Landgericht Arnsberg, Urteil vom 25.03.2021, Az. II4-Ks10/20

4. Große Strafkammer als Schwurgerichtskammer | REWIS RS 2021, 7447

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Tenor

Der Angeklagte wird wegen Totschlags und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.

§§ 212 Abs. 1, 223 Abs. 1, 230, 53 StGB

Entscheidungsgründe

I.

Der 1991 geborene Angeklagte ist polnischer Staatsangehöriger und wuchs in Polen mit seinen zwei Schwestern bei seinen Eltern auf.

Nach dem Kindergarten und der Vorschule besuchte der Angeklagte bis zum 17. Lebensjahr die Schule. Dann verließ er diese, um seinem Vater bei dessen Arbeiten im Wald zu helfen, da das Geld der Familie knapp war.

Nach seinen Angaben saß der Angeklagte in Polen bereits in Haft, weil er verschiedene Gegenstände gestohlen hatte und in Keller eingebrochen war. Insgesamt wurde er zwei Mal verurteilt, zuerst im Alter von ca. 16/17 Jahren. Während er unter laufender Bewährung stand, wurde er erneut straffällig, so dass er insgesamt 3,5 Jahre in Haft gesessen hat.

In Polen arbeitete der Angeklagte zuletzt auf dem Bau und verdiente ca. 2.000 Zloty, ungefähr 500 € pro Monat.

2014 hatte der Angeklagte einen Autounfall in Polen, als er betrunken ein Auto fuhr. Dem Angeklagten wurde eine Metallschiene im Oberschenkel eingesetzt. Er erlitt eine Hirnblutung, die folgenlos ausheilte, den Angeklagten aber zum Bezug einer zweijährigen Rente berechtigte. Zu dieser Zeit arbeitete er wieder bei seinem Vater im Wald, durfte aber keine schweren Arbeiten ausführen.

Der Angeklagte trank zudem auch im Übermaß Alkohol. Sein Konsum reduzierte sich, als er vor sieben Jahren seine jetzige Freundin kennenlernte. Sie haben einen gemeinsamen Sohn im Alter von 2,5 Jahren, der bei der Freundin in Polen lebt. Bedingt durch die Untersuchungshaft besteht derzeit lediglich telefonischer Kontakt. Auch zu seinen Eltern und seiner Schwester hält der Angeklagte Kontakt.

Im Mai 2019 kam der Angeklagte nach Deutschland, da er sich erhoffte, durch Arbeiten auf dem Bau mehr Geld als in Polen zu verdienen. Bereits sein Vater hatte in der Vergangenheit in Deutschland gearbeitet, ihn aber vor Drogen und mafiösen Strukturen in Deutschland gewarnt. Über einen ehemaligen Arbeitskollegen seines Vaters bekam der Angeklagte eine Stelle bei der Firma F1 in O1. Laut Angeklagtem war ein monatlicher Lohn von 2.000 € vereinbart. Tatsächlich erhielt der Angeklagte für seine Arbeiten im Mai und Juni 2019 1.000 €.

Strafrechtlich ist der Angeklagte in Deutschland noch nicht in Erscheinung getreten.

Der Angeklagte wurde am 04.09.2019 vorläufig festgenommen und saß zunächst aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Meschede vom 05.09.2019, Az. 8 Gs 134/19 (1 AR 42), vom 05.09.2019 bis zum 30.01.2020 in Untersuchungshaft. Das Verfahren wurde vor der Kammer unter dem Aktenzeichen II-4 Ks 6/20 sowohl gegen den Angeklagten als auch den nunmehrigen Zeugen P1 geführt. Nachdem die Kammer mit Beschluss vom 30.01.2020 bereits den Haftbefehl aufgehoben und mit weiterem Beschluss vom 08.02.2020 die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichendem Tatverdachts bezüglich des Vorwurfs des Totschlags gegen den Angeklagten abgelehnt hatte, wurde nach Abtrennung das Verfahren gegen den Zeugen P1 fortgeführt und dieser zwischenzeitlich mit Urteil der Kammer vom 23.09.2020 zum vorgenannten Aktenzeichen rechtskräftig freigesprochen.

Das Oberlandesgericht Hamm hat auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg das Hauptverfahren auch bezüglich des Totschlagsvorwurfs gegen den jetzigen Angeklagten vor der Kammer mit Beschluss vom 15.04.2020, Az. III-5 Ws 75/20, eröffnet, nachdem der zuvor schweigende Zeuge P1 Angaben bei seiner Exploration gegenüber dem Sachverständigen P2 gemacht hatte. Der Angeklagte sitzt aufgrund des Haftbefehls der Kammer vom 24.06.2020 in Deutschland nunmehr seit dem 16.11.2020 wieder in Untersuchungshaft.

II.

1. Vortatgeschehen

Der Angeklagte und die ebenfalls aus Polen stammenden Zeugen P1 und P3 wohnten gemeinsam in der Unterkunft A-Straße ## in O2. Alle waren für die in O1 ansässige F1 als Bauarbeiter tätig und wurden auf verschiedenen Baustellen eingesetzt. In der Unterkunft lebte neben den weiteren Zeugen P4 aus Polen und P5 aus der Ukraine auch der getötete P6, der aus der Ukraine stammte und seit Anfang Juli 2019 für die Firma F1 tätig war. Die Unterkunft wird von der Firma für die bei ihr beschäftigten Arbeiter, die hauptsächlich aus Polen und der Ukraine stammen, angemietet. In der Unterkunft, bei der es sich um einen ehemaligen Landgasthof handelt, herrschte ein ständiger Wechsel an Bewohnern, im Tatzeitraum lebten dort die zuvor genannten sechs Personen.

Der ehemalige Gasthof besteht aus einem Hauptgebäude sowie einem Anbau. Im Eingangsbereich des Hauptgebäudes befindet sich eine Treppe, über welche man in die weiteren Etagen des Hauptgebäudes sowie in den Anbau gelangt. Gegenüber der Treppe und direkt linksseitig neben der Eingangstür befindet sich ein Heizkörper, der auch von dem Vorraum des Schankraumes aus zu sehen ist. Unter der Treppe befindet sich eine kleine Abstellkammer. In dem Flur im Eingangsbereich befindet sich zudem neben der Treppe eine Tür, durch welche man den ehemaligen Schankraum erreicht, der nunmehr von den Arbeitern als Aufenthaltsraum und Küche genutzt wird. In dem Schankraum befinden sich eine Sitzbank mit Tisch sowie eine Küchenzeile, an welche eine Bartheke angrenzt. An den Schankraum bzw. dessen Vorraum angrenzend befinden sich mehrere Räume, die zum Teil auch als Schlafplätze genutzt werden. Insbesondere grenzte an den Vorraum auch das von dem P6 genutzte Zimmer an, welches durch eine Glasschiebetür von dem Bereich abgegrenzt war. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung hatte die rechte der beiden Schiebetüren kein Glasfenster mehr, sondern war augenscheinlich repariert worden. Insoweit wurde eine blaue Plastikscheibe eingesetzt und mit grauem Klebeband festgeklebt. Die weiteren in dem Haus untergebrachten Arbeiter haben die Räume im Obergeschoss genutzt. Über die Treppe im Eingangsbereich gelangt man in die erste Etage, von welcher aus ein Zugang zu der Terrasse und dem Garten möglich ist. Im Übrigen wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu den Örtlichkeiten auf die Lichtbilder Bl. 794-811 (Bilder Nr. 001-036) in dem Leitzordner gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen.

Die Firma F1 ist auf verschiedenen Baustellen, hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen, aktiv. Die Arbeiter werden in der Regel von einem Fahrer der Firma in der Unterkunft abgeholt und direkt zu den jeweiligen Baustellen gefahren, so dass sie je nach Einsatzort entweder in O2 oder in O1, dem Sitz der Firma, untergebracht und dann dort auch abgeholt werden. Infolgedessen lebten die Bewohner in der Regel auch für sich und hatten kein gesteigertes Interesse an sozialen Kontakten zu den Mitbewohnern.

Am Tattag, dem 24.08.2019, einem Samstag, kamen der Angeklagte, die Zeugen P1, P3 und P4 sowie der später getötete P6 gegen 18.00 Uhr zusammen und begannen Wodka zu trinken und zu Abend zu essen.

Gegen ca. 22.00 Uhr gingen die Zeugen P4 und P3 zu Bett. Der Angeklagte sowie der Zeuge P1 und der Getötete blieben in der Küche bzw. dem Wohnraum sitzen und tranken weiter Wodka, wobei die genaue Menge insoweit nicht festgestellt werden konnte. Bis ca. 22.00 Uhr hatte die Gruppe 2-3 Flaschen Wodka à 0,5 l oder 0,7 l getrunken, wobei die Schnapsgläser in Runden gefüllt und getrunken wurden, der Angeklagte allerdings nicht bei jeder Runde mittrank und sich auch nicht betrunken fühlte. Bei dem Getöteten ist nach den Feststellungen im Rahmen des forensisch-toxikologischen Gutachtens des Forensisch-Toxikologischen Centrums in München vom 29.11.2019, welches in der mündlichen Hauptverhandlung vom 18.03.2021 verlesen wurde, von einer Blutalkoholkonzentration von zum Todeszeitpunkt 2,2 ‰ auszugehen.

2. Tatgeschehen

Im weiteren Verlauf des Abends, bei dem nach wie vor der Angeklagte, der Zeuge P1 und der Getötete anwesend waren, kam es zu einem Streit zwischen dem P1 und dem P6, dessen Anlass nicht konkret festgestellt werden konnte. Der P1 fühlte sich jedenfalls von dem P6 beleidigt und es entwickelte sich zunächst eine Schlägerei zwischen den Beiden, welche im Bereich der Küche begann und in deren Verlauf der P1 den P6 mehrmals mit der Faust schlug und umgekehrt. Im Laufe der Auseinandersetzung fielen der P1 und der P6 in die rechte Glasscheibe der Schiebetür, die das von dem P6 bewohnte Zimmer von dem Schankraum abgrenzt, wodurch die Glasscheibe zerbrach. Die Beiden ließen jedoch nicht voneinander ab und der P6 nahm schließlich einen Topf, eine Art Wasserkessel, mit welchem er dem Zeugen P1 so wuchtig auf den Kopf schlug, dass dieser eine Platzwunde am Hinterkopf erlitt und kurzzeitig bewusstlos zu Boden ging.

Alle Einzelheiten des nun folgenden Geschehens konnten nicht festgestellt werden. Allerdings kam es nunmehr zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem P6, die sich in den Hausflurbereich verlagerte. Der Angeklagte bewaffnete sich mit einem Stück Holz, welches wie ein typischer Axtstiel geformt war, unten schmaler und oben breiter. Wo genau der Angeklagte den Axtstiel herholte, konnte nicht festgestellt werden. Jedenfalls schlug der Angeklagte den P6 mit dem Axtstiel vor der Eingangstür zu Boden, wobei er zumindest die Möglichkeit erkannte, dass seine wuchtig geführten Schläge in das Gesicht des unbewaffneten und schließlich vollkommen wehrlosen P6 dessen Tod herbeiführen könnten; den möglichen Eintritt des Todes nahm er jedoch billigend in Kauf. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte jedenfalls zunächst in Notwehr gehandelt haben könnte, liegen nicht vor.

Als der Zeuge P1 im Schankraum liegend wieder zu sich kam, nahm er Schreie wahr, die er dem Angeklagten zuordnete. Er stand auf und näherte sich dem Geschehen, blieb aber im Türrahmen zum Flurbereich stehen. Er selbst war voller Blut und hatte Wunden am Hinterkopf und der rechten Hand. Er sah den P6 bereits blutverschmiert und vollkommen reg- und wehrlos an den Heizkörper gelehnt im Hausflur sitzen, während der Angeklagte seitlich vor ihm stand und mehrfach – mindestens dreimal – feste mit dem Axtstiel auf den Gesichtsbereich des P6 einschlug.

Als der Angeklagte annahm, er habe bereits alles Erforderliche zur Tötung des P6 getan, ließ er von diesem ab und ging die Treppe nach oben und holte hilfesuchend den Zeugen P3 aus dessen Zimmer, da er nicht wusste, was er nun, insbesondere mit der in seiner Vorstellung im Flur befindlichen Leiche, tun sollte. Der Zeuge P1 vernahm noch röchelnde Laute des P6.

Der Angeklagte und der Zeuge P3 kamen gemeinsam die Treppe hinunter und hörten ebenfalls das Röcheln des P6. Der Zeuge P3 nahm den vom Angeklagten angereichten Axtstiel, und schlug, worüber sich der Angeklagte und der Zeuge P3 jedenfalls konkludent verständigten, mit dem Axtstiel weitere zwei bis drei Male auf den Gesichtsbereich des P6 ein, um diesen – wie von beiden gewollt – zu töten. Der Angeklagte und der Zeuge P3 gingen auch beide davon aus, dass durch die weiteren Schläge mit dem Axtstiel in den Gesichtsbereich des P6 dessen Tod hervorgeführt werden konnte.

Es ließ sich nicht feststellen, ob bereits die Schläge des Angeklagten oder die des Zeugen P3 oder erst die Schläge Beider im Zusammenwirken den Tod des P6 verursacht haben. Der P6 erlitt jedenfalls durch die Schläge auf den Bereich der linken Schläfe insbesondere einen Scharnierbruch, der zahlreiche Brüche im Bereich der Schädelbasis zur Folge hatte. Miteinbezogen in diese Bruchformation war insbesondere auch das Jochbein links, an welchem fünf Brüche festgestellt wurden. Weiter erlitt der Getötete zwei Brüche des Unterkiefers im Frontbereich sowie einen Trümmerbruch im Bereich des linken Unterkieferbogens, so dass auch von Schlägen mittig in das Gesicht auszugehen ist. Insgesamt erlitt der P6 13 Knochenbrüche, davon zwei Trümmerbrüche, wobei die Verletzungen den Tod des P6 hervorriefen. Die von dem Zeugen P1 im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit dem P6 ausgeübten Faustschläge waren für den Todeseintritt nicht ursächlich. Der P6 verstarb schließlich zeitnah an den Folgen eines stumpfen Schädel-Hirn-Traumas als Folge einer stumpfen Gewalteinwirkung, die auf mindestens zwei mit erheblicher Wucht ausgeführte Schläge zurückzuführen ist.

Die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der Tat einzusehen, war zur Tatzeit nicht beeinträchtigt und seine Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, auch nicht erheblich vermindert beeinträchtigt im Sinne des § 21 StGB.

3. unmittelbares Nachtatgeschehen

Anschließend setzte sich der Zeuge P1 auf die im Schrankraum befindliche Sitzbank und hielt sich den Kopf. Der Angeklagte kam zu ihm, sagte ihm, er solle sich keine Sorgen machen, er sei nicht für den Tod verantwortlich. Er fragte den Zeugen P1, ob er helfen würde aufzuräumen und die Leiche wegzutragen. Der Zeuge stimmte zu, weil er aufgrund seiner vorherigen Schlägerei mit dem P6 Sorge hatte, mit der Tötung in Verbindung gebracht zu werden. Zudem überlegten sie sich eine Geschichte, die das Verschwinden des Getöteten erklären sollte und welche insbesondere von dem Zeugen P3 sowie dem Angeklagten den übrigen Bewohnern erzählt wurde. Aufgrund der in der Unterkunft herrschenden Teilnahmslosigkeit an dem Leben der Mitbewohner, interessierten sich die übrigen Bewohner der Unterkunft kaum für das plötzliche Verschwinden des P6 und gaben sich später letztlich mit der am Folgetag vom Angeklagten und dem Zeugen P3 abgegebenen Erklärung zufrieden, der Getötete sei nach einem Streit, bei dem dieser die Glasscheibe in seiner Tür kaputt gehauen und sich dabei verletzt habe, aus der Unterkunft weggelaufen. Dass der Getötete nicht wieder zurückkam, hinterfragten die Bewohner nicht.

Der Zeuge P1 sah im Flur dann, dass ca. ein bis zwei Meter entfernt vom P6 auf seinem Kopf ein Hammer in einer vom P6 stammenden Blutpfütze stand. Ob der Angeklagte auch diesen Hammer, der später im Abstellschrank unter der Treppe gefunden wurde, zur Tötung benutzte, ließ sich nicht feststellen. Am Hammerkopf fanden sich DNA-Spuren des P6. Am unteren Stielende zum Hammerkopf hin fand sich ferner eine DNA-Hauptspur des P6 sowie Beimengungen mit charakteristischen Merkmalen des Zeugen P1, deren weitere Merkmale für Abgleiche nicht geeignet waren. Eine DNA-Spur des Zeugen P1 fand sich ferner am oberen Stiel. Dort wurden auch 27 der 32 für den P6 charakteristischen DNA-Merkmale gefunden.

Der Angeklagte, die Zeugen P1 und P3 trugen gemeinsam die Leiche des P6 über die Treppe in die erste Etage des Hauses. Von dort aus trugen sie die Leiche über die Terrasse, welche durch eine Glastür nur über die erste Etage zu erreichen war, in den Garten und versteckten die Leiche in einer Ecke des Gartens, wo sie sie mit Ästen verdeckten. Anschließend gingen sie zurück zum Tatort. Der Zeuge P1 nahm den noch dort befindlichen Hammer, nachdem ihm der Angeklagte gesagt hatte, dass er diesen nicht benutzt habe, und warf ihn in den unter der Treppe befindlichen Abstellschrank. Der Angeklagte nahm den Axtstiel und ging zumindest mit dem Zeugen P1 zurück in den Garten. Dort verbrannte er den Axtstiel in einem Metallbehälter, in welchen die Bewohner sonst ihren Müll an Grillabenden hineinwarfen. Anschließend gingen alle zu Bett.

4. Folgetag und weiteres Nachtatgeschehen

Der Angeklagte und der Zeuge P3 nahmen am nächsten Morgen, Sonntag, den 25.08.2019, Reinigungsarbeiten vor und wischten in dem Schankraum sowie im Flur im Eingangsbereich Blutspuren weg. Zudem wurden mit weiteren Bewohnern Glasscherben der zum Zimmer des P6 gehörenden Schiebetür beseitigt und der Zeuge P4 reparierte die beschädigte Glasschiebetür durch Einsetzen einer blauen Plexiglasscheibe. Der Angeklagte und der Zeuge P1 strichen zudem im Eingangsbereich die Decke, um Blutspuren zu verdecken.

Am gleichen Tag kam der Zeuge P7, der sich die Tage zuvor in O1 aufgehalten hatte, in die Unterkunft zurück, um die Arbeiter mit einem wöchentlichen Taschengeld (50,00 €) zu versorgen. Der Zeuge P7 fuhr einen weißen Renault Trafic mit dem amtlichen Kennzeichen ### – # ###. Nach seiner Ankunft war der Zeuge P7 zunächst verwundert, dass sich der P6 nicht in der Unterkunft aufhielt. Auf seine Nachfrage teilte ihm entweder der Angeklagte oder der Zeuge P3 mit, dass der P6 verrückt geworden und weggegangen sei und auch auf Anrufe nicht reagiere. Der Zeuge P7 glaubte diese Geschichte jedoch nicht und begann, den P6 im Haus zu suchen, und später, als er einkaufen war, fuhr er auf der Suche nach dem P6 durch die Gegend.

Da sie über kein Fahrzeug verfügten, um die Leiche des P6 wegtransportieren zu können, beabsichtigten der Angeklagte und der Zeuge P3, vom Zeugen P7 die Schlüssel zu dem von ihm gefahrenen Renault Trafic zu erhalten. Sollte er diese nicht freiwillig herausgeben, wollten sie ihn betrunken machen, um dann gefahrlos die Fahrzeugschlüssel an sich nehmen zu können, wobei sie den Zeugen P1 in ihren Plan eingeweiht hatten. Sie beabsichtigten sodann, die Leiche in ein einige Kilometer entferntes Maisfeld zu transportieren.

Entsprechend dem zuvor gefassten Plan luden der Angeklagte und der Zeuge P3 den Zeugen P7 zum Trinken auf das Zimmer des P3 ein. Die Zeugen und der Angeklagte tranken zusammen eine Flasche Wodka (0,7 l), wobei dem Zeugen P7 durch den Angeklagten reichlich nachgeschenkt wurde. Zwischendurch fragte der Zeuge P3 den Zeugen P7, ob er den Renault Trafic zum Diebstahl von Diesel benutzen könne, was der Zeuge P7 ablehnte. Als der Zeuge P7 schließlich betrunken war, ging dieser zu Bett und legte seinen Fahrzeugschlüssel - wie immer - auf einen kleinen Beistelltisch in dem von ihm bewohnten Zimmer. Entsprechend dem gefassten Plan, nahm der Zeuge P3 den Schlüssel aus dem Zimmer des P7 an sich und holte den Angeklagten und den beim Trinkgelage zuvor nicht anwesenden Zeugen P1 hinzu. Sie verbrachten die Leiche aus dem Garten, eingewickelt in eine Decke, in den Renault Trafic. Der Angeklagte steuerte das Fahrzeug. Sie fuhren an ein ca. 7 Kilometer von der Unterkunft entferntes Maisfeld, wo die Zeugen P3 und P1 die Leiche ablegten, während der Angeklagte im Fahrzeug verblieb, um kurzfristig wegfahren zu können, falls die Gefahr bestünde, dass sie entdeckt würden. Auf dem Rückweg zur Unterkunft entledigten sie sich sowohl der Decke, in der die Leiche eingewickelt gewesen war, ihrer Schuhe und der von ihnen während des Abtransports getragenen Handschuhe. Dann stellte der Angeklagte das Fahrzeug wieder genau an den Platz an der Unterkunft, wo es zuvor gestanden hatte, damit dem Zeugen P7 nicht auffiel, dass es bewegt worden war.

Am 01.09.2019 wurde die bereits verwesende Leiche des P6 von dem Zeugen Hubertus Gast zufällig in dem Maisfeld gefunden. Die Identität des Getöteten konnte zunächst nicht geklärt werden. Erst als sich die Mutter des Getöteten über die Ukrainische Botschaft an die Polizei in O2 wandte und mitteilte, dass ihr Sohn sich längere Zeit nicht gemeldet hatte, konnte die Identität des Opfers ermittelt und sodann die Unterkunft in der A- Straße ## in O2 ausfindig gemacht werden.

5. Weiteres Tatgeschehen

Am 02.09.2019 schlug der Angeklagte ohne rechtfertigenden Grund mit drei mit flacher Hand ausgeführten Schlägen in das Gesicht des Zeugen P3, wodurch dieser, wie vom Angeklagten gewollt und vorhergesehen, in seiner körperlichen Unversehrtheit beeinträchtigt wurde und ein deutlich sichtbares Hämatom im Bereich des linken Auges erlitt.

6. Weiteres Nachtatgeschehen

Am 03.09.2019 fand in der Unterkunft in der A- Straße ## in O2 eine umfangreiche Durchsuchungsmaßnahme der Mordkommission des Polizeipräsidiums Dortmund statt, bei welcher der laut Anklageschrift als Tatwerkzeug eingesetzte Vorschlaghammer in der Abstellkammer unter der Treppe im Eingangsbereich des Hauses aufgefunden wurde. Dabei war der Vorschlaghammer direkt nach Öffnen der Tür der Abstellkammer zu erblicken, da er oben auf den in der Abstellkammer befindlichen Gegenständen lag. Bei dem Vorschlaghammer handelt es sich um einen insgesamt ca. 90 cm langen Hammer, dessen Stiel ca. 85 cm und dessen Hammerkopf ca. 5 cm lang und 15 cm breit ist. Im Übrigen wird hinsichtlich des Vorschlaghammers sowie zu dessen Auffindesituation auf die Lichtbilder Bl. 1009-1016 im Leitzordner (Bilder 423-438) gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen.

Der Angeklagte und der Zeuge P1 waren an dem Tag der Durchsuchung auf einer Baustelle in Paderborn eingesetzt, zu der sie von dem Zeugen P8 gefahren wurden. Dieser holte die beiden auch dort wieder ab und beabsichtigte sie wieder zurück nach O2 zu fahren. Als der Angeklagte und der Zeuge P1 die Einsatzfahrzeuge der Polizei vor dem Haus stehen sahen, gab der Angeklagte dem Zeugen P8 die Anweisung, nicht anzuhalten, sondern nach O1 zu fahren. Dem kam der Zeuge P8 nach.

Am Folgetag telefonierte der Angeklagte mit dem Zeugen P9 und fasste die Entscheidung, sich der Polizei zu stellen. Er schickte dem Zeugen P9 seinen Standort auf das Handy. Die Polizeibeamten fuhren daraufhin zu dem angegebenen Standort. Um den Angeklagten festnehmen zu können, schickten sie den dabei stehenden Zeugen P1 weg, was dieser für sich so verstand, dass er selbst nicht festgenommen werden sollte. Daraufhin verließ er die Örtlichkeit und hielt sich noch bis zum 07.10.2019 in O1 auf, bis er dort schließlich doch festgenommen wurde und sich bis zur Verkündung des freisprechenden Urteils am 23.09.2020 in Untersuchungshaft befand. Zum Zeitpunkt seiner Zeugenvernehmung im hiesigen Verfahren saß er in Polen in Haft.

III.

1.

Die Feststellungen unter Ziffer I. zu seiner Person und seinem Lebenslauf einschließlich seiner Verurteilungen und Haftzeiten in Polen beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben des Angeklagten selbst.

Die Feststellungen zu seinen nicht vorhandenen Vorstrafen in Deutschland beruhen auf dem verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 24.11.2020, dessen Richtigkeit der Angeklagte auf Nachfrage bestätigte.

2.

Die Feststellungen zur Sache beruhen auf dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme, deren Inhalt und Förmlichkeiten sich aus der Sitzungsniederschrift ergeben.

a)

Die Feststellungen zu der unter Ziffer II. 2. dargelegten Straftat, die Tötung des P6, sowie das festgestellte Vor- und Nachtatgeschehen beruhen – entgegen der bestreitenden Einlassung des Angeklagten – maßgeblich auf den Angaben des Zeugen P1. Von deren Richtigkeit ist die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund einer umfassenden Analyse seiner Aussage und des von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks nach eigener Prüfung überzeugt. Bezüglich der Feststellungen zu Ziffer II. 4. beruhen diese ferner auch auf den aus Sicht der Kammer glaubhaften Angaben des Zeugen P7 und bezüglich Ziffer II. 6. des Zeugen P8.

aa)

Der Angeklagte hat den Vorwurf der Tötung des P6 bestritten.

(1)

Er hat angegeben, dass er an dem streitgegenständlichen Tag gemeinsam mit dem P6 sowie den Zeugen P1, P4 und P3 in der Küche gewesen sei. P3 und er hätten begonnen das Essen vorzubereiten. Zwischendurch sei getrunken und gelacht worden. Dies sei bis in den späten Abend gegangen. Sie hätten zusammen drei Flaschen Wodka je entweder 0,7 l oder 0,5 l getrunken. Es sei in Runden getrunken worden, wegen des Kochens habe er aber manchmal ausgesetzt. Richtig betrunken habe er sich nicht gefühlt.

Als erstes sei der Zeuge P3 gegen 22:00 Uhr nach oben gegangen. Es sei dann zu einem Streit zwischen dem Zeugen P1 und dem Getöteten gekommen. Der Zeuge P1 habe dabei Schimpfwörter benutzt. Der Streit habe länger gedauert. Weil die Stimmung weg gewesen sei, sei er dann auch gegen 23:00 Uhr in sein Zimmer gegangen. Am Abend habe er sich eigentlich mit dem später Getöteten noch gut verstanden und sie hätten über die Probleme mit ihren jeweiligen Freundinnen gesprochen. Er habe oben seine Zimmertür zunächst abgeschlossen. Weil es aber unten so laut gewesen sei, sei er wieder die Treppe hinuntergegangen. Auf der Treppe sei ihm der Getötete entgegengekommen und habe mit den Händen gewedelt. Es habe für ihn so ausgesehen, als wollte ihn der P6 schlagen. Daher habe er ihn geschubst, so dass dieser nach hinten auf seinen Rücken gefallen sei. Er sei aber wieder aufgestanden und der Angeklagte sei dann nach oben gegangen. Gesprochen hätten sie nicht miteinander. Der P6 sei in die Küche gegangen, wo sich der Zeuge P1 noch aufgehalten habe. Er glaube, dass der Zeuge P4 zu diesem Zeitpunkt auch schon in seinem Zimmer gewesen sei. Der Angeklagte sei dann in das Zimmer des Zeugen P3 gegangen, damit dieser die Situation unten beruhige. Ob der Zeuge P3 sodann tatsächlich nach unten ging, habe er nicht beobachtet. Er sei in sein Zimmer zurückgekehrt, wo er zunächst mit seiner Freundin telefoniert und dann eingeschlafen sei. Einige Zeit nach der Rückkehr in sein Zimmer sei es dann auch ruhig gewesen.

Gegen 6:00 Uhr morgens am Folgetag habe der Zeuge P3 an seiner Tür geklopft, damit er mithelfe, aufzuräumen. Trotz mehrmaliger Versuche des Zeugen P3 sei er erst gegen 11:00 Uhr aufgestanden. Er habe einen Kater gehabt, da er normalerweise nicht so viel trinke. Er sei dann nach unten gegangen, um sich einen Kaffee zu machen. Die Zeugen P1 und P3 hätten unten geputzt. Blut sei an den Wänden gewesen, auch auf dem Boden. Es seien überall Spritzer gewesen. Entweder der P3 oder der P1 hätten ihm gesagt, dass der P6 die Scheibe eingeschlagen, dabei seine Hand verletzt habe und dann abgehauen sei. Er habe dann mitgeholfen, sauber zu machen. Er habe die Böden im Flur und der Küche gewischt und auch die Wände gesäubert. Am Heizkörper im Flur sei auch Blut gewesen. Zusammen mit dem Zeugen P1 habe er dann auch die Decke im Flur gestrichen.

Später sei dann der Zeuge P7 gekommen. Da er den P6 auf eine andere Baustelle hätte fahren sollen, habe der P7 nach diesem gefragt. Der Zeuge P3 und er, der Angeklagte, hätten ihm dann beide gesagt, dass der P6 die Scheibe eingeschlagen hätte und dann weg gewesen wäre. Am Abend hätten die Zeugen P3 und P7 zusammen Alkohol getrunken. Er sei dann hinzugekommen und habe mitgetrunken. Er habe dann die Schlüssel gewollt, um neues Bier zu holen. Der Zeuge P7 habe ihm aber die Schlüssel nicht ausgehändigt, weil er schon getrunken habe. Nach einiger Zeit hätte der Zeuge P7 dann eingewilligt und sie seien zusammen losgefahren, wobei der Zeuge P7 das Fahrzeug geführt habe. Sie hätten dann Wodka geholt. Der Zeuge P3 habe dann gesagt, dass sie die Schlüssel klauen würden, um mit dem Fahrzeug Diesel stehlen zu können. Als der Zeuge P7 dann geschlafen habe, habe der Zeuge P3 die Schlüssel an sich genommen und ihm gesagt, „Geh schon mal ins Auto!“. Er habe dann im Auto gesessen und gesehen, wie die Zeugen P1 und P3 die Ladeklappe am Fahrzeug aufgemacht und etwas, was in eine Decke eingewickelt gewesen sei, eingeladen hätten. Unterwegs habe er dann vom Zeugen P3 erfahren, dass es sich dabei um eine Leiche handele. Der Zeuge P3 habe ihm auch gesagt, wo er anhalten solle. Die beiden anderen hätten dann die eingewickelte Leiche herausgenommen und ins Maisfeld gebracht. Der Zeuge P1 hätte dann auch noch seine Sachen ausgezogen und weggeschmissen. Diesel sei an dem Tag dann nicht mehr geklaut worden. Anschließend seien sie zurück in die Unterkunft gefahren und hätten sich schlafen gelegt. Nachgefragt, was passiert sei, dass nunmehr eine Leiche transportiert wurde, habe der Angeklagte nicht.

Es sei dann später so gewesen, dass der Zeuge P3 ihm gesagt habe, dass er die Sache auf sich nehmen solle. Sie würden ja nichts finden, was auf ihn zutreffe und er müsse dann nicht ins Gefängnis gehen. Dies habe er abgelehnt. Daraufhin sei der Zeuge P3 richtig sauer geworden und habe ihm gesagt, wenn er nicht bei der Polizei aussage, werde er seiner Freundin und seinem Kind wehtun. Daraufhin habe er den Zeugen dann geschlagen. Er habe ihm zwei- oder dreimal mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Auch jetzt habe er nicht nachgefragt, was tatsächlich passiert sei.

An dem Tag, an dem die Durchsuchung in der Unterkunft stattgefunden habe, habe er bis 18:00 Uhr auf der Baustelle gearbeitet. Er sei dann zusammen mit dem Zeugen P1 und dem Zeugen P8 zurückgefahren, wobei er, der Angeklagte, das Fahrzeug geführt habe, weil die anderen beiden geschlafen hätten, da sie betrunken gewesen seien. Als er die Polizisten gesehen habe, sei er dann in eine Nebenstraße abgebogen und habe die Plätze mit dem Zeugen P8 getauscht. Der Angeklagte habe Sorge vor polizeilicher Verfolgung gehabt, weil er keinen Führerschein besitze. Er sei davon ausgegangen, dass der Zeuge P8 sie nun zurück zur Unterkunft fahre, dies habe er aber nicht getan. Er habe sie nach O1 gefahren. Nachgefragt, warum er dies tue, habe er nicht. Am nächsten Tag habe er sich nach einem Telefonat mit dem Zeugen P9 der Polizei gestellt, indem er diesem seinen Standort mitgeteilt habe.

(2)

Diese Einlassung ist bereits in wesentlichen Punkten nicht nachvollziehbar. Allein aufgrund der Einlassung bestehen bereits erhebliche Anhaltspunkte, dass der Angeklagte an der unmittelbaren Tatbegehung beteiligt war.

So ist bereits völlig unklar, warum der Angeklagte den P6 in der geschilderten Situation auf der Treppe geschubst haben will, obwohl sie sich gut miteinander verstanden und insbesondere an dem streitgegenständlichen Abend noch ein intensives Gespräch geführt hatten. Nachvollziehbar ist auch nicht, was den P6 veranlasst haben sollte, mit den Armen zu wedeln, was der Angeklagte für sich als Angriff verstanden haben will. So ergibt es auch keinen Sinn, warum der Angeklagte, der ja eigentlich die Treppe heruntergekommen war, um für Ruhe zu sorgen, nichts sagte und sich auch nicht weiter um die Aufklärung des Geschehens scherte, sondern nur nach oben zu dem Zeugen P3 ging, damit dieser für Ruhe sorge. Auch dann will er sich nicht weiter für das folgende Geschehen interessiert haben. Verständlich ist in diesem Zusammenhang auch nicht, warum der Angeklagte – was er auf Vorhalt in der Hauptverhandlung bestätigt hat – diese Vorgänge nicht bereits bei seiner ersten Vernehmung bei der Polizei angegeben hat, obwohl er dort ansonsten umfangreiche, jegliche Tatbeteiligung bezüglich des Tötungsdelikts bestreitende Äußerungen tätigte.

Der Angeklagte hat zwar eingeräumt, dass er bei der Entsorgung der Leiche mitgeholfen hat. Insoweit hat er sich aber zunächst selbst widersprochen. Im ersten Anlauf der Hauptverhandlung – das Verfahren musste wegen einer Erkrankung erneut beginnen – hatte er zunächst noch erklärt, mit der Verbringung in das Maisfeld nichts zu tun zu haben. Erst auf Vorhalt der Angaben des Zeugen P1 in dessen Verfahren als Angeklagter räumte er dann ein, doch dabei gewesen zu sein. Unverständlich ist auch, warum der Angeklagte bereits nach seinen eigenen Angaben weder am Tag selbst noch an den Folgetagen bei dem Zeugen P1 oder dem Zeugen P3 nachgefragt haben will, was eigentlich mit dem P6 geschehen ist. Vielmehr begründet der Umstand, dass der Angeklagte bei der Entsorgung der Leiche dabei war, ein starkes Indiz für dessen Tatbeteiligung, weil nicht nachvollziehbar ist, warum der Angeklagte sonst dabei hätte mithelfen wollen. Einen irgendwie gearteten Vorteil konnte er daraus für sich nicht ziehen. Eine emotionale Verbundenheit zu den weiteren Zeugen, denen er geholfen haben will, lag ebenfalls nicht vor. Das Miteinander war lediglich zweckgebunden aufgrund ihrer Arbeitstätigkeit. Im Übrigen interessierten sich die Bewohner nicht füreinander.

Auch ist nicht nachvollziehbar, warum der Zeuge P3 den Angeklagten aufgefordert haben soll, die Tat vollständig auf sich zu nehmen, wenn dieser an der Tat überhaupt nicht beteiligt gewesen sein soll. Selbst in diesem Kontext will der Angeklagte nicht nachgefragt haben, was tatsächlich passiert sei. Auch die weitere Einlassung des Angeklagten, er habe Angst vor dem Zeugen P3 gehabt, weshalb er ihm letztlich mehrere Schläge ins Gesicht verpasst habe, ist nicht nachvollziehbar. Offensichtlich hatte er keine Angst vor ihm, sonst hätte er ihn nicht geschlagen. Psychologisch Sinn ergeben würde zum Einen die von dem Zeugen P1 geäußerte Vermutung, der Angeklagte habe den Zeugen P3 deshalb geschlagen, weil dieser gegenüber unbeteiligten Personen, namentlich dem Zeugen P8, von dem tatsächlichen Geschehen berichtet habe, was den Angeklagten wohl erzürnt habe (vgl. unter Ziffer III. 2. a) bb)). Zum Anderen wäre auch die Erklärung sinnig, dass der Zeuge P3 den Angeklagten dazu aufgefordert hatte, die Tat vollständig auf sich zu nehmen, weil dieser mit der unmittelbaren Tatausführung mit den Schlägen gegen den Kopf des P6 begonnen hatte, während der Zeuge P3 erst später hinzu kam, als der P6 zumindest schon schwerstverletzt am Boden lag.

Die Einlassung des Angeklagten widerspricht im Randgeschehen auch den Angaben der Zeugen P7 und P8, denen die Kammer in ihren Feststellungen insoweit folgt.

Der Zeuge P7 – von der Kammer aufgrund dieses Sachverhalts nunmehr dreimal vernommen – gab, wie auch bereits bei seiner polizeilichen Vernehmung, konstant an, dass er mit dem Angeklagten und dem Zeugen P3 zusammen Wodka getrunken habe. An dem Abend sei er aber nicht mehr mit dem Renault Trafic gefahren, sondern sei, als er betrunken gewesen sei, vom Zimmer des P3 in sein Zimmer gegangen und habe sich dort schlafen gelegt. Wegen seiner Alkoholisierung habe er in der Nacht auch gut geschlafen. Den Schlüssel herausgegeben, damit der Angeklagte damit fahren konnte, habe er nicht. Den Schlüssel zum Fahrzeug habe er, als er sich schlafen gelegt habe, auf einen Tisch in seinem Zimmer gelegt. Das Fahrzeug habe am nächsten Morgen noch immer an der gleichen Stelle gestanden, wie er es zuvor geparkt habe. Zwar bestätigte der Zeuge P3 die Angaben des Angeklagten und nicht des Zeugen P7 (vgl. Ziffer III. 2. a) cc) (1)), sie seien noch einmal zum Bierholen losgefahren, allerdings hat der Zeuge P7 im Gegensatz zum Zeugen P3 keinen Grund, an dieser Stelle zu lügen. Der Zeuge P3 bestreitet jegliche Tatbeteiligung, auch die Entsorgung der Leiche, so dass er das Zusammensitzen als harmloses Miteinander darstellen muss, dessen Zweck lediglich das Trinken von möglichst viel Alkohol war. Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des P3 ergeben sich auch bereits daraus, dass sowohl der Angeklagte in Übereinstimmung mit dem Zeugen P7 angab, dass der Zeuge P3 äußerte, illegalen Dieselklau mit dem Fahrzeug betreiben zu wollen, während er dies nicht bestätigte.

Auch der Zeuge P8, dessen polizeiliche Aussage vom 05.09.2019 in der Hauptverhandlung vom 18.03.2021 verlesen wurde, gab an, dass es der Angeklagte gewesen sei, der ihm gesagt habe, sie sollten mit dem Fahrzeug nach O1 fahren, nachdem sie gemeinsam die Polizei an der Unterkunft in O2 gesehen hätten. Die Zeugen P8 und P1 kennen sich zwar bereits seit Schulzeiten, weil sie in derselben Gegend aufwuchsen, eine enge Freundschaft besteht nach Angaben Beider aber nicht, so dass auch nicht von einer Gefälligkeitsaussage zugunsten des P1 ausgegangen werden kann. Es wäre im Übrigen auch nachvollziehbar gewesen, hätte der Zeuge P8 ausgesagt, es sei der P1 gewesen, der ihm gesagt habe, nach O1 zu fahren. Allein aufgrund der Beteiligung an der Entsorgung der Leiche wäre sein Wunsch, nach O1 weiterzufahren, schon plausibel gewesen und hätte ihn auch nicht als Täter der Tötung des P6 belastet. Die Angaben des P8 machen zudem auch wesentlich mehr Sinn als die Einlassung des Angeklagten, der Zeuge P8 sei ohne Grund nach O1 gefahren, nachdem sie schon in der Nähe der O2r Unterkunft gewesen seien.

bb)

Der Zeuge P1 hat die festgestellte Tat bezüglich der Tötung des P6 so, wie sie unter Ziffer II. dargelegt ist, im Rahmen seiner Vernehmung beschrieben und im Wesentlichen folgende Angaben – auch zu seiner Kenntnis hinsichtlich der Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen P3 – hierzu gemacht:

An dem streitgegenständlichen Abend hätten der Angeklagte, die Zeugen P4 und P3, der später getötete P6 und er selber zusammen Wodka getrunken. Insgesamt seien drei Flaschen getrunken worden. Der Verzehr sei in Runden erfolgt. Als erstes seien der Zeuge P4 und der Zeuge P3 schlafen gegangen. Der Zeuge P5 sei zwar auch Zuhause gewesen, sei aber bei dem Trinkgelage in der Küche nicht dabei gewesen. Zu dritt – der Angeklagte, der P6 und er selbst – hätten sie dann weiter getrunken. Es sei dann zu einem Streit zwischen dem P6 und ihm gekommen, an dessen Grund er sich nicht mehr erinnern könne. Es habe einen heftigen Wortaustausch gegeben. Der P6 habe ihm, den Zeugen P1, jedenfalls ins Gesicht geschlagen. Daher habe er sich mit bloßen Händen auf den P6 geworfen. Es sei dann im Folgenden zu einer Schlägerei zwischen den beiden gekommen. Darauf, was der Angeklagte zu dieser Zeit gemacht habe, habe er nicht geachtet. Im Zuge der Schlägerei seien beide dann in den Glaseinsatz der Tür zum Zimmer des P6 gefallen, wodurch diese dann zerbrochen sei. Der P6 habe dann nach einer Art Wasserkessel gegriffen und habe ihn damit auf den Hinterkopf geschlagen. Für eine Zeit habe er dann das Bewusstsein verloren. Als er liegend vor der Tür mit der zerbrochenen Scheibe wieder zu sich gekommen sei, habe er im Flur Schreie vernommen, die seines Erachtens vom Angeklagten stammen müssten. Er habe sich dem Flur genähert, sei aber in der Türzarge stehen geblieben. Der P6 sei zu diesem Zeitpunkt bereits bewusstlos gewesen und habe sich in einer sitzenden Position an die Wand angelehnt, etwas seitlich am dort befindlichen Heizkörper befunden. Gesagt habe der P6 in dieser Situation nichts mehr.

Der Angeklagte habe zunächst vor dem sitzenden P6 gestanden und habe mehrmals, mindestens dreimal, mit einem Holzstiel, der wie ein Axtstiel – erst dünner und dann am Ende breiter – ausgesehen habe, von vorne in das Gesicht des P6 geschlagen. Das ganze Gesicht sei voller Blut gewesen, aus der Nase sei Blut geflossen.

Der Angeklagte sei dann in die obere Etage gegangen und habe den Zeugen P3 heruntergeholt. Der Zeuge P1 habe dann Geräusche wie ein Räuspern vom P6 wahrgenommen, das aus dessen Rachen gekommen sei. Ob der Angeklagte und der Zeuge P3 etwas gesagt hätten, wisse er nicht mehr. Der Zeuge P3 habe dann den vom Angeklagten angereichten Axtstiel genommen und ein paar Mal in das Gesicht des P6 geschlagen, während der Angeklagte direkt daneben gestanden habe. Einer von beiden habe dann gesagt, dass der P6 nun nicht mehr lebe. Der Zeuge P1 habe sich dann in die Küche auf die Sitzbank gesetzt und an den Kopf gefasst. Ihm sei dann bewusst geworden, dass ein Mensch nicht mehr lebe. Der Angeklagte sei dann auf ihn zugekommen und habe ihm gesagt, dass er sich keine Sorgen machen solle, weil er das nicht getan habe. Danach habe ihn der Angeklagte gefragt, ob er helfen könne aufzuräumen und den Körper wegzutragen, womit der Zeuge P1 einverstanden gewesen sei. Wieso er sich einverstanden erklärt habe, wisse er nicht mehr. Was der Zeuge P3 gesagt habe, daran könne er sich nicht mehr erinnern.

Er habe dann im Flur gesehen, dass in der Nähe der Leiche, ca. 1-2 m in Richtung des unter der Treppe befindlichen Abstellraumes entfernt, ein Hammer auf dessen Kopf gestanden habe und voller Blut gewesen sei.

Zu dritt hätten sie dann die Leiche aus dem Flur über die Treppe und erste Etage in den Garten getragen und dort in einer Ecke versteckt und mit Ästen zugedeckt. Zurück im Flur habe er den dort noch stehenden Hammer genommen, nachdem ihm der Angeklagte gesagt habe, dass er diesen nicht benutzt habe, und ihn entweder mit einer Hand oder zwei Händen in den unter der Treppe befindlichen Abstellraum geworfen. Er, der Zeuge P1, sei voller Blut nach der Schlägerei gewesen. So habe er am Hinterkopf und an der rechten Hand geblutet. Der Angeklagte habe den Axtstiel genommen. Anschließend seien er und der Angeklagte in den Garten gegangen, wo der Angeklagte den Axtstiel in einem Metallbehälter, der im Garten gestanden habe, angezündet habe. Er habe dabei zugesehen. Er habe noch wahrgenommen, wie der Axtstiel angefangen habe zu brennen. Vor dessen vollständigem Abbrennen seien sie dann aber wieder ins Haus zurückgekehrt und hätten sich schlafen gelegt.

Am nächsten Tag sei er gegen 10:00 oder 11:00 Uhr aufgewacht. Zuvor habe niemand an seine Tür geklopft. Er sei dann herunter in die Küche gegangen und habe gesehen, dass dort schon so gut wie alles aufgeräumt gewesen sei, sowohl der Vorraum im Flur als auch die Tür, in welche durch den Zeugen P4 eine Platte eingesetzt worden sei. Er habe zunächst nicht weiter mitgeholfen, habe aber dann gemeinsam mit dem Angeklagten die Wand zur Treppe hin gestrichen und die Blutspuren in einer Schräge des Treppenaufgangs entfernt.

Später sei dann der Zeuge P7 mit dem Fahrzeug gekommen. Vorher sei vereinbart worden, wenn dieser käme, dann solle der Leichnam mit dem Wagen weggebracht werden. Entweder wollten sie ihm die Schlüssel heimlich wegnehmen oder ihn volllaufen lassen. Wer den Plan geäußert habe, wisse er nicht mehr. Er meine jedenfalls, dass der Angeklagte ihm das erzählt habe. Zur Erklärung des Verbleibs des P6 gegenüber anderen sei dem Zeugen P1 gesagt worden, dass es einen Streit gegeben hätte, in deren Verlauf der P6 die Scheibe eingeschlagen hätte und dann weggelaufen wäre. Er glaube, dass der Angeklagte ihm diese Geschichte erzählt habe. Er selbst sei aber nicht nach dem Verbleib des P6 gefragt worden. Als der Zeuge P7 dann mit den Anzahlungen gekommen sei, habe er kurz mit diesem gesprochen. Er sei dann auf sein Zimmer, welches er mit dem Zeugen P4 geteilt habe, gegangen und die Anderen hätten zusammen getrunken. Später sei dann der Angeklagte zu ihm gekommen und hätte ihm mitgeteilt, dass sie den Schlüssel von dem Zeugen P7 hätten. Sie hätten ihn betrunken gemacht und ihm den Schlüssel abgenommen. Zu dritt, also der Angeklagte, der Zeuge P3 und der Zeuge P1, hätten sie dann die Leiche aus dem Garten geholt und zum Transporter gebracht. Der Angeklagte sei gefahren. Die Leiche sei in einer Decke verpackt gewesen und sei so auf die Ladefläche verbracht worden. Entweder der Angeklagte oder der Zeuge P3 hätten die Idee gehabt, die Leiche ins Maisfeld zu bringen. Am Maisfeld angekommen hätten er und der Zeuge P3 die Leiche ins Feld gebracht. Der Angeklagte sei am Steuer verblieben für den Fall, dass jemand käme, damit er wegfahren könne. Er sollte dann zurückkommen, um die beiden zu holen. Nachdem sie die Leiche ins Maisfeld getragen hätten, seien sie ins Auto gestiegen und zurück zur Unterkunft gefahren. Einer der beiden anderen hätte gesagt, dass sie die Schuhe, die sie angehabt hätten, die Handschuhe und die Decke wegwerfen sollten, für den Fall, dass irgendwelche Spuren im Maisfeld verblieben seien. Wahrscheinlich sei dies eine Idee des Zeugen P3 gewesen. Während der Fahrt, hätten sie sich dann dieser Gegenstände entledigt. In der Unterkunft angekommen, hätte er sich wieder hingelegt und geschlafen.

Als er, der Angeklagte und der Zeuge P8 ca. eine Woche später von der Arbeit aus Paderborn zurückgekommen seien, habe vor der Unterkunft schon die Polizei gewartet. Er und der Zeuge P8 würden sich schon aus Grundschultagen kennen. Sie seien gemeinsam im gleichen Dorf aufgewachsen. Mit ihm habe er aber nicht über das Verschwinden des P6 geredet. Der Zeuge P8 habe auch am Steuer des Fahrzeugs gesessen. Als sie die Polizei gesehen hätten, seien sie nach O1 gefahren, weil sie Angst vor der Polizei gehabt hätten. Schließlich sei jemand umgebracht worden. Das sei allerdings im Auto kein Thema gewesen. Er, der Zeuge P1 habe nicht gesagt, warum sie nach O1 wollten. Der P8 hatte auch nichts dagegen, nach O1 zurückkehren, weil er von dort an diesem Tag gekommen sei. Er, der Zeuge P1, vermute, dass der Zeuge P8 bereits gewusst habe, was mit dem P6 passiert sei. Der Angeklagte habe ihm erzählt, dass der Zeuge P3 den Zeugen P8 über die Tötung des P6 informiert habe. Deshalb glaube er, der Zeuge P1, habe der Angeklagte den Zeugen P3 geschlagen. In O1 angekommen, habe der Zeuge P8 ihn und den Angeklagten abgesetzt. Sie seien dann zu zweit die ganze Nacht durch O1 geschlendert. Der Angeklagte habe dann am nächsten Tage gesagt, dass sie zur Polizei gehen sollten. Er habe daraufhin den Zeugen P9 angerufen. Dann sei die Polizei erschienen und der Angeklagte sei von dieser verhaftet worden. Ihm selbst sei von der Polizei mitgeteilt worden, er könne gehen. Einen Monat lang habe er sich in O1 aufgehalten, bevor er dann wieder von der Polizei angehalten worden sei.

cc)

Außer dem Zeugen P1 hat bei der festgestellten Tötung keine weitere Person unmittelbar Angaben zur Sache gemacht bzw. machen können. Der Angeklagte hat wie unter Ziffer III. 2. a) aa) ausgeführt sowohl die Tat als auch seine Anwesenheit am Tatort bei der Tötung des P6 bestritten.

(1)

Der Zeuge P3, dessen drei polizeiliche Vernehmungen vom 03.09.2019, 04.09.2019 und 17.09.2019 in der Hauptverhandlung vom 18.03.2021 verlesen und dessen zwei gerichtliche Vernehmungen in dem Verfahren des P1 als Angeklagten und dem Verfahren gegen den hiesigen Angeklagten, dessen Hauptverhandlung dann neu beginnen musste, durch die Vernehmung des damaligen Berichterstatters, den Zeugen Richter am Landgericht P10, eingeführt wurden, hat konstant ausgesagt, dass er an dem Abend zwar mitgetrunken habe, er aber dann früh schlafen gegangen sei. Er sei erst am nächsten Morgen wieder in die Küche gegangen, wo er geholfen habe, diese zu reinigen. Bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung am 03.09.2019 erklärte er, ihm sei vom Angeklagten und dem Zeugen P1 gesagt worden, dass sie sich mit dem P6 geschlagen hätten, wobei der P6 angefangen habe, die beiden zu schubsen und zu schlagen. Weil der P6 einige Tage nicht dort gewesen sei, habe er den Verdacht gehabt, dass es ein schwerer Kampf gewesen sein müsste. Weil er kein Deutsch spreche, habe er die Polizei nicht gerufen. Seine Angaben ergänzte er bei seiner zweiten polizeilichen Vernehmung am 04.09.2019, dass der P6 bei der Schlägerei die Scheibe der Tür absichtlich oder versehentlich kaputt gemacht haben solle. Er habe sich dabei an der Hand verletzt und habe dann das Haus verlassen. Dies sei ihm vom Angeklagten gesagt worden, der Zeuge P1 habe dies nur manchmal bestätigt. Dieser habe eine leichte Verletzung am Hinterkopf gehabt. Bei seiner dritten polizeilichen Vernehmung am 17.09.2019 wiederholte er diese Einlassung. Er gab an, mit dem Zeugen P7, dem Angeklagten und dem Zeugen P1 zusammen getrunken zu haben, als der zuerst Genannte die Anzahlungen vorbeigebracht habe. Der Angeklagte habe nach den Autoschlüssel gefragt, weil er habe Bier holen wollen. Die beiden seien dann auch noch zusammen losgefahren mit dem Zeugen P7 am Steuer. Später habe der Angeklagte erneut nach dem Schlüssel zum Bierholen gefragt. Außerdem sei die Decke im Eingangsbereich gestrichen worden. Er wisse nicht von wem, er habe es aber sofort gesehen. In beiden gerichtlichen Aussagen sagte er nach den glaubhaften Angaben des Zeugen RLG P10 ebenfalls, dass er zwar am Vorfallsabend mitgetrunken, dann aber in sein Zimmer im ersten Stock gegangen, den Fernseher angemacht und die Tür abgeschlossen habe. Erst am nächsten Morgen sei er früh aufgestanden. Es sei nicht richtig, dass der Angeklagte nachts bei ihm gewesen sei und um Hilfe gebeten habe. Der Angeklagte und der Zeuge P1 hätten ihm gegenüber geäußert, dass der P6 mit seiner Hand die Scheibe zerschlagen hätte und dann weggelaufen wäre. Mit der Entsorgung der Leiche habe er nichts zu tun gehabt.

Die Kammer hält die Aussage des P3, er sei bei der Tötung des P6 weder beteiligt noch am Tatort gewesen aber durch die glaubhafte Aussage des Zeugen P1 (weiter hierzu unter Ziffer III. 2. a) cc) (3)) widerlegt. Selbst bei Wahrunterstellung würde sie den jetzigen Angeklagten aber weder be- noch entlasten. Hinsichtlich des Geschehens im Zusammenhang mit dem Trinkgelage mit dem Zeugen P7 hält die Kammer die Angaben des P3 nicht nur wegen der glaubhaften Aussage des Zeugen P1, sondern auch wegen der Aussage des Zeugen P7, welche die Kammer für glaubhaft hält, für widerlegt. Wie unter Ziffer III. 2. a) aa) (2) dargelegt, folgt die Kammer der Aussage des P7, weil dieser im Gegensatz zum Zeugen P3 kein Eigeninteresse an seiner Aussage hat und kein Grund ersichtlich ist, warum der Zeuge P7 hinsichtlich der Zusammensetzung der Männer am Abend lügen sollte, während der Zeuge P3 zu seiner eigenen Entlastung ein Interesse daran haben könnte, den Zeugen P1 zu benennen, um ihn als möglichen Täter im Blickfeld zu belassen. Im Übrigen war der Zeuge P3 auch nach der Einlassung des Angeklagten bei dem Transport der Leiche dabei.

(2)

Die weiteren am Tattag anwesenden Hausbewohner, die Zeugen P4 und P5, sind nach ihren Angaben im Rahmen ihrer jeweiligen polizeilichen Vernehmung vom 03.09.2019 (P5) und 05.09.2019 (P4), die in der Hauptverhandlung vom 18.03.2021 verlesen wurden, ebenfalls zur Tatzeit nicht in der Küche, sondern in ihren Zimmern gewesen. Der Zeuge P4 räumte ein, zunächst, mitgetrunken, dann aber schnell schlafen gegangen zu sein. Als er gegangen sei, sei der P6 noch anwesend gewesen. Dies wird sowohl von den Zeugen P1 und P3 als auch vom Angeklagten bestätigt. Dass sich der Zeuge P5, wie von ihm bei der Polizei angegeben, nur in seinem Zimmer aufgehalten habe, wird vom Angeklagten und den Zeugen P1, P3 und P4 bestätigt.

(3)

Die Kammer ist sich des Umstands dieser als Aussage-gegen-Aussage anzusehenden Konstellation bewusst; sie hat deshalb sämtliche Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten beeinflussen können, gegeneinander abgewogen und auch in einer Gesamtschau nochmals gewürdigt (vgl. BGH, Beschluss vom 02.09.2015 – 2 StR 101/15; BGH, Beschluss vom 07.02.2018 – 2 StR 447/17).

Die Kammer hat bei ihrer Würdigung zur Prüfung, ob die Angaben des P1 einem tatsächlichen Erleben entsprechen, die vom BGH geforderten Maßstäbe für eine entsprechende gutachterliche Überprüfung zugrunde gelegt. Das methodische Grundprinzip besteht darin, die Glaubhaftigkeit der spezifischen Aussage so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Dazu ist zunächst anzunehmen, die Aussage sei unwahr (sog. Nullhypothese). Zur Prüfung dieser Annahme sind weitere Hypothesen zu bilden. Ergibt die Prüfstrategie, dass die Unwahrhypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen, und es gilt dann die Alternativhypothese, dass es sich um eine wahre Aussage handelt (BGH, Urteil vom 30.07.1999 – 1 StR 618/98). Erforderlich sind vor allem eine sorgfältige Inhaltsanalyse der Angaben, eine möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage, eine Bewertung des feststellbaren Aussagemotivs, sowie eine Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben (BGH, Beschluss vom 19.05.2020 – 2 StR 7/20).

(a)

Aufgrund des persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung hat die Kammer zunächst keinen Zweifel an der Aussagetüchtigkeit des Zeugen P1. Dieser war grundsätzlich in der Lage, einen von ihm erlebten Sachverhalt zu erinnern und wiederzugeben, auch wenn dieser inzwischen längere Zeit, teilweise über 1,5 Jahre, zurücklag. Im Rahmen der mehrstündigen gerichtlichen Vernehmung brachte er insgesamt nur in geringem Maße Emotionen zum Ausdruck. Gleichwohl war zumindest erkennbar, dass er aufgrund der Situation und des Inhalts seiner Aussage emotional beteiligt war. So betonte er mehrfach, wie schlimm alles gewesen sei, weil nunmehr ein Mensch tot sei. Er berichtete ausführlich weitgehend von sich aus und machte ohne Widerstände Angaben. Erhebliche psychische Probleme oder psychiatrische Erkrankungen des Zeugen P1, die seine Aussagefähigkeit beeinträchtigen könnten, sind nicht ersichtlich.

(b)

Für einen Erlebnisbezug und damit die Richtigkeit der Angaben des Zeugen P1 spricht allen voran im Rahmen der Beweiswürdigung die inhaltliche Qualität seiner Aussage, die eine Vielzahl an Realkennzeichen aufweist.

Der Zeuge P1 konnte ohne Zögern und Pausen frei, mit eigenen Worten und ohne massive Hilfestellungen Angaben zur Sache machen. Seine Schilderungen gingen jedenfalls weit über eine bloße Bestätigung von Vorhalten hinaus. Nach und nach berichtete er dabei über das Tatgeschehen, dessen Vor- und Nachgeschehen, wobei er nicht streng chronologisch, sondern frei assoziierend und teilweise auch sprunghaft vorging. So konnte er unproblematisch zwischen der von ihm mit dem P6 geführten Schlägerei, dem eigentlichen Tötungsgeschehen, der Entsorgung der Leiche und der Situation, als die Polizei die Unterkunft durchsuchte, in seinen Schilderungen hin- und herspringen. Anhaltspunkte für ein erlerntes und dann wiedergegebenes Schema bestehen insofern nicht. Auf Nachfrage war der Zeuge immer in der Lage, zu seinen ohnehin schon ausführlichen Darstellungen noch Informationen zu ergänzen. Auch von sich aus ergänzte er etwas, wenn ihm nachträglich noch etwas eingefallen war. So schilderte er aufgrund eines offensichtlich spontanen Einfalls erstmalig, obwohl er bereits in seinem eigenen Verfahren eine Einlassung abgegeben hatte, dass sie bei der Entsorgung der Leiche alle Handschuhe getragen hätten, welche dann mitsamt der Schuhe und der Decke, in welche der Leichnam eingewickelt gewesen sei, auf dem Rückweg zur Unterkunft entsorgt worden sei.

Der vom Zeugen geschilderte Geschehensablauf ist durchaus komplex und differenzierend, sowohl hinsichtlich der verschiedenen Örtlichkeiten als auch Handelnder. Das von ihm geschilderte Tatgeschehen verlagerte sich von der Küche bzw. Schankraum in den Flur. Hinsichtlich der Entsorgung der Leiche schilderte er den umständlichen Weg von diesem Flur bis in den Garten über die erste Etage und die Terrasse sowie später zum Maisfeld.

Für die besondere inhaltliche Qualität seiner Aussage spricht außerdem insbesondere, dass seine Schilderung gewisse Komplikationen enthält, die vor dem Hintergrund, dass er sich selbst entlasten möchte, nicht erforderlich gewesen wären, ihn aber in die Gefahr brächten, sich in Widersprüche zu verwickeln. Dabei ist insbesondere die vom Zeugen geschilderte täterschaftliche Beteiligung des Zeugen P3 hervorzuheben. Dieser Umstand würde nur dann Sinn machen, wenn dies auch tatsächlich so geschehen ist. Denn ansonsten würde der Zeuge durch die Einschaltung einer weiteren, am Geschehen unbeteiligten Person in eine unkalkulierbare Gefahr laufen, der Lüge entlarvt zu werden. Auch aus der Einlassung des Angeklagten wird in Übereinstimmung mit der Aussage des Zeugen P1 die wesentliche Rolle des Zeugen P3 deutlich, der sich aktiv an der Besorgung der Schlüssel für das vom Zeugen P7 geführte Fahrzeug zwecks Entsorgung der Leiche und der Mitwirkung bei dieser beteiligte. Der Zeuge P7, der weder als Täter in Betracht kommt noch ein ersichtliches Interesse an einem irgendwie gearteten Ausgang des Verfahrens hat, hat auch glaubhaft bestätigt, dass es der Angeklagte und der Zeuge P3 waren, die an dem Abend mit ihm tranken und den Schlüssel forderten. Der Zeuge P1 war gar nicht im Zimmer anwesend. Der Angeklagte habe ihm auch gut nachgeschenkt. Für die vom Angeklagten angeführte Begründung, sie wollten zusammen Diesel klauen und benötigten hierfür das Fahrzeug, fehlen jegliche objektive Anhaltspunkte, obwohl der Zeuge P7 bestätigt hat, dass darüber bei dem Trinkgelage gesprochen wurde. Tatsächlich ist in der Nacht aber kein Diesel geklaut oder dies versucht worden, sondern es wurden sofort alle drei – der Angeklagte und die Zeugen P1 und P3 – zusammengerufen, um die Leiche aus dem Garten zu entsorgen.

Außerdem beschrieb der Zeuge P1 zahlreiche, zum Teil auch ausgefallene Details, wie das von ihm wahrgenommene Röcheln des P6 im Zusammenhang mit der Tatbegehung. Außerdem schilderte er, dass er sich wieder in die Küche gesetzt und seinen Kopf gehalten habe, während ihm klar geworden sei, dass ein Mensch jetzt tot sei. Solche Handlungskomplikationen und für den Ablauf „unnötige“ Ergänzungen sprechen gegen eine gezielte Falschbelastung, da sie einerseits den Angeklagten nicht zusätzlich belasten, andererseits aber schwer zu replizieren sind und deshalb eine Gefahr für einen lügenden Zeugen darstellen würden. Für den Realitätsbezug der Aussage des Zeugen P1 spricht auch diese differenzierte Wiedergabe seiner emotionalen Verfassung während und nach den Geschehnissen, auch im Zusammenhang mit der Rückfahrt aus Paderborn, als sie bemerkten, dass die Polizei in der Unterkunft war. Auch im Rahmen der mündlichen Hauptverhandlung betonte er mehrfach, wie schlimm doch alles sei. Schließlich sei ein Mensch tot, auch wenn im Übrigen – wie bei allen vernommenen Verfahrensbeteiligten der Unterkunft – wenig Emotionen vermittelt und in sachlicher Art und Weise geschildert wurden. Überraschend ist auch seine Schilderung, dass er von den Polizeibeamten bei der Festnahme des Angeklagten weggeschickt worden sei, brächte er sich doch in die Gefahr, dass seine Aussage durch die Vernehmung der Polizeibeamten widerlegt werden könnte. Die Aussage ist insoweit auch nicht als unplausibel anzusehen, da, wie der Zeuge und Polizeibeamte P11 in seiner Vernehmung ausführte, es sich um Polizeibeamte aus O1, die für die Ermittlungen nicht zuständig waren, gehandelt hatte, die die Festnahme durchführten. Die dortigen Polizeibeamten erhielten lediglich den Auftrag, den Angeklagten an dem per Foto zugesandten Standort festzunehmen und in den Polizeigewahrsam nach Dortmund zu bringen. Die Kammer hält es daher für plausibel, dass die Polizeibeamten in Unkenntnis, dass es sich beim Zeugen P1 um einen ebenfalls Tatverdächtigen handelt, die in der Nähe des festzunehmenden Angeklagten befindlichen Personen zur Seite schickt, was der Zeuge P1, der an einer eigenen Festnahme kein Interesse hatte, für sich interpretierte, dass er gehen könne.

Er verwendete auch ungewöhnliche Formulierungen und Umschreibungen. So gab er an, dass die Nase des P6 weg gewesen sei, als er ihn auf dem Boden habe sitzen sehen. Auf Nachfrage erläuterte er dann, dass er damit meinte, dass der Nasenbereich im Gesicht eingedrückt gewesen sei, es also so ausgesehen habe, als habe der P6 keine Nase mehr.

Der Zeuge P1 gibt auch Äußerungen des Angeklagten in direkter Rede wieder, was ebenfalls als Realkennzeichen zu werten ist. So sagte der Angeklagte ihm, als er sich den Kopf haltend in der Küche saß, dass er sich keine Sorgen machen müsste, er sei es ja nicht gewesen und ob er helfen könne aufzuräumen und die Leiche wegzubringen.

Ferner nutzte er auch seine Hände, um etwas zu beschreiben, was ihm verbal zu erklären schwer viel, wie die Länge des verwendeten Axtstiels und der Abstand zwischen dem P6 und dem abgestellten Hammer.

(c)

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Aussage des Zeugen P1 nicht frei von Schwächen ist. Diese können die inhaltliche Überzeugungskraft seiner sonstigen Angaben aber letztlich nicht nachhaltig erschüttern.

Der Zeuge P1 äußerte auf verschiedene Nachfragen Erinnerungslücken, z.B. mit welcher Hand und in welcher Richtung der Angeklagte und auch der Zeuge P3 die Schläge mit dem Axtstiel ausgeführt haben. Wie die Bewegung, die er in seinem Verfahren als Angeklagter noch vorgeführt hat, erfolgte, konnte er auch nicht mehr erinnern.

Erinnerlich war ihm auch nicht mehr, warum er sich zur Reinigung und Leichenentsorgung bereit erklärt hatte. Als Angeklagter hatte er noch seine der Tötung vorangegangene Schlägerei mit dem P6 und seine eigenen, für ihn negativ besetzten Erfahrungen mit der Polizei genannt, was die Kammer auch nach wie vor für plausibel hält. Ferner wusste er auch nicht mehr anzugeben, was im Rahmen der unmittelbaren Tatbegehung vom Angeklagten und Zeugen P3 gesagt wurde. Zuvor hatte er bei Gericht noch angegeben, dass der Zeuge P3 zum P6 gesagt habe „Leg dich nicht mit Polen an!“.

Angesichts des zwischenzeitlichen Zeitablaufs, des dynamischen Geschehens und des alkoholisierten Zustand auch des Zeugen zum Tatzeitpunkt ist es aber nachvollziehbar, dass sich der Zeuge P1 nicht mehr genau erinnern kann. Dies spricht vielmehr dafür, dass der Zeuge gewillt ist, nur das zu bekunden, woran er sich im Zeitpunkt seiner Aussage auch tatsächlich erinnern kann. Insbesondere wäre es ein Leichtes für ihn gewesen, zu behaupten, dass er sich nach Vorhalt wieder an die Ereignisse erinnern könne. Das tat er aber gerade nicht.

(d)

Angesichts der inhaltlichen Qualität und Komplexität ihrer Beschreibungen erscheint es weiterhin zwar nicht vollständig ausgeschlossen, aber doch von vornherein äußerst unwahrscheinlich, dass der Zeuge P1 überhaupt die Kompetenz hätte, eine solche Aussage selbst als Falschaussage zu konstruieren. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die gesamte Aussage des Zeugen P1 problemlos mit allen objektiv vorliegenden Beweisen in Einklang steht, anzunehmen.

Zwar war der Zeuge P1 im Rahmen seines Strafverfahrens natürlich anwaltlich vertreten, eine erste Aussage hatte er beim Sachverständigen P2 (vgl. Ziffer III. 2. a) cc) (3) (f)) in Abwesenheit seines Verteidigers getätigt, die er im Wesentlichen im Rahmen seiner gerichtlichen Hauptverhandlung als Angeklagter wiederholt hat. Auch im Rahmen seiner Aussage als Zeuge im hiesigen Verfahren war er nicht anwaltlich beraten. So sind nicht nur die DNA-Spuren des P6 auf dem Fußboden des Schankraums und vom Zeugen P1 an der Schiebetür zum Zimmer des P6 gefunden worden, was im Einklang mit seiner Schilderung der Schlägerei steht. Sondern es fanden sich auch seine DNA-Spuren sowohl an der Türklinke zum Flur als auch an der Rückenlehne der Sitzbank in der Küche. Der Zeuge hatte insoweit angegeben, dass er bis zur Tür gegangen sei und sich von dort das weitere Geschehen angeschaut habe. Am rechten Daumen und am Hinterkopf habe er geblutet. Letzteres wird sogar durch die Aussage des Zeugen P3 bestätigt, der angab, dass der P1 nach dem streitgegenständlichen Abend ein mittelgroßes Pflaster am Hinterkopf gehabt habe. Der vom Zeugen P1 geschilderte Niederschlag ist damit plausibel mit dem Verletzungsbild in Einklang zu bringen.

Ferner gab der Zeuge P1 an, er habe auf der Bank in der Küche gesessen, wo er sich dann den Kopf gehalten und realisiert habe, dass nunmehr ein Mensch gestorben sei. Die Schilderung des Zeugen, dass sich das Geschehen in den Flur verlagert hat, wird durch das Spurenbild auch nicht widerlegt, weil auch Blutspuren im Flurbereich, d. h. an der Wand zum Treppenaufgang gefunden wurden, was sich aus den in Augenschein genommenen Lichtbildern Bl. 1003-1004 im Leitzordner (Bilder 411-413) ergibt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Abbildungen wird gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf die vorgenannten Lichtbilder Bezug genommen. Ob es sich hierbei um das Blut des Getöteten gehandelt hat, war zwar nicht festzustellen, da die genommenen Abriebe seitens der Ermittlungsbehörden nicht weiter untersucht wurden. Die Kammer hat insoweit von weiteren Ermittlungen abgesehen, da die Amtsaufklärungspflicht auch vor dem Hintergrund des Beschleunigungsgebotes aus Sicht der Kammer keine weiteren Ermittlungen zu den Blutspritzern an der Wand erforderte. Anträge wurden insoweit nicht gestellt. Sollten die Blutspritzer an der Wand nicht von dem P6 stammen, führt dies nicht dazu, dass die Einlassung des Zeugen P1 in diesem Punkt widerlegt ist, da dies auch der Tatort gewesen sein könnte, wenn keine Blutspritzer an der gegenüberliegenden Wand gewesen wären. Zudem stellt sich auch die Frage, warum der Zeuge P1 hinsichtlich des tatsächlichen Tatortes lügen sollte, dies wäre nur ein unnötiges, die Schilderungen verkomplizierendes Detail. Insoweit wäre es viel einfacher gewesen den Vorraum des Schankraumes als Tatort zu benennen.

Außerdem bestätigte nicht nur der Zeuge selbst, sondern auch der Angeklagte sowie der Zeuge P3, dass eine Wand im Flur gestrichen worden ist. Dies ergibt sich auch aus dem in der Hauptverhandlung vom 18.03.2021 verlesenen Bericht „Tatortbegehung“ vom 18.09.2019. Streicharbeiten erfordern einen erheblichen Mehraufwand als übliche Reinigungsarbeiten wie Wischen oder Abwaschen. Dies spricht schon dafür, dass im Flurbereich wesentlich mehr Spuren vorhanden waren, so dass ein Streichen als vonnöten erachtet wurde. Auch der Angeklagte gab an, am nächsten Morgen Blut am Heizkörper im Flur gesehen zu haben.

Ferner schlugen ausweislich des ebenfalls in der Hauptverhandlung vom 18.03.2021 verlesenen Vermerks „Einsatz Leichenspürhund“ vom 11.09.2019 und der in sich und mit dem Akteninhalt widerspruchsfreien Aussage des Zeugen und Polizeibeamten P11 die Leichenspürhunde sowohl auf der Terrasse als auch am Renault Trafic, bei welchem es sich um das Fahrzeug gehandelt hat, mit dem der Zeuge P7 zur Unterkunft gefahren war und die Leiche zum Maisfeld transportiert wurde, an.

Um die Ermittlungen der Polizei, insbesondere die umfangreichen gesicherten objektiven Spuren in Einklang mit seinen Angaben zu bringen, würde eine erhebliche intellektuelle Leistung des Zeugen P1 bedeuten, die die Kammer diesem auch schon nach dem persönlichen Eindruck nicht zutraut.

(e)

Davon abgesehen ist die Kammer im Rahmen der Motivationsanalyse aber auch davon überzeugt, dass der Zeuge P1 sich die Vorwürfe gegen den Angeklagten nicht ausgedacht haben könnte.

Die Kammer verkennt nicht, dass der Zeuge P1, dem Gewalttaten (Schlägereien) selbst nicht wesensfremd sind, und der zunächst selbst angeklagt war, ein erhebliches Eigeninteresse an einer Falschbezichtigung des Angeklagten hätte haben können, um sich selbst zu entlasten. Der Zeuge ist allerdings mittlerweile rechtskräftig freigesprochen, wobei die Kammer durchaus erwogen hat, dass der Freispruch zu Unrecht erfolgt sein könnte, so dass dieses Motiv in den Hintergrund rückt. Der Zeuge ist im Übrigen in der Hauptverhandlung eindringlich dahin belehrt worden, dass er im Hinblick auf ein mögliches Wiederaufnahmeverfahren Angaben gem. § 55 StGB verweigern könnte, sollte er sich selbst belasten müssen.

Weiterhin gegen eine bewusste Falschbelastung spricht sein sachliches und differenziertes Aussageverhalten, das keinen Hang zu Übertreibungen, keinen besonderen Geltungsdrang sowie – vor allem – keine Anzeichen von Rachegelüsten erkennen lässt. Vielmehr schildert er selbst, dass er mit dem Getöteten unmittelbar zuvor noch in eine Schlägerei verwickelt war, an dessen Grund er sich auch schon nicht mehr erinnern könne, was auch für eine aus Sicht des Zeugen belanglose Ursache spricht. Auch hat er sich nicht in einer mögliche Opferrolle dargestellt und behauptet, er sei gezwungen worden, bei der Leichenentsorgung zu helfen, sondern er hat sich nach seiner Einlassung auf einfache Nachfrage des Angeklagten hierzu bereit erklärt.

Die Motivation eines Dritten, der auf den Zeugen eingewirkt haben könnte, ist nicht ansatzweise ersichtlich.

(f)

Die Angaben des Zeugen P1 zeichnen sich ferner aus durch ein überaus hohes – aber nicht unnatürliches – Maß an Konstanz zu vorherigen, gegenüber des ihn in seinem Verfahren explorierenden Sachverständigen P2 getätigten Aussage und seiner Einlassung als Angeklagter.

Der Zeuge P1 hat das Kerngeschehen im Rahmen der Exploration durch den Sachverständigen P2 und auch in seinen gerichtlichen Vernehmungen vor der Kammer – zum Einen als Angeklagter, zum Anderen als Zeuge – zum Großteil inhaltlich übereinstimmend geschildert.

Beim Sachverständigen hat er ausweislich des verlesenen Urteils der Kammer vom 23.09.2020, Az. II-4 Ks 6/20, Ende Januar/Anfang Februar 2020 angegeben, dass es zu einer Schlägerei gekommen sei und man sich zu dritt geschlagen habe. Es sei eine Fensterscheibe (gemeint ist wohl die Zimmertürscheibe) herausgefallen und er, der Zeuge P1, habe einen Schlag gegen den Kopf verspürt und sei dann kurz bewusstlos gewesen. Der jetzige Angeklagte habe einen Axtstiel und einen Hammer gehabt. Als er wach geworden sei, habe er gesehen, wie der P6 im Eingangsbereich gelegen und der Angeklagte den P6 mit dem Axtstiel geschlagen habe. Es sei noch ein Kollege da gewesen, wohl der P3. Der Hammer sei nicht verwendet worden.

In dem Verfahren vor der Kammer, als sich der Zeuge P1 damals als Angeklagter eingelassen hat, hat er ausweislich der Feststellungen im zuvor genannten Urteil und aufgrund der insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen RLG P10 angegeben, dass ihm, nachdem ihm der P6 an der an die Küche angrenzenden Bartheke mit einem Topf – wobei es sich hierbei um einen Übersetzungsfehler handeln könnte, jedenfalls ein Gefäß zum Wasserkochen – auf den Hinterkopf geschlagen habe, komisch geworden und er dann kurzzeitig bewusstlos geworden sei. Er sei in dem zum Schankraum gehörenden Vorraum hingefallen und habe zunächst nichts mehr mitbekommen. Als er wieder aufgewacht sei, habe er gesehen, wie der jetzige Angeklagte dem P6 mit dem Stiel einer Axt mehrmals in das Gesicht geschlagen habe. Der P6 habe seitlich an einem im Eingangsbereich links hinter der Eingangstür befindlichen Heizkörper gelehnt und das Gesicht des P6 habe keine Nase mehr gehabt. Der Angeklagte habe dann noch den P3 geholt und auch dieser habe den P6 noch mehrmals mit dem Axtstiel auf den Kopf geschlagen, wobei er nicht sagen könne, ob der P6 da überhaupt noch gelebt habe.

Ihm, dem jetzigen Zeugen P1, sei dann aber klar geworden, dass der P6 nicht mehr lebe. Der Angeklagte habe zu ihm gesagt, „Keine Sorge, du warst das nicht“. Sodann habe der Angeklagte ihn gefragt, ob er helfen würde, die Leiche zu verstecken. Er habe zugestimmt, da er durch die vorangegangene Auseinandersetzung mit dem P6 „ein Teil davon und mitbeteiligt gewesen sei“. Er habe zwar den Angeklagten weder um Hilfe gebeten, noch damit gerechnet, dass mit einem Axtstiel auf den P6 eingeschlagen werde und könne sich letztlich auch nicht erklären, warum der Angeklagte derart in das Geschehen eingegriffen habe. Er habe sich aber schließlich deshalb bereit erklärt zu helfen, weil er bereits früh Probleme mit der Polizei gehabt und nicht gewollt habe, dass der Verdacht auf ihn falle. Er sei schließlich während der Tat dabei gewesen. Der von der Polizei aufgefundene Vorschlaghammer habe im Hauseingangsbereich an der Wand unterhalb der Treppenstufen angelehnt in einer Blutpfütze gestanden. Er könne nicht sagen, wie der Hammer dorthin gelangt sei. Er habe diesen erst wahrgenommen, als er in den Hausflur gegangen sei. Er habe diesen in den Abstellraum unter der Treppe gestellt, da der Angeklagte ihm gesagt habe, dass dieser nicht verwendet worden sei. Der verwendete Axtstiel sei von P3 und dem Angeklagten ebenso wie die Papiere des P6 im Garten verbrannt worden. Zudem sei aufgrund der vielen Blutspritzer der Flurbereich, insbesondere die Decke, teilweise neu gestrichen worden.

Insgesamt zeigen sich also äußerst weitgehende Übereinstimmungen hinsichtlich der Orte und Abläufe der Schläge durch den Angeklagten und den Zeugen P3, aber auch im Nachtatverhalten, wie die Worte des Angeklagten, er solle sich keine Sorgen machen, er sei es ja nicht gewesen, verbunden mit der Bitte, bei der Leichenentsorgung zu helfen. Lediglich im Randgeschehen gibt es Veränderungen. So hat der Zeuge P1 im hiesigen Verfahren nicht mehr bestätigt, dass der Angeklagte sich bereits vor seiner Ohnmacht in seine Auseinandersetzung mit dem P6 eingemischt hatte. Dies ergibt sich allerdings auch nicht aus dem verlesenen Urteil vom 23.09.2020, sondern lediglich aus der Aussage des Zeugen RLG P10. Ferner hatte der Zeuge P1 ursprünglich angegeben, dass es der Angeklagte und der Zeuge P3 waren, die nicht nur den Axtstiel, sondern auch die Dokumente im Garten verbrannt haben sollen. Nunmehr schilderte er lediglich das Verbrennen des Axtstiels in einem vorher nicht konkretisierten Metallbehälter durch den Angeklagten, während er dabei war. Ob der Zeuge P1 bei seiner ersten gerichtlichen Vernehmung angegeben hatte, beim Verbrennen dabei gewesen zu sein oder dies nur später gehört zu haben, ergibt sich weder aus dem verlesenen Urteil noch machte der Zeuge RLG P10 hierzu Angaben. Jedenfalls über die verbrannten Dokumente sagte der Zeuge in seiner jetzigen Vernehmung nichts. Ein entsprechender Vorhalt erfolgte allerdings auch nicht, so dass davon auszugehen ist, dass er dies lediglich vergessen hat. Im besonderen Maße relevant ist dieses Detail auch nicht, was ein eventuelles Vergessen auch nachvollziehbar erklärt. Soweit der Zeuge RLG P10 von einem Verbrennen der Dokumente im Keller sprach, handelt es sich dabei nach Sicht der Kammer um eine irrige Erinnerung, da im Urteil, welches noch unter dem Eindruck der Hauptverhandlung verfasst wurde, steht, dass der Zeuge P1 angegeben hat, dass auch das Verbrennen der Dokumente im Garten stattgefunden hat.

Ferner ist es auch nicht als Widerspruch anzusehen, dass der Zeuge P1 im Rahmen seiner Exploration gesagt hat, dass der Angeklagte einen Axtstiel und einen Hammer gehabt habe. Eine Verwendung durch den Angeklagten hatte er auch dort ausweislich des verlesenen Urteils zurückgewiesen. Anhaltspunkte, dass der Angeklagte zu irgendeinem Zeitpunkt den Hammer überhaupt in der Hand gehalten hat, gibt es nicht. Auch die gewählte Formulierung impliziert dieses nicht. Ausweislich der verlesenen Feststellungen des Urteils vom 23.09.2020 existiert kein Wortprotokoll der Einlassung gegenüber dem Sachverständigen. Auf Vorhalt seiner Angaben beim Sachverständigen P2 im Gutachten vom 06.02.2020, im welchem auch steht, dass der P6 auf den Angeklagten losgegangen sei, bevor es zur Schlägerei mit dem Zeugen P1 kam, beharrte der Zeuge P1 auf seine Einlassung, die er als Angeklagter abgegeben hatte, dass es um einen Streit zwischen ihm und dem P6 und nicht zwischen dem Angeklagten und dem P6 gegangen sei. Auch habe er nicht gesehen, wie der Angeklagte den Hammer in der Hand gehalten hatte, nur den Axtstiel. Die Kammer hat davon abgesehen, den Sachverständigen P2 hierzu als Zeugen zu befragen, da ausweislich der verlesenen Urteilsgründe im Strafverfahren die Frage, inwieweit Abweichungen der abgegebenen Einlassung auf die Erinnerung des P1 oder möglicherweise auf Übersetzungsschwierigkeiten zurückgehen, durch Befragung des Sachverständigen nicht aufgeklärt werden konnten. Ein Wortprotokoll der Einlassung gegenüber dem Sachverständigen existiert nicht. Entsprechende Anträge auf Vernehmung des Sachverständigen wurden zudem nicht gestellt. Jedenfalls hat auch der Angeklagte angegeben, dass es – wie der Zeuge P1 ausgesagt hat – zu Beginn nur eine Auseinandersetzung zwischen dem P6 und dem P1 gegeben habe. Widersprüche haben sich insoweit daher nicht ergeben.

Hinsichtlich der Tätigkeiten des Angeklagten vor der Ohnmacht des Zeugen P1 und des Zeugen P3 beim Verbrennen des Axtstiels berief sich der Zeuge P1 auf Erinnerungslücken. Er wisse nicht mehr, was die beiden in den jeweiligen Momenten getan hätten. In Anbetracht des zwischenzeitlich erheblichen Zeitabstands von über einem Jahr zwischen der Exploration und der Aussage als Zeuge vor Gericht ist die Aussage erstaunlich konstant. Es ist auch nachvollziehbar, dass das Kerngeschehen besser erinnerlich ist als das Randgeschehen, da es eine untergeordnete Wichtigkeit annimmt und Erinnerungen bekanntermaßen über längere Zeiträume immer lückenhafter werden und zunächst aus Sicht des Erinnernden Irrelevanteres aus der Erinnerung verschwindet. Dass der Zeuge auch auf Vorhalt seiner vorherigen Angaben bei seiner fehlenden Erinnerung geblieben ist, zeigt, dass er wirklich nur das bei Gericht aussagen wolle, an dass er sich zum Zeitpunkt seiner Vernehmung wirklich noch erinnern konnte. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen zu behaupten, jetzt, wo er seine frühere Einlassung höre, erinnere er sich wieder.

Dass er spontan auf konkrete Nachfrage nunmehr ein konkretes Gefäß, nämlich den Metallbehälter erwähnt, in dem das Verbrennen stattgefunden haben soll, spricht sogar eher für eine eigens erlebte Erinnerung, da es einem Lügenden schwerfällt, zu seiner erdachten Geschichte spontan neue Details hinzuzufügen, insbesondere wenn durch weitere Zeugenvernehmungen die Gefahr droht, dass ein solches Detail durch die weiteren Zeugen nicht bestätigt oder sogar widerlegt wird. Der Zeuge P7 hat zudem bestätigt, dass es einen Abfalleimer aus Metall gegeben hat, der rechts oder links an der Treppe, die zum Rasen führt, stand. Ob es sich dabei wirklich um das vom Zeugen P1 gemeinte Gefäß handelt, konnte nicht festgestellt werden, jedenfalls widerspricht die Aussage des Zeugen P7 nicht dieser Angabe des P1. Dass es ein Abfalleimer hätte sein können, würde aber zur Einlassung des P1, dass dort Folien von Grillabenden hineingeworfen würden, passen. Plausibel wäre dadurch auch, dass durch den Müll Gegenstände darin schnell Feuer fangen könnten, auch wenn – wie von der Verteidigung behauptet – ein Axtstiel hätte besonders bearbeitet und daher nicht leicht entflammbar sein können.

Soweit der Zeuge P1 in seiner Zeugenaussage angibt, im liegenden Zustand vor der Schiebetür noch nichts von dem Geschehnissen im Flur gesehen zu haben, sondern erst als er aufgestanden und sich genähert habe, könnte dies ein Widerspruch zu seinen Angaben im Verfahren als Angeklagter sein. Dort steht im Urteil, dass er als Angeklagter angegeben hatte, dass er nach dem Aufwachen den am Heizkörper sitzenden P6 gesehen habe. Dies führt nicht zu Zweifeln der Kammer an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen P1. Dass er nicht aufgestanden ist, hat er als Angeklagter nicht behauptet. Es ist auch nicht auszuschließen, dass der Zeuge damals missverstanden wurde, weil er das Aufstehen damals weggelassen und daher darauf geschlossen wurde, er habe bereits im Liegen den P6 gesehen. Selbst wenn es sich um kein Missverständnis handeln sollte, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung, da eine solche Abweichung unter Berücksichtigung des Zeitablaufs plausibel ist. Der Zeuge ist nach beiden Aussagen irgendwann aufgestanden, sonst hätte er schon nicht auf der Bank sitzen können, wo seine DNA-Spur gefunden wurde. Es ist nachvollziehbar, dass in der Erinnerung verschwimmt, was man in welcher Position bei einem solch dynamischen Geschehen gesehen hat. Dass der Zeuge P1 sich auch an der Tür befunden und dort die Geschehnisse verfolgt hat, wird zudem durch seine aufgefundene DNA-Spur an der Türklinke gestützt.

Dass der Zeuge P1 nunmehr behauptet, der P6 habe nach ihrem Streit nunmehr den ersten Schlag statt zuvor anders herum getätigt, lässt die Kammer auch nicht an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage zweifeln. Es handelte sich dabei um ein dynamisches Geschehen, das mittlerweile über 1,5 Jahre zurücklag. Der Zeuge war auch alkoholisiert, so dass ein entsprechender Widerspruch nachvollziehbar ist. Im Gesamtgeschehen ist dieses Detail auch nicht sonderlich relevant, weil der Zeuge unumwunden zugibt, den P6 auch selbst geschlagen zu haben.

Die vom Zeugen P1 unterschiedlich angegebenen Gründe, warum der Angeklagte den Zeugen P3 geschlagen hat – in der ersten gerichtlichen Aussage, weil der P3 dem Pawel P9 von den Vorfällen erzählt haben soll, und nach der zweiten Aussage dem P8 – lässt die Kammer die Glaubhaftigkeit der Aussage ebenfalls nicht in Zweifel ziehen, da es sich hierbei lediglich um Vermutungen des Zeugen handelte, die er auch als solche formulierte, weil ihm der Angeklagte zu einem ihm nicht mehr erinnerlichen Zeitpunkt erzählt habe, der P3 habe die Geschehnisse der entsprechenden Person weitererzählt.

Auch die unter (b) aufgeführten Realkennzeichen tauchen nicht ausschließlich in der gerichtlichen Aussage auf, sondern finden sich zum überwiegenden Teil auch in den vorherigen Aussagen in gleicher Art und Weise. Die Konstanz ist auch nicht unnatürlich hoch, so dass sich der Verdacht einer ausgedachten Geschichte aufdrängen würde. Dafür variiert die Ausdrucksweise des Zeugen P1, beispielsweise bei der direkten Rede des Angeklagten unmittelbar nach der Tat, dass er sich keine Sorgen machen solle, zu sehr zwischen den einzelnen Aussagen, auch wenn sich die Kammer bewusst ist, dass die Vergleichbarkeit aufgrund der unterschiedlich eingesetzten Dolmetscher und Übersetzer sicherlich eingeschränkter ist als bei einem in deutscher Sprache aussagendem Zeugen. Wie oben ausgeführt entstand infolge der frei assoziierenden Erzählweise zu keinem Zeitpunkt der Verdacht einer auswendig gelernten Erzählung. Wie ebenfalls oben ausgeführt, wäre der Zeuge P1 aber zur Überzeugung der Kammer bereits nicht in der Lage gewesen, eine qualitativ derart hochwertige Aussage auswendig zu lernen und über einen längeren Zeitraum konstant wiederzugeben.

(g)

Schließlich ist zu prüfen, ob die Aussage des Zeugen P1 durch sonstige Einflüsse von außen initiiert oder verfälscht worden sein könnte, also z.B. durch suggestive Einflüsse Dritter oder als Ergebnis einer Projektion von Dingen, die dem Zeugen anderweitig oder aber anderen Personen passiert sind. Auch dies – angesichts der inhaltlichen Merkmale ohnehin schon sehr fernliegend – kann die Kammer im Ergebnis jedoch sicher ausschließen.

Angesichts der Situationen, in denen der Zeuge P1 bereits ausgesagt hat (Sachverständiger, zweimal bei Gericht), bestünde grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass Angaben des Zeugen P1 dem Grunde nach richtig sind, mit der Zeit aber durch (ggfls. auch unbewusste) Suggestion immer weiter verfälscht wurden. Hiergegen aber sprechen sowohl seine konstante Wiedergabe des Geschehens als auch – insbesondere – erneut der Inhalt seiner Angaben. Denn der Zeuge P1 hat wie dargelegt von sich aus komplexe Geschehensabläufe mit räumlich-zeitlicher Verknüpfung, ausgefallene Einzelheiten und unerwartete Wendungen wie das Hinzukommen des P3 beschrieben, die über etwaige Vorhalte weit hinausgingen und ihm in dieser Art und Weise nicht ansatzweise hätten suggeriert werden können. Es war gerade der Zeuge, der den P3 erstmalig überhaupt als möglichen Täter ins Spiel brachte. Weiterhin spricht das bereits erwähnte erinnerungskritische Aussageverhalten des Zeugen P1, der offen Erinnerungslücken einräumte, gegen die Annahme einer nennenswerten Suggestibilität.

Ansatzpunkte für die Annahme einer Projektion von Beobachtungen oder Erlebnissen aus anderen Zusammenhängen gibt es ebenfalls nicht. Der Zeuge P1 hat die von ihm beschriebenen Vorgänge stets in ganz konkrete Situationen eingebunden und jeweiligen Zimmern bzw. Orten zugeordnet. Es gibt auch keine Anhaltspunkte, dass er ähnliche Erlebnisse von anderen, beispielsweise von Bekannten oder aber durch Informationen aus dem Internet, zuvor gehört hat.

(h)

Maßgeblich für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben und gegen eine suggerierte oder intentionale Falschbelastung spricht in diesem Zusammenhang schließlich die Entstehungsgeschichte der Aussage (Aussagegenese).

Der Zeuge P1 hat nicht etwa im Beisein seines Verteidigers nach entsprechender Beratung erstmalig die Vorgänge in der Tatnacht geschildert, sondern als er allein bei der Exploration war und vom Sachverständigen zur Schilderung des Tatgeschehens aufgefordert wurde. Die Exploration fand am 29.01.2020 und 03.02.2020 statt. Zu diesem Zeitpunkt konnte er den Beschluss der Kammer vom 08.02.2020, in dem das Verfahren gegen ihn eröffnet und gegen den jetzigen Angeklagten bezüglich des Tötungsvorwurfs nicht eröffnet wurde, noch nicht kennen. Er wusste damals also noch nicht, dass es zu einem getrennten Verfahren kommen würde. Vielmehr musste er davon ausgehen, dass beide gleichzeitig auf der Anklagebank sitzen und unmittelbar mit den Einlassungen des jeweils anderen konfrontiert würden. Bei der Einlassung ist er auch in seinem gesamten Verfahren geblieben und hat diese – nach rechtskräftigem Freispruch – auch in seiner Funktion als Zeuge wiederholt. Dass der Zeuge P1 vor der Exploration monatelang trotz Untersuchungshaft geschwiegen hat, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Zwar hätte er so lange genug Zeit gehabt, sich seine Aussage zurechtzulegen, wie aber bereits ausgeführt, hält die Kammer den Zeugen nicht für kompetent genug, sich eine plausible Geschichte auszudenken, die auch mit allen objektiven Beweismitteln im Einklang steht, und diese dann für einen langen Zeitraum so aufrechtzuerhalten.

(i)

Insgesamt und unter nochmaliger Abwägung aller vorgenannten Punkte kommt die Kammer nach der Analyse der von ihm gemachten Angaben zu dem Schluss, dass der Zeuge P1 jedenfalls im Umfang der Feststellungen Erlebtes berichtet hat und sämtliche anderen Hypothesen ausgeschlossen werden können.

(4)

Schließlich existieren keine Umstände außerhalb der eigentlichen Würdigung der Aussage des Zeugen P1, die gegen deren Angaben sprechen oder sie sogar widerlegen würden.

Auch der im Abstellraum aufgefundene Hammer, der nach den Feststellungen des Sachverständigen P12 neben der DNA des Zeugen P1 an dem Hammerstiel auch die DNA des getöteten P6 aufweist, führt zu keiner anderen Würdigung. Nach den Ausführungen des Sachverständigen befinden sich an der oberen Stielhälfte vom Hammerkopf weg die DNA des Zeugen P1 vollständig und 27 der 32 charakteristischen DNA-Merkmale des Getöteten. Am unteren Stielende zum Hammerkopf hin ist nach den Ausführungen des Sachverständigen als Hauptspur einer DNA-Mischspur die DNA des Getöteten feststellbar. Die dort ebenfalls festgestellten DNA-Merkmale ließen keine sicheren Rückschlüsse auf den Spurenleger zu, es seien jedoch Beimengungen der für den Zeugen P1 charakteristischen DNA-Merkmale vorhanden. Dies spreche für einen plausiblen Vorgang, dass der Zeuge P1 den Getöteten mit dem Hammer geschlagen habe. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch eine weitere Person den Hammer in der Hand hatte, wenn dies nur kurz erfolgt sei. Unter einer großen Blutspur könne nämlich die DNA anderer Personen übertüncht sein.

Nach den obigen Ausführungen kann aufgrund dieser Feststellungen des Sachverständigen, denen sich die Kammer nach eigener Würdigung anschließt, jedenfalls der Rückschluss gezogen werden, dass trotz fehlender DNA-Spur auch der Angeklagte den Hammer zum Tatort hätte tragen können. Alternativ käme auch aufgrund der aufgefundenen DNA des Getöteten in Betracht, dass dieser den Hammer selbst in der Hand gehabt und im Hausflur abgestellt hat. Vor diesem Hintergrund ist aber jedenfalls nicht hinreichend sicher feststellbar, welche Rolle der Hammer tatsächlich gespielt hat. Insbesondere kann aber auch nicht ohne weiteres der Rückschluss gezogen werden, dass die Aussage des Zeugen P1 widerlegt ist und dieser selbst mit dem Vorschlaghammer zugeschlagen hat. Denn dann wäre auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen P12, dass aufgrund des Gewichts des Hammers mit beiden Händen zugegriffen worden sein müsste, am oberen und unteren Ende des Stiels deutlich feststellbare DNA des Zeugen P1 zu erwarten gewesen. Zwar mag es einem Bauarbeiter auch möglich sein, mit nur einer Hand bzw. den Vorschlaghammer nur am oberen Ende zu greifen und trotzdem zuschlagen zu können. Besonders wahrscheinlich erscheint dies der Kammer jedoch nicht, zumal die Schläge zielgerichtet gegen den Kopf erfolgt sind.

Angesichts der im Übrigen vorgenommenen Maßnahmen zur Spurenbeseitigung ist es aber auch aus Sicht der Kammer äußerst unplausibel, ausgerechnet das Tatwerkzeug ausweislich der in Augenschein genommenen Lichtbilder, auf die gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf Bl. 1009-1016 im Leitzordner (Bilder 423-438) Bezug genommen wird und die den Auffindeort und den Hammer zeigen, mit auch für das bloße Auge deutlich sichtbaren Blutspuren, relativ offen platziert in der Abstellkammer zu deponieren. Der Hammer wurde sofort sichtbar oben auf einem Haufen aus verschiedenen Gegenständen im Abstellraum in unmittelbarer Tatortnähe aufgefunden. Dahingehend ist die Einlassung des Zeugen P1, er habe den Hammer weggeräumt, weil der Angeklagte ihm gesagt habe, er habe diesen nicht benutzt – was ebenfalls gegen ein langes In-den-Händen-Halten des Hammers durch den Angeklagten spricht, was in Einklang mit den Feststellungen des P12 steht – weitaus plausibler.

Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass trotz der Feststellungen der Sachverständigen P13, dass auch Faustschläge den Tod des P6 verursacht haben könnten, die Faustschläge des Zeugen P1 jedenfalls nicht ursächlich waren. Der später getötete P6 war nach den Faustschlägen noch bei vollem Bewusstsein und an der Schlägerei weiterhin aktiv beteiligt. Er schlug sogar dem Zeugen P1 eine Art Wasserkessel auf den Hinterkopf. Der weitere Geschehensablauf nach den Faustschlägen des P1 und die vom P6 gezeigte Koordinierungsfähigkeit sprechen aus Sicht der Kammer gegen für den Tod ursächliche, vom Zeugen P1 ausgeführte Faustschläge.

dd)

Die Kammer hat zumindest am bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten weder zum Zeitpunkt der durch ihn noch durch den Zeugen P3 durchgeführten Schläge mit dem Axtstiel Zweifel. Ein direkter Vorsatz konnte unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes nicht sicher festgestellt werden.

Der Täter handelt mit bedingtem Tötungsvorsatz, wenn er den Eintritt des Todes als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt sowie ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit ihm abfindet (BGH, Beschluss vom 25.11.2010 - 3 StR 364/10). Da vor dem Tötungsvorsatz eine viel höhere Hemmschwelle steht als vor dem Gefährdungsvorsatz, kann es auch so liegen, dass der Täter den Tötungserfolg als möglich vorausgesehen und dennoch ernsthaft, nicht nur vage, darauf vertraut hat, er werde nicht eintreten. Dann handelt er in Bezug auf den Tötungserfolg nur (bewusst) fahrlässig (BGH, Urteil vom 07.06.1983 – 4 StR 51/83).

Da die Schuldformen des bedingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlässigkeit im Grenzbereich eng beieinander liegen, müssen vor der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement, umfassend geprüft und gegebenenfalls durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände des Einzelfalles, in welche vor allem die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motivationslage mit einzubeziehen sind (BGH, Urteil vom 20.09.2012 – 3 StR 158/12).

Angesichts der hohen Hemmschwelle gegenüber einer Tötung ist immer die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass der Täter die Gefahr der Tötung nicht erkannt oder darauf vertraut hat, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten (BGH, Urteil vom 20.06.2020 - 5 StR 25/00). Insbesondere bei spontanen, in affektiver Erregung ausgeführten Handlungen kann aus dem Wissen um den möglichen Eintritt des Todes nicht ohne Berücksichtigung den aus der Tat und Täterpersönlichkeit des Täters ergebenen Besonderheiten auf das voluntative Vorsatzelement geschlossen werden (BGH, Beschluss vom 25.11.2010 – 3 StR 364/10).

Trotz des zur kritischen Prüfung des voluntativen Vorsatzelements zwingenden, vermutlich dynamischen und ungeplanten, spontanen Geschehens und der Alkoholisierung des Angeklagten schließt die Kammer aufgrund der mehrfachen wuchtigen – gezielten – Schläge mit einem Axtstiel mitten in das Gesicht des schließlich reglos am Boden sitzenden P6 auf die Erkenntnis des Angeklagten, das sein Verhalten den Tod des P6 herbeiführen kann und diesen auch billigt.

Die Kammer hat bei ihrer Würdigung bedacht, dass ein Motiv des Angeklagten zur Tötung des P6 nicht erkennbar ist. Insoweit sind zwischenmenschliche Probleme der Beiden nicht bekannt geworden. Auch hat die Kammer in ihre Würdigung einbezogen, dass die Tötung vor Zeugen erfolgte, was der Annahme des voluntativen Vorsatzelementes angesichts der ohnehin bestehenden Hemmschwelle zusätzlich entgegenstehen könnte. Schließlich hat die Kammer auch gesehen, dass der Angeklagte bislang vergleichbares Vorverhalten im Sinne von Körperverletzungsdelikten nicht gezeigt hat.

Schläge auf den Kopf eines Menschen, zudem mit einem hölzernen Gegenstand, sind allgemeinbekannt grundsätzlich als lebensgefährlich einzustufen. Konkret waren solche Schläge mit einem Gegenstand auch geeignet, den Tod des P6 herbeizuführen, was sich schon aus den Schilderungen des Zeugen P1 zum Verletzungsbild des P6 während der Schläge des Angeklagten ergibt. Nach dem Feststellungen der Sachverständigen P13 aus ihrem verlesenen forensisch-osteologischen Gutachten vom 09.01.2020, denen sich die Kammer nach eigener Würdigung anschließt, können die knöchernen Verletzungen am Schädel des P6, welche den Tod plausibel verursacht haben können, als Folge einer stumpfen Gewalteinwirkung im Sinne von Faustschlägen, Schlägen mit einem Gegenstand oder auch Tritten bewertet werden. Anhaltspunkte, dass der Angeklagte erst nach Durchführung noch nicht in Tötungsvorsatz durchgeführter Schläge gefasst haben könnte, liegen nicht vor.

Auch spricht das Herbeiholen des P3 nicht gegen die Annahme eines bedingten Vorsatzes des Angeklagten, denn aufgrund des für ihn sichtbaren Verletzungsbildes nach seinen eigenen Schlägen musste er trotz des auch für ihn wahrnehmbaren Röchelns des P6 davon ausgehen, dass er bereits alles Erforderliche für die Herbeiführung des Todes getan hatte, da der P6 bereits reglos mit Blut überströmten Gesicht an die Heizung gelehnt auf dem Fußboden saß. Jedenfalls hätte ein Ausbleiben des Todes angesichts der Kenntnis des Angeklagten von den objektiven Tatumständen für diesen nur als glücklicher Zufall erscheinen müssen. Wäre zu dem Zeitpunkt der Tod des P6 noch nicht eingetreten, hätte er – wie dies für ihn offenkundig hätte sein müssen – nur durch Rettungsmaßnahmen vom Versuch der Tötung zurücktreten können. Es ist aus Sicht den Angeklagten auch plausibel, dass er den Zeugen P3 zum Geschehen hinzuholte, auch wenn er schon alles Erforderliche zur Tötung getan hatte, da er nicht wusste, wie er weiter verfahren sollte und der Zeuge P3 als „Hausältester“ insbesondere für die polnischen Mitbewohner der erste Ansprechpartner war. Denkbar wäre zwar auch, dass er ihn lediglich um Rat fragen wollte, ob er den Notarzt rufen sollte, weil er meinte, das Leben des P6 sei noch zu retten. Davon ist die Kammer aber schon nicht überzeugt, da er den P3 ruhig zum Tatgeschehen dazu holte, während bei einer angedachten Rettungsaktion jede Sekunde von Wichtigkeit gewesen wäre. Auch das Folgegeschehen mit den Schlägen des P3 wäre insoweit auch nicht erklärbar. Tatsächlich sind auch keinerlei Rettungsbemühungen unternommen worden.

Unter Berücksichtigung der Feststellungen der Sachverständigen P13, die zu dem Schluss kommt, dass der Todeseintritt die Folge einer stumpfen Gewalteinwirkung im Sinne von Faustschlägen, Schlägen mit einem Gegenstand oder auch Tritten ist, und des zwischenzeitlich vom Getöteten geäußerten Röchelns kann die Kammer nicht sicher feststellen, ob bereits die Schläge des Angeklagten, die späteren Schläge des Zeugen P3 oder aber alle Schläge gemeinsam zum tatsächlichen Todeseintritt geführt haben. Andere Ursachen, die zum Tod des P6 führten, kommen nicht in Betracht.

Die Handlungen des P3 sind auch dem Angeklagten zuzurechnen. Dadurch, dass der Angeklagte den Zeugen P3 hinzuholte und ihm – neben dem P6 stehend – den Axtstiel übergab, wurde zumindest der konkludente gemeinsame Plan dokumentiert, dass der Zeuge P3 nunmehr ebenfalls gleichartige und damit den Tod herbeiführend gleich geeignete Schläge in das Gesicht des P6 ausführte und dies auch vom Angeklagten, der auch keinerlei Anstalten machte, den P3 zu stoppen, zumindest gebilligt wurde.

Ein direkter Vorsatz konnte vorliegend nicht sicher angenommen werden, da die Kammer trotz der vielfachen Schläge in das Gesicht des P6 zugunsten des Angeklagten nicht feststellen konnte, dass der Angeklagte die Tötung des P6 als sicher voraussah, sondern lediglich als möglich erachtete (vgl. P11, StGB, 67. Auflage 2020, § 15 Rn. 10f), da der Angeklagte später noch den Zeugen P3 hinzuholte, der weitere Schläge auf den P6 ausübte.

b)

Bezüglich der unter Ziffer II. 5. dargetanen Straftat, die Schläge in das Gesicht des Zeugen P3, beruhen die Feststellungen auf der insoweit glaubhaften geständigen Einlassung des Angeklagten, die sich im Wesentlichen mit den verlesenen polizeilichen Aussagen des Zeugen P3 sowie dessen durch Vernehmung des Zeugen RLG P10 eingeführten gerichtlichen Aussagen decken. Dass der Zeuge P3 ein sichtbares Hämatom im Bereich des linken Auges hatte, wurde durch die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder, die das Gesicht des Zeugen P3 von vorne und der Seite zeigen und auf die gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf Bd. I, Bl. 101-102 d.A. Bezug genommen wird, und der ebenfalls glaubhaften Aussage des Zeugen und Polizeibeamten P11, der angab, den Zeugen P3 am Tag seiner Vernehmung am 03.09.2019 in dem fotografierten Zustand gesehen zu haben, bestätigt.

Soweit die Einlassung des Angeklagten, es habe sich um Schläge mit der flachen Hand gehandelt, und die Aussage des Zeugen P3, es seien Faustschläge gewesen, voneinander abweichen, geht die Kammer jedenfalls zugunsten des Angeklagten davon aus, dass die Schläge, wie von ihm angegeben, mit der flachen Hand ausgeführt wurden. Das Verletzungsbild ist auch bei Schlägen mit der flachen Hand plausibel, da beispielsweise auch mit dem Handballen der Bereich der Augenhöhle getroffen werden kann.

c)

Anhaltspunkte, dass der Angeklagte bezüglich beider Straftaten nicht rechtswidrig gehandelt hat, liegen nicht vor.

Dass der P6 den Angeklagten selbst angegriffen haben könnte, ist nicht ersichtlich. Auch eine Nothilfehandlung, da der P6 dem Zeugen P1 eine Art Wasserkessel auf den Hinterkopf geschlagen hatte, aufgrund dessen dieser benommen zu Boden ging, kommt vorliegend nicht in Betracht, da die vom Angeklagten gewählte Verteidigungshandlung mit Hieben in das Gesicht eines später vollkommen wehrlos auf dem Boden sitzenden P6 außer Verhältnis zum vorgenannten Angriff des P6 gegen den Zeugen P1 steht, der lediglich nach einem einzelnen Schlag gegen den Hinterkopf benommen war. Weitere nachfolgende Handlungen des P6 zum Nachteil des P1 sind ohnehin nicht ersichtlich. Dass der Angeklagte hier aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken im Sinne des § 33 StGB gehandelt haben könnte, ist vorliegend nicht ersichtlich, zumal er ohne besondere Eile den Zeugen P3 zum Geschehen hinzuholte. Auch sein Nachtatverhalten spricht gegen die vorgenannten asthenischen Affekte, da er ruhig und planerisch vorging und den Zeugen P1 noch um Mithilfe zur Beseitigung der Leiche bat.

Hinsichtlich des Körperverletzungsdelikts lag kein Angriff des P3 weder nach dessen Aussage, er sei vom Angeklagten überrascht worden, noch nach der Einlassung des Angeklagten, der P3 habe von ihm verlangt, die Schuld hinsichtlich der Tötung des P6 auf sich zu nehmen, sonst passiere seiner Freundin und seinem Sohn etwas, vor. Wie bereits ausgeführt, ist die Kammer auch nicht überzeugt, dass der Angeklagte Furcht gegenüber dem Zeugen P3 verspürt hat.

d)

Die Kammer hat keinerlei Anhaltspunkte für eine verminderte Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit nach §§ 20, 21 StGB sowohl hinsichtlich des Tötungs- als auch des Körperverletzungsdelikts. Die Analyse der Lebensgeschichte lässt nicht erkennen, dass bei dem Angeklagten eine Störung auf psychiatrischem Fachgebiet vorliegen könne. Nach eigenen Angaben des Angeklagten sind keine Erkrankungen aufgrund des Autounfalls, bei dem er u.a. eine Hirnblutung erlitten hat, zurückgeblieben. Sein letzter Amphetaminkonsum war bereits ein Jahr vor der Inhaftierung.

Zwar hat der Angeklagte in der Nacht des 24. auf den 25.08.2019 Alkohol konsumiert. Ein die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit erheblich einschränkender Konsum lag aber nicht vor.

Ausweislich des verlesenen forensisch-toxikologischen Gutachtens der Forensisch-Toxikologischen Centrum GmbH München vom 29.11.2019 wurde beim getöteten P6 eine Alkoholkonzentration in dessen Muskelgewebe ein Wert von 2,2 ‰ und im Milzpresssaft von 4,2 ‰ gemessen. Muskelalkohol- und Blutalkoholkonzentrationen sind von der Größenordnung annähernd vergleichbar.

Bei Tötungsdelikten sind BAK-Werte erst ab 2,2 ‰ ein gravierendes Indiz für eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit (vgl. P11, StGB, 67. Auflage 2020, § 20 Rn. 21).

Die Kammer konnte die genaue Trinkmenge des Angeklagten wegen fehlender Angaben nicht feststellen. Berechnungen der BAK scheiden damit aus. Jedenfalls hat der Angeklagte bereits nach seiner eigenen Einlassung weniger als die anderen Beteiligten des Trinkgelages zu sich genommen, da er einige Runden ausgesetzt hatte. Er habe sich auch zu keiner Zeit betrunken gefühlt. Die Kammer hält daher den Schluss, weil der P6 eine BAK von 2,2 ‰ hatte, müsste der Angeklagte diese auch gehabt haben, schon nicht für plausibel. Vielmehr spricht die Tatsache, dass der Angeklagte weniger Alkohol zu sich genommen hat, für eine geringere BAK. Jedenfalls sprechen aus Sicht der Kammer die gesamte Tatausführung mit gezielt ausgeführten Schlägen ins Gesicht des P6, das Herbeiholen des P3 und die unmittelbar anschließende Planung und Durchführung diverser Schritte zum Verdecken der Straftat wie das Abbrennen des Axtstiels und des Versteckens der Leiche im Garten unter Ästen aber gegen eine entsprechende erhebliche Einschränkung. Irgendwelche Ausfallerscheinungen des Angeklagten werden weder von diesem noch von dem Zeugen P1 geschildert und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Auch die weiteren Eingangsmerkmale des § 20 StGB können bei ihm hiernach sicher ausgeschlossen werden.

IV.

Der Angeklagte hat sich damit nach den getroffenen Feststellungen des Totschlags gem. § 212 Abs. 1 StGB zum Nachteil des P6 und der vorsätzlichen Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 StGB zum Nachteil des P3 strafbar gemacht. Die Taten stehen als selbstständige Straftaten zueinander in Tatmehrheit gem. § 53 Abs. 1 StGB.

Anhaltspunkte für die Annahme etwaiger Mordmerkmale gem. § 211 Abs. 2 StGB liegen nicht vor.

Die Staatsanwaltschaft hat gem. § 230 StGB im Rahmen der Anklageschrift das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bezüglich der vorsätzlichen Körperverletzung zum Nachteil des P3 bejaht.

V.

Bei der Strafzumessung samt Festsetzung der Einzelstrafen und Bildung einer Gesamtstrafe hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:

1.

Die unter Ziffer II. 2. festgestellte Tat, der Totschlag gem. § 212 Abs. 1 StGB, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren und damit gem. § 38 Abs. 2, 1. Halbsatz StGB mit maximal 15 Jahren Freiheitsstrafe bestraft. Dieser Strafrahmen ist vorliegend zugrunde zu legen.

a)

In besonders schweren Fällen beträgt der Strafrahmen gem. § 212 Abs. 2 StGB eine lebenslange Freiheitsstrafe. Ein besonders schwerer Fall scheidet vorliegend aber aus.

Ein besonders schwerer Fall kommt in Betracht, wenn das Verschulden des Täters so außergewöhnlich groß ist, dass es ebenso schwer wiegt wie das eines Mörders und das im Zurückbleiben hinter den Mordmerkmalen liegende Minus durch ein Plus an Verwerflichkeit ausgeglichen wird (vgl. P11, StGB, 67. Auflage 2020, § 212 Rn. 19).

Vorliegend ist weder die Nähe auch nur zu einem der unter § 211 Abs. 2 StGB genannten Mordmerkmale noch schulderhöhende Momente von besonderem Gewicht ersichtlich.

b)

Auch ein minder schwerer Fall des Totschlags scheidet vorliegend aus.

Gem. § 213 StGB beträgt die Strafe Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 10 Jahren, wenn der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Misshandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder sonst ein minder schwerer Fall vorliegt.

Anhaltspunkte für eine Misshandlung oder schwere Beleidigung zum Nachteil des Angeklagten liegen bereits nicht vor. Da der Zeuge P1 mit dem Angeklagten weder verwandt noch verschwägert noch in einem Pflegeverhältnis steht und damit kein Angehöriger des Angeklagten im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 ist, ist ein gesetzlich benannter minder schwerer Fall auch bei einer Misshandlung oder schweren Beleidigung des P6 gegenüber dem Zeugen P1 beim Angeklagten nicht anzunehmen.

Aber auch ein sonstiger minder schwerer Fall liegt nicht vor. Dies ergibt die vorgenommene Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände und Aspekte herangezogen und gewürdigt wurden, die für die Wertung der Taten und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 22.01.2015 - 3 StR 412/14).

Zwar ist vorliegend neben der bisherigen Unbestraftheit wegen Gewaltdelikten die die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht erheblich einschränkende, aber doch vorhandene Alkoholisierung des Angeklagten zu berücksichtigen. Ferner ist davon auszugehen, dass sich die Tat spontan im Rahmen einer aufgeheizten Auseinandersetzung ereignete. Das gesamte Tatbild lässt aber den Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB nicht als unangemessen hart erscheinen. Eine affektive Erregung des Täters stellt bei Tötungsdelikten eher den Normalfall dar. Die Schläge erfolgten auch weiter, als längst die aufgeheizte Stimmung vorbei war und der P6 bereits nicht mal ansatzweise Gegenwehr leistete. Der Angeklagte holte sogar noch eine weitere Person, den Zeugen P3, hinzu, verließ also den unmittelbaren Tatort und kehrte in die unverändert beruhigte Situation zurück, wo der Zeuge in Kenntnis und Billigung des Angeklagten erneut zuschlug.

Gesetzlich vertypte Milderungsgründe liegen darüber hinaus nicht vor.

2.

Für die unter Ziffer II. 5. festgestellte Tat der vorsätzlichen Körperverletzung sieht das Gesetz gem. § 223 Abs. 1 StGB einen Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor.

3.

Innerhalb der so gefundenen Strafrahmen hat die Kammer folgende Gesichtspunkte berücksichtigt.

Strafmildernd war die alkoholbedingte Enthemmung des Angeklagten zu werten. Ferner geschah die Tat spontan in aufgeheizter Stimmung aufgrund der vorangegangenen Auseinandersetzung zwischen dem P6 und dem P1. Darüber hinaus ist der Angeklagte zuvor in Deutschland strafrechtlich noch nicht und in Polen zumindest nicht wegen Gewaltdelikten in Erscheinung getreten. Darüber hinaus ist ausnahmsweise auch die Untersuchungshaft strafmildernd zu berücksichtigen, da der Angeklagte aufgrund seiner fehlenden Deutschkenntnisse erheblich belastet ist. Ferner war zugunsten des Angeklagten lediglich von bedingtem Vorsatz auszugehen.

Bezüglich des Körperverletzungsdelikts ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Angeklagte geständig eingelassen hat und das Hämatom folgenlos ausgeheilt ist.

4.

Nach Abwägung aller strafzumessungsrelevanter Umstände, die innerhalb der gefundenen Strafrahmen zu berücksichtigen waren, hat die Kammer zunächst folgende Einzelstrafen gebildet:

Für die Tat unter Ziffer II. 2.

                            7 Jahre und 5 Monate Freiheitsstrafe,

und für die Tat unter Ziffer II. 5.

                            eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 5,00 €.

Bei der Höhe der Tagessätze hat die Kammer die derzeitige finanzielle Situation des in Haft befindlichen Angeklagten berücksichtigt.

5.

Aus den in Tatmehrheit zueinander stehenden Einzelstrafen war eine Gesamtstrafe gemäß § 54 StGB zu bilden. Dabei hat die Kammer sowohl die Person des Angeklagten als auch die einzelnen Taten nochmals im Rahmen einer zusammenfassenden Würdigung beurteilt.

Von der Einbeziehung der Geldstrafe in eine Gesamtfreiheitsstrafe gem. § 53 Abs. 2 S. 2 StGB wurde nicht abgesehen, da im Rahmen der Gesamtstrafenbildung die Einbeziehung der Geldstrafe in Anbetracht der Höhe der höchsten Einzelstrafe nicht sonderlich ins Gewicht fällt und aufgrund der schwierigen finanziellen Situation des Angeklagten die Geldstrafe schwerlich bezahlt werden könnte.

Bei angemessener Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von 7 Jahren und 5 Monaten hat die Kammer sodann eine

                            Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten

gebildet.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 472 Abs. 1 S. 1 StPO.

Meta

II4-Ks10/20

25.03.2021

Landgericht Arnsberg 4. Große Strafkammer als Schwurgerichtskammer

Urteil

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Landgericht Arnsberg, Urteil vom 25.03.2021, Az. II4-Ks10/20 (REWIS RS 2021, 7447)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7447

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2 StR 101/15

2 StR 447/17

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3 StR 364/10

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