Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2011, Az. 4 StR 204/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 5890

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 204/11

vom
9. Juni
2011
in der Strafsache
gegen

1.
2.
3.

wegen besonders schweren Raubes

-
2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 9. Juni
2011
gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revisionen
der Angeklagten W.

und A.

wird das Urteil des [X.] vom 3.
Dezember 2010, soweit es sie betrifft,
aufgehoben;
jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen
aufrechterhalten.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsmittel, an eine andere als Jugendkammer zuständige Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
3.
Die Revision des Angeklagten S.

-G.

gegen das Urteil des [X.] vom 3. Dezember 2010 wird als unbegründet verworfen.
4.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten S.

-G.

die Kosten und Auslagen seiner Revision aufzuerlegen.

Gründe:

Das [X.] hat die Angeklagten wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes zu Jugend-
und Freiheitsstrafen verurteilt. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten Revision eingelegt und die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Die Revisionen der Angeklagten W.

und 1
-
3
-
A.

haben mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg. Die Revision des Angeklagten S.

-G.

ist
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die von den Angeklagten W.

und A.

erhobenen Verfahrensrügen bleiben aus den von dem [X.] angeführten Gründen ohne Erfolg. Ihre Verurteilung wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes gemäß
§
249 Abs. 1, §
250 Abs. 2 Nr. 1,
§
25 Abs. 2 StGB begegnet jedoch durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken, weil die Urteilsfeststellungen lückenhaft sind und nicht klar ergeben, dass die Angeklagten mit der erforderlichen Absicht rechtswidriger Zueignung gehandelt haben.
a) Nach den Feststellungen der Kammer begaben sich die drei Angeklagten zu dem Anwesen des Zeugen Sa.

. Nachdem sie an der Haustür geklingelt hatten, wurde ihnen zunächst von der im Erdgeschoss wohnenden
Großmutter des Zeugen geöffnet, die ihren im Obergeschoss wohnenden Enkel herunterrief. Als sich der Zeuge Sa.

weigerte, mit den Angeklagten zu reden, hielt
ihm der
Angeklagte A.

ein sog. [X.] in kurzer Entfernung vor die Brust, das ihm zu diesem Zweck von dem
Angeklagten
S.

-G.

zugereicht worden war.
Zugleich forderte
der Angeklagte A.

den Zeugen Sa.

seine Wohnung im Obergeschoss zu gehen. Dieser Aufforderung kam der Zeuge Sa.

unter dem Eindruck der Bedrohung mit dem Messer nach. In der Wohnung angekommen, zwang der Angeklagte A.

den Zeugen Sa.

dazu, sich auf eine Couch zu setzen. Der Angeklagte S.

-G.

verlangte nun von dem Zeugen die Herausgabe von Bargeld und begann ohne eine Antwort abzuwarten, den Wohnzimmerschrank zu durchsuchen. Nachdem er eine Geldkassette gefunden hatte, holte er diese heraus und entnahm ihr zwei 2
3
-
4
-
Geldmappen, in denen sich Bargeld des Zeugen Sa.

in Höhe von ca. 3.500
Euro befand. Während der Angeklagte
S.

-G.

nach weiterem Geld fragte, bemerkten die Angeklagten, dass die Großmutter des Zeugen Sa.

zur Wohnung ihres Enkels in das Obergeschoss gekommen war. Noch bevor sie diese betreten konnte, verschloss der Angeklagte W.

die Tür. Anschließend veranlassten die Angeklagten A.

und S.

-G.

den Zeugen Sa.

wegzuschicken, was dieser auch tat. Nachdem sich die Großmutter entfernt hatte, verließen die Angeklagten gemeinsam die Wohnung. Zuvor hatten die Angeklagten A.

und S.

-G.

dem Zeugen Sa.

noch angedroht, dass sie Geschehenen erzählen sollte. Die Wegnahme des Bargeldes wurde von dem Zeugen Sa.

nur unter dem Eindruck der vorherigen Bedrohung mit dem Messer geduldet. Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, wurde die [X.] von dem Angeklagten S.

-G.

verbraucht. Die Angeklagten A.

und W.

erhielten für ihre Beteiligung später lediglich zwischen 40 und 60 Euro ausgehändigt (UA
20, 21, 22 und 29).
b) Mittäter eines Raubes kann nach den §
249 Abs. 1, §
25 Abs. 2 StGB nur sein, wer im Zeitpunkt der erzwungenen Wegnahme selbst die Absicht hat, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Dass ein anderer Tatgenosse von dieser Absicht geleitet wird, reicht allein nicht aus ([X.], Beschluss vom 2. Oktober 1997

4 [X.]/97,
NStZ 1998, 158; [X.], StGB, 58. Aufl.,
§ 249 Rn. 19 m.w.[X.]). Dies gilt auch dann, wenn ein
Beteiligter erst später in Kenntnis und Billigung des bisher Geschehenen in die bereits begonnene Tatausführung eintritt und eine
Zurechnung der Gesamttat nur nach den Grundsätzen über die sukzessive Mittäterschaft erfolgen kann (vgl. [X.], Urteile vom 24. April
1952

3 StR 48/52, [X.]St 2, 344, 346,
und vom 18.
Dezember 2007

1 [X.], [X.], 280, 281).
An der Absicht einer 4
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5
-
rechtswidrigen Zueignung fehlt es, wenn der Täter irrig davon ausgeht, er selbst oder

im Fall der angestrebten Drittzueignung

der Dritte habe ein Recht zur Zueignung der weggenommenen Sache ([X.], Urteil vom 12. Januar 1962

4 StR 346/61, [X.]St 17, 87, 91; Beschlüsse vom 26. April 1990

4 [X.], NJW 1990, 2832, und vom 19. Oktober 1999

1 [X.]/99,
[X.]R §
249 StGB Zueignungsabsicht 10).
Wie sich aus den Urteilsgründen ergibt, haben die Angeklagten A.

und W.

übereinstimmend angegeben, auf Grund von entsprechenden Erzählungen des Angeklagten S.

-G.

davon ausgegangen zu sein, dass der Zeuge Sa.

dem Angeklagten S.

-G.

noch 600
Euro schulde (UA
21
f.). Dies entspricht der ebenfalls im Urteil mitgeteilten Einlassung des Angeklagten S.

-G.

, wonach man gemeinsam beschlossen habe, den Zeugen Sa.

aufzusuchen, um von ihm die 600
Euro zurückzufordern, die er ihm

dem Angeklagten S.

-G.

noch aus einem nicht realisierten Betäubungsmittelgeschäft geschuldet habe (UA
20). Zwar hat das [X.] hierzu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen, doch hat es die Einlassung des Angeklagten S.

-G.

in diesem Punkt an anderer Stelle für nicht widerlegt erachtet und ihm bei der Bemessung der Jugendstrafe ausdrücklich zugutegehalten, dass er von dem Bestehen eines Anspruchs gegen den Zeugen Sa.

ausgegangen sei
(UA
28). Im Rahmen der rechtlichen Wertung wird außerdem ausgeführt, dass der von den Angeklagten behauptete

offenkundig die von dem Angeklagten S.

-G.

geltend gemachte Forderung

von 600
Euro gerechtfertigt hätte (UA
26).
5
-
6
-
Danach ist nicht eindeutig geklärt, ob auch die Angeklagten W.

und A.

davon ausgegangen sind, dass dem Angeklagten S.

-G.

gegen den Zeugen Sa.

ein Anspruch auf Übereignung von 600
Euro zusteht.
Sollte dies

was hier nicht fernliegt

der Fall gewesen sein,
käme eine Verurteilung beider Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Raubes (§ 249 Abs. 1, §
25 Abs. 2 StGB) nur noch dann in Betracht, wenn sie ihre Tatbeiträge in Kenntnis und Billigung der Tatsache erbracht haben, dass dem Zeugen Sa.

mehr als 600
Euro weggenommen worden sind. Hierzu fehlen tragfähige Feststellungen. Dem Urteil kann lediglich entnommen werden, dass der Angeklagte S.

-G.

zwei Geldmappen mit 3.500
Euro an sich nahm, die er zuvor bei der Durchsuchung des Wohnzimmerschranks in einer Geldkassette aufgefunden hatte. Dass die Angeklagten W.

und A.

noch am Tatort erkannt haben, wieviel Geld sich in diesen Geldmappen befand, ist nicht festgestellt und drängt sich unter den gegebenen Umständen auch nicht auf. Die Geldmappen selbst, auf deren Übereignung der Angeklagte S.

-G.

für alle Beteiligten ersichtlich keinen Anspruch gehabt haben konnte, waren lediglich das Behältnis, in dem sich das angestrebte Geld befand. Es ist daher nicht anzunehmen, dass sich die Zueignungsabsicht des
Angeklagten
S.

-G.

auch auf diese Mappen erstreckt hat
(vgl. [X.], Beschluss vom 6. Juni 2000

4 StR 91/00,
NStZ-RR 2000, 343; [X.] in LK 12.
Aufl., § 242 Rn. 162 m.w.[X.]).
c) Auf
Grund der aufgezeigten Mängel
ist
das
angegriffene Urteil mit den getroffenen Feststellungen aufzuheben. Da die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen hiervon nicht betroffen sind, können sie bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird ergänzend
festzustellen haben, welches Vorstellungsbild die Angeklagten W.

und A.

hatten, als sie sich entschlossen, die von dem Angeklagten S.

-G.

bewirkte Wegnahme des Geldes abzusichern. Da weitere Feststellungen zum 6
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-
7
-
äußeren Tatgeschehen möglich bleiben, soweit sie zu den bestehen gebliebenen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen, wird sich der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter zudem
mit der Frage befassen müssen, ob dem Zeugen Sa.

neben dem Bargeld auch Betäubungsmittel weggenommen worden sind. Der Angeklagte S.

-G.

hat entsprechende Angaben des Zeugen Sa.

bestätigt (UA
20
und 23). Illegal besessene Betäubungsmittel können grundsätzlich taugliches Objekt eines Eigentumsdelikts und damit auch eines Raubes gemäß
§ 249 Abs. 1 StGB sein ([X.], Beschluss vom 20. September 2005

3 StR 295/05,
NJW 2006, 72; [X.] in LK 12. Aufl.,
§ 242 Rn. 31
m.w.[X.]).
2. Die Revision des Angeklagten S.

-G.

ist
als unbegründet zu verwerfen, weil die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat (§
349 Abs. 2 StPO). Die insoweit getroffene Kosten-
und Auslagenentscheidung beruht auf den §§
74, 109 Abs. 2 JGG.

Ernemann [X.]Mutzbauer

Bender Quentin

8

Meta

4 StR 204/11

09.06.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2011, Az. 4 StR 204/11 (REWIS RS 2011, 5890)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5890

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