AG München, Urteil vom 31.08.2016, Az. 481 C 6343/16 WEG

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Gegenstand

Ungültigerklärung eines Wohnungseigentümerbeschlusses über Auftragsvergabe ohne Kostenangabe


Tenor

1. Der Beschluss unter TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 24.02.2016

„Das Architekturbüro … München wird mit der Bauüberwachung der beschlossenen Baumaßnahmen beauftragt. Das Stundenhonorar beträgt netto 79,00 EUR pro Stunde + Auslagen. Die dafür notwendigen Mittel werden aus dem Jahresbudget entnommen.“

wird für ungültig erklärt.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht die Ungültigerklärung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 26.10.2015 geltend.

Die Klägerin und die Beklagten bilden zusammen eine WEG gem. Rubrum. Der Beigeladene ist deren Verwalter. Die Eigentümer fassten auf der Eigentümerversammlung vom 24.02.2016 unter anderem den im Tenor genannten Beschluss (Protokoll Anlage 2). Dieser Beschluss wurde mit der Klage angefochten.

Die Klägerin hat unter anderem vorgetragen:

Es habe an der Vorlage mehrerer Alternativangebote gefehlt. Zudem sei den Eigentümern weder die Arbeitsweise des Architekten bekannt, noch läge eine erkennbare Stunden- oder Geldhöhenbegrenzung vor. Eine Vorausschätzung des Stundenbedarfs des Architekten habe nicht vorgelegen.

Die Klägerin beantragte zuletzt wie im Klageschriftsatz vom 22.03.2016 (Bl. 1/5) und im Ergebnis wie tenoriert.

Die Beklagten zu 3-7 haben den Klageanspruch anerkannt.

Die Beklagten zu 1 und 2 beantragten Klageabweisung.

Sie haben unter anderem vorgetragen:

Die Beauftragung der Architekten … zu einem Stundensatz von 79 Euro entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Der Stundensatz läge innerhalb der von der HOAI gestatteten Bandbreite. Ferner hätten die Wohnungseigentümer zuvor auf den Eigentümerversammlungen vom 25.07.2013 und 07.05.2015 bestandskräftige Grundsatzbeschlüsse über die Beauftragung des mittlerweile verstorbenen Architekten … zu denselben Konditionen gefasst (Anlagen B (Ra) 1 und B (Ra) 2). Das Architektenbüro … solle nun zu identischen Bedingungen auf Grundlage der Grundsatzbeschlüsse beauftragt werden. Mit ihren Einwänden zur Stundenobergrenze sei die Klägerin ausgeschlossen, da dies bereits in dem bestandskräftigen Grundsatzbeschluss zur Beauftragung des Architekten … der Fall gewesen sei. Eine Einholung von Vergleichsangeboten sei hier nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin habe den Streitwert selbst auf 2.000 EUR geschätzt, sodass von keiner Beauftragung mit einer „größeren“ Maßnahme auszugehen sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf das schriftliche Parteivorbringen und das Protokoll vom 03.08.2016 sowie die darin erteilten gerichtlichen Hinweise Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Das Amtsgericht München ist gemäß § 23 Nr. 2 c GVG und § 43 Nr. 4 WEG örtlich und sachlich ausschließlich zuständig.

II.

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Die materiellen Ausschlussfristen des § 46 Abs. 1 WEG sind eingehalten.

2. Der angefochtene Beschluss ist für ungültig zu erklären, da er nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Aus dem angefochtenen Beschluss wird nicht ersichtlich, welche maximalen Gesamtkosten die darin liegende Beauftragung für die WEG bedeutet. Gegenstand der Beauftragung ist „die Bauüberwachung der beschlossenen Maßnahmen“ für ein Honorar von € 79,00 pro Stunde zzgl. Auslagen. Daraus wird der Umfang der voraussichtlich anfallenden Arbeiten nicht ansatzweise ersichtlich. Die Größenordnung der von der WEG zu tragenenden Kosten ist nicht erkennbar. Weder die Anzahl der voraussichtlich anfallenden Stunden, noch ein Maximalbudget ist für die Bauüberwachung vorgesehen. Schon deshalb entspricht der Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Es handelt sich dabei auch nicht um einen Zweitbeschluss, durch den lediglich ein bereits an den dann verstorbenen Architekten … zu gleichen Konditionen an das Architektenbüro … vergeben wurde. Die Beklagten zu 1 und zu 2 berufen sich insoweit auf die vorangegangenen Beschlüsse vom 25.07.2013 und 07.05.2015. In der Eigentümerversammlung vom 25.07.2013 wurde unter TOP 8 beschlossen, dass die Verwaltung „Planungsvorschläge für die Umgestaltung/Modernisierung und Veränderung der Flure, Treppenhäuser, Eingangsbereich“ einholen solle. Dem Beschluss geht voraus, dass die Verwaltung „hierzu den Architekten … hinzuziehen“ solle, wobei die Kosten „für die Erstellung der Vorschläge“ bei ca. € 10.000,00 brutto lägen. Weder enthält der Beschluss aber einen Stundensatz für den Architekten …, noch ist die darin bezeichnete Leistung „Planungsvorschläge einholen“ deckungsgleich mit dem im vorliegend angefochtenen Beschluss bezeichneten Auftrag der „Bauüberwachung“. In der Eigentümerversammlung vom 07.05.2015 heißt es unter TOP 6: „Die Eigentümergemeinschaft beauftragt den Architekten … in Regie nach Stundenabrechnung mit der Ausschreiben der jeweiligen Gewerke zur Neugestaltung vom Eingangsbereich … 23 und dem ersten Flurbereich bis hin zum Treppenhaus. Dieses erfolgt im Rahmen des unter TOP 5 beschlossenen Planungskostenbudgets. Eine Vergabe der Arbeiten erfolgt in einer zukünftigen Versammlung.“ Die Beauftragung, eine Ausschreibung durchzuführen, unterscheidet sich grundlegend von der Beauftragung mit einer Bauüberwachung.

Der angefochtene Beschluss der Eigentümerversammlung vom 24.02.2016 hatte mithin einen neuen, nicht von einem Grundlagenbeschluss gedeckten Auftrag zum Gegenstand. Die daraus resultierenden Kosten sind für die Wohnungseigentümer nicht erkennbar. Erkennbar ist damit auch nicht, ob die beschlossene Beauftragung Kosten verursachen würde, angesichts derer die Einholung von Alternativangeboten nach ständiger Rechtsprechung erforderlich gewesen wäre (vgl. Landgericht München I - 36 S 9481/13, Urteil vom 06.02.2014, ZWE 2014, 416). Der angefochtene Beschluss entspricht daher nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Ob sich die Beklagten bei ihrem Verwalter schadlos halten können und wollen, mögen sie anhand des Verwaltervertrages selber entscheiden. Die Nichtanwendung von § 49 Abs. 2 WEG sperrt insoweit einen Regress nicht (BGH, Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 164/09, WuM 2010, 643).

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf § 709 ZPO.

V.

Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO i.V.m. § 49 a Abs. 1 GKG in Höhe des Regelstreitwerts festgesetzt. Das Interesse der Parteien und Beigeladenen an dem Rechtsstreit musste nach § 3 ZPO geschätzt werden, da der angefochtene Beschluss die Höhe der für die WEG zu erwartenden Gesamtkosten aus dem Auftrag an die Architekten … nicht erkennen lässt.

Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht

Meta

481 C 6343/16 WEG

31.08.2016

AG München

Urteil

Sachgebiet: C

Zitier­vorschlag: AG München, Urteil vom 31.08.2016, Az. 481 C 6343/16 WEG (REWIS RS 2016, 6037)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6037

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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