Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2013, Az. VI ZR 13/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1069

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

VI ZR 13/13

Verkündet am:

19. November 2013

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterinnen [X.] und von [X.] und den Richter Offenloch

für Recht erkannt:
Die Revisionen gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 5. Dezember 2012 wer-den auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten zu
1, einer Wirtschaftsprüfungs-
und Steuerberatungsgesellschaft mbH, und ihrem Geschäftsführer, dem [X.] zu
2, einem Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer, Schadensersatz im Zusammenhang mit Kapitalanlagen bei Unternehmen
der sogenannten
[X.].
Die Beklagte zu 1 war in den Jahren 1998 bis 2002 mit der Prüfung der Jahresabschlüsse von Gesellschaften der [X.] beauftragt, zu der auch die [X.] gehörte. Die Klägerin zeichnete im August 2003 eine Beteiligung als aty-pisch stille
Gesellschafterin an der [X.] über eine Zeichnungssumme von 20.000

Dezember 2005 meldete die [X.] Insolvenz an.
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Die Klägerin verlangt von den Beklagten wegen behaupteter Zahlungen auf die Kapitalanlage und wegen behaupteter Zinsaufwendungen für ein zur Zahlung der Zeichnungssumme aufgenommenes Darlehen Schadensersatz in [X.], dass ihren Ansprüchen eine vorsätzlich begangene unerlaubte Hand-lung der Beklagten zugrunde liege. Sie stützt ihre Schadensersatzansprüche auf angeblich inhaltlich falsche Äußerungen des Beklagten zu 2, mit denen die-ser die [X.] vor Vertriebsmitarbeitern positiv dargestellt habe und welche die Klägerin, an die die Äußerungen weitergegeben worden seien, zur Zeich-nung der Anlage veranlasst hätten.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das [X.] der Klage stattgegeben und die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung verurteilt, allerdings nur [X.] gegen Übertragung der Beteiligung. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verlangen die Beklagten die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt aus: Die Beklagten schuldeten der Klägerin als Gesamtschuldner Schadensersatz nach §
826 [X.] i.V.m. §§
31, 840
[X.]. Der Beklagte zu
2 habe unzutreffende Behauptungen über die Unternehmen der [X.] aufgestellt. Auf Veranstaltungen der [X.], an denen in
ers-ter Linie Mitarbeiter der Strukturvertriebe der [X.] teilgenommen hätten, habe er das Eigenkapital als "ausgezeichnet" dargestellt bzw. die Aktien der 3
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einzelnen [X.]en als "Blue Chips" bezeichnet. Dies impliziere, dass die [X.] aufgrund des besonderen Qualitätsmerkmals einer überra-genden Eigenkapitalausstattung besonders wertvollen Unternehmen, typi-scherweise großen Aktiengesellschaften, vergleichbar sei. Das Eigenkapital der [X.] habe jedoch demjenigen von solchen Unternehmen nicht entspro-chen. Denn es habe sich nahezu ausschließlich aus Forderungen gegen die einzelnen atypisch stillen Gesellschafter zusammengesetzt. Damit habe ein gebündeltes Risiko bestanden. Nach der Praxis der [X.] habe es außer-dem im Belieben der Anleger gestanden, ob sie den eingegangenen [X.] nachgekommen seien oder nicht. Ein Forderungsmanagement habe nicht existiert. Der Beklagte zu
2 habe leichtfertig und damit sittenwidrig gehan-delt, als er die fraglichen Aussagen getätigt habe. Einem Wirtschaftsprüfer mit den Kenntnissen des Beklagten zu
2 habe offenkundig sein müssen, dass die Aussagen inhaltlich falsch und geeignet gewesen seien, den Adressaten ein ganz übertrieben positives Bild von der wirtschaftlichen Lage der [X.] zu vermitteln. Dem Beklagten zu
2 seien die Struktur des Eigenkapitals und das Fehlen eines effektiven Forderungsmanagements bekannt gewesen. Der [X.] zu 2 habe auch vorsätzlich gehandelt. Ihm sei klar gewesen, dass seine Äußerungen zur exzellenten Eigenkapitalausstattung der [X.] und zum Charakter ihrer Aktien als "Blue Chips"
die Anleger erreichen würden und [X.] seien, sie dadurch zur Zeichnung einer Anlage zu motivieren, da sie die wirtschaftliche Potenz der Unternehmensgruppe falsch einschätzten. Durch
die
Angaben der Klägerin persönlich und die
Aussage des Zeugen F.
sei bewiesen, dass die Aussagen des Beklagten zu
2 zur hervorragenden Eigenkapitalaus-stattung der [X.] für die Entscheidungen der Klägerin
für die Zeichnung der Anlage kausal geworden seien. Die Beklagten schuldeten der
Klägerin
Schadensersatz im tenorierten Umfang. Die Beklagte zu 1 habe nach §
31 [X.] für das deliktische Verhalten ihres Geschäftsführers einzustehen.
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II.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprü-fung
stand. Die Beklagten haften der
Klägerin aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§
826, 840 Abs.
1, § 31 [X.].
1. Das Berufungsgericht hat das Verhalten des Beklagten zu
2 mit Recht als sittenwidrig im Sinne des §
826 [X.] qualifiziert.
a) Ob ein Verhalten als sittenwidrig anzusehen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 15.
Oktober 2013

VI
ZR 124/12, z.[X.].; vom 4.
Juni 2013

VI
ZR 288/12, VersR
2013, 1144 Rn.
14; vom 25.
März 2003

VI
ZR 175/02, [X.]Z
154, 269, 274
f., jeweils mwN).
b) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das [X.] aller billig und gerecht Denkenden verstößt (vgl. Senatsurteile vom 15.
Oktober 2013

VI
ZR 124/12, z.[X.].; vom 4.
Juni 2013

VI
ZR 288/12, VersR
2013, 1144 Rn.
14; vom 20. November 2012

VI
ZR 268/11, VersR
2013, 200 Rn.
25; [X.], Urteil
vom 9.
Juli 2004

II
ZR 217/03, NJW
2004, 2668, 2670; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
826 Rn.
2
f.; [X.]/[X.], [X.], 72.
Aufl., § 826 Rn.
4, jeweils mwN). Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervor-ruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutre-ten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage [X.] Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. Senatsur-6
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teil vom 15. Oktober 2013

VI
ZR 124/12, z.[X.].; [X.], Urteile vom 19.
Juli 2004

II
ZR 217/03, NJW
2004, 2668, 2670; vom 19.
Oktober 1987

II
ZR 9/87, [X.]Z 102, 68, 77
f.; [X.]/[X.], [X.], aaO, jeweils mwN).
c) Im Bereich der [X.] für unrichtige (Wert-)Gutachten und Testate kommt ein [X.] bei einer besonders schwer wiegenden Verlet-zung der einen Experten treffenden Sorgfaltspflichten in Betracht. Als sittenwid-rig ist dabei zu beurteilen, dass der Auskunfterteilende aufgrund des Experten-status ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nimmt, selbst aber nicht im Mindesten den an einen Experten zu richtenden Maßstäben genügt (vgl. [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2009, §
826 Rn. 207 f.). Der Sittenver-stoß setzt ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten des Auskunftgebers voraus. Es genügt nicht ein bloßer Fehler des Gutachtens, sondern es geht da-rum, dass sich der Gutachter durch nachlässige Erledigung, z. B. durch nach-lässige Ermittlungen oder gar durch Angaben ins Blaue hinein der Gutachten-aufgabe entledigt und dabei eine Rücksichtslosigkeit an den Tag legt, die ange-sichts der Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung Dritter als gewissen-los erscheint (vgl. Senatsurteile vom 21.
April 1970 -
VI [X.], [X.], 878, 879; vom 12.
Dezember 1978 -
VI [X.], [X.], 283, 284; vom 24.
September 1991 -
VI [X.], NJW 1991, 3282; [X.], Urteil vom 18.
Juni 1962 -
VII ZR 237/60, [X.], 803, 804
f.; [X.]/[X.], aaO, Rn.
213).
Diese anerkannten Grundsätze der [X.] sind zwar -
was auch das Berufungsgericht gesehen hat
-
im Streitfall nicht unmittelbar an-wendbar, weil dem Beklagten
zu 2 nicht angelastet wird, ein unrichtiges (Wert-) Gutachten oder Testat erteilt zu haben. Sein Verhalten ist jedoch gleichwohl als sittenwidrig zu beurteilen. Denn der Beklagte zu 2 stellte sich mit seinem Exper-tenstatus in den Dienst der von ihm geprüften kapitalsuchenden [X.] und 10
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lieferte den Vertriebsmitarbeitern irreführende Verkaufsargumente. Hierdurch setzte er sich rücksichtslos über die Interessen potentieller [X.] hinweg, die mit seinen Äußerungen zwangsläufig in Berührung kamen und [X.] auf seine berufliche Integrität und seine fachliche Autorität zur Grundlage ihrer Entscheidung machten (vgl. [X.]/[X.], aaO Rn. 210 und 214 zum Wertgutachten).
aa) Der Hinweis des Beklagten zu 2, die [X.] verfüge über ein "ausgezeichnetes Eigenkapital", das es erlaube,
ihre Aktien als "Blue Chips"
einzuordnen, war falsch und geeignet, die Adressaten über die wirtschaftliche Situation der Unternehmen der [X.] zu täuschen.
(1) Nach den [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte zu
2 im Rahmen von Veranstaltungen auf [X.] und in [X.] in den Jahren 1999 bzw. Anfang 2000 vor Vertriebsmitarbeitern der
[X.] Vorträge gehalten, in denen er insbesondere eine ausgezeichnete Eigenkapitalausstattung der von ihm geprüften Unternehmen der
[X.] hervorhob bzw.
Aktien der [X.]en mit "Blue Chips" verglich. Dadurch hat er einen Eindruck der Werthaltigkeit von Beteiligungen an diesen Unternehmen vermittelt, der objektiv unzutreffend war. Denn für die [X.] der Beteiligungen an Unternehmen der [X.] waren
nicht nur eine ho-he Eigenkapitalquote entscheidend, sondern auch die vorhandenen Aktiva. [X.] konnten die Unternehmen der [X.] in ihrer Kapitalqualität und Risi-kostruktur aber nicht mit "Blue Chip-Unternehmen" wie etwa großen Aktienge-sellschaften verglichen werden, welche typischerweise auf der Aktivseite die gesamte Vielfalt der Asset-Klassen des §
266 Abs.
2 HGB aufweisen. Das Ak-tivvermögen der [X.]-Unternehmen bestand demgegenüber -
auch nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten
-
nahezu ausschließlich aus den [X.] gegen die einzelnen Anleger aus deren Beteiligung als atypisch stille 12
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Gesellschafter. Das Anlagekapital stand den Unternehmen der [X.] auch nicht in liquider Form sofort zur Verfügung, sondern sollte von über 95
% der Anleger -
wiederum nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten
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in monatlich fällig werdenden, mehr oder weniger kleinen Raten über einen Zeitraum von bis zu 30
Jahren erbracht werden. Dabei wurde nach den Feststellungen
des [X.]s bei der [X.] ein ernsthaftes Forderungsmanagement nicht betrieben, vielmehr stand es in der Praxis im Belieben der Anleger, ob sie den eingegangenen
Zahlungsverpflichtungen nachkamen oder nicht. Auf der ande-ren Seite mussten sofort Vertriebsprovisionen gezahlt werden, welche sich [X.] an der gesamten Anlagesumme orientierten, obwohl die gezeichneten Beträge im Wesentlichen nur in relativ geringfügigen monatlichen Raten eingin-gen.
(2) Da auf der Aktivseite der Unternehmen im Wesentlichen lediglich noch nicht fällige Forderungen gegen die Anleger standen, deren Qualität mit der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der Anleger stand und fiel, hat das [X.] ferner mit Recht von einem "gebündelten Risiko" gesprochen.
Fehl geht die Rüge der Revision, es fehle an Feststellungen, dass "auch nur ein Anleger vom Verhalten eines anderen Anlegers erfuhr, der seine Einla-ge nicht beglich", weshalb im Hinblick auf die einseitige Mittelherkunft auch nicht von einem gebündelten Risiko gesprochen werden könne. Die Revisions-erwiderung weist mit Recht darauf hin, dass eine interne Abstimmung unter den Anlegern weder nach den [X.] noch nach der Lebenserfahrung erfor-derlich war, um die Gefahr zu begründen, dass Anleger in erheblicher Anzahl ihre Einlage nicht erbringen würden, weil die Stimmung insbesondere auf dem Kapitalmarkt etwa wegen negativer Pressemeldungen zum Nachteil der [X.] umschlagen konnte und etliche Anleger gleichzeitig, aber unabhängig voneinander veranlasst werden konnten, ihre Zahlungen einzustellen.
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(3) Unerheblich ist auch der Einwand der Revision, dass sich einige Un-ternehmen der [X.] zum Zeitpunkt der Äußerungen des Beklagten zu
2 auf [X.] und in [X.] kurz vor oder in der Gründungsphase befanden, denn nach den Feststellungen bezogen sich die Äußerungen generell auf die Unternehmen der [X.], die sich in ihrer Struktur vollständig geglichen hät-ten.
bb) Der Beklagte zu
2 nahm für die vorbezeichneten irreführenden An-gaben -
wie bereits ausgeführt
-
seinen
Expertenstatus als Wirtschaftsprüfer und seine Stellung als Abschlussprüfer der Gesellschaften der [X.] in [X.]. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde er den [X.] als Wirtschaftsprüfer vorgestellt und referierte über [X.], die er in seiner Funktion als Abschlussprüfer (angeblich) gewonnen [X.]. Er reklamierte damit für sich nicht nur die Sachkunde und Seriosität, die ei-nem Wirtschaftsprüfer als besonderen Standesregeln unterliegendem und un-abhängigem Berufsträger allgemein zugewiesen werden (vgl. §
43 Abs.
1 [X.]). Vielmehr nahm er für sich darüber hinausgehend das besondere Ver-trauen in Anspruch, das dem Abschlussprüfer im Hinblick auf seine gesetzlich vorgesehene Objektivität gegenüber der [X.] (vgl. zur Unpar-teilichkeit § 323 Abs.
1
HGB) sowie auf die im Rahmen der Prüfung gewonne-nen
besonderen Einblicke in die Struktur der [X.] entgegen-gebracht wird. Mit dieser Autorität ist es bereits schwer vereinbar, sich -
wie es der Beklagte zu
2 tat
-
in exponierter Position einseitig für die Vertriebsinteres-sen der [X.]sgruppe einzusetzen.
[X.]) Die Expertenäußerungen des Beklagten zu
2 vor den Vertriebsmitar-beitern der [X.] waren, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, darauf ausgerichtet, an die [X.] weitergegeben zu werden.
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Soweit die Revision meint, das Berufungsgericht habe verfahrensfehler-haft im Rahmen seines [X.] Vortrag des Beklagten zu
2 nicht berücksichtigt, dass es bei den Veranstaltungen mit Mitarbeitern des Vertriebs lediglich darum gegangen sei, Anschuldigungen entgegenzutreten, die Dritte im Zusammenhang mit den Kapitalanlagestrategien der [X.] gegenüber der Staatsanwaltschaft erhoben hätten, kann ihr dies nicht zum Erfolg verhelfen. Denn selbst wenn dies zuträfe, hätte der Beklagte zu
2 umso mehr Veranlas-sung gehabt, irreführende Äußerungen hinsichtlich der Qualität und [X.] der Kapitalanlagen der [X.] zu unterlassen.
dd)
Die Angaben des Beklagten zu 2 hatten
für die von den Mitarbeitern der Strukturvertriebe angesprochenen [X.] -
hier die
Klägerin
-

große Bedeutung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war bei den Beratungsgesprächen das hohe Eigenkapital immer ein maßgebendes [X.], wobei sich der jeweilige Vertriebsmitarbeiter auf den Beklagten zu 2 berief.
ee) Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass dem Beklagten klar war, dass seine Informationen gerade dazu bestimmt waren, an die [X.] weitergegeben zu werden. Ihm war auch ohne Weiteres er-sichtlich, dass seine Aussagen zur Eigenkapitalausstattung der [X.] je-denfalls grob unvollständig und damit irreführend waren.
2. Das Berufungsgericht hat sich -
entgegen der Auffassung der [X.]
-
rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass die weitergegebenen Äu-ßerungen des Beklagten zu
2 zur Qualität und Bonität der Unternehmen der [X.] für die Anlageentscheidung im Streitfall kausal geworden sind.
a) Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe erforderliche Feststellungen zur Kausalität der Äußerungen des Beklagten zu
2 für die Anla-19
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geentscheidung der Klägerin
nicht getroffen, weil im Bereich der [X.] auf einen konkreten Kausalitätsnachweis für den Willensentschluss des Anlegers nicht verzichtet werden könne. Das Be-rufungsgericht hat sich in tatrichterlicher Würdigung aufgrund der Zeugenaus-sage des maßgebenden Anlagevermittlers
und der persönlichen Angaben der Klägerin
die Überzeugung gebildet, dass gerade der Hinweis des Vermittlers auf die Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers und
dessen Bonitätsbekundungen in dem
geführten Beratungsgespräch
die erstrebte Wirkung erzielt hätten, die Klägerin
zur Zeichnung der Anlage zu veranlassen. Damit bedurfte es -
entgegen der Auffassung der Revision
-
keiner weitergehenden Feststellun-gen. Die von den Beklagten angeführten Entscheidungen des [X.] in den sog. [X.] (vgl. etwa [X.], Urteile vom 3.
März 2008 -
II
ZR 310/06, [X.], 790 -
COMROAD VIII und vom 4.
Juni 2007 -
II
ZR 173/05, [X.], 1560 -
COMROAD V) betreffen anders gelagerte Fälle, de-nen falsche ad-hoc-Mitteilungen zugrunde lagen, bei denen keine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass eine dadurch ausgelöste Anlagestimmung kausal war für die getroffenen Anlageentscheidungen. Im Streitfall hat
die Klägerin
ihre Anlageentscheidung nicht nur aufgrund einer von ihr
behaupteten, durch eine falsche ad-hoc-Mitteilung ausgelösten Anlagestimmung getroffen, sondern auf-grund einer persönlichen Beratung durch Anlagevermittler, die
sich die [X.] Äußerungen des Beklagten zu
2 über ein besonderes Eigenkapital unter Vergleich mit hochwertigen großen Unternehmen zu Nutze machten.
b) Soweit die Revision meint, dass die Klägerin
die Anlage vielleicht auch dann gezeichnet hätte, wenn die Aussagen zur Eigenkapitalqualität nicht ge-macht worden wären, betrifft dies einen Einwand rechtmäßigen Alternativver-haltens, für den die Beklagten darlegungs-
und beweisbelastet sind. Die [X.] zeigt hierzu jedoch keinen -
vom Berufungsgericht übergangenen
-
Sachvor-trag der Beklagten auf, der den Einwand ausfüllen könnte.
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3. Ohne Erfolg zieht die Revision schließlich einen Schaden der Klägerin
und den [X.] mit den Äußerungen des Beklagten zu
2 in Zweifel.
a) In Fällen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwir-kung durch das
sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss dieser sich auch von einer "ungewollten"
Ver-pflichtung wieder befreien können. Schon eine solche Verpflichtung kann einen gemäß § 826 [X.] zu ersetzenden Schaden darstellen. Insoweit bewirkt die Norm einen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl. Senatsurteil vom 21.
Dezember 2004 -
VI
ZR 306/03, [X.]Z 161, 361, 367
f.).
Bereits deshalb sind auch -
entgegen der Auffassung der Revision
-
in diesem Zusammenhang die Gründe, die letztendlich zur Insolvenz der Unter-nehmen der [X.] geführt haben, unerheblich. Der gemäß §
249 Abs.
1 [X.] begründete Anspruch eines Anlegers auf Rückgängigmachung der [X.], die ihm unter Verletzung seines wirtschaftlichen Selbstbestimmungs-rechts aufgedrängt wurde, geht nicht verloren, wenn sich die Anlage aus Grün-den nachteilig entwickelt, die vom Gegenstand der Fehlinformation verschieden sind (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Juli 1993 -
II
ZR 194/92, [X.]Z 123, 106, 113 f.). Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
die von der
Klägerin erwor-bene Beteiligung
weder so hochwertig noch so risikoarm war, wie sie der [X.] zu 2 beschrieben hatte, ist
die Klägerin
bereits durch die Zeichnung der Anlage
unmittelbar geschädigt worden.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Rüge der Revision, das Berufungs-gericht habe nicht festgestellt, dass das Eigenkapital der [X.] 25
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nicht ausgereicht habe oder gar negativ gewesen sei, ebenso unerheblich wie die weiteren [X.] fehlender Feststellungen des Berufungsgerichts bezüglich der Durchsetzbarkeit der Forderungen gegen die Anleger.
4. Letztendlich ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts, dass der Beklagte zu 2 Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit prägenden Um-ständen sowie [X.] hatte.
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war dem Beklagten zu
2 klar, dass seine Äußerungen als Wirtschaftsprüfer zur exzellenten Eigen-kapitalausstattung der [X.] und zum Charakter ihrer Aktien als "Blue Chips" die
Anleger erreichen würden und geeignet waren, sie dadurch zur Zeichnung einer Anlage zu motivieren, indem sie die wirtschaftliche Potenz der Unternehmensgruppe falsch einschätzten.
b) Darüber hinaus besaß er auch [X.]. § 826 [X.] setzt insoweit keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus, sondern es genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehal-tenen Schadensfolgen, wobei dieser nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Schadens, sondern nur Art und Richtung des Schadens umfassen muss; es reicht dabei jede nachteilige Einwirkung auf die Vermö-genslage einschließlich der sittenwidrigen Belastung fremden Vermögens mit einem Verlustrisiko aus (vgl. etwa [X.], Urteil vom 13.
September 2004
-
II
ZR 276/02, [X.], 2150, 2155).
Da der Beklagte zu 2 seine Äußerungen bei Vorträgen und [X.] mit Vertriebsmitarbeitern getätigt hat, nahm er billigend in Kauf, dass die von ihm gegebenen Informationen auch im Vertrieb zur Bewerbung der [X.] verwandt werden, um Interessenten zur Zeichnung einer Anlage zu veranlassen, die nicht den erweckten Vorstellungen entsprach. Soweit die Re-29
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vision dies anders sehen will, setzt sie lediglich in revisionsrechtlich unzulässi-ger Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, ohne relevante Verfahrensfehler aufzuzeigen. Da der Schaden -
wie oben ausgeführt
-
bereits in dem Erwerb der Beteiligung liegt, musste sich der bedingte Vorsatz des Beklagten
zu
2 lediglich darauf beziehen, dass seine unzutreffenden Äußerungen als Abschluss-
und Wirtschaftsprüfer und das ihm entgegengebrachte Vertrauen des Publikums für die [X.] ursächlich werden konnten. Dies war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall.
5. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht und insoweit von der [X.] unangegriffen eine Haftung der Beklagten zu
1 für das deliktische Verhalten ihres Geschäftsführers nach § 31 [X.] bejaht, weil der Beklagte zu
2 die haf-tungsbegründenden Äußerungen nicht als Privatperson, sondern zur Erläute-

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rung der im Rahmen der Abschlussprüfungen gewonnenen Erkenntnisse und damit in Ausübung seiner Organstellung getätigt hat.

Galke
[X.]
[X.]

von [X.]
Offenloch

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.09.2009 -
319 O 159/09 -

O[X.], Entscheidung vom 05.12.2012 -
11 [X.] -

Meta

VI ZR 13/13

19.11.2013

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2013, Az. VI ZR 13/13 (REWIS RS 2013, 1069)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1069

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VI ZR 13/13

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