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Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen das Zustimmungsgesetz zum Übereinkommen zur Beendigung bilateraler Investitionsschutzverträge zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - mangelnde Darlegung der Beschwerdebefugnis - teilweise Parallelentscheidung zu 2 BvR 557/19
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gegenstand des Verfassungsbeschwerdeverfahrens ist ein Zustimmungsgesetz des [X.]zu einem Übereinkommen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, mit welchem jeweils zwischen ihnen geschlossene bilaterale Investitionsschutzabkommen beendet werden.
[X.]
1. Die [X.]und [X.]Föderative Republik und das [X.]schlossen am 29. April 1991 das Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen („Bilateral Investment Treaty“, im Folgenden: BIT). Dieses Abkommen enthält neben Regelungen zur Durchführung von Investitionen in den jeweiligen [X.](Art. 3, Art. 4 BIT) auch eine Schiedsgerichtsklausel, die alle Rechtsstreitigkeiten aus dem [X.]einem Schiedsgericht zuweist (Art. 8 BIT). Das Abkommen wurde zum 1. Oktober 1992 in [X.]gesetzt. Am 1. Januar 1993 trat die [X.]Republik als Rechtsnachfolgerin der [X.]in deren Rechte und Pflichten aus dem [X.]ein. Mit Wirkung zum 1. Mai 2004 wurde die [X.]Republik Mitglied der Europäischen Union.
2. Im Zuge einer Reform des Gesundheitswesens öffnete die [X.]Republik im Jahr 2004 den Markt für in- und ausländische Anbieter von privaten Krankenversicherungen. Die Beschwerdeführerin, eine [X.]Versicherungsgruppe, wurde nach dem Betritt der [X.]zur [X.]als Krankenversicherer zugelassen und gründete eine Tochtergesellschaft, über die sie private Krankenversicherungen anbot. Mit Gesetz vom 25. Oktober 2007 wurde in der [X.]der Krankenversicherungsmarkt reguliert, unter anderem die Ausschüttung von Gewinnen aus dem Krankenversicherungsgeschäft verboten. Das [X.]Verfassungsgericht erklärte das Verbot mit Urteil vom 26. Januar 2011 für verfassungswidrig. Ab dem 1. August 2011 waren Gewinnausschüttungen wieder zulässig.
3. Im Oktober 2008 leitete die Beschwerdeführerin auf der Grundlage von Art. 8 [X.]ein Schiedsverfahren ein, in welchem sie von der [X.]Schadensersatz wegen der Folgen der beschriebenen gesetzlichen Regulierungsmaßnahmen begehrte. Das im Jahr 2009 in [X.]konstituierte Schiedsgericht erklärte sich mit [X.]vom 26. Oktober 2010 (PCA Fall-Nr. 2008-13, www.pca-cpa.org) für zuständig und verurteilte die [X.]Republik mit Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012 (PCA Fall-Nr. 2008-13, www.pca-cpa.org) zur Zahlung von 22,1 Millionen Euro nebst Zinsen an die Beschwerdeführerin, weil die [X.]Republik durch ihre gesetzlichen Restriktionen des [X.]verschiedene Bestimmungen des [X.]verletzt habe.
4. Die [X.]Republik beantragte beim Oberlandesgericht [X.]die Aufhebung des Schiedsspruchs. Dieses wies den Antrag mit Beschluss vom 18. Dezember 2014 (26 Sch 3/13, juris) zurück. Hiergegen legte die [X.]Republik Rechtsbeschwerde zum [X.]ein. Mit Beschluss vom 3. März 2016 (I ZB 2/15, juris) setzte der [X.]das Verfahren aus und legte dem Gerichtshof der [X.]gemäß Art. 267 AEUV sinngemäß die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob das [X.]mit Art. 344, 267 und Art. 18 Abs. 1 AEUV vereinbar sei.
5. Mit Urteil vom 6. März 2018 (Achmea, C-284/16, EU:C:2018:158; im Folgenden: Achmea-Urteil) entschied der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Art. 267, 344 AEUV einer Bestimmung in einer internationalen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten wie der [X.]in Art. 8 [X.]entgegenstehen. Zur Begründung führte der Gerichtshof im Wesentlichen aus, Schiedsstreitigkeiten unter dem [X.]könnten sich auf die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts beziehen. Der Umstand, dass diese Auslegungs- beziehungsweise Anwendungsfragen von Schiedsgerichten entschieden würden, die keine staatlichen Gerichte eines Mitgliedstaates und daher nicht vorlageberechtigt gemäß Art. 267 AEUV seien, führe dazu, dass die Schiedsklausel mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur loyalen Zusammenarbeit unvereinbar sei.
6. Daraufhin hob der [X.]mit Beschluss vom 31. Oktober 2018 (I ZB 2/15, juris) den Beschluss des Oberlandesgerichts [X.]vom 18. Dezember 2014 sowie den Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012 auf. Gegen diesen Beschluss legte die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde ein, die Gegenstand des gesonderten Verfahrens 2 BvR 557/19 ist.
7. Vor dem Hintergrund des [X.]des [X.]der [X.]unterzeichneten insgesamt 23 [X.]– darunter auch die [X.]– am 5. Mai 2020 das Übereinkommen zur Beendigung bilateraler [X.]zwischen den Mitgliedstaaten der [X.](ABl [X.]Nr. L 169 vom 29. Mai 2020, S. 1; im Folgenden: Beendigungsübereinkommen). Zu den Vertragsparteien gehören auch das [X.]und die [X.]Republik. Das [X.]sieht unter anderem folgende Regelungen vor:
Artikel 2
Beendigung bilateraler Investitionsschutzverträge
(1) Die in [X.]genannten bilateralen [X.]werden gemäß den Bestimmungen dieses Übereinkommens beendet.
[…]
Artikel 4
Gemeinsame Bestimmungen
(1) Hiermit bestätigen die Vertragsparteien, dass [X.]im Widerspruch zu den EU-Verträgen stehen und daher nicht anwendbar sind. Aufgrund dieser Unvereinbarkeit zwischen [X.]und den EU-Verträgen kann eine Schiedsklausel in einem bilateralen [X.]ab dem Zeitpunkt, zu dem der letzte Vertragsstaat dieses bilateralen Investitionsschutzvertrags ein Mitgliedstaat der [X.]geworden ist, nicht als Rechtsgrundlage für ein Schiedsverfahren dienen.
(2) Die Beendigung der in [X.]genannten bilateralen [X.]gemäß Artikel 2 […] werden bei jedem dieser Verträge wirksam, sobald das vorliegende Übereinkommen gemäß Artikel 16 für die betreffenden Vertragsparteien in [X.]tritt.
Artikel 16
Inkrafttreten
(1) Dieses Übereinkommen tritt 30 Kalendertage nach dem Tag in Kraft, an dem der Verwahrer die zweite Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde erhält.
(2) Dieses Übereinkommen tritt für jede Vertragspartei, die es nach seinem Inkrafttreten gemäß Absatz 1 ratifiziert, annimmt oder genehmigt, 30 Kalendertage nach dem Tag in Kraft, an dem diese Vertragspartei ihre Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde hinterlegt hat.
[…]
Das zwischen der [X.]und dem [X.]geschlossene [X.]ist in [X.]des [X.]aufgeführt. Die Ratifizierung des [X.]erfolgte seitens der [X.]zum 14. Oktober 2020, seitens des [X.]zum 1. März 2021.
8. Die Beschwerdeführerin wandte sich mit einem Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG gegen die beabsichtigte Ratifizierung des [X.]durch die Bundesrepublik Deutschland. Die [X.]des Zweiten Senats des [X.]verwarf den Antrag mit Beschluss vom 23. März 2020 (2 BvQ 6/20) und führte unter anderem aus, dass noch kein Ratifizierungsgesetz vorliege.
9. Die Bundesregierung brachte am 19. Oktober 2020 den „Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 5. Mai 2020 zur Beendigung bilateraler [X.]zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ (BTDrucks 19/23485) in den [X.]ein. Artikel 1 des Gesetzes lautet auszugsweise:
Dem in [X.]am 5. Mai 2020 von der [X.]unterzeichneten Übereinkommen zur Beendigung bilateraler [X.]zwischen den Mitgliedstaaten der [X.][…] wird zugestimmt. […]
Der Bundesrat befasste sich am 6. November 2020 erstmals mit der Vorlage ([X.]der 995. Sitzung, S. 402, 442). Der Deutsche [X.]beschloss das Zustimmungsgesetz am 19. November 2020 in zweiter Lesung ([X.]19/192, S. 24245 f.). Der Bundesrat sah in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2020 davon ab, den Vermittlungsausschuss anzurufen ([X.]der 998. Sitzung vom 18. Dezember 2020, S. 497, 519).
10. Gegen das vom [X.]verabschiedete Zustimmungsgesetz stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der dem Bundespräsidenten und der Bundesregierung unter anderem aufgegeben werden sollte, das Zustimmungsgesetz nicht durch Unterzeichnung, Hinterlegung der Ratifikationsurkunde beziehungsweise Veröffentlichung im [X.]in [X.]zu setzen. Die 2. Kammer des Zweiten Senats des [X.]verwarf den Antrag mit Beschluss vom 3. Februar 2021 (2 BvQ 97/20). Die Kammer führte hierzu im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin nicht dargelegt habe, inwieweit sie das Inkrafttreten des [X.]Zustimmungsgesetzes und die Ratifikation des [X.]überhaupt betreffe.
11. Das Gesetz zu dem Übereinkommen vom 5. Mai 2020 zur Beendigung bilateraler [X.]zwischen den Mitgliedstaaten der [X.](im Folgenden: Zustimmungsgesetz) wurde am 21. Januar 2021 im [X.]verkündet (BGBl II S. 3) und trat gemäß seines Art. 2 Abs. 1 am 22. Januar 2021 in Kraft.
I[X.]
Mit ihrer fristgemäß am 21. Januar 2022 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 23 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 2 und 3, Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 16, 17, 20, 41, 47 GRCh. Sie hält die Vorschriften der Art. 4 Abs. 1, Art. 5, Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 des [X.]mit den genannten Gewährleistungen des Grundgesetzes und der Grundrechtecharta für unvereinbar.
1. Sie werde durch das Zustimmungsgesetz selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen. Das [X.]sei selbstvollziehend und enthalte Regelungen, die unmittelbar in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin eingriffen. Das durch das Zustimmungsgesetz umgesetzte Übereinkommen entziehe und entwerte den von der Beschwerdeführerin erwirkten Schiedsspruch und die darin titulierten Forderungen einschließlich bestehender [X.]sowie die Rechtspositionen aus dem BIT. Das Übereinkommen verpflichte alle Vertragsstaaten einschließlich der [X.]Gerichte auf die grundrechts- und vertrauensschutzwidrigen Regelungen des Übereinkommens. Zustimmungsgesetz und Übereinkommen bewirkten auch eine selbstständige Grundrechtsverletzung. Wenn das [X.]der Verfassungsbeschwerde 2 [X.]stattgeben und das Verfahren an den [X.]zurückverweisen würde, hätte der [X.]die Regelungen des Übereinkommens zu berücksichtigen und mithin den Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012 erneut aufzuheben.
a) Art. 4 Abs. 1 [X.]drohe der Beschwerdeführerin den von ihr erwirkten Schiedsspruch völlig zu entziehen. Die Regelung greife nach Art. 6 Abs. 1 [X.]rückwirkend auch bei abgeschlossenen Schiedsverfahren ein.
b) Art. 6 Abs. 1 [X.]entziehe der Beschwerdeführerin ferner wirksamen Grundrechtsschutz im Verfahren nach § 1059 ZPO. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 [X.]sehe vor, dass abgeschlossene Schiedsverfahren nicht wiederaufgenommen werden sollten. Das könne dazu führen, dass eine Rückverweisung an den [X.]oder eine Vorlagefrage an den Gerichtshof der [X.]als unzulässig angesehen werde. Es sei zu besorgen, dass der Gerichtshof und weitere Gerichte die Auseinandersetzung mit den sich aufdrängenden Rechtsfragen verweigerten, wenn sie von einem abgeschlossenen Schiedsverfahren ausgingen und die Rechtsfragen als nicht mehr entscheidungserheblich oder erledigt ansähen.
c) Art. 5 [X.]entwerte die Rechtspositionen der Beschwerdeführerin aus dem [X.]und nehme ihr die Möglichkeit, Fragen im Zusammenhang mit dem Schiedsspruch und dem Streitsachverhalt zum Gegenstand eines inländischen Schiedsverfahrens zu machen.
d) Das Übereinkommen schreibe mit der Entscheidungskompetenz des [X.]der [X.]nach Art. 14 [X.]schließlich die gravierenden Eingriffswirkungen des aus dem Unionsrecht ausbrechenden [X.]vertragsrechtlich fest. Die neue Entscheidungskompetenz des [X.]habe deshalb weitreichende Wirkung, weil sie sich auch auf die aus dem [X.]zu ziehenden Konsequenzen erstrecke. Das [X.]habe entweder Art. 344 AEUV in nicht nachvollziehbarer Weise verändert oder eine implied-powers-Doktrin zugrunde gelegt, ohne die dafür geltenden engen Grenzen zu beachten. Die neue Entscheidungskompetenz des [X.]durchbreche die [X.]in Art. 92 GG tiefgreifend.
2. Das Zustimmungsgesetz versage der Beschwerdeführerin grundrechtlichen Vertrauensschutz und verletze den Grundsatz der Rechtssicherheit. Sie habe bei ihren Investitionen darauf vertraut, dass [X.]in völkerrechtlichen Übereinkommen zwischen Mitgliedstaaten der [X.]mit dem Unionsrecht vereinbar und nach [X.]Recht wohlerworbene Rechte aus einem inländischen Schiedsspruch durchsetzbar seien. Das Übereinkommen verletze mit seinen rückwirkenden Regelungen das Prinzip der Rechtssicherheit. Es sei nicht geeignet, Grundrechts- und Vertrauensschutz zu gewähren.
3. Das Zustimmungsgesetz entziehe der Beschwerdeführerin schließlich ersatzlos die Position aus dem bereits beendeten Schiedsverfahren und verletze sie daher in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 17 GRCh. Es greife auch in die Unternehmensfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 16 [X.]ein, da die Beschwerdeführerin ihre Dispositionsbefugnis über die ihr zugeordneten Rechtspositionen ausgeübt habe, indem sie im Vertrauen auf den Schutz des [X.]und dessen Schiedsklausel Investitionen zum Marktantritt in der [X.]getätigt habe. Das Zustimmungsgesetz greife zudem in die Vertrags- und Handlungsfreiheit im wirtschaftlichen Bereich als Bestandteil der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ein. Es nehme der Beschwerdeführerin auch das Recht auf wirksamen Rechtsschutz, weil das Übereinkommen gegen die Aufgabe und Pflicht verstoße, das Rechtsschutzsystem so zu gestalten, dass wirksamer Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit garantiert sei. Darüber hinaus verstoße das Zustimmungsgesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Beschwerdeführerin mit anderen Investoren gleichgesetzt werde, bei denen eine Fortführung des [X.]deshalb ausscheide, weil der Schiedsspruch in der Vergangenheit aus anderen, nicht vertrauensbegründenden Umständen aufgehoben worden sei. Das Zustimmungsgesetz entziehe der Beschwerdeführerin auch den gesetzlichen Richter, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Weiter stelle das Zustimmungsgesetz einen Ultra-vires-Akt dar, weil es aufgrund der mangelnden Zustimmung des Bundesrates und der nicht erreichten Zwei-Drittel-Mehrheit nicht wirksam zustande gekommen sei. Schließlich begründe das Zustimmungsgesetz auch einen Verstoß gegen die Verfassungsidentität der Bundesrepublik Deutschland. Dieser ergebe sich daraus, dass das Gesetz [X.]Organen und Stellen Aufgaben und Befugnisse von substantiellem Gewicht abspreche.
II[X.]
[X.]ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da [X.]nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht nachvollziehbar auf, dass sie durch das angegriffene Zustimmungsgesetz unmittelbar in eigenen Rechten betroffen ist.
1. Eine § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügende Begründung setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird (vgl. BVerfGE 81, 208 <214>; 89, 155 <171>; 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>; 113, 29 <44>; 115, 166 <179 f.>; 130, 1 <21>; 149, 86 <108 f. Rn. 61>; 151, 67 <84 f. Rn. 49>). Bei einer unmittelbar gegen ein Gesetz gerichteten Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer in besonderem Maße darzulegen, inwieweit er durch den angegriffenen Rechtssatz selbst, gegenwärtig und unmittelbar beschwert ist (BVerfGE 40, 141 <156>; 79, 1 <13>; 102, 197 <206 f.>; 123, 267 <329>). Hierbei muss die Norm zunächst überhaupt objektiv, das heißt nach Struktur und Inhalt geeignet sein, Grundrechtspositionen des Beschwerdeführers unmittelbar zu dessen Nachteil zu verändern (BVerfGE 40, 141 <156>; 79, 1 <15>). Der Beschwerdeführer muss darüber hinaus gerade die eigene unmittelbare Betroffenheit substantiiert darlegen (BVerfGE 79, 1 <15>; 123, 267 <329>). Dabei muss grundsätzlich auch die verfassungsrechtliche Rechtslage dargestellt werden. Hat das [X.]zu den von der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen bereits Maßstäbe entwickelt, muss die Verfassungsbeschwerde auch an diese anknüpfen, sich mit ihnen auseinandersetzen und auf dieser Grundlage darlegen, dass und aus welchen Gründen eine Verletzung in den geltend gemachten verfassungsbeschwerdefähigen Rechten vorliegen soll (vgl. BVerfGE 77, 170 <214 ff.>; 99, 84 <87>; 101, 331 <345 f.>; 102, 147 <164>; 123, 186 <234>; 140, 229 <232 Rn. 9>; 142, 234 <251 Rn. 28>).
2. Gemessen an diesen Maßstäben hat die Beschwerdeführerin nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, inwieweit die Regelungen des [X.]Zustimmungsgesetzes ihre Rechtsstellung unmittelbar beeinträchtigen können.
a) Eine unmittelbare Beschwer der Beschwerdeführerin ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass das Zustimmungsgesetz Regelungen des [X.]ratifiziert, mit denen die vom [X.]erfassten bilateralen Investitionsschutzabkommen beendet werden. Es ist nicht hinreichend erkennbar, inwiefern das [X.]Zustimmungsgesetz Auswirkungen auf die Beendigung des hier maßgeblichen [X.]haben sollte, dessen Vertragsparteien die [X.]Republik und das [X.]gewesen sind. Nach Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 [X.]wird ein vom Übereinkommen erfasstes bilaterales Investitionsschutzabkommen wirksam beendet, wenn „die jeweiligen Vertragsparteien“ das [X.]ratifiziert, genehmigt oder angenommen haben (vgl. dazu Böse, Das Übereinkommen zur Beendigung bilateraler [X.]zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, 2023, S. 154; van der Beck, Schiedsgerichtlicher Investitionsschutz innerhalb der Europäischen Union, 2022, S. 282). Das [X.]stellt eine rein formale Bündelung zahlreicher bilateraler Beendigungsverträge unter einem einzelnen koordinierenden Übereinkommen dar. Es handelt sich gerade nicht um ein multilaterales Übereinkommen, welches seine Wirksamkeit erst dann erlangt, wenn es alle Vertragsstaaten ratifiziert haben.
Bezogen auf den konkreten Fall bedeutet das, dass das hier maßgebliche [X.]beendet wird, wenn das [X.]und die [X.]Republik das [X.]ratifiziert haben (vgl. dazu Rn. 9). Die Ratifikation des [X.]durch die [X.]berührt die Beendigung des [X.]zwischen dem [X.]und der [X.]demgegenüber nicht. Selbst wenn also die [X.]das [X.]nicht ratifiziert hätte, hätte dies keine Auswirkung auf die Beendigung des [X.]durch das [X.]und die [X.]Republik. Nichts Anderes kann für den Fall gelten, dass das [X.]Zustimmungsgesetz verfassungs-, unionsrechts- oder konventionsrechtswidrig wäre und vom [X.]aufgehoben würde. Insofern wird die Beschwerdeführerin durch das Zustimmungsgesetz nicht unmittelbar beschwert. Auf das Außerkrafttreten des [X.]und die damit geltend gemachten grundrechtlichen Belastungen der Beschwerdeführerin haben allein die Zustimmungsakte der [X.]und des [X.]Einfluss. Diese sind allerdings keine Akte der [X.]öffentlichen Gewalt und folglich einer Überprüfung durch das [X.]entzogen (vgl. [X.]1, 10 <11>).
b) Die Beschwerdeführerin sieht sich des Weiteren durch das Zustimmungsgesetz deswegen unmittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt, weil die Regelung in Art. 4 Abs. 1 [X.]den zu ihren Gunsten ergangenen Schiedsspruch entwerten soll. Sie ist der Auffassung, dass der [X.]den Schiedsspruch im Fall einer Zurückverweisung der Sache durch das [X.]im Rahmen der gegen den Beschluss des [X.]vom 31. Oktober 2018 (I ZB 2/15, juris) anhängig gemachten Verfassungsbeschwerde erneut gemäß § 1059 Abs. 2 ZPO aufheben müsste, weil Art. 4 Abs. 1 [X.]unmittelbar dazu führe, dass die hier maßgebliche Schiedsklausel im [X.]rückwirkend aufgehoben werde.
Mit diesem Vorbringen dringt die Beschwerdeführerin ebenfalls nicht durch. Vieles spricht dafür, dass dem [X.]Zustimmungsgesetz im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 [X.]nicht die von der Beschwerdeführerin beigemessene Wirkung zukommt. Die Beendigung der vom [X.]erfassten bilateralen Investitionsschutzabkommen wird nach Art. 4 Abs. 2 [X.]nur dann wirksam, wenn die Vertragsstaaten des jeweils betreffenden Investitionsschutzabkommens das [X.]ratifizieren. Die sich aus der wirksamen Beendigung ergebenden Rechtsfolgen sind dabei in den Art. 4 ff. [X.]geregelt. Hierbei nimmt Art. 4 Abs. 1 [X.]die wesentlichen Grundsätze des [X.]ausdrücklich in das Übereinkommen auf und macht deutlich, dass die Beendigung der betreffenden Investitionsschutzabkommen rückwirkend erfolgen soll mit der Folge, dass dort vereinbarte [X.]ab dem Zeitpunkt, zu dem der letzte Vertragsstaat des jeweiligen Investitionsschutzabkommens der [X.]beigetreten ist, keine Anwendung mehr finden (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Oktober 2021, PL Holdings, C-109/20, EU:C:2021:875, Rn. 46; Böse, a.a.O., S. 189 f.; a.A. Köster, Investitionsschutz in Europa, 2022, [X.]ff.; van der Beck, a.a.O., S. 283, 320 f., 330 f., 333 ff.). Naheliegend folgt daraus, dass die Ratifizierung des [X.]von Seiten der [X.]nicht zur Folge hat, dass [X.]Gerichte die Regelung des Art. 4 Abs. 1 [X.]in Bezug auf zwischen anderen Mitgliedstaaten geschlossene Investitionsschutzabkommen berücksichtigen und den zugunsten der Beschwerdeführerin ergangenen Schiedsspruch schon deshalb aufheben müssten. Der einen [X.]erfüllende Umstand läge bei dieser Lesart des [X.]vielmehr nur darin, dass das [X.]und die [X.]Republik das [X.]ratifiziert (vgl. oben Rn. 9, 26) und deshalb das vorliegend fragliche BIT, auf dessen Grundlage der hier in Rede stehende Schiedsspruch ergangen ist, gemäß Art. 4 Abs. 1 [X.]rückwirkend aufgehoben haben. Das [X.]Zustimmungsgesetz zum [X.]ist hierfür nicht maßgeblich, sodass die Beschwerdeführerin bei diesem Verständnis des [X.]durch das [X.]Zustimmungsgesetz auch nicht unmittelbar beschwert ist. Da sich die Beschwerdeführerin mit dieser naheliegenden Auslegung des Übereinkommens nicht befasst und damit auch nicht darlegt, warum ihre abweichende, aus Sicht der Kammer fernliegende Auslegung vorzugswürdig ist, wird sie auch insoweit jedenfalls den Substantiierungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht gerecht.
c) Dies gilt auch, soweit die Beschwerdeführerin sich durch die vermeintlichen Rechtsfolgen unmittelbar beschwert sieht, die das [X.]für abgeschlossene Verfahren (vgl. Art. 1 Nr. 4 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Beendigungsübereinkommen) und für neue Verfahren (vgl. Art. 5 Beendigungsübereinkommen) vorsieht. Die Anwendung der im [X.]vorgesehenen Regelungen für neue, anhängige oder abgeschlossene Schiedsverfahren hängt – wie bereits oben dargelegt – allein davon ab, dass das [X.]zwischen dem [X.]und der [X.]in [X.]und damit das zwischen ihnen geltende [X.]außer [X.]getreten ist. Das [X.]Zustimmungsgesetz hat hierauf keinen Einfluss.
d) Die Relevanz des Verweises der Beschwerdeführerin auf die Streitbeilegungskompetenz des [X.]der [X.]nach Art. 14 [X.]erschließt sich nicht. Warum es die Rechte der Beschwerdeführerin berühren soll, wenn der Gerichtshof der [X.]die Rechte und Pflichten der Vertragsstaaten unmittelbar aus dem [X.]verbindlich auslegt, legt sie nicht nachvollziehbar dar.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Meta
23.07.2024
Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer
Nichtannahmebeschluss
Sachgebiet: BvR
vorgehend BVerfG, 23. März 2020, Az: 2 BvQ 6/20, Ablehnung einstweilige Anordnung
GII210003, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 4 Abs 2 EUInvSchutzEndÜbk
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23.07.2024, Az. 2 BvR 141/22 (REWIS RS 2024, 6391)
Papierfundstellen: REWIS RS 2024, 6391
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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I ZB 12/23 (Bundesgerichtshof)
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