Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.08.2013, Az. 3 StR 128/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3362

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Gegenstand

Verfallsanordnung im Strafverfahren wegen Betäubungsmitteldelikten: Notwendige Urteilsfeststellungen zu der konkreten Auswirkung der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Ansehung der Vermögensverhältnisse des Täters


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]    gegen das Urteil des [X.] vom 4. Dezember 2012 wird, soweit es ihn betrifft,

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall [X.] 8. der Urteilsgründe wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) das vorgenannte Urteil

aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen sowie des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen schuldig ist und

bb) im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen unter Einbeziehung einer früher verhängten Freiheitsstrafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Weiterhin hat es die Einziehung von Gegenständen und den Verfall von [X.] in Höhe von 174.150 € angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt auf die Sachbeschwerde zur teilweisen Einstellung des Verfahrens und hat insoweit zum Schuldspruch sowie weitergehend zur Verfallsanordnung den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Auf Antrag des [X.] hat der Senat zur Vereinfachung und Beschleunigung der Sache das Verfahren im Fall [X.] 8. der Urteilsgründe eingestellt. Nach den jeweils zugehörigen Feststellungen könnte in Betracht kommen, dass hinsichtlich dieser Tat (Einfuhr von Marihuana Ende Oktober 2010 und dessen gewinnbringende Veräußerung) infolge der rechtskräftigen Verurteilung des Angeklagten durch das [X.] Hannover vom 12. Oktober 2011 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe und Munition Strafklageverbrauch eingetreten ist. Die [X.] bedingt die vorgenommene Änderung des Schuldspruchs.

3

Die Schuldspruchänderung führt hier nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs; dieser hat vielmehr Bestand. Angesichts der wegfallenden Einzelstrafe im eingestellten Fall von zwei Jahren und der verbleibenden - rechtsfehlerfrei zugemessenen - Einzelstrafen (siebenmal zwei Jahre, fünfzehnmal fünf Jahre und viermal fünf Jahre und sechs Monate) sowie der einbezogenen Vorstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe kann der Senat ausschließen, dass das [X.] bei entsprechender [X.] des Verfahrens auf eine niedrigere als die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten erkannt hätte.

4

2. Hingegen kann die Anordnung über den Verfall von [X.] nicht bestehen bleiben. Das [X.] ist von einem [X.] der veräußerten Betäubungsmittel in Höhe von 174.150 € ausgegangen und hat festgestellt, dass sich die unmittelbar aus den Drogengeschäften erlangten Vorteile nicht mehr im Besitz des Angeklagten befinden. Eine unbillige Härte nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB sei nicht gegeben, weil die Verfallsanordnung vorliegend das Übermaßverbot nicht verletze. Auch im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB scheide die Annahme eines Härtefalles aus, weil der Angeklagte weder völlig mittellos sei noch seine wirtschaftliche Existenz gefährdet werde.

5

Hierzu hat der [X.] in seiner Antragsschrift im Wesentlichen [X.]

…"begegnen die Ausführungen des [X.]s schon zur Höhe des aus den Taten [X.] durchgreifenden Bedenken. Zum einen erschließt sich bei einem Einkaufspreis von 3.800 Euro nicht der vom [X.] angenommene Mindestverkaufspreis von 4.300 Euro. Zum anderen ergibt die vom Angeklagten erworbene Gesamtmenge von 37 kg Rauschmittel … auch bei einem Mindestverkaufspreis von 4.300 Euro nicht den errechneten [X.]. Unzureichend sind auch die Ausführungen zu den Voraussetzungen des § 73c StGB. Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB maßgeblichen Umstände ist daher der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht zugänglich. Allerdings kann mit der Revision die rechtsfehlerhafte Auslegung des Tatbestandsmerkmals 'unbillige Härte' beanstandet werden (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 11). Daran gemessen ermöglichen die floskelhaften Ausführungen des [X.]s, mit denen es die Voraussetzungen des § 73c StGB abgelehnt hat (vgl. [X.]), nicht die revisionsgerichtliche Überprüfung, ob es den Begriff der unbilligen Härte nach § 73c Abs. 1 S. 1 StGB richtig angewandt und sein Ermessen nach § 73c Abs. 1 S. 2 StGB fehlerfrei ausgeübt hat. Denn das Urteil enthält keine Feststellungen dazu, wie sich die Anordnung des Verfalls konkret auf das Vermögen des Angeklagten auswirkt. Diese Feststellungen zu treffen wäre hier aber veranlasst gewesen (vgl. BGHR StGB § 73c Erörterungsbedarf 1 und Härte 3). Zu den gegenwärtigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten teilt das [X.] mit, dass der Angeklagte Vater zweier Kinder ist und sich sein Verdienst der letzten zwei Jahre auf monatlich 1.500 Euro belief ([X.]). Er verfügte nach den [X.] zwar über einen PKW. Mit Ausnahme des Fabrikats und der Karosserieform sind dem Urteil jedoch keine weiteren Angaben zu entnehmen, die valide Rückschlüsse auf dessen Verkehrswert zuließen. Weshalb die Verfallsanordnung in der erkannten Höhe weder die wirtschaftliche Existenz des Angeklagten gefährdet noch gegen das Übermaßverbot verstößt, erschließt sich daher nicht." …

6

Dem stimmt der Senat zu.

Schäfer                        Hubert                         Mayer

                Gericke                       [X.]

Meta

3 StR 128/13

20.08.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hannover, 4. Dezember 2012, Az: 96 KLs 7/12

§ 73c Abs 1 S 1 StGB, § 73c Abs 1 S 2 Alt 1 StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.08.2013, Az. 3 StR 128/13 (REWIS RS 2013, 3362)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3362

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Absehen von Verfallsanordnung: Prüfungsreihenfolge


Referenzen
Wird zitiert von

5 StR 200/14

1 StR 336/13

5 StR 200/14

5 StR 494/13

1 StR 336/13

3 StR 128/13

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