung, zu deren isolierter Durchführung die Gerichtsvollzieherin verpflichtet ist, kann sie einen Vorschuss für Kosten des [X.] der Möbel nicht verlan-gen. 17 - 9 - 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. 18 [X.] Büscher

Schaffert Bergmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.12.2004 - 34 M 8102/04 - [X.], Entscheidung vom 13.04.2005 - 81 [X.]/05 -

Meta

I ZB 45/05

17.11.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2005, Az. I ZB 45/05 (REWIS RS 2005, 770)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 770

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I ZB 78/11 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Rechtsschutzbedürfnis bei Herausgabevollstreckung; Berücksichtigung eines nachträglich geschlossenen mietzinsfreien Mietvertrages mit Verwandten


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