Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 20.10.2016, Az. 1 BvR 2302/16

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2016, 3668

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Auferlegung einer Missbrauchsgebühr jeweils zu Lasten der in eigener Sache beschwerdeführenden Rechtsanwältin als auch ihrer Bevollmächtigten bei wiederholter Einlegung substanzloser Verfassungsbeschwerden


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Beschwerdeführerin und ihrer Bevollmächtigten werden Missbrauchsgebühren jeweils in Höhe von 500 € (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.

Gründe

1

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen.

2

Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]). Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass die geltend gemachte Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten besonderes Gewicht hat oder der Beschwerdeführerin durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entstehen könnte (vgl. [X.] 90, 22 <25>; 96, 245 <249>; stRspr). Ihr geht es nach eigenen Angaben um die nachträgliche Realisierung einer Zinsforderung in Höhe von 279,27 €. Dabei verkennt sie, dass sich das [X.] in Bezug auf die Auslegung und Anwendung der an eine Mahnung im Sinne von § 286 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]) zu stellenden Anforderungen auf die ständige Rechtsprechung des [X.] und die herrschende Meinung im Schrifttum berufen kann (vgl. nur [X.]/[X.], in: [X.], [X.], Neubearbeitung 2014, § 286 Rn. 31 m.w.N.).

3

Von einer weiteren Begründung wird insoweit nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

4

2. Unter Berücksichtigung insbesondere der Nachlässigkeit ihres [X.] und der in der Vergangenheit bereits von ihr und ihrer Bevollmächtigten erhobenen Verfassungsbeschwerden hat die Kammer von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht, sowohl der Beschwerdeführerin selbst als auch ihrer Bevollmächtigten gemäß § 34 Abs. 2, 1. Alternative [X.] eine [X.] aufzuerlegen.

5

a) Ein Missbrauch in diesem Sinne liegt unter anderem dann vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. [X.], 219; 10, 94 <97>; 14, 468 <470>; stRspr). Das [X.] muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner Aufgaben, nämlich grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch für jedermann erkennbar aussichtslose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dadurch anderen Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann (vgl. [X.], 219 <222>; 6, 219 f.; 10, 94 <97>).

6

Dies gilt insbesondere gegenüber der Beschwerdeführerin und ihrer Bevollmächtigten als Rechtsanwältin. Von ihnen ist, auch wenn sie in eigener Sache tätig werden, zu erwarten, dass sie sich mit der verfassungsrechtlichen Materie und der hierzu ergangenen Rechtsprechung sowie den Zulässigkeitsvoraus-setzungen einer Verfassungsbeschwerde auseinandersetzen, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs eingehend abwägen und sich den Ergebnissen seiner Prüfung entsprechend verhalten (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 725/96 -, NJW 1996, S. 2785; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 19. Februar 2009 - 2 BvR 191/09 -, juris, Rn. 4; Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. August 2010 - 1 BvR 1584/10 -, [X.] 2011, S. 257).

7

b) Gemessen an diesen Grundsätzen spricht für die Auferlegung einer [X.] zunächst, dass sich die Beschwerdeführerin wegen einer Bagatellforderung an das [X.] gewandt hat und die Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt, insbesondere keine verfassungsrechtliche Substanz erkennen lässt. Hinzu kommt, dass sowohl die Beschwerdeführerin selbst als auch ihre Bevollmächtigte bereits in der Vergangenheit wiederholt mit vergleichbar unzulässigen Verfassungsbeschwerden in Erscheinung getreten sind. Wegen einer von ihnen gemeinsam mit einer weiteren Rechtsanwältin erhobenen Verfassungsbeschwerde hat die Kammer mit Beschluss vom 30. September 2013 der Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin bereits einmal eine [X.] in Höhe von 500 € auferlegt, weil sie die aus professioneller Sicht zu beachtenden Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde grob verkannt habe (1 BvR 2511/13). Dies hat sie nicht daran gehindert, drei weitere Verfassungsbeschwerden zu erheben, die ebenfalls offensichtlich nicht die aus §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz [X.] folgenden Substantiierungsanforderungen erfüllt haben und daher von der Kammer nicht zur Entscheidung angenommen worden sind (1 BvR 2990/14, 1 BvR 780/16 und 1 BvR 2101/16). Der darin zum Ausdruck kommende Missbrauch des Beschwerderechts ist auch der Beschwerdeführerin zuzurechnen, die sich die Beschwerdebegründung vorbehaltlos zu eigen gemacht hat, und rechtfertigt es daher, auch sie mit einer [X.] zu belegen.

8

c) Unter Berücksichtigung der mutmaßlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin und ihrer Bevollmächtigten - soweit diese aus der Akte ersichtlich sind - erscheint der Höhe nach ein Betrag von jeweils 500 € als angemessen.

9

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2302/16

20.10.2016

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG Landshut, 5. September 2016, Az: 83 O 1092/16, Beschluss

§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 34 Abs 2 Alt 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 20.10.2016, Az. 1 BvR 2302/16 (REWIS RS 2016, 3668)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3668

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 BvR 1204/22 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahme einer offensichtlich unzulässigen Verfassungsbeschwerde (Fristversäumung, mangelhafte Beschwerdebegründung) - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr zu Lasten des …


1 BvR 373/17 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Verfassungsbeschwerde mangels hinreichend substantiierter Begründung unzulässig - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr wegen erheblicher Begründungsmängel und …


1 BvR 1011/19 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde bzgl glücksspielrechtlicher Regelungen - erkennbare Aussichtslosigkeit bei vorangegangener Senatsentscheidung gleichgelagerter Fälle (vgl …


1 BvR 1504/23 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahme einer offensichtlich unzureichend begründeten Verfassungsbeschwerde - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr bei wiederholter Einlegung aussichtsloser Verfassungsbeschwerden …


1 BvR 134/16 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahme einer offensichtlich unzureichend substantiierten Verfassungsbeschwerde - Missbrauchsgebühr zu Lasten des Bevollmächtigten


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 1584/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.