LG Dresden, Urteil vom 26.05.2021, Az. 8 O 1286/19

8. Zivilkammer | REWIS RS 2021, 9904

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Gegenstand

Persönliche Haftung des Vorstandes aus Art. 82 DSGVO; Gesamtschuldnerische Haftung mit der Gesellschaft.


Tenor

  1. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger eine angemessene Geldentschädigung, die vom Gericht in Höhe von Euro 5.000,00 € festgesetzt wird, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.4.2019, zu zahlen.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 1/4 die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner und 3/4 der Kläger. Der Kläger trägt zu diesem Bruchteil auch die Kosten des Streithelfers, im Übrigen trägt dieser seine Kosten selbst.
  4. Das Urteil ist für die Parteien jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 21.000,00 [X.] festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von den [X.] als Gesamtschuldner, wegen Verletzung der Regelungen der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) zu seinen Lasten - durch Weitergabe seiner Daten an ein Detektivbüro, verbunden mit der Auftragserteilung zu Recherchen über Vorstrafen und dem Leumund des [X.] - immateriellen Schadensersatz.

Der Beklagte zu 2) ist derzeit Vorstand der [X.] zu 1) und zur Alleinvertretung der [X.] zu 1) berechtigt; zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung war er Geschäftsführer der [X.] zu 1) und aufgrund der seinerzeit geltenden Satzung bis zu einem Betrag in Höhe von [X.] 50.000,00 uneingeschränkt vertretungsberechtigt. Die seinerzeit zu Geschäften über 50.000 zustimmungspflichtigen Mitglieder des Gremiums der [X.] zu 1), [X.], hatten der von [X.]eite gerügten Verletzungshandlung zugestimmt.

Der Kläger ist mit der [X.] zu 1), sowie dem [X.] zu 2) - und dessen damaliger Ehefrau – anlässlich einer von der [X.] zu 1) veranstalteten [X.] bekannt geworden. Ab diesem Zeitpunkt hatte sich ein Liebesverhältnis zwischen dem Kläger und der Ehefrau des [X.] zu 2) entwickelt, von dem der Beklagte zu 2) zunächst nichts mitbekommen hat.

Der Kläger stellte unter dem 1.9.2018 bei der [X.] zu 1) einen Antrag auf Mitgliedschaft, zum monatlichen Mitgliedsbeitrag von [X.] 10,00, mit jährliche Zahlungsweise und Erteilung einer Einzugsermächtigung. Die auf dem Antragsformular der [X.] zu 1) enthaltene datenschutzrechtlichen Erklärung mit dem Wortlaut:

„Ich bin – jederzeit widerruflich – einverstanden, dass mein Name, meine Anschrift, mein Geburtsjahr an Unternehmen, mit denen die [X.] auf Basis von Rahmenverträgen zusammenarbeitet zum Zwecke der [X.] übermittelt werden“,

hatte der Kläger mit „Nein“ angekreuzt.

Dieser Antrag wurde von der [X.] mit Schreiben vom [X.] ([X.]age K2), unterzeichnet von dem [X.] zu 2) sowie [X.][X.], abgelehnt, unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 4 der Satzung der [X.] zu 1).

§ 5 Abs. 4 der Satzung ([X.]age [X.]) lautet:

„Die Mitgliedschaft im Verein wird durch einen schriftlichen Aufnahmeantrag gestellt. Über die Aufnahme entscheidet der jeweilige Vorstand der Gruppe“.

Die zu dieser Zeit schon im Rahmen eines festen außerehelichen Verhältnisses verbundene damalige Ehefrau des [X.] zu 2), die im Büro der [X.] zu 1) ebenfalls beschäftigt und für Personalangelegenheiten zuständig war, informierte den Kläger davon, dass ihr damaliger Ehemann, der Beklagte zu 2), ihr in seinem Büro am Computer ein aufgesetztes Schreiben eines [X.] gezeigt habe, verbunden mit den Worten:

„Schau dir mal an, was Herr [X.][X.]. so treibt“.

Auf die hierauf aufgenommene Recherche des [X.], unter Hinzuziehung seines Verfahrensbevollmächtigten, stellte sich heraus, dass der Beklagte zu 2) zunächst telefonisch und im [X.] hieran mit E-Mail vom 25. September 2018, um 13:01 Uhr, ([X.]age K9) den (ihm persönlich bekannten) Geschäftsführer des [X.] [X.]……[X.]….., - unter dem Betreff:

„Dossier: [X.][X.][X.].“,

folgenden Auftrag erteilt hat:

„Wie telefonisch besprochen im Anhang der Mitgliedsantrag von [X.][X.]
Er ist wohl Geschäftsführer der[X.][X.]……[X.] . Was liegt gegen ihn vor (z. B. Vorbestraft?).

Über [X.][X.].. weiß ich, dass ihm der Jagdschein entzogen wurde. Die Rechnung bitte wieder zu meinen Händen per Mail.
Danke Mit freundlichen Grüßen
[X.]……[X.]
(....)“.

Bereits mit Schreiben vom gleichen Tag, dem [X.], ([X.]. [X.]) teilte das Detektivbüro (seinerzeit als GmbH firmierend) gegenüber der [X.] zu 1), zu Händen des [X.] zu 2), seine bisherigen Recherchen mit.
Eingangs des Schreibens wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1)

„(...) Für die angefragten Ermittlungen (ihr) berechtigtes Interesse“ (...) „hinreichend dar(gelegt)“ habe.

Und weiter heißt es:

„Demnach gilt es, die Zielperson [X.][X.]…. neben einer Erhebung in einer unzugänglichen Wirtschaftsauskunftei auch im Hinblick auf dessen Reputation bzw. Leumund zu prüfen. Hinsichtlich der von Ihnen angefragten Erhebung zu eventuellen Vorstrafen hatten wir Ihnen bereits dargelegt, dass diesbezüglich unsererseits kein Zugang zu entsprechenden Registraturen besteht. Wir empfehlen Ihnen daher, von dem Antragsteller [X.][X.] selbst ein Führungszeugnis abzufordern.“
(Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die [X.]. [X.] verwiesen).

Die [X.] stellten im Rahmen der gerichtlichen Anhörung des [X.] zu 2) unstreitig, dass die weiteren Entscheidungsträger, [X.][X.]…… und…[X.], die Entscheidung für diese Auftragserteilung an das Detektivbüro gebilligt haben (vgl. S. 6 des Sitzungsprotokolls, [X.]. 75R. dA).

Mit Schreiben vom 8.10.2018 ([X.]age [X.]) teilte das beauftragte Detektivbüro auf die Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten des [X.], die von ihm zwischenzeitlich durchgeführten Recherchen mit. Zum konkreten Inhalt wird auf das als [X.]age [X.] vorgelegte Schreiben verwiesen.

Mit Schreiben vom 31.12.2018 ([X.]. [X.]-2) gab das Detektivbüro gegenüber dem zwischenzeitlich eingeschalteten [X.] Datenschutzbeauftragten unter dem Betreff:

Aufforderung zur Auskunft gemäß Art. 58 Abs. 1 DSGVO (…) im Zusammenhang mit einem Auftrag der [X.][X.][X.][X.]…. oder einer Einzelperson“

Auskunft über seine getätigten Recherchen; unter Ziff. 5 ist vermerkt:

„Strafverfahren aus 2006, Aktenzeichen erfahren von [X.], Auskunftsstelle Strafabteilung, mündlich, Inhalt: nur Aktenzeichen Anzeigenerstatter und Art der Beendigung des Verfahrens, beauskunftende Person nicht notiert. Anfrage unsererseits mündlich per Telefon“.
Zum weiteren Inhalt wird auf das als ([X.]. [X.]-2) vorgelegte Schreiben vom 31.12.2018 verwiesen.

Mit Rechnung vom 9.10.2018 (weitere [X.]. [X.], angeheftet nach [X.]age [X.]) rechnete das Detektivbüro einen Gesamtbetrag in Höhe von [X.] 1.437,16 brutto gegenüber der [X.] zu 1) ab. Mit einem Teilbetrag von [X.] 300,00 rechnete das Detektivbüro Leistungen ab, die bezeichnet wurden mit:

„1 Gerichtsrecherche/Ermittlungen zum rechtlichen Hintergrund“
(vgl. [X.]. [X.], eingeheftet nach [X.]. [X.]-2).

Die Rechnung wurde von der [X.] zu 1) bezahlt.

Die Beklagte zu 1) legte hierzu einen „offiziellen Vorgang“ an (vgl. Sitzungsprotokoll, [X.], [X.]. 75 dA).

Die Beklagte zu 1) gab mit Schreiben vom 19.12.2018 ([X.]. [X.]) durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, gegenüber dem zwischenzeitlich vom Kläger eingeschalteten [X.] Datenschutzbeauftragten, Auskunft zu den von ihr initiierten Recherchen.

Sie ließ darauf verweisen, dass die Geschäftsführer durch den Bundesverband der [X.][X.]… darauf hingewiesen worden seien, bei [X.] darauf zu achten, dass keine extremistischen Personen oder Personengruppen, vorbestrafte und anderweitige Personen in den Verband aufgenommen werden, die dem Verband schaden können. Hier habe ein Anfangsverdacht vorgelegen, weshalb der Geschäftsführer für dieses Thema sensibilisiert gewesen sei.

Der Kläger forderte mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom [X.] ([X.]. [X.]) die Beklagte zu 1) vergeblich auf, einen immateriellen Schadensersatz in Höhe von [X.] 20.000,00, zuzüglich der hieraus errechneten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von [X.] 1.171,67 brutto bis zum [X.] zu bezahlen.

Unter dem [X.] lehnte die Beklagte zu 1) das ab ([X.]. [X.]).

Der Kläger fühlt sich durch die Recherchen der [X.] ausspioniert und sieht seine mit der Datenschutzgrundverordnung geschützten Rechte verletzt.

Er sieht den [X.] zu 2) als „Verantwortlichen“ im Sinne des § 4 (Nr.7) DS-GVO und damit in gesamtschuldnerischer Haftung für den von ihm geltend gemachten immateriellen Schaden.

Der Kläger beantragt:

  1. Die [X.] werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger eine angemessene Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 21.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.4.2019 zu zahlen.
  2. Die [X.] werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von den Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte [X.][X.][X.]……, in Höhe von 1.171,67 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die [X.] behaupten, gegenüber dem Kläger hätte der Verdacht einer Vorstrafe bestanden. Sie meinen, dies hätte sie zur Beauftragung des [X.], unter Weitergabe der Daten des [X.] sowie zur Kenntnisnahme und Ablage der [X.] des [X.] in ihren Unterlagen berechtigt.

Die vom Kläger geltend gemachte besondere Betroffenheit im Hinblick auf seine Familiengeschichte sei vorgeschoben.

Da es sich bei dieser Handhabung um einen Einzelfall handele, sei jedenfalls ein etwaiger Schadensersatz im unteren Bereich anzusetzen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18.09.2019 dem Inhaber des [X.], nun als [X.][X.] firmierend, Herrn [X.][X.], den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit auf Seiten der [X.] zu 1) und 2) beigetreten.

Ein zwischen den Parteien durchgeführtes [X.] blieb erfolglos.

Der Kläger und der Beklagte zu 2) wurden im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.04.2021 informatorisch angehört. Zu ihren Angaben im Einzelnen wird auf das Sitzungsprotokoll [X.]. 73-77 dA verwiesen.

Zum weiteren Vorbringen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten und zur Akte genommenen Schriftsätze nebst [X.]agen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1

Die Klage ist zulässig, aber der Höhe nach nur teilweise begründet.

2

Das [X.] ist das für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs des [X.] aus Art. 82 DS-GVO nach Art. 80 Abs. 6, 79 Abs. 2 DS-GVO sachlich und örtlich zuständige Gericht (§§ 21, 71 [X.], §§ 13, 17 ZPO), vgl. [X.]/[X.], [X.]. 1.11.2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 46 ff., 48.

3

I.

4

Der Kläger hat gegen die [X.] zu 1) und 2) als Gesamtschuldner einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 4 Nr. 7, 82 Abs. 1 und 4 DS-GVO.

5

Denn die [X.] haben - jeweils als Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DS-GVO - gegen die Regelung der Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO und des Art. 34 DS-GVO verstoßen.

6

Artikel 82 lautet unter der Überschrift „Haftung und Recht auf Schadenersatz“ wie folgt:

7

[...]

8

Artikel 6 DS-GVO enthält unter der Überschrift „Rechtmäßigkeit der Verarbeitung“ u.a. folgende Regelung:

9

[...]

10

Artikel 34 DS-GVO regelt unter der Überschrift: „Benachrichtigung der von einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten betroffenen Person“ Folgendes:

11

[...]

12

1.

13

Verletzungshandlung ist das durch die Beklagte zu 1), vertreten durch den [X.] zu 2), durch die Beauftragung des [X.], unter Weitergabe der Daten des [X.] aus seinem Antrag auf Mitgliedschaft bei der [X.] zu 1) vom 01.09.2018, erfolgte, beabsichtigte Ausspionieren seiner Person.

14

Die Beauftragung des [X.] muss zwischen dem 01.09.2018 und dem 25.09.2018 erfolgt sein (vgl. [X.] K9 und erster Bericht [X.], jeweils vom 25.09.2018 und Antrag [X.] vom 01.09.2018).

15

a)

16

Auf diese Verletzungshandlung finden Art. 4, 82 DS-GVO Anwendung.

17

Nach Art. 99 Abs. 2 DS-GVO gilt diese ab dem 25. Mai 2018 unmittelbar in allen Mitgliedstaaten. Aus Art. 99 in Verbindung mit Erwägungsgrund 171 Satz 3 der DS-GVO ergibt sich, dass sie ab diesem Zeitpunkt uneingeschränkt Anwendung findet und dass alle Verarbeitungen, die zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen haben, binnen zwei Jahren nach dem Inkrafttreten (24. Mai 2016, vgl. Art. 99 Abs. 1 DS-GVO), mit der Verordnung in Einklang gebracht werden sollen. Ab diesem Zeitpunkt verdrängt die Verordnung in ihrem Anwendungsbereich die nationalen Gesetze (vgl. zum Vorrang ausdrücklich § 1 Abs. 5 BDSG in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung ([X.]) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie ([X.]) 2016/680 vom 30. Juni 2017, [X.] I, [X.]097; [X.], Urteil vom 12. Juli 2018 – [X.]/17 –, Rn. 66, juris).

18

b)

19

Die [X.] waren zu einer Weitergabe der Daten des [X.] nicht berechtigt.
Der Kläger hatte dies in seinem Aufnahmeantrag untersagt (“Nein“ angekreuzt).
Vorliegend diente die Weitergabe zwar nicht kommerziellen Zwecke, die erklärte ausdrückliche Ablehnung erstreckt sich aber - ohne weiteres auch ersichtlich für die [X.] - erst Recht auf ein Ausspionieren der Person des [X.] (§§ 133, 157 BGB, arg. a minore ad maius).
Die von den [X.] gehegten Verdachtsmomente wären durch ein ergänzendes Auskunftsverlangen gegenüber dem Kläger zu klären gewesen.

20

c)

21

„Verantwortlicher“ im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DS-GVO ist die natürliche oder juristische Person, Behörde, Dienst, Einrichtung oder jede andere Stelle, die bzw. der allein oder gemeinsam mit anderen Entscheidungsbefugnis im Hinblick auf die Datenverarbeitung und -weitergabe hat.

22

Vorliegend ist die Beklagte zu 1) als Auftraggeber, unter Weiterleitung der Daten des [X.], gegenüber dem Detektivbüro aufgetreten. Sie ist als eingetragener Verein eine juristische Person des Privatrechts und damit Verantwortlicher nach Art. 4 Nr. 7 DS-GVO.
Letztendlich handelt bei einer Behörde als verantwortliche Stelle der Behördenleiter, bei einer juristischen Person, wie der GmbH der oder die Geschäftsführer und bei einer AG der Vorstand. Damit gibt es auch immer natürliche Personen, die letztendlich auch die persönliche Verantwortung für [X.] oder [X.] zu tragen haben. Diese Verantwortung ist nur beschränkt delegierbar und wird auch nicht durch die Bestellung eines behördlichen oder betrieblichen Datenschutzbeauftragten abbedungen ([X.]/Schild, [X.]. [X.], DS-GVO Art. 4 Rn. 89).

23

„Verantwortliche Stelle“ in diesem Sinne ist bei der [X.] zu 1) - nach eigenem unstreitigen Vortrag - der Beklagte zu 2) für [X.] bis Euro 50.000,00 gewesen. Zudem hat unstreitig auch das gesamte seinerzeitige [X.] der [X.] zu 1) diese Verletzungshandlung gebilligt.

24

Nach der Haftungsregelung der DS-GVO ist damit vorliegend auch eine Außenhaftung des Organs „Geschäftsführung/Vorstand“ - in der von den [X.] übereinstimmend und unstreitig angegebenen Besetzung - zusammen mit der [X.] zu 1) gemäß Art. 82 Abs. 1 und 4 DS-GVO iVm § 421 BGB gegeben ([X.]/[X.], [X.]. 1.11.2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 44). Hiervon wird nur der Beklagte zu 2) zusammen mit der [X.] zu 1) gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen.

25

d)

26

Der Beklagte zu 2) handelte hierbei auch vorsätzlich; sein Handeln ist der [X.] zu 1) nach §§ 278, 31 BGB zuzurechnen.
Soweit sich die [X.] mit ihrer Pflicht zu rechtfertigen versuchen, extremistische und/oder gewalttätige bzw. insoweit einschlägig vorbestrafte Personen nicht als Mitglieder aufzunehmen, und in der Person des [X.] dahingehende Verdachtsmomente bestanden hätte, kann sogar die Behauptung der [X.]

  • “Über ……………….. weiß ich, dass ihm der Jagdschein entzogen wurde“, aus der E-Mail vom 25.09.2018
  • bzw. die Behauptung des [X.] zu 2), bei einem Gespräch mit dem Kläger habe dieser ihm selbst gegenüber erklärt, in Verbindung mit dem Jagdschein auch einmal strafrechtliche Schwierigkeiten gehabt zu haben und ihn das zu weiteren Recherchen zu seiner Person über das ihm bekannte Detektivbüro [X.] veranlasst habe (vgl. S. 6 des Sitzungsprotokolls, [X.]. 75 R. dA),
27

als wahr unterstellt werden, ohne dass dies den [X.] weiterhelfen würde.

28

Denn diese Anhaltspunkte rechtfertigen nicht ansatzweise weder weitere Nachfragen noch erst recht nicht detektivische Recherchen (selbst wenn diese nichts gekostet hätten). Sie sind objektiv betrachtet weder durch die behaupteten Erkenntnisse gerechtfertigt noch geeignet und/oder verhältnismäßig gewesen, um über den Aufnahmeantrag des [X.] zu entscheiden.

29

Bei diesem [X.] handelt es sich nach Überzeugung des Gerichts vielmehr um eine offensichtliche Schutzbehauptung, die das allein vorliegende subjektive Interesse des [X.] zu 2), Anhaltspunkte zu ermitteln, seinen Nebenbuhler um die Gunst seiner damaligen Ehefrau zu verunglimpfen, verschleiern sollte.

30

Hierfür hat der Beklagte zu 2) - bewusst und gewollt - den Aufnahmeantrag des [X.] zum [X.]ass genommen, im Namen und auf Kosten der [X.] zu 1) Recherchen über ein Detektivbüro, insbesondere
zu Vorstrafen und dem „Leumund“ des [X.], zu betreiben.

(vgl. hierzu auch die Einlassung der [X.] zu 1) durch ihren Verfahrensbevollmächtigten gegenüber dem [X.] Datenschutzbeauftragten vom 19.12.2018 ([X.]. [X.]-1, [X.] unten - ferner heißt es dort auf [X.]: ohne entsprechenden Auftrag zur Überprüfung der Bonität, hätte die Detektei „trotzdem umfassend ermittelt“).

31

2.

32

Gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.
Für den immateriellen Schadensersatz gelten dabei die im Rahmen von § 253 BGB entwickelten Grundsätze, die Ermittlung obliegt dem Gericht nach § 287 ZPO ([X.]/[X.], [X.]. 1.2.2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 31).
Es können für die Bemessung die Kriterien des Art. 83 Abs. 2 DS-GVO herangezogen werden, bspw. die Art, Schwere und Dauer des Verstoßes unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs oder des Zwecks der betreffenden Verarbeitung, die betroffenen Kategorien personenbezogener Daten. Zu berücksichtigen ist auch, dass die beabsichtigte abschreckende Wirkung nur durch für den [X.] empfindliche Schmerzensgelder erreicht wird, insbesondere wenn eine Kommerzialisierung fehlt. Ein genereller Ausschluss von [X.] ist damit nicht zu vereinbaren ([X.]/[X.], [X.]. 1.2.2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 31).

33

a)

34

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ergibt die vorzunehmende Gesamtwürdigung hier, dass ein Schadensersatzanspruch des [X.] dem Grunde nach besteht.

35

Der Kläger hat die Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 GG auch substantiiert dargelegt bzw. diese liegt bereits auf der Hand.
Kein Antragsteller auf Mitgliedschaft in einem eingetragenen gemeinnützigen Verein möchte sich auf seinen Antrag hin, einer Ausspionierung seiner Privatsphäre - noch dazu durch ein professionelles Detektivbüro - ausgesetzt sehen.

36

Die mit der Beauftragung des [X.] erfolgte Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und die von dem [X.] zu 2) damit beabsichtigte und der [X.] zu 1) nach §§, 31 278 BGB zurechenbare Ausspionierung der Privatsphäre des [X.] durch das Detektivbüro stellt auch einen erheblichen Eingriff in das durch die DS-GVO geschützt Persönlichkeitsrecht des [X.] dar.

37

b)

38

Allerdings ist der vorliegende Verstoß in einem vorrangig privaten Verhältnis zweier Nebenbuhler um die Gunst einer Frau einzuordnen, in dessen Rahmen einer von beiden den bestehenden Kontakt zu einem Detektivbüro - nach Überzeugung des Gerichts glaubhaft - erstmalig und einmalig dazu benutzt hat, ureigene private Interessen, unter Verstoß gegen die DS-GVO zu verfolgen.

39

Dieser Umstand liegt nach Überzeugung des Gerichts, aufgrund des unstreitigen Tatbestands, auf der Hand.

40

Er war auch für den Kläger in genau dieser Weise, bei objektiver Betrachtung erkennbar.

41

Vor diesem Hintergrund, eines auch für den Kläger ohne weiteres erkennbaren rein privaten Hintergrunds, erscheint zum Ausgleich seines immateriellen Schadens, auch unter Präventionsgesichtspunkten, ein Betrag in Höhe von Euro 5.000,00 als angemessen und ausreichend, andererseits aber auch unverzichtbar, nachdem diese Handhabung bei den [X.] - offenbar auch während des Verfahrens - keine kritische Aufarbeitung gefunden hat.

42

II.

43

Die geltend gemachten und zugesprochenen Zinsen beruhen auf dem Gesichtspunkt des Verzuges, der ab dem [X.] der [X.] zu 1) vom [X.] ([X.]. [X.]1) vorgelegen hat (§§ 286, 288 Abs. 1 BGB).

44

III.

45

Die Kläger hat keinen Anspruch auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, auch nicht aus dem geringeren zugesprochenen Wert von Euro 5.000,00, da die Beklagte zu 1) erst nach Beauftragung der Rechtsanwälte, nämlich durch deren Schreiben vom [X.] ([X.]. [X.]1) in Verzug gesetzt worden ist. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind damit vor Verzug der [X.] zu 1) entstanden.

46

V.

47

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 101 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Die Festsetzung des [X.] hat ihre Rechtsgrundlage in § 3 ZPO in Verbindung mit dem Klageantrag.

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Meta

8 O 1286/19

26.05.2021

LG Dresden 8. Zivilkammer

Urteil

Sachgebiet: O

OLG Dresden, Urteil vom 29.11.2021, Az. 4 U 1158/21

Art. 82 DSGVO, § 32 BGB

Zitier­vorschlag: LG Dresden, Urteil vom 26.05.2021, Az. 8 O 1286/19 (REWIS RS 2021, 9904)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9904


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 8 O 1286/19

LG Dresden, 8 O 1286/19, 26.05.2021.


Az. 4 U 1158/21

OLG Dresden, 4 U 1158/21, 30.11.2021.


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