Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.05.2011, Az. XII ZB 440/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6299

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Gegenstand

Betreuervergütung: Abrechnungszeitraum nach einem Betreuerwechsel


Leitsatz

Nach einem Betreuerwechsel beginnt der Abrechnungszeitraum für die Betreuervergütung des § 9 Satz 1 VBVG mit der Wirksamkeit der Bestellung des neuen Betreuers .

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des [X.] (Oder) vom 24. August 2010 aufgehoben.

Unter Abänderung des Beschlusses des [X.] vom 19. Juli 2010 wird die Vergütung des Beteiligten zu 1. für die Tätigkeit der Mitarbeiterin [X.] für den Zeitraum vom 27. Juni 2009 bis 26. Dezember 2009 auf 629,20 € festgesetzt.

[X.]: 74,80 €

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 2. September 2008 wurde für den Betroffenen eine Betreuung eingerichtet. Nach der aufgrund seines Wohnsitzwechsels erfolgten Übernahme des Verfahrens hat das nunmehr zuständige Amtsgericht mit Beschluss vom 25. Juni 2009, dessen sofortige Wirksamkeit zum 26. Juni 2009 angeordnet wurde, den bisherigen Betreuer entlassen und die dem Beteiligten zu 1., einem Betreuungsverein, angehörende Frau [X.] zur Betreuerin bestellt.

2

Am 23. Februar 2010 hat der Beteiligte zu 1. die Festsetzung der Vergütung für die Tätigkeiten der Betreuerin im [X.]raum vom 27. Juni 2009 bis 26. Dezember 2009 in Höhe von 629,20 € beantragt. Nachdem das Amtsgericht dem Beteiligten zu 1. mitgeteilt hatte, dass lediglich eine Vergütung für die Betreuungszeit vom 27. Juni 2009 bis zum 2. Dezember 2009 in Höhe von 554,40 € angewiesen worden sei, weil das Betreuungs- und Vergütungsjahr eingehalten werden müsse, hat der Beteiligte zu 1. die gerichtliche Festsetzung der Vergütung beantragt. Mit Beschluss vom 19. Juli 2010 hat das Amtsgericht unter Beibehaltung seiner Rechtsauffassung die Vergütung für die [X.] vom 27. Juni 2009 bis zum 2. Dezember 2009 auf den bereits ausgezahlten Betrag festgesetzt.

3

Die vom Amtsgericht zugelassene Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen diese Entscheidung hatte keinen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1. seinen Festsetzungsantrag in vollem Umfang weiter.

II.

4

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§ 70 Abs. 1 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.

5

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und unter Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung zur Festsetzung der Vergütung in der von dem Beteiligten zu 1. beantragten Höhe.

6

a) Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass es bei einem [X.] zweckmäßig sei, Betreuungs- und [X.] (§ 9 [X.]) zur Deckung zu bringen. Daher sei für die Vergütungsabrechnung des neu bestellten Betreuers neben § 9 [X.] auch § 5 Abs. 4 Satz 2 [X.] zu beachten. Ein [X.] führe nicht zu einem Neubeginn der Berechnung des [X.]. Entscheidend für die Abrechnungsfrist sei allein der [X.]punkt der erstmaligen Bestellung eines Betreuers. Damit sei lediglich einmal eine Rumpfberechnung erforderlich. Danach liefen die [X.] auch für den neu bestellten Betreuer parallel zum Betreuungsjahr. Mit der Zugrundelegung des [X.] anstelle des Kalenderjahres sei sichergestellt, dass nicht regelmäßig zu denselben Stichtagen Abrechnungen anfielen und der damit verbundene Arbeitsanfall bei Gericht deren Bescheidung verzögere. Da die Betreuung am 2. September 2009 eingerichtet worden sei, könne der Beteiligte zu 1. mit dem am 23. Februar 2010 gestellten Antrag nur die Tätigkeiten für den [X.]raum vom 27. Juni 2009 bis zum 2. Dezember 2009 abrechnen.

7

b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 1. mit dem am 23. Februar 2010 gestellten Antrag eine Vergütung nur für den [X.]raum vom 27. Juni 2009 bis 2. Dezember 2009 verlangen kann.

8

aa) Nach § 9 Satz 1 [X.] kann ein Betreuer die Vergütung nach Ablauf von jeweils drei Monaten für diesen [X.]raum geltend machen. Dies bedeutet, dass der Vergütungsanspruch erstmals drei Monate nach der Wirksamkeit der Bestellung des Betreuers und danach nur alle weitere drei Monate geltend gemacht werden kann (HK-BUR/[X.]/[X.] [2005] § 9 [X.] Rn. 12; [X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 9 [X.] Rn. 1; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2. Aufl. § 9 [X.] Rn. 7; [X.]/[X.] BGB 70. Aufl. [Anhang zu § 1836] § 9 [X.] Rn. 2; [X.]/[X.] Die Vergütung des Betreuers 5. Aufl. Rn. 1686).

9

Umstritten ist, ob nach einem [X.] für den neu bestellten Betreuer eine eigene Abrechnungsfrist nach § 9 Satz 1 [X.] läuft oder dieser in die laufenden Abrechnungsfristen seines Vorgängers eintritt. Teilweise wird die Auffassung vertreten, der neu bestellte Betreuer müsse den Dreimonatsrhythmus des vorherigen Betreuers fortsetzen (HK-BUR/[X.]/[X.] [2005] § 9 [X.] Rn. 28). Nach anderer Auffassung soll für den Nachfolger mit dessen Bestellung ein neues [X.] beginnen ([X.]/[X.] 5. Aufl. § 5 [X.] Rn. 39; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 9 [X.] Rn. 9; [X.] Betreuungsrecht 2005 Rn. 339). Nach Auffassung des Senats ist der letztgenannten Meinung der Vorzug zu geben.

bb) Dem Wortlaut des § 9 Satz 1 [X.] lässt sich nicht entnehmen, dass der Abrechnungszeitraum ausschließlich mit der erstmaligen Bestellung eines Betreuers zu laufen beginnt. Die Vorschrift regelt nur, dass ein Betreuer für die Abrechnung seiner Vergütung einen Abrechnungsrhythmus von jeweils drei Monaten einhalten muss. Dabei unterscheidet § 9 Satz 1 [X.] nicht danach, ob es sich um die mit der Errichtung der Betreuung verbundene erstmalige Betreuerbestellung handelt oder um eine solche, die aufgrund eines späteren [X.]s erfolgt ist.

cc) Müsste der neu bestellte Betreuer den Abrechnungsrhythmus seines Vorgängers fortsetzen, wäre allerdings sein erster Abrechnungszeitraum in der Regel kürzer als drei Monate, so dass die Frist des § 9 Satz 1 [X.] nicht gewahrt wäre (vgl. [X.]/[X.] 5. Aufl. § 5 [X.] Rn. 39).

Durch die Vorschrift soll erreicht werden, dass ein Berufsbetreuer, dem eine Pauschalvergütung nach §§ 4, 5 [X.] zusteht, oder ein Betreuungsverein, der eine solche Pauschale für die Tätigkeit des Vereinsbetreuers verlangen kann (§ 7 Abs. 1 [X.]), nur in einem regelmäßigen Abstand von drei Monaten einen Vergütungsantrag stellen kann (Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2. Aufl. § 9 [X.] Rn. 1; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 9 [X.] Rn. 1), um den damit verbundenen Verwaltungsaufwand für die Gerichte möglichst gering zu halten (vgl. BT-Drucks. 15/2494 S. 36; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2. Aufl. § 9 [X.] Rn. 1). Wortlaut und Zweck der Vorschrift gebieten eine strikte Einhaltung des vorgeschriebenen Abrechnungszeitraums. Daher kann der Vergütungsanspruch grundsätzlich nicht in kürzeren Abständen geltend gemacht werden ([X.]/[X.] 5. Aufl. § 9 [X.] Rn. 9; [X.] BtPrax 2006, 184, 185). Die mit der Regelung verfolgte Absicht, den Abrechnungsaufwand bei Berufsbetreuungen für die Gerichte zu erleichtern, wird auch dann gewahrt, wenn nach einem [X.] für den neu bestellten Betreuer ein eigener Abrechnungsrhythmus beginnt. § 9 Satz 1 [X.] verhindert, dass ein Betreuer beliebig oft Vergütungsansprüche geltend macht. Die Arbeitsersparnis für die Gerichte besteht deshalb darin, während eines laufenden Betreuungsverfahrens nur alle drei Monate eine Auszahlungsanordnung erlassen oder die Vergütung des [X.] festsetzen zu müssen (Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2. Aufl. § 9 [X.] Rn. 5). Da sich der Abrechnungszeitraum aufgrund der Regelung des § 9 Satz 1 [X.] nicht nach Kalendermonaten, sondern nach Abrechnungsmonaten bestimmt, wird der Anfall von [X.] zudem zeitlich verteilt (Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2. Aufl. § 9 [X.] Rn. 5), wodurch eine weitere Arbeitserleichterung für die Gerichte erreicht wird. Diese Wirkungen bleiben indes erhalten, wenn nach einem [X.] für den neu bestellten Betreuer ein eigener Abrechnungsrhythmus beginnt. Auch dieser muss den Abrechnungsrhythmus wahren und kann daher seine Vergütungsansprüche ebenfalls nur im Abstand von drei Monaten geltend machen. Ein erhöhter Abrechnungsaufwand entsteht bei einem [X.] nur dadurch, dass - einmalig - die Vergütung sowohl für den ausscheidenden Betreuer als auch für dessen Nachfolger bearbeitet werden muss. Zwar könnte bei einer Fortwirkung des Abrechnungsrhythmus möglicherweise gleichzeitig über den abschließenden Vergütungsanspruch des alten und den - ersten - Vergütungsanspruch des neuen Betreuers entschieden und dadurch der Abrechnungsaufwand etwas verringert werden. Jedoch können die [X.]punkte, zu denen die Vergütungsansprüche geltend gemacht werden, auch bei einer Fortwirkung des Abrechnungsrhythmus auseinander fallen. Nach herrschender Meinung kann der ausscheidende Betreuer seinen Vergütungsanspruch bereits vor dem Erreichen des nächsten Abrechnungszeitraums geltend machen, wenn die Betreuung vor dem Erreichen dieses [X.]punkts endet ([X.]/[X.] 5. Aufl. § 9 [X.] Rn. 10; [X.]/[X.] Die Vergütung des Betreuers 5. Aufl. Rn. 1676; [X.]/[X.] Rn. 60; [X.] Betreuungsrecht 2005 Rn. 338). Außerdem bestimmt § 9 Satz 1 [X.] nur den frühesten [X.]punkt, zu dem der Vergütungsanspruch geltend gemacht werden kann ([X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 9 [X.] Rn. 2). Ein Betreuer muss daher nicht stets für die vergangenen drei Monate abrechnen, sondern kann auch die Vergütung für mehrere [X.] zusammen beantragen ([X.]/[X.] 5. Aufl. § 9 [X.] Rn. 9; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 9 [X.] Rn. 12; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2. Aufl. § 9 [X.] Rn. 7).

[X.]) Entgegen der Auffassung des [X.] ist es nicht erforderlich, die Abrechnungsperioden des § 9 Satz 1 [X.] an die Regelung des § 5 [X.] anzugleichen.

Beide Vorschriften haben unterschiedliche Zielsetzungen. Während § 5 [X.] die pauschalen Stundenansätze für die Vergütung des Betreuers regelt, bestimmt § 9 [X.] allein den [X.]raum, in dem ein Betreuer seine Vergütung abrechnen kann. Dafür ist nicht die Dauer der Betreuung, sondern der [X.]punkt, zu dem der Betreuer bestellt wurde, von Bedeutung. Denn durch den von § 9 Satz 1 [X.] festgelegten Abrechnungsrhythmus von drei Monaten soll nur verhindert werden, dass ein Betreuer in kürzeren Abständen abrechnet.

c) Die Entscheidung ist daher aufzuheben.

Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG). Die Vergütung des Beteiligten zu 1 für den [X.]raum vom 27. Juni 2009 bis 26. Dezember 2009 gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB iVm §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 2, 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 [X.] wird im Festsetzungsverfahren nicht beanstandet.

[X.]     

        

     Weber-Monecke     

        

Dose   

        

RiBGH Schilling ist urlaubsbedingt
verhindert zu
unterschreiben.

        

Günter     

        
        

[X.] 

                          

Meta

XII ZB 440/10

25.05.2011

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Frankfurt (Oder), 24. August 2010, Az: 19 T 329/10, Beschluss

§ 9 S 1 VBVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.05.2011, Az. XII ZB 440/10 (REWIS RS 2011, 6299)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6299

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