Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.05.2004, Az. 2 StR 382/03

2. Strafsenat | REWIS RS 2004, 3343

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[X.] vom 5. Mai 2004 in der Strafsache gegen
1. 2. 3.

wegen schweren Raubes u. a.
- 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 5. Mai 2004 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 5. März 2003 mit den [X.] aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen versuchter [X.] Erpressung sowie - jeweils tateinheitlich mit gefährlicher Körperverlet-zung - wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen schwe-ren Raubes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Mona-ten verurteilt. Den Angeklagten [X.]hat es wegen Nötigung und wegen ver-suchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Kör-perverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Mona-ten verurteilt. Den Angeklagten S. hat das [X.] wegen Nötigung und wegen zweifacher versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im übrigen hat es den Angeklagten S. - 3 - freigesprochen. Die Angeklagten [X.]und [X.]
sind außerdem als [X.] verurteilt worden, an den Nebenkläger einen Gesamtbetrag von 2.000 • zu zahlen. Gegen die Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge und auf Verfahrensrügen gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben mit einer von allen drei Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge nach § 338 Ziffer 1 StPO Erfolg. Die Beschwerdeführer machen zu Recht übereinstimmend geltend, daß die [X.] des [X.] Frankfurt am Main, die in dieser Sache entschieden hat, nicht über die erforderliche spruchkörperinterne Geschäfts-verteilung für das [X.] verfügt habe. [X.] Der Rüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Mit der Anklageschrift vom 22. Mai 2002 hatte die Staatsanwaltschaft gegen die Angeklagten und vier weitere Mitangeklagte vor der [X.] des [X.] Frankfurt am Main Anklage erhoben. Durch Beschluß vom 16. Juli 2002, unterzeichnet von den Vorsitzenden [X.]n am [X.] E. und [X.]. und [X.] am [X.] [X.] , wurde die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet, zugleich wurde beschlossen, daß die Kammer in der Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen besetzt ist. In der Hauptverhandlung war die Kammer durch die Berufsrichter [X.] am [X.] E. als Vorsitzenden und [X.] am [X.]. als Beisitzer besetzt. Nach Vernehmung der Angeklagten zur Person am 8. November 2002 erhob der Verteidiger des Angeklagten [X.]- 4 - einen Besetzungseinwand, mit dem er vorbrachte, daß die Kammer keinen Beschluß zur Geschäftsverteilung für das [X.] gefaßt habe. Zudem [X.] die Sachen auf die Berichterstatter entsprechend den Zählkartennummern der Geschäftsstelle verteilt und nicht - wie in dem Beschluß zur Geschäftsver-teilung vom 2. Januar 2001 für das [X.] vorgesehen - gemäß einem vom Vorsitzenden zu führenden Register. Dieser Besetzungsrüge schlossen sich die anderen Angeklagten an. Durch Beschluß vom 8. November 2002 hat die Kammer den [X.] durch den Vorsitzenden [X.] am [X.] E. und die [X.] am [X.] [X.] und [X.]. zurückgewiesen. Der Beschluß lautet: "Der Antrag vom 5.11.2002 wird zurückgewiesen. Gründe: Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 21 g GVG sind durch die kammerinterne Geschäftsverteilung gewahrt. Der letzte Beschluß in die-ser Hinsicht datiert vom [X.]. Die Verfügung des im Geschäftsjahr 2002 zur Kammer gekommenen neuen Vorsitzenden vom 14.2.02 bestätigt lediglich den Fortbestand des rechtsgültigen und rechtzeitigen Kammerbeschlusses vom [X.] für das [X.], für das dieser Beschluß Geltung haben sollte. Im übrigen führt der neue Vorsitzende, wie auch seine Vorgänger, die in dem Kammerbeschluß vom 2.1.2001 erwähnte Liste. Sie deckt sich mangels außerordentlicher Vorkommnisse mit der Reihenfolge der Zählkarten. Danach trägt die streitgegenständliche Strafsache eine ge-rade Ordnungszahl (10)." - 5 - Zur kammerinternen Geschäftsverteilung ergibt sich im übrigen folgen-des: Am 2. Januar 2001 haben die damaligen Mitglieder der [X.] - Vorsitzender [X.] am [X.] P. , [X.] am [X.] [X.] und [X.] am [X.] [X.]. - einen schriftlichen Beschluß zur Ge-schäftsverteilung gefaßt und in den Punkten [X.] bis V[X.] u. a. geregelt, daß der Vorsitzende für alle bei der [X.] eingehenden Anklagen ein Register führt und daß die mit ungerader Nummer eingetragenen Sachen auf den [X.] Vorsitzenden ([X.]), die mit gerader Nummer eingetragenen Sa-chen auf den weiteren Beisitzer ([X.]I) entfallen. Durch weiteren Beschluß zur Geschäftsverteilung vom 2. April 2001 ha-ben die [X.] am [X.] Dr. E. , [X.].

und [X.]- nach [X.] des bisherigen Vorsitzenden - bestimmt, daß der [X.] am [X.] die vom Vorsitzenden zu erledigenden Aufgaben und der Rich-ter am [X.] [X.] weiterhin die dem stellvertretenden Vorsitzenden über-tragenen Aufgaben übernimmt und der [X.] am [X.] [X.]. [X.]I bleibt. Schließlich wurde am 20. November 2001 erneut ein Beschluß von dem Vorsitzenden [X.] am [X.] Dr. E. und den [X.]n am Landge-richt [X.]. und [X.] gefaßt. Dieser Beschluß lautet: "Die Kammergeschäftsverteilung vom 02.01.2001 [X.] vom 02.04.2001 wird wie folgt klarstellend ergänzt: - 6 - VI[X.] Anträge im Sicherungsverfahren (§§ 413 ff. StPO) sind wie Anklagen zu behandeln. Wird in einer Sache eine Anklage oder ein Antrag im Sicherungsverfah-ren zurückgenommen bzw. ein Verfahren eingestellt und sodann im [X.] oder in einem späteren Jahr entweder eine neue Anklage erhoben oder ein Antrag im Sicherungsverfahren (§§ 413 ff. StPO) gestellt, ist diese neue Anklage bzw. der neue Antrag im Register des Vorsitzenden als neue Sache einzustellen. Berichterstatter bleibt jedoch - entspre-chend den Grundsätzen zu V[X.] - der bisherige Berichterstatter." In Nr. V[X.] des am 2. Januar 2001 beschlossenen [X.] ist bestimmt, daß Verfahren, in denen bereits eine Hauptverhandlung stattgefun-den hat, oder die durch Urteil, Einstellung oder sonst beendet worden sind und die zu einer weiteren Bearbeitung Anlaß geben, von dem seinerzeit tätigen Be-richterstatter oder dessen Nachfolger weiterbearbeitet werden. Ein Beschluß zur Regelung der Geschäftsverteilung für das [X.] wurde nicht erlassen. Der Vorsitzende verfügte jedoch unter dem 15. Februar 2002 wie folgt: "[X.] Geschäftsverteilung, § 21 GVG Es soll für die weitere Dauer des Geschäftsjahres bei den bisherigen, bereits schriftlich niedergelegten [X.]n der [X.] bleiben. 2. Herren [X.], [X.]. z. [X.] - 7 - 3. Zur Sachakte". I[X.] Der Rüge kann der Erfolg nicht versagt bleiben. Nach den vom [X.] ([X.], 63) und vom [X.] ([X.] 95, 322 = NJW 1997, 1497 und [X.] 97, 1 = NJW 1998, 743) entwickelten Grundsätzen zur Garantie des gesetzlichen [X.]s nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG muß die Zuständigkeit innerhalb des Spruchkörpers eines Gerichts und der darin bestehenden Sitzgruppen durch [X.] generell im voraus nach objektiven Merkmalen der an-hängigen Sache bestimmt sein. Nach § 21 g Abs. 2 GVG sind die [X.] für die kam-merinterne Geschäftsverteilung durch Beschluß aller dem Spruchkörper [X.] Berufsrichter vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer zu beschließen. Sie haben Geltung nur für das betreffende Geschäftsjahr und [X.] mit dessen Ablauf ohne weiteres außer [X.] ([X.], 796; BVerwG NJW 1991, 1370). Eine solche kammerinterne Geschäftsverteilung hatte sich die 4. [X.] für das Geschäftsjahr 2001 durch den Beschluß vom 2. Januar 2001 und die Änderungs- und Ergänzungsbeschlüsse vom 2. April 2001 und 20. No-vember 2001 gegeben. Hingegen ist eine schriftliche Regelung für das [X.] unterblieben. Eine Auslegung der Verfügung des Vorsitzenden vom 14./15. Februar 2002 als eines etwa im Umlaufverfahren ergangenen [X.] zur Geschäftsverteilung 2002 kommt nicht in Betracht, denn diese Verfügung ist den weiteren Kammermitgliedern nicht zur Billigung, sondern nur zur Kenntnis vorgelegt worden, so daß es bereits an entsprechenden [X.] 8 - äußerungen der Beisitzer fehlt. Im übrigen gehen sowohl die Verfügung wie auch der Beschluß der Kammer vom 8. November 2002, mit dem der [X.] zurückgewiesen wurde, davon aus, daß die [X.] für das [X.] bereits durch Beschluß der Kammer vom 20. Novem-ber 2001 geregelt worden waren. In dem Beschluß der Kammer vom 20. November 2001 kann jedoch - entgegen der Auffassung des [X.] - eine Regelung der kammerinter-nen [X.] für das [X.] nicht gesehen werden. Ein ent-sprechender Wille der Kammermitglieder ist dem nach allgemeinen Grundsät-zen auszulegenden Beschluß nicht zu entnehmen. Für eine Auslegung in diesem Sinne könnte zwar der Zeitpunkt der Beschlußfassung - ein Monat vor Beginn des Geschäftsjahres 2002 - sprechen, denn nach § 21 g Abs. 2 GVG ist die Regelung vor Beginn des Geschäftsjah-res zu beschließen. Demgegenüber wird aber das Geschäftsjahr 2002 in dem Beschluß nicht erwähnt. Wäre eine Regelung gewollt gewesen, nach der die für das [X.] beschlossenen Grundsätze auch für das [X.] Geltung haben sollten, wäre dies aber zu erwarten gewesen. Im Eingangssatz wird der Beschluß vielmehr als klarstellende Ergänzung zur Kammergeschäftsverteilung vom 2. Januar 2001 und vom 2. April 2001 bezeichnet. Dementsprechend wird den in diesen Beschlüssen niedergelegten [X.]n für das [X.] auch nur ein weiterer Unterpunkt - "VI[X.]" - zugefügt und auch nur eine bestimmte Fallgestaltung, nämlich die erneute Erhebung einer Anklage oder eines Antrags im Sicherungsverfahren geregelt, nachdem bereits vorher einmal die Anklage oder der Antrag zurückgenommen oder das Verfahren ein-gestellt war. Zwar sollte diese ergänzende und klarstellende Regelung, die auf Punkt V[X.] des Beschlusses vom 2. Januar 2001 Bezug nimmt, auch für erneute - 9 - Anklagen und Anträge gelten, die in einem "späteren Jahr" eingehen. Damit hat die Kammer das in § 21 g Abs. 2 GVG niedergelegte [X.] nicht beachtet. Hingegen erlaubt diese Formulierung nicht die Auslegung, die [X.] habe damit allgemein auf den für 2001 beschlossenen Mitwirkungsplan Bezug genommen und dessen Geltung auch für das [X.] (und [X.]?) beschlossen. Ob die Kammer, was nahe liegt, jedenfalls mündlich beschlossen hat, die [X.] des Jahres 2001 auch für das [X.] anzuwen-den, kann dahinstehen. Denn damit wäre der vorgeschriebenen Schriftform nicht genügt, die jedenfalls nach der Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts ([X.] 95, 322 = NJW 1997, 1497) verfassungsrechtlich geboten ist. Soweit in der Entscheidung des [X.] NStZ-RR 2003, 14 eine noch nach § 21 g GVG a. F. ergangene mündliche Regelung der [X.] hingenommen worden ist, betraf dies - worauf in der Entscheidung ausdrücklich abgestellt worden ist - einen Fall in der vom Bundesverfassungs-gericht gesetzten Übergangsfrist bis zum 30. Juni 1997, die den Fachgerichten eingeräumt war, um sich auf die Verschärfung der verfassungsrechtlichen An-forderungen einzustellen. Ob ein den Anforderungen des § 21 g GVG entsprechender Mitwir-kungsplan in dem Beschluß vom 8. November 2002, mit dem der [X.] zurückgewiesen worden war, gesehen werden kann, bedarf hier [X.] Entscheidung, weil dieser Beschluß jedenfalls nicht für das vorliegende Verfahren Gültigkeit haben könnte, da damit für den konkreten Fall eine unzu-lässige Einzelfallregelung getroffen worden wäre. Durch das Fehlen eines nach § 21 g GVG von den Kammermitgliedern zu erstellenden [X.] wird allerdings das Gebot des gesetzlichen - 10 - [X.]s dann nicht verletzt, wenn ein Spielraum bei der Heranziehung der [X.] [X.] nicht besteht, wie es etwa bei dem nicht überbesetzten Spruch-körper der Fall ist. Im vorliegenden Fall hat die Kammer aber in reduzierter Be-setzung nach § 76 Abs. 2 GVG verhandelt. Zwar wird die Reduzierung der Be-setzung erst mit dem von allen drei [X.]n erlassenen Eröffnungsbeschluß vorgenommen. In der kammerinternen Geschäftsverteilung muß aber jedenfalls geregelt werden, welcher [X.] nicht an der Hauptverhandlung teilnimmt, wenn die Zweierbesetzung beschlossen werden sollte ([X.] - [X.]. vom 3. Mai 2004 - 2 BvR 1825/02 -; [X.], 371 = [X.], 166 m. Anm. [X.]). Da eine solche Regelung für das [X.] nicht vorliegt, kann das Urteil keinen Bestand haben. Bode

Otten Rothfuß

Fischer

Roggenbuck

Meta

2 StR 382/03

05.05.2004

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.05.2004, Az. 2 StR 382/03 (REWIS RS 2004, 3343)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3343

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