Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.10.2013, Az. 2 ARs 319/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 1672

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Gegenstand

Anfrage an den Senat: Handlungseinheit bei mehreren selbstständigen Einfuhrhandlungen durch fallübergreifendes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln


Tenor

Der beabsichtigten Entscheidung des 4. Strafsenats - 4 StR 223/13 - steht bisherige Rechtsprechung des Senats - soweit ersichtlich - nicht entgegen.

Der Senat neigt aber mehrheitlich dazu, die Annahme von Handlungseinheit nicht auf selbständige Einfuhrhandlungen auszudehnen, die jeweils dem Zweck des Handeltreibens dienen, auch wenn die nachträgliche Zahlung für eine frühere Lieferung und die Übernahme der nächsten Lieferung zeitlich zusammentreffen.

Gründe

1

Der Anfrage liegt ein Fall zugrunde, in dem der Angeklagte mehrfach auf Kommissionsbasis Drogen bei seinem Lieferanten in [X.] beschafft hat, wobei er die Bezahlung der vorangegangenen Lieferung aus Mitteln seines Verkaufserlöses mit der Abholung der nächsten Lieferung verbunden hat. Der 4. Strafsenat sieht darin eine einheitliche Handlung des Handeltreibens in Tateinheit mit Einfuhr.

2

Dieser Annahme steht die bisherige Rechtsprechung des Senats, soweit ersichtlich, nicht entgegen (vgl. zum Zusammentreffen von Handeltreiben mit Einfuhr Senat, Urteil vom 18. Juli 1984 - 2 StR 322/84, [X.]St 33, 4, 6, dort allerdings noch unter Annahme einer fortgesetzten Handlung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln). Für den Fall des Zusammentreffens mehrerer Beihilfehandlungen zum Handeltreiben mit verschiedenen Taten der Einfuhr von Betäubungsmitteln hat der Senat durch Urteil vom 22. August 2012 2 [X.] ([X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 13) angenommen, dass dort keine Verklammerung der Einfuhrdelikte durch fallübergreifende Beihilfehandlungen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln stattfindet. Ob dasselbe auch bei einem Zusammentreffen von täterschaftlichem Handeltreiben mit Einfuhr möglich wäre, hat der Senat offen gelassen.

3

Der Senat neigt zu der Ansicht, dass auf der Grundlage des ohnehin sehr weit ausgelegten Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln die Annahme von Tateinheit nicht noch weiter dahin ausgedehnt werden sollte, dass hierdurch auch mehrere selbständige Einfuhrakte durch Annahme eines einheitlichen Handeltreibens verklammert werden.

4

Es bestehen bereits Bedenken gegen die Annahme, dass allein das zeitliche Zusammentreffen eines Bezahlungsvorgangs in Bezug auf eine frühere Drogenbeschaffung mit der Abholung der nächsten Lieferung zu einer Bewertungseinheit des Handeltreibens führt (krit. auch [X.], Beschluss vom 15. Februar 2011 - 3 StR 3/11; anders aber [X.], Urteil vom 25. April 2013 - 4 StR 418/12, [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 14).

5

Der Senat hat insoweit bisher vor allem dann Handlungseinheit angenommen, wenn ein einheitlicher Zahlungsvorgang der Erbringung einer Restzahlung wegen der früheren Lieferung und zugleich der Teilzahlung des Preises für die neue Lieferung diente, also zugleich verschiedene Drogenmengen betraf (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Oktober 2002 - 2 [X.], insoweit in NStZ-RR 2003, 75, nicht abgedruckt, und Beschluss vom 17. Oktober 2007 - 2 [X.]), oder wenn ein (Rest-) Kaufpreis mit neuen Teilmengen von [X.] „verrechnet" wurde (vgl. Senat, Beschluss vom 11. August 2004 - 2 [X.]). Im Einzelfall hat der Senat freilich aus dem zeitlichen Zusammentreffen der Zahlung auf eine frühere Drogenlieferung mit der Übernahme der nächsten Lieferung auf Tateinheit geschlossen (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Januar 2010 - 2 [X.], [X.], 684 f.).

6

Die Annahme, dass Tateinheit auch dann vorliegen soll, wenn eine frühere Drogenlieferung bei der Abholung der nächsten Lieferung bezahlt wird, ist jedoch nicht zwingend. Nach der allgemeinen Regel, dass allein das zeitliche Zusammentreffen unterscheidbarer Tathandlungen noch nicht zur Tateinheit führt, sondern erst die [X.] der objektiven Ausführungshandlungen (vgl. LK/[X.], StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 20), könnte auch das auf einem selbständigen Entschluss beruhende Handeltreiben mit verschiedenen [X.], von denen nur gleichzeitig eine bezahlt und eine andere entgegengenommen wird, als Tatmehrheit bewertet werden. Dafür spricht zumindest ein Teil der Gründe, die zur Aufgabe der Figur der fortgesetzten Handlung geführt haben (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Mai 1994 - [X.] und 3/93, [X.]St 40, 138, 146 ff.).

7

Jedenfalls dann, wenn durch die Annahme einer Bewertungseinheit des Handeltreibens auch eine Mehrzahl von auf selbständigen Tatentschlüssen beruhende Einfuhrhandlungen mit verschiedenen Drogenmengen insgesamt zu einer Tat im Rechtssinn verklammert würde, würde dies nach Ansicht des Senats zu einer zu weit gehenden Verbindung selbständiger Handlungen im strafrechtlichen Sinn führen und den Begriff der Handlungseinheit noch über den der früheren sogenannten fortgesetzten Handlung hinaus ausdehnen. Hierfür bestehen weder eine rechtliche Grundlage noch ein praktisches Bedürfnis.

Fischer                            Schmitt                       Krehl

               Eschelbach                         Zeng

Meta

2 ARs 319/13

24.10.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

vorgehend BGH, 31. Juli 2013, Az: 4 StR 223/13, Beschluss

§ 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG, § 52 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.10.2013, Az. 2 ARs 319/13 (REWIS RS 2013, 1672)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1672


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. GSSt 1/14

Bundesgerichtshof, GSSt 1/14, 17.03.2015.


Az. 4 StR 223/13

Bundesgerichtshof, 4 StR 223/13, 14.01.2016.

Bundesgerichtshof, 4 StR 223/13, 22.05.2014.

Bundesgerichtshof, 4 StR 223/13, 31.07.2013.


Az. 3 ARs 7/13

Bundesgerichtshof, 3 ARs 7/13, 06.02.2014.


Az. 2 ARs 319/13

Bundesgerichtshof, 2 ARs 319/13, 24.10.2013.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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