Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.02.2010, Az. 4 ARs 16/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 9201

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Gegenstand

Zulässigkeit der Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen bei verjährungsunterbrechender Handlung im Ausland


Tenor

Die Sache wird an das [X.] zurückgegeben.

Gründe

I.

1

Die Republik [X.] hat der [X.] einen [X.] Haftbefehl des [X.] vom 19. November 2007 übermittelt und um die Auslieferung des [X.] Staatsangehörigen M. zum Zwecke der Strafverfolgung ersucht. Diesem werden drei am 22. November 2000 in [X.] begangene Straftaten zur Last gelegt, nämlich zwei Eigentumsdelikte (Unterschlagungen) gemäß Art. 284 § 2 sowie ein Betrug gemäß Art. 286 § 1 des [X.] Strafgesetzbuches. Die Strafverfolgung wegen dieser Taten verjährt nach [X.] Recht am 22. November 2020 bzw. am 22. November 2025. Nach [X.] Recht trat - da hier verjährungsunterbrechende Maßnahmen nicht ergriffen wurden - Verfolgungsverjährung im November 2005 ein.

2

Auf Antrag des Generalstaatsanwalts ordnete das [X.] am 15. Juli 2008 die Auslieferungshaft gegen den Verfolgten an. Zur Begründung führte es unter anderem aus, dass durch den Haftbefehl des Amtsgerichts [X.] vom 12. Februar 2003 „rechtzeitig eine Unterbrechung der Verfolgungsverjährung im Sinne des [X.] Strafrechts bewirkt worden“ sei.

3

Der Verfolgte wurde am 9. Februar 2009 in anderer Sache festgenommen. Am 4. März 2009 wurde ihm der [X.] bekannt gegeben und er wurde richterlich vernommen; einer vereinfachten Auslieferung nach [X.] hat er nicht zugestimmt.

4

Am 30. März 2009 hob das [X.] den Haftbefehl auf, weil es die Auslieferung des Verfolgten nach § 9 Nr. 2 [X.] wegen der in [X.] eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht (mehr) für zulässig erachtete. Auf diese Vorschrift seien die vom [X.] in der Entscheidung vom 26. Juli 1984 - 4 ARs 8/84 (BGHSt 33, 26) entwickelten Grundsätze, wonach im Anwendungsbereich von Art. 10 des [X.] vom 13. Dezember 1957 ([X.]) die Auslieferung zur Strafverfolgung zulässig sei, wenn die Tat zwar im Inland verjährt sei, die Strafverfolgungsbehörden des ersuchenden Staates aber Maßnahmen getroffen hätten, die ihrer Art nach geeignet wären, die Verjährung nach [X.] Rechtsvorschriften zu unterbrechen, wegen der gebotenen grundrechtsschonenden Auslegung nicht übertragbar. § 9 Nr. 2 [X.] werde auch nicht von Art. 10 [X.] i.V.m. Art. 4 des Vertrages zwischen der [X.] und der Republik [X.] über die Ergänzung des [X.] vom 13. Dezember 1957 und die Erleichterung seiner Anwendung vom 17. Juli 2003 (PL-ErgV [X.]) verdrängt, da diese Verträge auf die Auslieferung [X.] Staatsangehöriger nicht anwendbar seien (vgl. BGHSt 52, 191).

5

Das [X.] hat dem [X.] durch [X.]uss vom 6. April 2009 folgende Rechtsfrage wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung vorgelegt:

“Ist die Auslieferung eines [X.] Staatsangehörigen aufgrund eines [X.] Haftbefehls an die Republik [X.] - zur Strafverfolgung wegen in [X.] begangener Straftaten, die nach [X.] Recht verjährt wären und für die wegen der [X.] Staatsangehörigkeit des Verdächtigten auch die [X.] Gerichtsbarkeit begründet ist - auch dann unzulässig, wenn in der Republik [X.] Handlungen vorgenommen worden sind, die ihrer Art nach geeignet wären, die Verjährung nach [X.] Rechtsvorschriften zu unterbrechen?“

6

Das [X.] hat zu der Vorlage Stellung genommen. Es hält die Auslieferung für zulässig und ist der Ansicht, dass bei der Prüfung von § 9 Nr. 2 [X.] die verjährungsunterbrechenden Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden sowohl des ersuchten als auch des ersuchenden Staates in Betracht zu ziehen seien.

7

Der [X.] hat - mit derselben Begründung - beantragt zu beschließen:

“Die Auslieferung eines [X.] Staatsangehörigen an die Republik [X.] aufgrund eines [X.] Haftbefehls - zur Strafverfolgung wegen in [X.] begangener Straftaten, für die auch die [X.] Gerichtsbarkeit begründet ist und die nach [X.] Recht verjährt sind - ist zulässig, wenn in [X.] Handlungen vorgenommen worden sind, die ihrer Art nach geeignet wären, die Verjährung nach [X.] Rechtsvorschriften zu unterbrechen.“

II.

8

Die Sache ist an das [X.] zurückzugeben, weil die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 [X.] nicht (mehr) gegeben sind. Denn die vom [X.] vorgelegte Rechtsfrage ist durch den [X.]. des [X.] vom 3. September 2009 (2 BvR 1826/09) mit - auch für das vorlegende [X.] - bindender Wirkung geklärt und daher nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. Senat, [X.]. vom 13. Oktober 1983 - 4 ARs 17/83).

9

1. Das [X.] hat in diesem (Kammer-)[X.]uss einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die unter anderem dagegen gerichtet war, dass das [X.] München die Auslieferung eines (auch) [X.] Staatsangehörigen aufgrund eines [X.] Haftbefehls nach [X.] für zulässig erklärt und die Fortdauer der Auslieferungshaft angeordnet hat, obwohl die ihm vorgeworfenen Straftaten nach [X.] Recht verjährt waren. Das [X.] München stützte seine Entscheidung darauf, dass die [X.] Behörden Maßnahmen getroffen hatten, die ihrer Art nach geeignet waren, die Verjährung nach [X.] Recht zu unterbrechen. Das [X.] hat diesen [X.]uss aufgehoben und zur Begründung ausgeführt:

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 16 Abs. 2 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.] liegen vor.

Der [X.]uss des [X.]s München vom 10. August 2009 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip in der Ausprägung als Bestimmtheitsgebot. Eine Auslegung von § 9 Nr. 2 [X.] in der Weise, dass bei konkurrierender Gerichtsbarkeit die Auslieferung [X.] zur Strafverfolgung auch dann zulässig ist, wenn die Tat im Inland wegen Verfolgungsverjährung nicht mehr geahndet werden kann, die Strafverfolgungsbehörden des ersuchenden Staates jedoch Handlungen vorgenommen haben, die „ihrer Art nach“ geeignet wären, die Verjährung nach [X.] Rechtsvorschriften zu unterbrechen, ist unvereinbar mit Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG.

Deutsche Staatsangehörige sind durch das Grundrecht aus Art. 16 Abs. 2 GG vor Auslieferung geschützt ([X.] 113, 273 <292>). Das Verbot der Auslieferung (Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG) ist ebenso wie das damit in Zusammenhang stehende Verbot der Ausbürgerung (Art. 16 Abs. 1 GG) nicht nur Ausdruck staatlich beanspruchter Verantwortlichkeit für die eigenen Staatsangehörigen, sondern beide Verbote sind als Freiheitsrechte gewährleistet ([X.] 113, 273 <293>). Der qualifizierte Gesetzesvorbehalt, der nach dem zweiten Satz dieser Vorschrift durch Gesetz für bestimmte Fälle eine Einschränkung des Grundrechts erlaubt, ändert nichts daran, dass das Grundrecht, das die Staatsangehörigkeit und den Verbleib in der eigenen Rechtsordnung garantiert, einen hohen Rang hat ([X.] 113, 273 <294>).

Der Zweck des Freiheitsrechts auf Auslieferungsschutz liegt dabei nicht darin, den Betroffenen einer gerechten Bestrafung zu entziehen ([X.] 29, 183 <193>; 113, 273 <293>). Vielmehr sollen Bürger nicht gegen ihren Willen aus der ihnen vertrauten Rechtsordnung entfernt werden. Jeder Staatsangehörige soll - soweit er sich im Staatsgebiet aufhält - vor den Unsicherheiten einer Aburteilung unter einem ihm fremden Rechtssystem und in für ihn schwer durchschaubaren fremden Verhältnissen bewahrt werden ([X.] 29, 183 <193>; 113, 273 <293>). Damit das Auslieferungsverbot dabei nicht zu einem Freibrief für kriminelles Handeln eigener Staatsangehöriger im Ausland wird und um der mit dem Schutzversprechen einhergehenden Verantwortung für deren Handeln gerecht zu werden, erstreckt sich die Strafgewalt der [X.] grundsätzlich auch auf Straftaten im Ausland (vgl. §§ 5 ff. [X.] und § 1 V[X.]).

Überdies gewährleistet Art. 16 GG nach der Rechtsprechung des [X.] als Grundrecht mit seinem [X.] die besondere Verbindung der Bürger zu der von ihnen getragenen freiheitlichen Rechtsordnung. Der Beziehung des Bürgers zu einem freiheitlichen [X.] Gemeinwesen entspricht es, dass der Bürger von dieser Vereinigung grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann ([X.] 113, 273 <294>).

Diese Grundsätze haben alle Stellen [X.] Staatsgewalt - auch im Bereich der Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den [X.] Haftbefehl - zu beachten.

So war der Gesetzgeber bei Erlass des Umsetzungsgesetzes zum Rahmenbeschluss verpflichtet, das Ziel des Rahmenbeschlusses in der Weise umzusetzen, dass die dabei unumgängliche Einschränkung des Grundrechts auf Auslieferungsfreiheit verhältnismäßig ist. Insbesondere hatte der Gesetzgeber über die Beachtung der Wesensgehaltsgarantie hinaus dafür Sorge zu tragen, dass der Eingriff in den Schutzbereich des Art. 16 Abs. 2 GG schonend erfolgt. Dabei musste er insbesondere beachten, dass mit dem Auslieferungsverbot gerade auch die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für den von einer Auslieferung betroffenen [X.] gewahrt werden. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist wesentliche Voraussetzung für Freiheit, das heißt für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seine Umsetzung ([X.] 113, 273 <301 f.>).

Gleiche Bindungen bestehen aber auch für Exekutive und Judikative. Sie aktualisieren sich unter anderem dann, wenn auf der Grundlage eines grundrechtseinschränkenden Gesetzes im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG in das Grundrecht aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG eingegriffen werden soll.

Jede Anforderung, die an grundrechtseinschränkende Gesetze im Allgemeinen gestellt wird, muss auch - und gerade - im Kontext des Schutzes vor Auslieferungen gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG gewahrt sein. So verdrängt die besondere im Wortlaut des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG genannte Schranke nicht die für jedes grundrechtseinschränkende Gesetz bestehenden Grenzen der Verfassung. Jedes einschränkende Gesetz muss daher seinerseits allen verfassungsrechtlichen Bindungen entsprechen, darf keine Kollisionen mit anderen Verfassungsbestimmungen hinnehmen und muss unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den Eingriff schonend ausgestalten ([X.] 113, 273 <299 f.>). Zu den Anforderungen an Grundrechtsbeschränkungen in diesem Sinne zählt namentlich das [X.], das in der Rechtsprechung des [X.] seit langem als wesentlicher rechtsstaatlicher Bestandteil der Rechtssicherheit im Sinne einer Vorhersehbarkeit von (insbesondere belastenden) Rechtsfolgen für den Grundrechtsträger anerkannt ist.

Ausdrücklich mit Blick auf den [X.] Haftbefehl hat das [X.] die Einhaltung des verfassungsrechtlichen Gebotes der Bestimmtheit von grundrechtseinschränkenden Gesetzen angemahnt. Danach muss der Gesetzgeber die Vollstreckungsbehörde mit rechtsstaatlich bestimmten Tatbeständen zumindest in den Stand setzen, das insoweit geschützte Vertrauen seiner Staatsangehörigen in die [X.] Rechtsordnung im Einzelfall entsprechend dieser verfassungsrechtlichen Grundsätze zu gewichten, sofern er auf der Grundlage des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG den Auslieferungsschutz [X.] in verfassungsgemäßer Weise einschränken will ([X.] 113, 273 <308>). Die allgemeine Bindung des Richters an Grundrechte in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 1 Abs. 3 GG) allein genügt diesen Anforderungen an ein grundrechtsbeschränkendes Gesetz nicht.

Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslieferung [X.] sowie die Grundsätze der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gebieten es vielmehr, dass jedes Ausführungsgesetz zu Art. 16 Abs. 2 GG aus sich heraus verständlich ist und die Auslieferungsentscheidungen hinreichend vorherbestimmt. In jedem Fall bedarf die verfassungsrechtlich gebotene Konkretisierung einer Abbildung im Gesetzestext ([X.] 113, 273 <315 f.>). Denn neben der verfahrensrechtlichen Absicherung der Grundrechtssphäre des Bürgers dienen Bestimmtheit und Klarheit von Normen dazu, die Verwaltung zu binden und ihr Verhalten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß zu begrenzen ([X.] 56, 1 <12>; stRspr). Die Entscheidung über die Grenzen der Freiheit des Bürgers wird nur bei hinreichender Gesetzesklarheit nicht einseitig in das Ermessen der Verwaltung gestellt ([X.] 78, 214 <226>); Normenbestimmtheit und Normenklarheit versetzen die Gerichte erst in die Lage, die Verwaltung anhand rechtlicher Maßstäbe zu kontrollieren. Umgekehrt beeinträchtigen etwaige Mängel hinreichender Normenbestimmtheit und -klarheit insbesondere die Beachtung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots ([X.] 114, 1 <53 f.>; 118, 168 <186 f.>; 120, 274 <316>; 120, 378 <407 f.>).

Die Bestimmtheitsanforderungen gelten gerade auch im Falle von Verweisungsketten (vgl. dazu [X.] 110, 33 <63 f.>; 118, 168 <192>) beziehungsweise bei der Regelung einer Materie durch das Zusammenspiel von Normen (vgl. dazu [X.] 108, 52 <75>; 110, 33 <53 f.>) wie vorliegend durch die Anwendbarkeit von § 9 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit § 78c [X.].

An diesen Maßstäben gemessen, beruhen Auslegung und Anwendung von § 9 Nr. 2 [X.] durch das [X.] München auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Art. 16 Abs. 2 GG, insbesondere vom Umfang dessen Schutzbereichs.

§ 9 Nr. 2 [X.] bestimmt:

Ist für die Tat auch die [X.] Gerichtsbarkeit begründet, so ist die Auslieferung nicht zulässig, wenn [...], die Verfolgung oder Vollstreckung nach [X.] Recht verjährt oder auf Grund eines [X.] Straffreiheitsgesetzes ausgeschlossen ist.

Die Auslegung von § 9 Nr. 2 [X.] in der Weise, dass bei konkurrierender Gerichtsbarkeit die Auslieferung [X.] zur Strafverfolgung auch dann zulässig sei, wenn die Tat im Inland wegen Verfolgungsverjährung nicht mehr geahndet werden kann, die Strafverfolgungsbehörden des ersuchenden Staates jedoch Handlungen vorgenommen haben, die „ihrer Art nach“ geeignet wären, die Verjährung nach [X.] Rechtsvorschriften zu unterbrechen, berücksichtigt die Tragweite des Grundrechts nicht hinreichend und greift unverhältnismäßig in die Auslieferungsfreiheit nach Art. 16 Abs. 2 GG ein.

Dabei kann offen bleiben, ob - jedenfalls bei Auslieferung [X.] - die Auslegung des § 9 Nr. 2 [X.] durch das [X.] München sogar das Willkürverbot berührt.

Die Auslegungsproblematik resultiert im vorliegenden Fall aus der Heranziehung einer Rechtsprechung des [X.]s (BGHSt 33, 26 ff.) zu Art. 10 [X.] im Rahmen der Auslegung von § 9 Nr. 2 [X.] (siehe dazu [X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.] (Hrsg.), Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, Kommentar, 3. Auflage, [X.], Loseblatt , § 9 Rn. 66). Art. 10 [X.] hat folgenden Wortlaut:

Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn nach den Rechtsvorschriften des ersuchenden oder des ersuchten Staates die Strafverfolgung oder Strafvollstreckung verjährt ist.

[X.] problematisch ist die Übertragung der Rechtsprechung zu Art. 10 [X.] auf § 9 Nr. 2 [X.] erstens deswegen, weil der [X.] seinerzeit ausdrücklich die Gültigkeit seiner Überlegungen für die ähnliche Bestimmung in § 9 Nr. 2 [X.] offen ließ (BGHSt 33, 26 <28 f.>), weil - zweitens - der Wortlaut von Art. 10 [X.] nicht übereinstimmt mit § 9 Nr. 2 [X.] und - drittens - deswegen, weil die Regelung in Art. 10 [X.] nach damaliger Verfassungslage gar nicht die Auslieferung von [X.] betraf.

Verfassungsrechtlich problematisch in einer Weise, die jedenfalls in die Nähe des [X.] gerät, ist die Annahme des [X.]s München, dass

keine Gründe ersichtlich [seien], weshalb diese Grundsätze der Rechtsprechung des [X.]es nicht auch auf den Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses des Rates über den [X.] Haftbefehl vom 13. Juni 2002 beziehungsweise das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen anwendbar wären.

Diese Ausführungen legen es nahe, dass das [X.] München die veränderte [X.] mit der nunmehr nur ausnahmsweise möglichen Auslieferung auch [X.] Staatsangehöriger im Rahmen der grundrechtlichen Vorgabe des Art. 16 Abs. 2 GG in neuer Gestalt nicht für die Auslegung der Norm berücksichtigt hat. Ebenfalls nicht berücksichtigt werden die Grundsätze der Entscheidung des [X.] vom 18. Juli 2005 zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den [X.] Haftbefehl, namentlich die dort entwickelten Anforderungen an die innerstaatlichen Vorschriften zum [X.] Haftbefehl beziehungsweise zu deren Anwendung.

Die entscheidend veränderte verfassungsrechtliche Rahmensituation wird nicht nur nicht aufgegriffen, sondern durch das [X.] München sogar in ihr Gegenteil verkehrt, wenn das Gericht auch im Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses des Rates über den [X.] Haftbefehl es als maßgeblich hervorhebt, dass es „Sinn und Zweck [sei], den Auslieferungsverkehr zwischen den Vertragsstaaten zu erleichtern“. Diese einseitig auslieferungsfreundliche Deutung übersieht den aus dem Statusrecht als [X.] folgenden Schutzanspruch der Grundrechtsträger, der im Rahmen einer stets erforderlichen Abwägung als eigenständiger [X.] mit dem grenzüberschreitenden [X.] Strafverfolgungsinteresse in Ausgleich gebracht werden muss (vgl. dazu [X.] 113, 273 <307>).

Ungeachtet dieses (möglichen) [X.] verkennt das [X.] München im Zuge seiner Auslegung von § 9 Nr. 2 [X.] jedenfalls Inhalt und Tragweite von Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG. Der [X.]uss wird insoweit dem hohen Rang des betroffenen Grundrechts nicht gerecht, weil er die gesteigerten verfassungsrechtlichen Anforderungen unterschreitet, die angesichts der Schwere der grundrechtlichen Beeinträchtigung im Falle einer Auslieferung an die Vorhersehbarkeit verfassungskonformer Grundrechtsbeeinträchtigungen zu stellen sind. Die Auslegung von § 9 Nr. 2 [X.], die das [X.] München vornimmt, führt im Zusammenspiel mit § 78c [X.] sowie durch die spezifische Kombination mit den jeweils in Bezug genommenen Hoheitsakten ausländischer Strafverfolgungsbehörden zu verfassungsrechtlich nicht hinreichend vorhersehbaren Eingriffen in das Grundrecht auf Auslieferungsfreiheit gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG. Beeinträchtigt wird die Vorhersehbarkeit des [X.] insbesondere durch die so erforderlich gewordenen Ausführungen zum ausländischen Prozessrecht. Die verfahrensrechtliche Abhängigkeit einer Auslieferung von Akten ausländischer Hoheitsträger, deren Funktionsäquivalenz trotz des generellen Vertrauens in die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze durch Mitgliedstaaten der [X.] Union für alle Beteiligten nur wenig verlässlich ermittelbar ist, konfrontiert den von einer Auslieferung betroffenen Grundrechtsträger mit nicht hinreichend vorhersehbaren Rechtsfolgen.

Die sogenannte Substitution ist zwar nicht generell verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt (1). Die bei der Suche nach [X.] in fremden Rechtsordnungen regelmäßig entstehenden Übersetzungs-, Einordnungs- und Bewertungsfragen (vgl. [X.], in: [X.] Kommentar zum [X.], 4. Auflage 2006, Einleitung, Rn. 614) sind aber als verfassungskonforme Beschränkungen von Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG nicht hinnehmbar (2), sie genügen nicht dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG.

Die Auslegung von § 9 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit § 78c [X.] (sogenannte Substitution) ist eine dogmatische Besonderheit, die ihrer Art nach jedoch nicht einmalig in der [X.] Rechtsordnung ist. Der Begriff der Substitution bezeichnet grundsätzlich die Ersetzung eines inländischen durch einen ausländischen ([X.]. Anlass dafür ist stets, dass Rechtsnormen auf [X.] Bezug nehmen, ohne klar zu entscheiden, ob darunter auch sogenannte fremdrechtliche Vorgänge zu verstehen sind ([X.], in: [X.] Kommentar zum [X.], 4. Auflage 2006, Einleitung, Rn. 614). Das Problem der Substitution wird daher meist im Kontext von [X.] Konstellationen diskutiert (vgl. nur [X.], 1 <6> m.w.[X.]; [X.], in: [X.], [X.], 68. Auflage 2009, Einleitung Art. 3 EG[X.], Rn. 31). Verbreitet wird dort von einem Grundsatz der Nichtanerkennung und erst recht des [X.] ausländischer Verwaltungsakte ausgegangen, doch lockert sich diese Haltung im jüngeren Schrifttum auf. Substitution ist für sich betrachtet jedoch kein Gegenstand des Internationalen Privatrechts, sondern kann prinzipiell in allen Rechtsgebieten auftreten (so ausdrücklich [X.], in: [X.] Kommentar zum [X.], 4. Auflage 2006, Einleitung, Rn. 618). Allgemein verbirgt sich dahinter jeweils das Problem der Gleichwertigkeit fremder [X.].

Nach herrschender Auffassung im einschlägigen Schrifttum handelt es sich bei Fragen der Substitution stets um einen Aspekt der Auslegung der betreffenden [X.], die bisweilen erleichtert wird, wenn der Gesetzgeber selbst entsprechende Anweisungen erläutert (vgl. m.w.[X.] [X.], in: [X.] Kommentar zum [X.], 4. Auflage 2006, Einleitung, Rn. 614). Derartige Hinweise des Gesetzgebers sind selten, eines der wenigen Gegenbeispiele liefert § 34 Abs. 1 SGB I. Typische Auslegungsprobleme der Sachnorm sind in diesem Zusammenhang etwa die Frage, ob Gleichartigkeit der fremden Rechtserscheinung erforderlich ist oder ob Ähnlichkeit in den wesentlichen Punkten genügt (vgl. [X.], 1 <6>). Ist einer Sachnorm nichts Besonderes zu entnehmen, wird häufig als Faustregel auf Funktionsäquivalenz abgestellt.

Im Rahmen von § 9 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit § 78c [X.] genügt die vom [X.] München vorgenommene Substitution nicht den Anforderungen des Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG. Die unzuverlässige und mit Unsicherheiten behaftete Ermittlung funktionsäquivalenter Unterbrechungstatbestände bietet jedenfalls im [X.] verfahrensrechtlichen Kontext der Auslieferung [X.] Staatsangehöriger keine hinreichende Vorhersehbarkeit der Grundrechtsbeeinträchtigungen.

Der angegriffene [X.]uss des [X.]s München enthält erhebliche Unwägbarkeiten bei der Bestimmung von [X.]: so muss das [X.] mit Art. 31 Abs. 2 (gemeint ist wohl: Art. 31 § 2) eine Bestimmung der [X.] Strafprozessordnung heranziehen, um das Handeln der [X.] Behörden überhaupt im richtigen normativen Kontext erfassen zu können, wobei der fremdsprachliche Kontext hinzutritt; denn die von den [X.] Behörden vorgelegten Schriftstücke lassen nach Auffassung des [X.]s München nicht eindeutig erkennen, ob der Beschwerdeführer als „Zeuge“ oder aber als „Beschuldigter“ von den [X.] Behörden geführt wurde.

Diese grundrechtsrelevanten Unsicherheiten, die durch die Substitution entstehen, hat das [X.] München „sehenden Auges“ hingenommen, ohne die Notwendigkeit der Substitution im Lichte von Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG kritisch zu hinterfragen. Dabei hätte insbesondere der Vorlagebeschluss des [X.]s Oldenburg ([X.], NJW 2009, [X.]) vom 6. April 2009 einen Anlass geben müssen, sich mit den grundrechtlichen Aspekten verjährungsunterbrechender Substitution zu befassen; in diesem [X.]uss legte das [X.] dem [X.] gemäß § 42 Abs. 1 [X.] die folgende Rechtsfrage vor:

Ist die Auslieferung eines [X.] Staatsangehörigen aufgrund eines [X.] Haftbefehls an die Republik [X.] - zur Strafverfolgung wegen in [X.] begangener Straftaten, die nach [X.] Recht verjährt wären und für die wegen der [X.] Staatsangehörigkeit des Verdächtigten auch die [X.] Gerichtsbarkeit begründet ist - auch dann unzulässig, wenn in der Republik [X.] Handlungen vorgenommen worden sind, die ihrer Art nach geeignet wären, die Verjährung nach [X.] Rechtsvorschriften zu unterbrechen?

An die dabei zentrale Aussage des [X.]s Oldenburg ([X.], NJW 2009, S. 2320 <2321>),

vor dem Hintergrund der […] grundrechtsschonenden Auslegung der Vorschriften kommt nach Auffassung des Senats eine Auslegung dahingehend, dass die [X.] Haftbefehle auch die [X.] Verjährung unterbrochen haben, nicht in Betracht. Die praktischen Erwägungen, die von [X.] in seinem Aufsatz schildert, vermögen daran nichts zu ändern,

knüpft das [X.] München in seinem [X.]uss inhaltlich nicht an, sondern beschränkt sich ausschließlich auf die Diskussionen von Fragen der formellen Bindungswirkung (§ 42 Abs. 1 [X.]).

Für die Beurteilung der am verfassungsrechtlichen Maßstab gemessen mangelnden Vorhersehbarkeit der „funktionsäquivalenten Unterbrechungstatbestände“ ist unerheblich, ob der Gesetzgeber - was vorliegend dahinstehen kann - bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses zum [X.] Haftbefehl an der Rechtsprechung des [X.]s zu § 9 Nr. 2 [X.] aus dem [X.] festhalten wollte (vgl. zum Willen des historischen Gesetzgebers [X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.] (Hrsg.), Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, Kommentar, 3. Auflage, [X.], Loseblatt , § 9 Rn. 68). Denn dieser mögliche Wille des Gesetzgebers hätte mit hinreichender Deutlichkeit in der gesetzlichen Grundlage Ausdruck finden müssen; insbesondere hätten dafür die relevanten Tatbestände ausländischer Vollstreckungsbehörden in nachvollziehbarer Weise sichtbar werden müssen. Nur unter diesen qualifizierten Voraussetzungen an die Nachvollziehbarkeit des [X.] kann der Forderung des [X.] nachgekommen werden, dass die verfassungsrechtlich gebotene Konkretisierung einer „Abbildung im Gesetzestext“ ([X.] 113, 273 <315 f.>) bedarf.

Aus dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der [X.] justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ergibt sich nichts anderes. Denn namentlich der Rahmenbeschluss über den [X.] Haftbefehl eröffnet in Art. 4 Nr. 4 die Möglichkeit einer Auslieferungsverweigerung für den Fall der „Verjährung nach den Rechtsvorschriften des [X.]“. Jedenfalls können die Zugeständnisse im Rahmen der gegenseitigen Anerkennung nicht weiter gehen, als dies die grundrechtlichen Spielräume bei der Auslieferung [X.] Staatsangehöriger zulassen (vgl. auch [X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.] (Hrsg.), Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, Kommentar, 3. Auflage, [X.], Loseblatt , § 9 Rn. 84).

Eine verfassungskonforme Auslegung von § 9 Nr. 2 [X.] setzt in Konstellationen der Auslieferung [X.] Staatsangehöriger notwendigerweise voraus, dass lediglich inländische Unterbrechungstatbestände anerkannt werden können, um zu hinreichend voraussehbaren Rechtsfolgen für die von Auslieferung betroffenen [X.] Staatsangehörigen zu gelangen.

Die Bewilligungsentscheidung der [X.] vom 12. August 2009 verletzt den Beschwerdeführer insofern in seinem Grundrecht aus Art. 16 Abs. 2 GG als sie die bereits durch den [X.]uss des [X.]s München vom 10. August 2009 eingetretene Grundrechtsverletzung bestätigt und vertieft.

In einer weiteren Entscheidung - im selben Auslieferungsverfahren - vom 9. Oktober 2009 (2 BvR 2115/09) hat das [X.] erneut die Entscheidungen des [X.]s München und der [X.] betreffend die Auslieferung des Beschwerdeführers nach [X.] aufgehoben und dabei ausgeführt:

Die mögliche Verfolgungsverjährung ist ein zentraler Aspekt des vorliegenden [X.]. Daneben war sie bereits Gegenstand der erfolgreichen Verfassungsbeschwerde gegen die vorangegangene Auslieferungsentscheidung des [X.]s München ([X.]. 2 BvR 1826/09). Auch die Generalstaatsanwaltschaft argumentierte im Hinblick auf die jetzt angegriffene zweite Auslieferungsentscheidung noch in ihrem Antrag vom 4. August 2009 zur Beurteilung der Strafverfolgungsverjährung nach [X.] Recht so, dass die Verjährung durch Handlungen der [X.] Strafverfolgungsbehörden, namentlich die Anordnung der Vernehmung beziehungsweise die erste Vernehmung am 18. April 2008, unterbrochen worden sei. Denn die Auslieferung sei auch dann zulässig, wenn die Tat im Inland zwar nicht mehr geahndet werden könne, die Strafverfolgungsbehörden des ersuchenden Staates jedoch Handlungen vorgenommen hätten, die ihrer Art nach geeignet seien, die Verjährung nach [X.] Rechtsvorschriften zu unterbrechen. Demgemäß sei der in dem [X.] Haftbefehl vom 29. Juni 2009 erhobene Betrugsvorwurf, wenn man auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 19. Mai 2003 abstelle, noch nicht verjährt. Diese Argumentation der Generalstaatsanwaltschaft hat das [X.] in seinem [X.]uss vom 3. September 2009 ([X.]. 2 BvR 1826/09) für verfassungsrechtlich unhaltbar erklärt.

2. An diese Entscheidungen sind die Gerichte gemäß § 31 Abs. 1 [X.] gebunden.

a) Die einer Verfassungsbeschwerde stattgebende [X.] nach § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.] ist eine Sachentscheidung und damit eine Entscheidung im Sinne des § 31 Abs. 1 [X.] ([X.] in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.] [X.] 29. Aufl. 2009 § 31 [X.]. 84 m.w.[X.]; [X.]/[X.] Verfassungsprozessrecht 2. Aufl. [X.]. 1321). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 93c Abs. 1 Satz 2 [X.], wonach der [X.]uss einer Kammer der Entscheidung eines Senats des [X.] gleichsteht. Auch der Gesetzgeber ging davon aus, dass § 31 Abs. 1 [X.] - sofern die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen - für die Entscheidungen einer Kammer des [X.] ebenfalls gilt (BT-Drucks. 10/2951, S. 12; zur Gesetzesgeschichte auch [X.] NVwZ 2000, 1364, 1366 m.w.[X.]). Dementsprechend nimmt das [X.] selbst an, dass eine stattgebende [X.] der Entscheidung eines Senats auch im Hinblick auf die Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 [X.] gleichstehe ([X.], [X.]üsse der [X.] des 1. Senats vom 27. Januar 2006 - 1 BvQ 4/06, [X.], 586, 588, und  der [X.] des 2. Senats vom 5. Dezember 2005 - 2 BvR 1964/05, [X.], 672, 674 m.w.[X.]).

Soweit der 3. Strafsenat des [X.]s in seinem Urteil vom 7. Februar 2006 (3 [X.]) die Auffassung vertreten hat, dass eine über den Einzelfall hinausgehende Bindungswirkung einer stattgebenden [X.] nicht zukomme, wenn sie nicht auf einer vorangehenden Senatsentscheidung beruhe, kann dahinstehen, ob dem zu folgen ist. Denn der [X.]uss des [X.] vom 3. September 2009 stützt sich auf die Entscheidung des 2. Senats dieses Gerichts vom 18. Juli 2005 (2 BvR 2236/04, [X.] 113, 273, 292 ff.).

b) Die Ausführungen des [X.] in seinem [X.]uss vom 3. September 2009 werden von der Bindungswirkung gemäß § 31 Abs. 1 [X.] auch erfasst. Denn diese betrifft nicht nur den Tenor, sondern auch die die Entscheidung tragenden Gründe ([X.], [X.]uss der [X.] des 2. Senats vom 5. Dezember 2005 - 2 BvR 1964/05, [X.], 672, 674 m.w.[X.]; [X.]/[X.] a.a.O. [X.]. 1323 ff; [X.] in [X.]/[X.]/Dollinger [X.] 2. Aufl. § 31 [X.]. 59 ff; a.[X.] in v. Mangoldt/[X.]/[X.], [X.] Grundgesetz 4. Aufl. 2001, Band 3 Art. 94 Abs. 2 [X.]. 32).

Dabei sind die den Tenor tragenden Entscheidungsgründe jene Rechtssätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfällt. Nicht tragend sind dagegen bei Gelegenheit der Entscheidung gemachte Rechtsausführungen, die außerhalb des [X.] stehen. Bei der Beurteilung, ob ein tragender Grund vorliegt, ist von der niedergelegten Begründung in ihrem objektiven Gehalt auszugehen (zum Ganzen: [X.], [X.]uss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99, [X.], 1191, 1192 m.w.[X.]).

Auf dieser Grundlage steht außer Zweifel, dass insbesondere die Ausführungen des [X.] in dem [X.]uss vom 3. September 2009 (vgl. oben Seite 5/6):

Eine Auslegung von § 9 Nr. 2 [X.] in der Weise, dass bei konkurrierender Gerichtsbarkeit die Auslieferung [X.] zur Strafverfolgung auch dann zulässig ist, wenn die Tat im Inland wegen Verfolgungsverjährung nicht mehr geahndet werden kann, die Strafverfolgungsbehörden des ersuchenden Staates jedoch Handlungen vorgenommen haben, die „ihrer Art nach“ geeignet wären, die Verjährung nach [X.] Rechtsvorschriften zu unterbrechen, ist unvereinbar mit Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG.

dem den Tenor dieses [X.]usses tragenden Teil der Entscheidung zuzuordnen sind.

3. Die Vorlage ist auch nicht etwa deshalb zulässig, weil sich das [X.] auch mit der Anwendbarkeit des [X.] vom 13. Dezember 1957 auseinandergesetzt und die Ansicht vertreten hat, dass diese noch nicht “verbindlich geklärt“ sei. Zum einen hat der [X.] in seiner Entscheidung vom 12. August 2008 (Rechtssache [X.]/08, Goicoechea, NJW 2009, 657) hierzu Stellung genommen. Zum anderen betrifft die Entscheidung des Senats vom 26. Juli 1984 zu Art. 10 [X.] (BGHSt 33, 26), auf die das [X.] verweist, die Auslieferung eines [X.] Staatsangehörigen. Da Art. 10 [X.] nach Ansicht des vorlegenden [X.]s auf einen [X.] Staatsangehörigen nicht anwendbar ist, kommt es auf seine daran anknüpfenden Erwägungen zur Zulässigkeit der Vorlage nicht an.

4. Der Senat ist auch nicht gehalten, im Hinblick auf Art. 12 EGV bzw. Art. 18 AEUV eine Entscheidung des [X.] Gerichtshofs zur Auslegung von § 9 Nr. 2 [X.] - insbesondere dazu, ob bei dessen Anwendung nach der Staatsangehörigkeit des Verfolgten unterschieden werden darf - zu erholen. Denn Rückschlüsse darauf, ob die Auslieferung eines Verfolgten mit anderer Staatsangehörigkeit in Fällen der vorliegenden Art erlaubt ist, lassen sich aus der Entscheidung des [X.] nicht ziehen.

Tepperwien                                    Maatz                                     Solin-Stojanović

                              Franke                                   Mutzbauer

Meta

4 ARs 16/09

18.02.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 6. April 2009, Az: Ausl 33/08, Beschluss

§ 9 Nr 2 IRG, § 42 Abs 1 IRG, Art 16 Abs 2 S 1 GG, Art 4 EuAuslfÜbkErgVtr POL, Art 10 EUAuslÜbk

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.02.2010, Az. 4 ARs 16/09 (REWIS RS 2010, 9201)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9201

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Referenzen
Wird zitiert von

4 ARs 16/09

Zitiert

2 BvR 2236/04

2 BvR 2194/99

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