Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.02.2021, Az. I ZB 78/20

1. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 8385

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VOLLSTRECKBARERKLÄRUNG SCHIEDSGERICHTLICHES VERFAHREN

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Gegenstand

Einrede der Schiedsvereinbarung: Rüge der verspäteten Erhebung im Rechtsbeschwerdeverfahren; Verzichtbarkeit einschließlich der Fristgebundenheit und Heilung der Verspätung


Leitsatz

1. Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann als Rechtsfehler gerügt werden, die Vorinstanz habe eine Schiedseinrede zu Unrecht berücksichtigt, weil diese verspätet erhoben worden sei.

2. Die Einrede der Schiedsvereinbarung gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO stellt einschließlich der Fristgebundenheit ihrer Erhebung eine verzichtbare Verfahrensvorschrift im Sinne von § 295 Abs. 2 ZPO dar. Wird eine Schiedseinrede verspätet erhoben, kann die Überschreitung der in § 1032 Abs. 1 ZPO normierten zeitlichen Grenze nach § 295 Abs. 1 ZPO geheilt werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 26. Zivilsenat - vom 7. September 2020 wird auf Kosten der Antragsgegnerin als unzulässig verworfen,

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.239.321,15 € festgesetzt.

Gründe

1

A. Die [X.]en schlossen am 17. März 2015 einen Vertrag, in dem sich die Antragsgegnerin, die ihren Sitz in [X.] hat, verpflichtete, der in [X.] ansässigen Antragstellerin eine Stückgut-Füllmaschine zum Eindosen von Fisch (nachfolgend: Maschine) zu liefern. In den Vertrag waren die von der Antragstellerin gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen einbezogen, die in der [X.] Fassung folgende Regelung enthielten:

DISPUTES AND APPLICABLE LAW

46. All disputes arising out of or in connection with the Contract shall be finally settled under the Rules of Arbitration of the International Chamber of Commerce by one or more arbitrators appointed in accordance with the said Rules.

47. [X.] country.

2

In der [X.] Fassung lautet die Passage:

[X.] UND [X.] RECHT

46. Alle sich in Verbindung mit oder aus dem Vertrag ergebenden Streitigkeiten werden nach der Schiedsordnung der [X.] von einem oder mehreren Schiedsrichter/n endgültig entschieden, der/die gemäß dieser Ordnung ernannt wird/werden.

47. Der Vertrag unterliegt dem materiellen Recht des Landes des Lieferers.

3

Nach Streit über von der Antragstellerin gerügte Mängel der Maschine erklärte die Antragstellerin mit Schreiben vom 7. Dezember 2017 gegenüber der Antragsgegnerin die "avoidance" (Aufhebung) des Vertrags.

4

Im nachfolgenden Schiedsverfahren machten die [X.]en im Wege von Klage und Widerklage verschiedene Ansprüche geltend. In den "terms of reference" wurde als Ort des Schiedsverfahrens [X.] vereinbart. Mit Schiedsspruch vom 18. Dezember 2019 erkannte das Schiedsgericht der Antragstellerin in der Hauptsache verschiedene Zahlungsansprüche gegen die Antragsgegnerin zu, stellte zu ihren Gunsten den Annahmeverzug der Antragsgegnerin mit der Demontage und dem Abtransport der gelieferten Maschine fest sowie das Nichtbestehen eines von der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs.

5

Die Maschine wurde im Januar 2020 von der Antragsgegnerin bei der Antragstellerin abgeholt.

6

Die Antragstellerin hat die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt. Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Schiedsspruch aufzuheben. Sie hat sich gegen die im Schiedsspruch titulierten Forderungen durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch verteidigt und dazu behauptet, die Antragstellerin habe die Maschine grob fahrlässig durch unsachgemäße Lagerung nach der letzten mündlichen Verhandlung im Schiedsverfahren am 18. September 2019 beschädigt.

7

Die Antragstellerin hat in ihrer Replik vom 23. April 2020 die Auffassung vertreten, der [X.] der Antragsgegnerin sei im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht statthaft. Einen angeblichen Schadensersatzanspruch solle die Antragsgegnerin vor dem zuständigen Gericht separat einklagen. Das [X.] hat mit Beschluss vom 4. Juni 2020 darauf hingewiesen, dass eine Aufrechnung im Vollstreckbarerklärungsverfahren grundsätzlich berücksichtigungsfähig sei, wenn sie nicht ihrerseits einer [X.] unterliege. Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 hat die Antragstellerin geltend gemacht, ein eventueller Schadensersatzanspruch wegen Zerstörung der Maschine unterfalle der [X.] der [X.]en. Auf diesen Schriftsatz, der ihr zur Stellungnahme hinsichtlich der erhobenen [X.] übersandt worden ist, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 28. Juli 2020 geantwortet und ausgeführt, der Schadensersatzanspruch unterliege nicht der [X.], weil es sich nicht um einen vertraglichen Anspruch handele.

8

Das [X.] hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie ihren Aufhebungsantrag weiterverfolgt. Die Antragstellerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

B. Das [X.] hat angenommen, der Antrag auf Vollstreckbarerklärung sei zulässig und begründet (OLG [X.], Beschluss vom 7. September 2020 - 26 Sch 2/20, juris). Der von der Antragsgegnerin erklärten Aufrechnung stehe die von der Antragstellerin erhobene Einrede der Schiedsvereinbarung entgegen. Die zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung werde von der in Nr. 46 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin formularmäßig getroffenen [X.] erfasst.

C. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).

I. Die Rechtsbeschwerde beruft sich ohne Erfolg darauf, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage zu klären sei, bis zu welchem Zeitpunkt die [X.] in einem Vollstreckbarerklärungsverfahren ohne mündliche Verhandlung geltend gemacht werden könne.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, das heißt allgemein von Bedeutung ist ([X.], Beschluss vom 8. Februar 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3).

2. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie im Streitfall nicht entscheidungserheblich ist.

a) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat nach § 1032 Abs. 1 ZPO das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt, es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist. Die Vorschrift stellt eine Sonderregelung für die Erhebung der [X.] dar, die den allgemeinen Präklusionsvorschriften (§ 276 Abs. 1 Satz 2, § 282 Abs. 3 Satz 2, § 296 Abs. 3 ZPO) vorgeht. Wird der beklagten [X.] eine Klageerwiderungsfrist gesetzt, so muss die [X.] nach dem klaren Wortlaut von § 1032 Abs. 1 ZPO und anders als bei § 282 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht schon innerhalb dieser Frist erhoben werden. Es reicht vielmehr aus, die Rüge vor Beginn der mündlichen Verhandlung zu erheben (vgl. [X.], Urteil vom 26. November 2020 - I ZR 245/19, [X.] 2021, 97 Rn. 17 mwN).

b) Die Vorschrift des § 1032 Abs. 1 ZPO findet im Vollstreckbarerklärungsverfahren Anwendung, auch wenn ihr Wortlaut eine "Klage" voraussetzt. Die [X.] kann einer vor staatlichen Gerichten geltend gemachten Einwendung entgegengehalten werden, wenn diese schiedsbefangen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Januar 2008 - [X.], [X.] 2008, 94 Rn. 10; Beschluss vom 29. Juli 2010 - [X.], [X.] 2010, 275 Rn. 3; Beschluss vom 30. September 2010 - [X.]/10, [X.] 2010, 330 Rn. 12; Seehawer, [X.], 2016, [X.]). Auch die Schiedsbefangenheit einer Aufrechnungsforderung ist vom staatlichen Gericht jedoch nur zu beachten, wenn die die Vollstreckbarerklärung beantragende [X.] mit Blick auf die Aufrechnungsforderung die [X.] erhebt (vgl. [X.], [X.] 2010, 330 Rn. 12; OLG [X.], [X.] 2010, 52, 56 [juris Rn. 40]; [X.], [X.] 2010, 276, 277 [juris Rn. 25]; [X.], Beschluss vom 30. November 2015 - 34 Sch 39/14, juris Rn. 27; [X.], Beschluss vom 1. Dezember 2015 - 34 Sch 26/15, juris Rn. 27; [X.], Beschluss vom 8. November 2016 - 34 Sch 11/15, BeckRS 2016, 20383 [unter II 3 b]; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 17. Aufl., § 1060 Rn. 12; [X.]/[X.], 39. Edition [Stand 1. Dezember 2020], § 1060 Rn. 11; [X.].ZPO/[X.], 5. Aufl., § 1060 Rn. 35a; [X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl., § 1060 Rn. 11).

c) Die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt in einem Vollstreckbarerklärungsverfahren ohne mündliche Verhandlung die [X.] erhoben werden muss, kann im Streitfall offenbleiben. Die Voraussetzungen des § 1032 Abs. 1 ZPO sind vom Rechtsbeschwerdegericht zwar zu überprüfen (dazu [X.]). Es spricht auch viel dafür, dass die Antragstellerin die [X.] nicht verspätet erhoben hat (dazu [X.]). Diese Frage bedarf aber keiner Entscheidung, weil die Antragsgegnerin sich mangels Rüge vor dem [X.] auf eine verspätete Erhebung der [X.] durch die Antragstellerin nicht berufen kann (§ 295 Abs. 1 in Verbindung mit § 576 Abs. 3, § 556 ZPO; dazu [X.] c cc).

aa) Das [X.] hat die [X.] für zulässig erachtet, ohne die Frage der Rechtzeitigkeit zu prüfen. Diese Beurteilung unterliegt der Prüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann als Rechtsfehler gerügt werden, die Vorinstanz habe eine [X.] zu Unrecht berücksichtigt, weil diese verspätet erhoben worden sei.

(1) Für ihre gegenteilige Auffassung verweist die Rechtsbeschwerdeerwiderung auf Rechtsprechung, wonach das Rechtsmittelgericht nicht zu prüfen hat, ob die Vorinstanz Angriffs- und Verteidigungsmittel zu Recht berücksichtigt hat (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Januar 2004 - [X.], NJW 2004, 1458, 1459 [juris Rn. 12 f.]; Versäumnisurteil vom 22. Februar 2006 - [X.], [X.]Z 166, 227 Rn. 12 und 18; vgl. auch [X.], Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13, [X.], 88 Rn. 40 = [X.], 35 - [X.]). Die Überprüfung, ob die Vorinstanz bei der Zulassung neuen Vortrags die Voraussetzungen der Präklusionsvorschriften beachtet hat, ist dem Rechtsmittelgericht verwehrt, weil dieser Verfahrensfehler überholt ist; durch die verfahrensfehlerhafte Zulassung ist die Zurückweisungsvoraussetzung der drohenden Verzögerung (§§ 296, 530 ZPO) beseitigt und das Vorbringen zu berücksichtigen. Eine zu Unrecht erfolgte Zulassung verspäteten Vorbringens kann wegen der damit verbundenen definitiven Einführung in das Verfahren nicht korrigiert werden (vgl. [X.]Z 166, 227 Rn. 18; [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 530 Rn. 30 und § 531 Rn. 8 mwN; [X.]/[X.], ZPO, 8. Aufl., § 296 Rn. 57).

(2) Bei der [X.] gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO geht es dagegen nicht um neuen Vortrag; vielmehr handelt es sich dabei um eine Prozesseinrede (vgl. Schlosser in [X.] aaO § 1032 Rn. 1), für die es auf eine Verzögerung nicht ankommt (zu § 296 Abs. 3 ZPO vgl. [X.]/[X.] aaO § 296 Rn. 57 mwN). Lässt die Vorinstanz eine verspätete [X.] zu Unrecht zu und weist sie deshalb die Klage als unzulässig ab oder berücksichtigt sie - wie hier - einen [X.] im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht, versagt sie der klagenden oder die Einwendung geltend machenden [X.] damit rechtsfehlerhaft den Zugang zu den staatlichen Gerichten (zur Revisibilität der Zulassung der [X.] entgegen § 529 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 3. Dezember 1976 vgl. [X.], Urteil vom 29. März 1984 - I ZR 230/81, [X.], 836, 837 [juris Rn. 23] = WRP 1984, 597).

(3) Das Rechtsmittelgericht hat deshalb zu prüfen, ob die Voraussetzungen von § 1032 Abs. 1 ZPO tatsächlich vorgelegen haben (vgl. [X.], [X.] 2021, 97 Rn. 16 bis 18; zu § 296 Abs. 3 ZPO vgl. [X.]/[X.] aaO § 296 Rn. 35; [X.] in [X.] aaO § 296 Rn. 153; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 79. Aufl., § 296 Rn. 75, 76). Die Möglichkeit divergierender Entscheidungen im Instanzenzug steht dem nicht entgegen. [X.] das Gericht erster Instanz die Klage aufgrund einer [X.] als unzulässig ab, kann die Rechtskraft dieser Entscheidung abgewartet werden, bevor die Sache beim Schiedsgericht anhängig gemacht wird, zumal die Frage der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung im Sinne von § 1032 Abs. 1 ZPO ebenfalls der Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht unterliegt.

bb) Im Streitfall spricht viel dafür, dass die [X.] nicht verspätet war.

(1) Die Antragstellerin hat in der Replik vom 23. April 2020 darauf hingewiesen, dass die Aufrechnung im Vollstreckbarerklärungsverfahren unzulässig sei, und den Schadensersatzanspruch bestritten. Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 hat sie sodann die [X.] erhoben.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist der Auffassung, die [X.] sei verspätet erhoben worden. Im Vollstreckbarerklärungsverfahren, in dem keine mündliche Verhandlung stattfinden solle, müsse die Einrede in dem Schriftsatz erhoben werden, in dem sich die Antragstellerin erstmals zur Aufrechnung der Antragsgegnerin erklären könne.

(3) Es erscheint zweifelhaft, ob die Rechtsbeschwerde mit dieser Auffassung durchdringen könnte.

Die Sonderregelung in § 1032 Abs. 1 ZPO verlagert den Zeitpunkt, bis zu dem die Unzuständigkeit des staatlichen Gerichts mit der [X.] zulässigerweise gerügt werden kann, im Vergleich zu den allgemeinen Vorschriften zeitlich nach hinten bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung. Findet keine mündliche Verhandlung statt und ist auch kein vergleichbarer Zeitpunkt wie im Fall des § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO festgelegt, dürfte es an einer verlässlichen Grundlage für eine zeitliche Grenze für diese Rüge fehlen. Es spricht deshalb viel dafür, dass das [X.] erst mit der nächsten gerichtlichen Entscheidung untergeht, wenn für die rügeberechtigte [X.] keine Schriftsatzfrist gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO läuft oder sie sich nicht äußert (zu § 295 Abs. 1 ZPO vgl. [X.] in Musielak/[X.] aaO § 295 Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.], ZPO, 41. Aufl., § 295 Rn. 6; [X.] in [X.] aaO § 295 Rn. 42; Deppenkemper in Prütting/[X.], ZPO, 12. Aufl., § 295 Rn. 10; [X.]/[X.] aaO § 295 Rn. 8.2; [X.].ZPO/Prütting aaO § 295 Rn. 41; zum Verlust des Ablehnungsrechts gemäß § 19 Abs. 2 Satz 3 [X.]G vgl. [X.], [X.], 480 Rn. 18).

Das Vollstreckbarerklärungsverfahren ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht auf ein Verfahren ohne mündliche Verhandlung angelegt. Selbst wenn kein Fall der zwingenden mündlichen Verhandlung (§ 1063 Abs. 2 ZPO) vorliegt, folgt aus § 128 Abs. 4 ZPO in Verbindung mit § 1063 Abs. 1 ZPO lediglich, dass die Entscheidung im Vollstreckbarerklärungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die Anordnung der mündlichen Verhandlung steht damit im Ermessen des Gerichts (vgl. [X.]/[X.] aaO § 1063 Rn. 3). Die Entscheidung darüber, ob ein Fall des § 1063 Abs. 2 ZPO gegeben ist, dürfte ebenso wie die Ermessensentscheidung im Rahmen von § 128 Abs. 4 ZPO regelmäßig erst getroffen werden können, wenn die Antragsgegnerin auf den [X.] erwidert hat. In dem Zeitpunkt, den die Rechtsbeschwerde als für die Erhebung der [X.] maßgeblich ansieht - Schriftsatz, in dem die Antragstellerin sich erstmals zur Aufrechnung der Antragsgegnerin im [X.] erklären kann -, wird deshalb häufig noch nicht feststehen, ob eine mündliche Verhandlung angeordnet wird. Es dürfte aber mit Art. 103 Abs. 1 GG nicht vereinbar sein, wenn der Zeitpunkt, bis zu dem die Einrede zulässigerweise erhoben werden konnte, erst feststeht, wenn dieser Zeitpunkt bereits verstrichen ist. Das gilt wohl auch mit Blick darauf, dass das Gericht eine anberaumte Verhandlung wieder absetzen kann, wenn es zu der Auffassung gelangt, eine Verhandlung sei doch nicht erforderlich. Darauf weist die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend hin.

Schließlich könnte auch ein Vergleich mit der Regelung des § 39 Satz 1 ZPO für die Annahme sprechen, dass die [X.] gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO im schriftlichen Verfahren (§ 1063 Abs. 1 ZPO) bis zur Entscheidung des Gerichts erhoben werden kann. Nach der Gesetzesbegründung sollte mit § 1032 Abs. 1 ZPO eine dem § 39 ZPO entsprechende Vorschrift geschaffen werden (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des [X.], BT-Drucks. 13/5274, [X.]), auch wenn die Regelungen im Detail unterschiedlich ausgestaltet sind. Nach § 39 Satz 1 ZPO wird die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten [X.] dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Für § 39 Satz 1 ZPO ist anerkannt, dass die Vorschrift in den Fällen einer fakultativen mündlichen Verhandlung - wie hier - nur anwendbar ist, wenn tatsächlich verhandelt wird (vgl. [X.], [X.] 2008, 307, 308 [juris Rn. 10]; [X.] in [X.] aaO § 39 Rn. 6; [X.]/[X.] aaO § 39 Rn. 7; [X.] in Musielak/[X.] aaO § 39 Rn. 4; [X.]/[X.] aaO § 39 Rn. 8).

cc) Im Ergebnis bedarf die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt in einem Vollstreckbarerklärungsverfahren ohne mündliche Verhandlung die [X.] erhoben werden muss, allerdings keiner Entscheidung, weil eine etwaige Überschreitung der in § 1032 Abs. 1 ZPO normierten zeitlichen Grenze für die Erhebung der [X.] gemäß § 295 Abs. 1 ZPO geheilt wäre. Die Rechtsbeschwerde könnte sich deshalb gemäß § 576 Abs. 3, § 556 ZPO nicht auf eine Verletzung von § 1032 Abs. 1 ZPO berufen.

(1) Nach § 295 Abs. 1 ZPO kann die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift nicht mehr gerügt werden, wenn die [X.] auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste. In den Fällen des schriftlichen Verfahrens gemäß § 128 Abs. 2 und 3 ZPO tritt das schriftsätzliche Vorbringen an die Stelle des Vortrags in der mündlichen Verhandlung. Unterlässt es die [X.] trotz Kenntnis oder in schuldhafter Unkenntnis des Mangels, ihn schriftsätzlich zu [X.], verliert sie mit der Einreichung des nächsten Schriftsatzes das [X.] (zum Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO vgl. [X.], Urteil vom 20. März 2007 - [X.], NJW 2007, 2122 Rn. 9); läuft für eine [X.] keine Schriftsatzfrist oder äußert sie sich nicht, so geht das [X.] mit der nächsten Entscheidung verloren (vgl. [X.], Beschluss vom 22. März 2012 - [X.], juris Rn. 10; [X.] in Musielak/[X.] aaO § 295 Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 295 Rn. 6; [X.] in [X.] aaO § 295 Rn. 42; Deppenkemper in Prütting/[X.] aaO § 295 Rn. 10; [X.]/[X.] aaO § 295 Rn. 8.2; [X.].ZPO/Prütting aaO § 295 Rn. 41). Nach § 295 Abs. 2 ZPO ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine [X.] wirksam nicht verzichten kann. Die Voraussetzungen einer Heilung nach § 295 Abs. 1 ZPO liegen hier vor.

(2) Die Antragsgegnerin hat eine Verspätung der von der Antragstellerin im Schriftsatz vom 1. Juli 2020 erhobenen [X.] vor dem [X.] (überhaupt) nicht gerügt. Sie hat mit ihrem Schriftsatz vom 28. Juli 2020, mit dem sie sowohl zum Hinweis des [X.]s als auch zum vorangegangenen Schriftsatz der Antragstellerin Stellung genommen hat, lediglich geltend gemacht, die Schadensersatzforderung werde nicht von der [X.] umfasst. Sie hat dagegen nicht gerügt, die Antragstellerin habe die Einrede entgegen § 1032 Abs. 1 ZPO verspätet vorgebracht. Die Einrede der Schiedsvereinbarung gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO stellt einschließlich der Fristgebundenheit ihrer Erhebung auch eine verzichtbare Verfahrensvorschrift im Sinne von § 295 Abs. 2 ZPO dar (vgl. RG, Urteil vom 18. Mai 1904 - I 76/04, [X.], 151, 153; [X.], [X.], 149; [X.].ZPO/[X.] aaO § 1032 Rn. 16; zu § 296 Abs. 3 ZPO vgl. [X.]/[X.]/[X.], Zivilprozessrecht, 18. Aufl., § 67 Rn. 13).

II. Von einer weitergehenden Begründung der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde wird abgesehen (§ 577 Abs. 6 Satz 2, § 564 Satz 1 ZPO). Der Senat hat die weiteren von der Antragsgegnerin erhobenen [X.] von [X.] geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Im Übrigen wäre eine Begründung nicht geeignet, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

D. Danach ist die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Koch     

      

Schwonke     

      

Feddersen

      

Schmaltz     

      

Odörfer     

      

Meta

I ZB 78/20

25.02.2021

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 7. September 2020, Az: 26 Sch 2/20, Beschluss

§ 295 Abs 1 ZPO, § 295 Abs 2 ZPO, § 574 Abs 1 S 1 Nr 1 ZPO, § 576 ZPO, § 1032 Abs 1 ZPO, § 1062 Abs 1 Nr 4 ZPO, § 1065 Abs 1 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.02.2021, Az. I ZB 78/20 (REWIS RS 2021, 8385)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 832-833 WM2021,894 REWIS RS 2021, 8385

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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