Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2000, Az. IX ZR 43/99

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2217

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:18. Mai 2000BürkJustizhauptsekretärinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:nein BGB §§ 781, 812 Abs. 2Zu den Voraussetzungen, unter denen ein abstraktes Schuldanerkenntnis wegenungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden kann.[X.], Urteil vom 18. Mai 2000 - [X.] - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 18. Mai 2000 durch [X.] [X.], [X.], [X.],[X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] in [X.] vom 24. November 1998 aufgeho-ben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der klagende Rechtsanwalt betreute die Beklagte über einen [X.] in einer Erbschaftsangelegenheit; er vertrat sie gerichtlich und außer-gerichtlich gegenüber Miterben und Außenstehenden. Zum Nachlaß gehörtenunter anderem Grundstücke, Restitutionsansprüche und Gesellschaftsbeteili-gungen. Nachdem die Beklagte auf die [X.] des [X.] geringfügige Leistungen erbracht hatte, übersandte dieser ihrmit Schreiben vom 14. März 1995 18 Rechnungen mit dem Bemerken, diesgeschehe, "damit unser beider Überblick über die Kostenfolgen der verschie-- 3 -denen Verfahren nicht verloren geht". Da die Beklagte aus finanziellen Grün-den damals keine weiteren Zahlungen leisten konnte, trafen die Parteien [X.] September 1995 eine vom Kläger formulierte "Abtretungsvereinbarung", diefolgenden Wortlaut hatte:"Im Hinblick auf die verschiedenen Kostenrechnungen von ... (Kläger) [X.] mit der Nachlaßauseinandersetzung ... erkenne ich, ...(Beklagte) hiermit an, Herrn ... (Kläger) insgesamt aufgrund dieserRechnungen einen Gesamtbetrag von [X.] 144.486,- zu schulden. [X.] ist vom Tag der Unterzeichnung dieser Vereinbarung mit 4 % p.a.zu verzinsen.[X.] trete ich, ... (Beklagte), an Herrn ... (Kläger) einen erst-stelligen Teilbetrag i.H.v. [X.] 144.486,- nebst 4 % Zinsen meines An-spruchs auf anteilige Auskehrung des [X.] aus demvollständigen oder teilweisen Verkauf des Nachlasses nach ... gem. demgerichtlichen Vergleich vom 11. Januar 1995 aus dem Verfahren [X.] ... ab. Diese Abtretung wird von ... (Kläger) [X.] der Klage hat der Kläger den in der Vereinbarung vom [X.] 1995 genannten Betrag geltend gemacht; in den [X.] die Parteien noch über 116.597,40 [X.]. Zur Begründung des Klagean-spruchs stützt sich der Kläger in erster Linie auf jene Vereinbarung und hilfs-weise auf die einzelnen [X.]. Die Beklagte hat gegen die hierinenthaltenen Berechnungen zahlreiche Einwendungen erhoben; unter anderembeanstandet sie die vom Kläger angesetzten [X.].Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat dieBerufung der Beklagten, mit der sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlungvon mehr als 27.888,60 [X.] nebst [X.] gewandt hat, zu-rückgewiesen. Insoweit verfolgt die Beklagte mit der Revision ihren [X.] 4 -Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.[X.] Berufungsgericht hat - anders als das [X.] - die Vereinba-rung vom 13. September 1995 nicht als Vergleich gewertet und dies unter an-derem damit begründet, daß seinerzeit zwischen den Parteien über die Rich-tigkeit der vom Kläger ausgestellten [X.] weder Streit noch Un-gewißheit bestanden habe. Der Vertrag enthalte aber, so hat das Berufungsge-richt ausgeführt, ein selbständiges (konstitutives) und nicht ein "bloß deklarato-risches" Schuldanerkenntnis oder gar nur eine Beweiserleichterung. Auf diesesAnerkenntnis könne sich der Kläger zur Begründung seines Anspruchs beru-fen, ohne auf die "zugrundeliegenden Einzelmandate und die hierüber ausge-stellten Rechnungen" zurückgreifen zu müssen. Daraus hat das Berufungsge-richt, ohne dies weiter zu begründen, die rechtliche Schlußfolgerung gezogen,die Beklagte sei mit ihren Einwendungen gegen die einzelnen Rechnungen [X.] 5 -Diese rechtliche Beurteilung greift die Revision, die die Auslegung [X.] vom 13. September 1995 als abstraktes Schuldanerkenntnis aus-drücklich nicht in Zweifel zieht, mit Erfolg an.1. [X.] im Sinne des § 781 BGB begründetein selbständiges, von den zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen losgelöstesSchuldverhältnis, das, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, für [X.] eine ausreichende Grundlage für den anerkannten Anspruch bildet. [X.], die zur Abgabe des Anerkenntnisses geführt haben, stel-len aber dessen Rechtsgrund dar, was zur Folge hat, daß, wenn sie den aner-kannten Leistungsanspruch nicht rechtfertigen, das Anerkenntnis gemäß § 812Abs. 2 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert [X.] ([X.], Urt. v. 30. November 1998 - II ZR 238/97, NJW-RR 1999, 573,574). Ein solcher Bereicherungsanspruch kommt lediglich dann nicht in [X.], wenn die Parteien mit dem Anerkenntnisvertrag einen Streit oder eineUnsicherheit über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhält-nisses beenden und ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen desanerkannten Anspruchs eine klare Rechtslage schaffen wollten ([X.], Urt. [X.] September 1970 - [X.], [X.], 1457, 1459; v. 29. September1975 - [X.], [X.], 1233 f; v. 24. Oktober 1985 - [X.]/85,WM 1986, 50, 51). Ist dies der Fall, dann unterscheidet sich der [X.] vom sogenannten "deklaratorischen" Schuldaner-kenntnis nur dadurch, daß er im Gegensatz zu diesem "abstrakt" ist, also einenselbständigen Anspruchsgrund bildet ([X.], Urt. v. 24. Oktober 1985 aaO). [X.] Rückforderungsmöglichkeit nach § 812 Abs. 2 BGB beseitigende [X.] setzt wie beim deklaratorischen Schuldanerkenntnis einenStreit oder doch eine subjektive Ungewißheit der Parteien über das Bestehen- 6 -der Schuld oder über einzelne rechtlich erhebliche Punkte voraus; insofern [X.] solche einwendungsausschließenden Anerkenntnisverträge wie ein Ver-gleich ([X.]Z 66, 250, [X.] Ob ein Schuldanerkenntnisvertrag im Sinne des § 781 BGB im [X.] Fall nach dem Willen der Vertragschließenden den endgültigen [X.] etwaiger bis dahin begründeter Einwendungen zur Folge haben soll, isteine Frage der Auslegung, die in erster Linie vom Tatrichter zu beantworten ist.Das Berufungsgericht hat eine solche Auslegung unter dem hier erörtertenrechtlichen Gesichtspunkt unterlassen, weil es ersichtlich der - nach dem Ge-sagten unzutreffenden - Meinung war, ein Schuldanerkenntnisvertrag im Sinnedes § 781 BGB schließe ohne weiteres jeden Rückgriff auf das dem Aner-kenntnis zugrundeliegende Schuldverhältnis aus. Der Senat kann die Ausle-gung jedoch selbst vornehmen, weil das Berufungsgericht die dazu erforderli-chen tatsächlichen Feststellungen in anderem Zusammenhang getroffen hat.Aus seinen Ausführungen zur Frage, ob es sich bei der Vereinbarung vom13. September 1995 um einen Vergleich handele, ergibt sich, daß der aner-kannte Betrag von 144.486 [X.] damals zwischen den Parteien unstreitig war.Über die Berechtigung dieses Zahlungsanspruchs des [X.] bestand zwi-schen ihnen weder ein Streit noch eine Ungewißheit; sie gingen übereinstim-mend davon aus, daß die einzelnen Rechnungen die Honorarforderungen [X.] richtig auswiesen und in ihrer Summe den anerkannten Betrag erga-ben.Die Revisionserwiderung verweist in diesem Zusammenhang zu [X.] die Erwägungen, die für die - von beiden Revisionsparteien [X.] aus Rechtsgründen nicht zu beanstandende - Annahme des [X.] 7 -richts maßgebend waren, es handele sich um ein selbständiges (konstitutives)Schuldanerkenntnis. Angesichts der Vielzahl und der Komplexität der [X.] Angelegenheiten, so heißt es dort, seien spätere Streitigkeiten über denUmfang der Tätigkeiten, die zugrundeliegenden Streit- und [X.]und die Höhe der Gebührensätze nicht auszuschließen gewesen. Sie hättenwegen des Zeitablaufs zu Beweisschwierigkeiten führen können; auch gegendie Gefahr der Verjährung vor rechtzeitiger Geltendmachung der Ansprüchehabe sich der Kläger schützen müssen. Diesem Anliegen des [X.] warschon durch den Abschluß des den Anspruch selbständig begründenden [X.] und die damit bei der Geltendmachung des Bereicherungs-einwands verbundene Beweislastumkehr Genüge getan. Das [X.] es schon bei der Prüfung, ob es sich um einen Vergleich gehandelt habe,hierfür nicht genügen lassen, daß Ungewißheit und Streit über diese Fragen -objektiv - "sozusagen vorprogrammiert" gewesen sein und "in der Natur der vonder Beklagten geltend gemachten Ansprüche" gelegen haben mögen. [X.] auch für die Annahme, die Parteien hätten die Höhe der [X.] jedem Streit entziehen wollen, nicht aus. Der Beklagten hatte sich, [X.] Berufungsgericht festgestellt hat, die Möglichkeit der Unrichtigkeit der Ab-rechnungen damals "noch nicht erschlossen". Daß sie aus einem Streitwertbe-schluß des [X.]s Leipzig vom 22. Februar 1995 vielleicht hätte [X.] können, daß die in den Rechnungen des [X.] angesetzten [X.] teilweise davon abwichen, ist entgegen der Ansicht der Revisionserwide-rung im Hinblick auf jene Feststellung des Berufungsgerichts ohne Bedeutung.Die Revisionserwiderung weist ferner auf den "zumindest vergleichsähn-lichen Gehalt" des Anerkenntnisses hin. Das mag insofern zutreffen, als [X.] sich im Gegenzug bereit fand, mit der Einziehung seiner Forderungen- 8 -weiter zuzuwarten, bis die Beklagte aus den [X.] die Mittel zur [X.] erhielt. Das macht indessen den [X.] nicht insgesamt zu einem Vergleich. Die Stundung [X.] beruhte nicht auf diesem Vertrag. Nach dem eigenen, inder Klageerwiderung enthaltenen Vortrag der Beklagten hatte sie wegen ihrerbeschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten bereits bei Auftragserteilung mitdem Kläger vereinbart, daß dessen Dienste erst aus den ihr bei der Erbausein-andersetzung zufallenden Mitteln bezahlt werden sollten. Im übrigen hätte [X.], wenn es sich bei ihr um einen Vergleich gehandelt hätte, wennauch nicht die Wirksamkeit (§ 779 BGB), so doch die Geschäftsgrundlage ge-fehlt, sofern der anerkannte Betrag nicht der materiellen Rechtslage [X.] die Parteien hätten sich dann bei Abschluß des Vertrages in einem ge-meinsamen Irrtum befunden (vgl. dazu [X.]Z 46, 268, 272 f; [X.], Urt. [X.] November 1993 - [X.], [X.], 604, 605).3. Der Beklagten steht danach gegenüber dem [X.] der [X.] der ungerechtfertigen Bereicherung nach § 812 Abs. 2, § 821 BGB zu,wenn und soweit ihre Einwendungen gegen die [X.] des [X.] berechtigt sind. Die dafür maßgebenden Tatsachen hat sie zu beweisen.Die auf § 139 BGB gestützte Ansicht der Revision, dem Schuldanerkenntnisfehle insgesamt der rechtliche Grund, wenn es auch nur in einem Punkt vonden zugrundeliegenden Honorarforderungen nicht gedeckt sei, ist nicht richtig.Der Bereicherungsanspruch besteht nur in dem Umfang, in dem das Aner-kenntnis den Honoraranspruch übersteigt (vgl. [X.]Z 51, 346, 348;MünchKomm-BGB/Lieb 3. Aufl. § 812 Rdnr. 315).- 9 -II.Die Sache ist somit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an [X.] zurückzuverweisen. Dieses wird sich nunmehr mit den [X.] gegen die [X.] des [X.] zu be-fassen haben. Die Revisionserwiderung meint zu Unrecht, das [X.] in Höhe von 27.888,60 [X.] zurückgewiesen werden. In diesem [X.] die Beklagte bereits die Verurteilung durch das [X.] nicht angegrif-fen.[X.] [X.][X.]FischerGanter

Meta

IX ZR 43/99

18.05.2000

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2000, Az. IX ZR 43/99 (REWIS RS 2000, 2217)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2217

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