Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2012, Az. II ZB 18/10

2. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9175

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Divergenzvorlage zu Notargebühren: Anfall der Betreuungsgebühr für die Erstellung der Gesellschafterliste und Einholung einer Unbedenklichkeitsstellungnahme der Industrie- und Handelskammer bei Beurkundung der GmbH-Gründung


Leitsatz

1. Der Notar, der die Gründung einer GmbH beurkundet, erhält nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG für die zusätzliche Erstellung der Gesellschafterliste keine Betreuungsgebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO.

2. Holt der Notar, der die Gründung einer GmbH beurkundet, vor der Anmeldung zum Handelsregister auftragsgemäß eine Stellungnahme der zuständigen Industrie- und Handelskammer zur firmenrechtlichen Unbedenklichkeit ein, so fällt hierfür eine Betreuungsgebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO an.

Tenor

Die weitere Beschwerde und die weitere Weisungsbeschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 2. Juli 2007 werden zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 39,44 € festgesetzt, wovon jeweils 19,72 € auf die weitere Beschwerde und die weitere Weisungsbeschwerde entfallen.

Gründe

I.

1

[X.] (nachfolgend: Notar) beurkundete am 22. September 2005 den Gesellschaftsvertrag, durch den die Kostenschuldnerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gegründet wurde, sowie einen Beschluss zur Geschäftsführerbestellung. Außerdem fertigte er im Auftrag der Kostenschuldnerin eine Liste der Gesellschafter und holte eine Stellungnahme der zuständigen Industrie- und Handelskammer zur firmenrechtlichen Unbedenklichkeit (nachfolgend: [X.]) ein.

2

In seiner Kostenberechnung vom selben Tag forderte der Notar - neben einer 20/10-Gebühr nach § 36 Abs. 2 [X.] für die Beurkundung des Gesellschaftsvertrags und einer 20/10-Gebühr nach § 47 [X.] für die Beurkundung von Beschlüssen von [X.] - für das Fertigen der Gesellschafterliste und die Einholung der [X.] unter Hinweis auf § 147 Abs. 2 [X.] jeweils eine 5/10-Gebühr aus einem Wert von 3.750 € (15 % des vollen Geschäftswerts) in Höhe von 17 € nebst Mehrwertsteuer. Der Präsident des [X.] wies den Notar an, die Berechtigung dieses Kostenansatzes gerichtlich überprüfen zu lassen.

3

Das [X.] hat die Kostenberechnung um die für das Fertigen der Gesellschafterliste angesetzte Gebühr gekürzt und die Weisungsbeschwerde im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde wendet sich der Notar aus eigenem Recht gegen die vorgenommene Kürzung. Im Übrigen verfolgt er die Weisungsbeschwerde auf weitere Anweisung des Präsidenten des [X.] weiter.

4

Das [X.] ([X.], [X.], 2446) beabsichtigt, der weiteren Weisungsbeschwerde stattzugeben und die weitere Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen. Es sieht sich hieran durch die Entscheidungen anderer [X.]e gehindert, die dem Notar für das Erstellen der Gesellschafterliste bzw. die Einholung der [X.] eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 [X.] zugebilligt haben. Deshalb hat das [X.] die Sache dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt.

II.

5

Die Vorlage ist gemäß § 156 Abs. 4 Satz 4 [X.] aF, § 28 Abs. 2 [X.] aF i.V.m. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 [X.]-RG (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Juni 2011 - [X.], [X.], 1708 Rn. 7) statthaft.

6

Das vorlegende [X.] ist der Ansicht, auf der Grundlage des bis zum Inkrafttreten des [X.] und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 (MoMiG) am 1. November 2008 geltenden Rechts stehe einem Notar, der die Gesellschaftsgründung beurkundet habe, für die zusätzliche Erstellung der Gesellschafterliste keine [X.] nach § 147 Abs. 2 [X.] zu. Die Erstellung der Gesellschafterliste stelle ein Nebengeschäft dar (§§ 35, 147 Abs. 3 [X.]), da sie die Vollziehung der [X.]eldung und damit, im Hinblick auf § 11 Abs. 1 GmbHG, auch das Geschäft der Gesellschaftsgründung fördere. Gleiches gelte für die Einholung der [X.], weil der Notar den von ihm zu bewirkenden Rechtserfolg fördere, wenn er etwaigen Bedenken der Industrie- und Handelskammer schon vor der [X.]eldung zum Handelsregister Rechnung trage.

7

Demgegenüber vertreten das [X.] Stuttgart ([X.] 1984, 1078), das [X.] Saarbrücken (MittRhNotK 1984, 222) und das [X.] Celle ([X.] 1994, 41) die Auffassung, die Fertigung der Gesellschafterliste löse eine [X.] aus; sie sei kein Nebengeschäft, weil sie nicht zum Pflichtenkreis des Notars gehöre, der die Handelsregisteranmeldung beurkundet habe. Das [X.] Oldenburg ([X.] 1982, 1714) hat dem bei der Gründung und [X.]eldung einer GmbH tätigen Notar für die Anforderung der [X.] eine [X.] zugebilligt. Diese Divergenzen rechtfertigen die Vorlage.

III.

8

Die weitere Beschwerde und die weitere Weisungsbeschwerde sind zulässig (§ 156 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 4 [X.] aF), haben in der Sache aber keinen Erfolg. Die Annahme des [X.], vorliegend stehe dem Notar für das Erstellen der Gesellschafterliste keine Gebühr nach § 147 Abs. 2 [X.] zu, während für die Anforderung der [X.] eine solche Gebühr angefallen sei, ist zutreffend und beruht somit nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 156 Abs. 2 Satz 3 [X.] aF).

9

1. Für die Erstellung der Gesellschafterliste ist keine [X.] angefallen.

a) Bei der Gründung einer GmbH mit mehreren Gesellschaftern entstehen regelmäßig je eine 20/10 Notargebühr für die Beurkundung des Gesellschaftsvertrages nach §§ 141, 32, 36 Abs. 2 [X.] sowie für die Beurkundung von Beschlüssen von [X.] (Geschäftsführerbestellung) nach §§ 141, 32, 47 Satz 1 [X.]. Wird auch die [X.]eldung zum Handelsregister beurkundet, fällt außerdem eine 5/10 Gebühr nach §§ 141, 38 Abs. 2 Nr. 7 [X.] an, sofern § 44 Abs. 1 [X.] keine Anwendung finden sollte. Ob dem Notar darüber hinaus für das Fertigen der nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG für die Handelsregistereintragung erforderlichen Gesellschafterliste eine [X.] gemäß § 147 Abs. 2 [X.] zusteht, ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten.

aa) Ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung und das überwiegende Schrifttum sehen - nach der hier maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG - im Erstellen der Gesellschafterliste durch den Notar ein gebührenpflichtiges selbständiges Geschäft nach § 147 Abs. 2 [X.] ([X.], [X.] 1984, 1078; [X.], MittRhNotK 1984, 222; [X.], [X.] 1994, 41; [X.], [X.], 4. Aufl., § 147 Rn. 49; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 18. Aufl., § 147 Rn. 113; [X.], [X.], 4. Aufl., [X.]. zu § 147 [X.] Nr. 89 und 101; Kanzleiter in [X.]/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 23. Aufl., § 142 Nr. 48 M [X.]; [X.]/[X.], [X.], 16. Aufl., Stichwort: GmbH, [X.]. 4.5; Mümmler, [X.] 1989, 770; [X.], [X.] 1987, 642 f.; [X.], [X.] 2002, 121, 124; [X.], [X.] 1977, 141). Eine an sich von den Geschäftsführern zu erbringende Tätigkeit (§ 78 GmbHG), die deshalb nicht zum Pflichtenkreis des beurkundenden Notars gehöre, sondern von ihm nur aufgrund eines besonderen Auftrags, den er auch ablehnen könne, ausgeführt werde, und die für die Abwicklung und den Vollzug der Beurkundung selbst nicht notwendig sei, stelle kein Nebengeschäft dar. Teilweise wird auch auf die Verantwortlichkeit des Notars für den Inhalt der von ihm entworfenen Erklärungen und das daraus folgende Haftungsrisiko abgestellt ([X.]/[X.]/[X.], [X.] 2008, 437, 441; vgl. Bund, [X.] 2005, 234; Kanzleiter in [X.]/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 23. Aufl., § 142 Nr. 48 M [X.]).

bb) Demgegenüber betrachten ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung ([X.], Rpfleger 1977, 228 f.; [X.], [X.] 1987, 590; ebenso für den Fall, dass der Notar neben der Handelsregisteranmeldung auch den Gesellschaftsvertrag beurkundet hat: [X.], [X.] 2002, 486; [X.], [X.] 2007, 919) und ein Teil des Schrifttums ([X.] in [X.]/Wedewer, [X.], Stand Juli 2011, § 41 a Rn. 11; § 147 Rn. 27 [X.]) das Fertigen der Gesellschafterliste durch den Notar als Nebengeschäft und lehnen den Anfall einer [X.] ab. Die Gesellschafterliste müsse zwar nicht zwingend durch den Notar gefertigt werden, sie sei aber als notwendige Anlage zur Handelsregisteranmeldung (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) unerlässlich für den Rechtserfolg des Vorgangs, für den der Notar beauftragt sei. § 35 [X.] stelle als kostenrechtliche Vorschrift nur auf das Verhältnis einer Tätigkeit des Notars zum Hauptgeschäft ab, nicht darauf, ob der Notar dienstrechtlich zur Übernahme dieser Tätigkeit verpflichtet sei (vgl. [X.], [X.] 2005, 231 f.).

b) Der Senat folgt im Ergebnis der zuletzt genannten Auffassung.

Erstellt der Notar, der die Gründung einer zum [X.] beurkundet, auch die Gesellschafterliste nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG, so fällt hierfür - nach der vorliegend maßgebenden Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG - keine [X.] gemäß § 147 Abs. 2 [X.] an. Bei der Erstellung der Gesellschafterliste handelt es sich um eine Vollzugstätigkeit zum Beurkundungsgeschäft, für die der Notar neben der Beurkundungsgebühr grundsätzlich nur dann eine weitere Gebühr erhält, wenn die besonderen Voraussetzungen des § 146 Abs. 3 [X.] erfüllt sind. Kommt eine Vollzugsgebühr nach § 146 Abs. 3 [X.], wie vorliegend, nicht in Betracht, weil es nicht um die nähere Begründung eines Antrags oder einer Beschwerde geht, ist im Regelfall ein Nebengeschäft (§ 35 [X.]) anzunehmen, für das keine gesonderte [X.] nach § 147 Abs. 2 [X.] anfällt (§ 147 Abs. 3 [X.]).

aa) Der Gebührentatbestand des § 147 Abs. 2 [X.] kommt als Auffangregelung nur zur Anwendung, wenn die Kostenordnung für die betreffende Notartätigkeit keine Gebühr bestimmt und auch keine Regelung enthält, aus der sich ergibt, dass dem Notar für diese Tätigkeit keine gesonderte Gebühr erwachsen soll ([X.], Beschluss vom 13. Juli 2006 - [X.], [X.], 1974 Rn. 8; Beschluss vom 12. Juli 2007 - [X.], NJW 2007, 3212 Rn. 5). Eine derartige, die Anwendung des § 147 Abs. 2 [X.] im Regelfall ausschließende Gebührenregelung ist für [X.] zu [X.], für die der Notar eine Entwurfs- oder Beurkundungsgebühr bekommt, in § 146 Abs. 3 [X.] enthalten.

Während in § 146 Abs. 1 und 2 [X.] die Gebühren für den Vollzug der dort genannten Grundstücksgeschäfte mit Sperrwirkung gegenüber § 147 Abs. 2 [X.] im Grundsatz abschließend geregelt sind (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Juli 2006 - [X.], [X.], 1974 Rn. 9 f.), betrifft § 146 Abs. 3 [X.] die Gebühren für [X.] „in anderen Fällen“, in denen der Notar bereits eine Entwurfs- oder Beurkundungsgebühr verdient. Zu den damit angesprochenen Geschäften zählen u.a. [X.] ([X.], Beschluss vom 12. Juli 2007 - [X.], NJW 2007, 3212 Rn. 12; [X.] in [X.]/Wedewer, [X.], Stand Juli 2011, § 146 Rn. 49; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 18. Aufl., § 146 Rn. 36).

Auch § 146 Abs. 3 [X.] entfaltet, ebenso wie die beiden ersten Absätze dieser Vorschrift, grundsätzlich eine [X.] gegenüber § 147 Abs. 2 [X.] (vgl. [X.] in [X.]/Wedewer, [X.], Stand Juli 2011, § 146 Rn. 4; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 18. Aufl., § 146 Rn. 4). § 146 [X.] ist für Tätigkeiten, die der Notar erbringt, um das von ihm beurkundete Geschäft zum Vollzug zu bringen, im Verhältnis zu der allgemeinen Gebührenregelung für Nebengeschäfte in § 35 [X.], auf die § 147 Abs. 3 [X.] Bezug nimmt, die speziellere Norm (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Juli 2006 - [X.], [X.], 1974 Rn. 10). Demzufolge sind [X.] zu den in § 146 [X.] erfassten [X.] nur unter den dort aufgeführten Voraussetzungen gesondert zu vergüten. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, fällt für eine entsprechende Vollzugstätigkeit grundsätzlich auch keine Gebühr nach § 147 Abs. 2 [X.] an.

Für die Annahme einer solchen grundsätzlichen Sperrwirkung sprechen neben dem Wortlaut des § 146 [X.], der auf eine umfassende Regelung der für [X.] anfallenden Gebühren, auch in Abgrenzung zu der [X.] nach § 147 Abs. 2 [X.], hindeutet, die Überlegungen, die für die Einführung einer Vollzugsgebühr im Jahr 1957 maßgebend waren. Seinerzeit wurden Tätigkeiten, die der Notar erbrachte, um das von ihm beurkundete Geschäft zum Vollzug zu bringen, grundsätzlich als gebührenfreie [X.]. § 27 [X.] aF (§ 35 [X.] nF) angesehen; nur wenn es erforderlich war, einen Antrag oder eine Beschwerde näher zu begründen, konnte eine besondere Gebühr erhoben werden. Der Gesetzgeber wollte diese Regelung im Grundsatz beibehalten und lediglich für die typischerweise besonders aufwändigen und verantwortungsvollen Tätigkeiten zum Vollzug von [X.] eine weitere Ausnahme schaffen (Begründung zum Kostenrechtsänderungsgesetz vom 26. Juli 1957, BT-Drucks. 2/2545, [X.] zu Nr. 78 Ziff. 1). Der Gesetzgeber ging demnach davon aus, dass [X.], soweit § 146 [X.] nichts anderes bestimmt, gebührenfreie Nebengeschäfte darstellen (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 13. Juli 2006 - [X.], [X.], 1974 Rn. 10).

bb) Erstellt der Notar im Zusammenhang mit der Beurkundung der Gründung einer GmbH und im Hinblick auf deren [X.]eldung zum Handelsregister die Gesellschafterliste nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG, so handelt es sich - nach der Rechtslage bis zum Inkrafttreten des MoMiG - um eine Tätigkeit zum Vollzug der Gründungsbeurkundung.

Der in § 146 [X.] verwendete Begriff des Vollzugs ist kostenrechtlich und für alle Absätze der Vorschrift einheitlich zu verstehen. Dem Vollzug des Geschäfts dienen alle Tätigkeiten, die zu den beurkundeten (schuldrechtlichen oder dinglichen) Vereinbarungen der Beteiligten notwendigerweise hinzukommen müssen, um deren Wirksamkeit herbeizuführen und ihre Ausführung zu ermöglichen (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Juli 2007 - [X.], NJW 2007, 3212 Rn. 8 f. zum Vollzug von [X.]).

Die Erstellung der Gesellschafterliste dient im kostenrechtlichen Sinne dem Vollzug der GmbH-Gründung. Die Gründung einer GmbH, deren Eintragung in das Handelsregister in Befolgung des § 7 Abs. 1 GmbHG angestrebt wird, zielt auf die Errichtung einer GmbH als juristische Person. Insofern erfordert die Ausführung des Gesellschaftsvertrages die Eintragung der GmbH in das Handelsregister (§ 11 Abs. 1 GmbHG) und damit auch die Erstellung der Gesellschafterliste als notwendigen Bestandteil der [X.]eldung zum Handelsregister (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). Ob der Notar neben dem Gesellschaftsvertrag auch die [X.]eldung zum Handelsregister beurkundet hat - im vorliegenden Fall ist dies nicht festgestellt -, ist für die Einordnung der Erstellung der Gesellschafterliste als Vollzugstätigkeit im Verhältnis zur Beurkundung der Gesellschaftsgründung nicht ausschlaggebend.

Die Annahme einer Vollzugstätigkeit scheidet auch nicht deshalb aus, weil der Notar die Gesellschafterliste nicht aufgrund amtlicher Verpflichtung, sondern im Auftrag der Kostenschuldnerin erstellt hat. Für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit dem Vollzug des Urkundsgeschäfts dient, ist nicht das Ansuchen an den Notar, sondern der sachliche Zusammenhang mit dem Hauptgeschäft entscheidend ([X.], Beschluss vom 13. Juli 2006 - [X.], [X.], 1974 Rn. 20 m.w.N.).

cc) Die grundsätzlich bestehende Sperrwirkung des § 146 Abs. 3 [X.] führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Fertigung der Gesellschafterliste als Nebengeschäft gebührenfrei bleibt (§ 147 Abs. 3 [X.]).

Allerdings ist eine Ausnahme von der Sperrwirkung in Betracht zu ziehen, wenn [X.] betroffen sind, die der Sache nach kaum anders behandelt werden können als die in § 146 [X.] geregelten Fälle (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Juli 2006 - [X.], [X.], 1974 Rn. 12). In der vorliegenden Konstellation bestehen indes keine Umstände, die eine solche Ausnahme nahe legen. Auf der Grundlage des hier maßgebenden alten Rechts handelt es sich bei dem Erstellen der Gesellschafterliste nicht um eine Notartätigkeit, die den [X.] für Grundbuchgeschäfte des § 146 Abs. 1 und 2 [X.] oder den besonders begründeten Anträgen und Beschwerden bei sonstigen Geschäften i.S.d. § 146 Abs. 3 [X.] nach Aufwand und Verantwortung typischerweise gleichzusetzen wäre.

Eine andere Beurteilung ist für die [X.] ab dem Inkrafttreten des MoMiG in Erwägung zu ziehen, da dem Inhalt der Gesellschafterliste nunmehr eine größere Bedeutung zukommt (vgl. §§ 16, 40 GmbHG nF). Für die hier zu treffende Entscheidung kommt es auf diese Frage aber nicht an.

2. Für die Einholung der firmenrechtlichen [X.] der Industrie- und Handelskammer ist eine [X.] nach § 147 Abs. 2 [X.] angefallen.

a) Die Anforderung der [X.] erfolgte nicht in Vollzug der Beurkundung des Gesellschaftsvertrages, so dass die Sperrwirkung des § 146 Abs. 3 [X.] hier nicht eingreift.

Dem Vollzug des Geschäfts dienen - wie ausgeführt - alle Tätigkeiten, die zu den beurkundeten (schuldrechtlichen oder dinglichen) Vereinbarungen der Beteiligten notwendigerweise hinzukommen müssen, um deren Wirksamkeit herbeizuführen und ihre Ausführung zu ermöglichen (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Juli 2007 - [X.], NJW 2007, 3212 Rn. 8 f. zum Vollzug von Grundstückgeschäften). Die Einholung der [X.] erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie ist keine für die (mit der Beurkundung des Gesellschaftsvertrages angestrebte) Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister notwendige Maßnahme. Vielmehr obliegt es dem [X.], zur Vermeidung unzulässiger Eintragungen in zweifelhaften Fällen das Gutachten der Industrie- und Handelskammer einzuholen (§ 23 Satz 1 der Verordnung über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters - Handelsregisterverordnung in der bis zum 31. Dezember 2006 gültigen Fassung). Hat bereits der Notar - unabhängig von möglichen Zweifeln des [X.]s an der firmenrechtlichen Zulässigkeit - eine [X.] der Industrie- und Handelskammer eingeholt, so mag dies zu einer Beschleunigung des [X.] beitragen. Damit handelt es sich um eine unterstützende Maßnahme des Notars, von der der Vollzug des Geschäfts aber nicht abhängt.

b) Die Einholung der [X.] erfolgte im Auftrag der Kostenschuldnerin; für diese Tätigkeit ist eine anderweitige Gebühr nicht bestimmt (§ 147 Abs. 2 [X.]).

c) Gemäß § 147 Abs. 3 [X.] erhält der Notar die Gebühr nach § 147 Abs. 2 [X.] für die ein Geschäft vorbereitende oder fördernde Tätigkeit allerdings nur, wenn diese Tätigkeit nicht schon als Nebengeschäft (§ 35 [X.]) durch eine dem Notar für das Hauptgeschäft oder für erfolglose Verhandlungen zustehende Gebühr abgegolten wird. Ob die Einholung der [X.] im Zusammenhang mit der Beurkundung einer GmbH-Gründung ein gebührenfreies Nebengeschäft nach § 35 [X.] darstellt, ist umstritten.

aa) Eine Meinung hält die Einholung der Stellungnahme durch den Notar für ein gebührenpflichtiges selbständiges Geschäft nach § 147 Abs. 2 [X.] ([X.], [X.] 1982, 1714; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 18. Aufl., § 147 Rn. 129; [X.], [X.], 4. Aufl., [X.]. zu § 147 [X.] Nr. 82; [X.], [X.], 4. Aufl., § 147 Rn. 49). Immer dann, wenn die Tätigkeit des Notars über reine Vorbereitungs- oder [X.] hinausgehe und sie sich nicht an das Gericht oder die am Hauptgeschäft Beteiligten richte, sondern an einen am Urkundsgeschäft nicht beteiligten [X.], handele es sich um eine nach § 147 Abs. 2 [X.] zu vergütende Geschäftsbesorgung des Notars und nicht um ein bloßes Nebengeschäft i.S.d. § 35 [X.].

bb) Die Gegenauffassung bejaht ein gebührenfreies Nebengeschäft ([X.], [X.] 1987, 590; [X.] in [X.]/Wedewer, [X.], Stand Juli 2011, § 147 Rn. 12, 26). Auch eine über den Pflichtenkreis des Notars hinausgehende Tätigkeit könne das Amtsgeschäft vorbereiten oder fördern.

cc) Der Senat teilt im Ergebnis die erstgenannte Ansicht. Der Ausschlusstatbestand des § 147 Abs. 3 [X.] ist hier nicht erfüllt, weil die Einholung der [X.] kein gebührenfreies Nebengeschäft nach § 35 [X.] darstellt.

Unter einem Nebengeschäft werden herkömmlich alle [X.] verstanden, die im Verhältnis zum Hauptgeschäft als minder wichtige Tätigkeiten erscheinen und mit dem Hauptgeschäft derart in Zusammenhang stehen, dass sie nicht als selbständiges Geschäft in Erscheinung treten, sondern nur dazu dienen, das Hauptgeschäft vorzubereiten oder zu fördern ([X.] 53, 323, 324; [X.], [X.] 1937, 504, 505; [X.], [X.] 1939, 354; KG, [X.] 1941, 71, 72; [X.], [X.] 1944, 71; [X.], [X.] 1957, 333; [X.], [X.] 1957, 331 f.; [X.], [X.] 1962, 256, 258; BayObLG, [X.] 1996, 396, 397; s.a. [X.], [X.] 2002, 486; [X.] in [X.]/Wedewer, [X.], Stand Juli 2011, § 147 Rn. 26; kritisch: [X.], [X.] 1996, 361; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 18 Aufl., § 35 Rn. 4).

Allerdings ist ein Nebengeschäft nach § 35 [X.] nicht schon immer dann anzunehmen, wenn eine vom Notar übernommene weitere Tätigkeit dem mit der Beurkundung letztlich beabsichtigten Rechtserfolg (irgendwie) dient. Nimmt der Notar eine eigenständige Betreuungstätigkeit wahr, die er, ohne hierzu verpflichtet zu sein, im Auftrag der Parteien neben der Beurkundung und dem Vollzug übernommen hat, ist diese nach § 147 Abs. 2 [X.] gesondert zu vergüten, auch wenn sie den Beteiligten eine Hilfestellung bietet und so dem letztlich beabsichtigten Rechtserfolg dient (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Mai 2005 - [X.], [X.]Z 163, 77, 80; Beschluss vom 12. Juli 2007 - [X.], NJW 2007, 3212 Rn. 13).

Nach diesem Maßstab ist die Einholung der Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht als Nebengeschäft zu werten. Der Notar entfaltet insoweit eine Tätigkeit, zu der er nicht schon von Amts wegen verpflichtet ist, die sich durch die Einschaltung eines am Urkundsgeschäft nicht beteiligten [X.] vom Hauptgeschäft hinreichend abhebt und von der der Erfolg des Geschäfts auch nicht abhängt.

IV.

Einer Entscheidung über die gerichtlichen Kosten der weiteren Beschwerde (§ 156 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Satz 3, § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] aF) bedarf es nicht. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 156 Abs. 4 Satz 4 [X.] aF, § 13a Abs. 1 [X.] aF ist nicht veranlasst, da sich die Kostenschuldnerin an dem Verfahren der weiteren Beschwerde nicht beteiligt hat. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 [X.] aF.

Bergmann                                                Strohn                                                 Caliebe

                              [X.]

Meta

II ZB 18/10

14.02.2012

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 23. Juli 2010, Az: 20 W 278/07

§ 146 Abs 3 KostO, § 147 Abs 2 KostO, § 147 Abs 3 KostO, § 8 Abs 1 Nr 3 GmbHG vom 22.06.1998

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2012, Az. II ZB 18/10 (REWIS RS 2012, 9175)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9175

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZB 19/10 (Bundesgerichtshof)


II ZB 18/10 (Bundesgerichtshof)


V ZB 87/05 (Bundesgerichtshof)


II ZB 27/12 (Bundesgerichtshof)

Notarkosten: Betreuungsgebühr für die Erstellung einer XML-Datei im Rahmen einer Handelsregisteranmeldung


15 W 487/04 (Oberlandesgericht Hamm)


Referenzen
Wird zitiert von

II ZB 16/18

II ZB 27/12

II ZB 18/10

Zitiert

II ZB 2/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.