Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.02.2014, Az. 4 StR 567/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7577

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Gegenstand

Vollendeter Raub: Zueignungsabsicht hinsichtlich des vom Täter weggenommenen Teils eines bei der gewaltsamen Entwendung zerrissenen Geldscheins


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Juli 2013 mit den Feststellungen aufgehoben

a) im Fall II.2.a) der Urteilsgründe und

b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch.

2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Raubes in zwei Fällen sowie wegen Unterschlagung in Tateinheit mit versuchtem Raub zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision, die in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hat.

2

1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II.2.a) wegen vollendeten Raubes begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3

a) Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen entschloss sich der mittellose Angeklagte, "jede sich bietende Möglichkeit dazu zu benutzen, Passanten ihre Wertgegenstände ... entweder unbemerkt zu stehlen oder sich diese notfalls auch mit Gewalt zu verschaffen", um seinen Lebensunterhalt und Drogenkonsum zu finanzieren. Hierzu näherte er sich am Abend des 29. Dezember 2012 der 66jährigen Zeugin R.     , als diese eine Spielhalle verlassen hatte und im Begriff war, das ihr verbliebene Geld in ihr Portemonnaie zu stecken. Er riss an "dem oder den Geldscheinen", die die Zeugin mit [X.] festhielt. "Hierdurch [X.] ein 50-€-Schein, der Angeklagte rannte mit seiner Beute davon, die Geschädigte hielt in ihrer Hand lediglich noch den Rest des [X.]enen [X.]" ([X.] 11).

4

Im Rahmen der Beweiswürdigung führt die [X.] aus, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die Geschädigte die vor dem Spielhallenbesuch abgehobene Rente "bis auf den von ihr in der Hand gehaltenen 50 € Schein verspielt" habe ([X.] 19).

5

b) Damit ist ein vollendeter Raub nicht belegt. Nach den Feststellungen der [X.] handelte der Angeklagte bei der gewaltsamen Wegnahme zwar mit [X.], jedoch war diese auf "Wertgegenstände" gerichtet; ob sie sich auch auf den tatsächlich weggenommenen Teil des [X.] bezogen hat, ergibt sich aus den Feststellungen des [X.]s dagegen nicht.

6

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] gehört zur Absicht der rechtswidrigen Zueignung im Sinne von § 242 Abs. 1 bzw. § 249 Abs. 1 StGB der bestimmte Wille des [X.], das Tatobjekt der Substanz oder dem Sachwert nach dem eigenen Vermögen "einzuverleiben", es also, wenn auch nur für begrenzte Zeit, seinem Sach-(Substanz-)werte nach "für sich auszunutzen" (vgl. [X.], Urteil vom 10. Mai 1977 - 1 [X.], NJW 1977, 1460 mwN).

7

bb) Dies hat das [X.] hinsichtlich des weggenommen Teils des [X.] nicht festgestellt.

8

Zwar ist es für die "Einverleibung in das Vermögen" ohne Bedeutung, ob der Täter den Wert seines Vermögens erhöht und ob er sich bereichern will; denn Diebstahl ist keine Bereicherungsstraftat. Infolgedessen ist es für das subjektive Unrechtselement der [X.] ausreichend, dass der Täter, wenn er zur Wegnahme ansetzt, den bestimmten Willen hat, sich eine eigentümerähnliche Verfügungsgewalt anzumaßen, durch deren Ausübung der Bestand seines Vermögens geändert und der Berechtigte auf Dauer von der [X.] oder dem (vollen) Sachwert ausgeschlossen wird (vgl. [X.] aaO mwN). Dies ändert aber nichts daran, dass sich bei einem vollendeten Diebstahl oder Raub - schon nach dem Gesetzeswortlaut - die [X.] grundsätzlich auf die tatsächlich weggenommene Sache bezogen haben muss. Treten daher im Verlaufe der Tatbegehung Änderungen in Bezug auf das Tatobjekt oder die Vorstellungen des [X.] von diesem ein, ist für die Beurteilung der Kongruenz von objektivem und subjektivem Tatbestand der Zeitpunkt der letzten Ausführungshandlung entscheidend ([X.], Urteil vom 13. November 2003 - 3 [X.], [X.], 386, 387). Dies war hier der Augenblick, in dem der Angeklagte der Zeugin den Teil des [X.] entriss (vgl. [X.] aaO). Auf diesen Zeitpunkt bezogene Feststellungen zur [X.] des Angeklagten hat die [X.] jedoch nicht getroffen.

9

c) Eine Schuldspruchänderung - in (fehlgeschlagenen) versuchten Raub - ist dem Senat verwehrt. Zwar liegt es eher fern, dass sich die [X.] des Angeklagten nur auf den weggenommenen Teil des [X.] bezog. Das [X.] führt aber mehrfach aus, dass das Tatopfer von der abgehobenen Rente in Höhe von 625 € beim Verlassen der Spielhalle noch "mindestens" einen Geldschein hatte. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die neu zur Entscheidung berufene [X.] zur Höhe des noch mitgeführten Geldbetrages zu anderen, den bisherigen Schuldspruch tragenden Feststellungen gelangen kann.

2. Im Übrigen weist der Schuldspruch keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Jedoch begegnet auch der (verbleibende) Rechtsfolgenausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) In den [X.]) und c) können die vom [X.] verhängten Einzelstrafen schon deshalb keinen Bestand haben, weil die [X.] nicht geprüft hat, ob minder schwerer Fälle des (versuchten) Raubes gegeben sind. Hierzu bestand im Fall II.2.c) der Urteilsgründe schon deshalb Anlass, weil das [X.] den Strafrahmen des § 249 Abs. 1 StGB wegen vertypter Milderungsgründe doppelt gemindert und in der konkreten Strafzumessung keinen strafschärfend wirkenden Umstand aufgeführt hat; im Fall [X.]) hat es in rechtlich bedenklicher Weise bei einmal gemindertem Strafrahmen des § 249 Abs. 1 StGB zu Lasten des Angeklagten (lediglich) berücksichtigt, dass er das spätere Tatopfer in ein Gespräch verwickelt und es dadurch arglos gemacht hat, ohne festzustellen, dass er hierbei schon vorhatte, den Zeugen zu berauben.

b) Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.2.a) sowie der [X.] in den [X.]) und c) zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.

c) Durchgreifende Bedenken bestehen ferner, soweit das [X.] von der - vom Revisionsangriff nicht ausgenommenen - Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.

Insofern hat die [X.] das Vorhandensein eines Hangs des Angeklagten im Sinn des § 64 StGB - an dessen Vorliegen sie zweifelt - offen gelassen, weil es "zumindest" an der erforderlichen Erfolgswahrscheinlichkeit der Maßregel fehle; denn der Angeklagte habe sich "mit der Frage einer Therapie überhaupt nicht differenziert auseinandergesetzt" ([X.] 24). Dieser Erwägung kann allenfalls entnommen werden, dass der Angeklagte zu einer Therapie nicht bereit ist. Allein das genügt jedoch nicht, um von der Anordnung der Maßregel des § 64 StGB abzusehen (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 10. Juli 2012 - 2 StR 85/12, [X.], 689, 690, mwN).

Eine Ermessensentscheidung, bei der auch berücksichtigt werden kann, dass bei einem ausreisepflichtigen Ausländer die Möglichkeit eröffnet ist, von einer Unterbringung nach § 64 StGB Abstand zu nehmen, wenn erhebliche sprachliche Verständigungsprobleme bestehen und eine erfolgversprechende Therapie aufgrund der unzulänglichen Kommunikationsgrundlage mit dem Therapeuten kaum möglich ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 3. März 2009 - 3 StR 52/09, [X.], 170, 171, und vom 28. Oktober 2008 - 5 [X.], [X.], 205, jeweils mwN), hat die [X.] nicht getroffen. Sie kann vom Senat nicht nachgeholt werden.

[X.][X.]

                         Mutzbauer                                [X.]

Meta

4 StR 567/13

25.02.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dortmund, 19. Juli 2013, Az: 44 KLs 113 Js 1/13 - 7/13

§ 242 StGB, § 249 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.02.2014, Az. 4 StR 567/13 (REWIS RS 2014, 7577)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7577

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 567/13

Zitiert

2 StR 85/12

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