Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2009, Az. NotZ 6/09

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2009, 964

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[X.] [X.]/09vom 26. Oktober 2009 in dem Verfahren Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja [X.] § 93; [X.] § 10 Abs. 3 Die Landesjustizverwaltung ist nach § 93 [X.] befugt, im Rahmen der ihr oblie-genden Dienstaufsicht den Notaren durch Verwaltungsvorschriften allgemeine Wei-sungen zu erteilen. Sie verlässt dabei den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum nicht, wenn sie den Notaren vorgibt, dass bei bargeldlosem Zahlungsverkehr Eintra-gungen in das [X.] und in das [X.] unter dem Datum des [X.] des [X.] beim Notar zu erfolgen haben (§ 10 Abs. 3 [X.]). [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2009 - [X.] 6/09 - [X.]

wegen Aufhebung einer dienstaufsichtlichen Weisung - 2 -
Der [X.], [X.], hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2009 durch den Vizepräsidenten [X.], [X.] und [X.] sowie den Notar Eule und die Nota-rin [X.] beschlossen: Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] [X.]s in [X.] vom 3. April 2009 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des [X.] zu tragen und dem Antragsgegner die im Be-schwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kos-ten zu erstatten. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 • festgesetzt. - 3 - Gründe: 1 I. Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und Notar mit Amtssitz in [X.] . Anlässlich der Prüfung seiner Amtsführung im April 2008 stellte der [X.] fest, dass im Notariat des Antragstellers Eintragungen in das [X.] und das [X.] entgegen § 10 Abs. 3 Satz 1 der Dienstordnung für Notarinnen und Notare ([X.]) nicht unter dem Datum des Eingangs des [X.] oder der Mitteilung über Zinsgutschriften oder Spesenabrechnun-gen erfolgen, sondern unter dem jeweiligen [X.]. Nachdem sich der Antragsteller unter Berufung auf die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung sowie auf das Prinzip tagegerech-ter Buchungen bei Bargeschäften nach § 10 Abs. 2 [X.] zu einer Än-derung seiner Buchungspraxis nicht bereit erklärte, wies ihn der [X.] mit Verfügung vom 3. Juli 2008 an, Buchungen bei [X.] Zahlungsverkehr nur noch unter Beachtung des § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] vorzunehmen. 2 Der Antragsteller hat gegen diese Weisung Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, den das [X.] zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. 3 [X.] Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 Abs. 4 [X.] i.V. mit § 42 Abs. 4 [X.] zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der [X.] auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet, weil die Weisung des Antragsgegners vom 3. Juli 2008 rechtmäßig ist. 4 - 4 - 5 1. Der Antragsgegner ist als nach § 92 Nr. 1 [X.] zuständige Aufsichtsbehörde gemäß § 93 [X.] befugt, im Rahmen der ihm oblie-genden Dienstaufsicht über Notare diesen, soweit erforderlich, ange-messene Weisungen zu erteilen (Senat, Beschlüsse vom 16. Juli 2001 - [X.] 12/01 - [X.] 2001, 441, 442 und 8. Juli 2002 - [X.] 5/02 - juris Rn. 5). Dabei ist der gesamte Dienstbetrieb - soweit er von dem einzel-nen Amtsgeschäft unabhängig ist und sich auf dessen Erledigung [X.] mittelbar auswirkt - uneingeschränkt der notariellen Dienstaufsicht unterworfen; das gilt namentlich für die Führung und Aufbewahrung der Bücher und die daran anknüpfenden Verpflichtungen (Senat [X.]Z 112, 178, 185 f.).
2. Entgegen der Auffassung der Beschwerde verstößt die [X.] des § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.], deren Einhaltung der [X.] im Wege der Dienstaufsicht verlangt, nicht gegen höherran-gige Rechtsvorschriften. 6 a) Der Beschwerde ist allerdings im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass sich Regelungen der [X.] nicht zu Vorschriften der Kammerricht-linien in Widerspruch setzen dürfen ([X.] in Armbrüster/[X.], [X.]/[X.], 5. Aufl., Vorbemerkungen zur [X.] Rn. 18; [X.], R[X.] Sonderheft zu Heft 10/2001 S. 2; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., Erläuterungen zur [X.] Rn. 3; [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 14 Rn. 24; [X.] in [X.] [X.], [X.], 8. Aufl., Einleitung [X.] Rn. 6; [X.]/[X.], D[X.] 2002, 413, 435 f., [X.] in Festschrift [X.], [X.], 624 f.). Die jeweiligen [X.] sind als autonomes Satzungsrecht die No-tare bindende Rechtsnormen, mithin Gesetze im materiellen Sinne ([X.] in [X.][X.] aaO, Einleitung [X.]/[X.] Rn. 7; [X.], [X.] 2002, 96, 99). Dagegen ist die Dienstordnung für Notarinnen und Notare 7 - 5 - als bundeseinheitlich von den Justizverwaltungen der Bundesländer er-lassene Verwaltungsvorschrift - für [X.]-Holstein durch Allgemeine Verfügung des [X.] vom 21. Februar 2001 ([X.]) - lediglich eine verwaltungsinterne Regelung der jeweiligen Landesjustiz-verwaltung (Senat, Beschlüsse vom 22. Oktober 1979 - [X.] 4/79 - NJW 1980, 1854 und vom 15. Februar 1971 - [X.] ([X.]) 1/70 - D[X.] 1972, 551, 552; BT-Drucks. 13/4184, [X.]). Als norminterpretierende [X.]en müssen sich die Regelungen der [X.] an die Gren-zen des vorrangigen Rechts halten ([X.], [X.]-Sonderheft zum 26. [X.] 2002, [X.]; [X.] aaO, Einleitung [X.]/[X.] Rn. 9). b) Ein Regelungskonflikt zwischen § 10 Abs. 3 Satz 1 [X.] und den von der [X.]-Holsteinischen Notarkammer im Rahmen ihrer Satzungskompetenz aus § 67 Abs. 2 [X.] erlassenen Richtlinien für Notare ist aber - worauf auch die Beschwerdeerwiderung zutreffend hin-weist - nicht ersichtlich. § 10 Abs. 3 [X.] enthält keine Regelung, die - wie der Antragsteller meint - zu Ziffer III der Richtlinien der [X.]-Holsteinischen Notarkammer vom 19. Mai 1999 ([X.] [X.]18) in [X.] steht. 8 Ziffer [X.] der [X.], wonach der Notar ihm anver-traute Vermögenswerte mit besonderer Sorgfalt zu behandeln und Treu-handaufträge sorgfältig auszuführen hat, konkretisiert im Rahmen der engen gesetzlichen Grenzen der §§ 54a ff. [X.] (vgl. BT-Drucks. 13/4184, [X.]1) den einem Notar im Umgang mit ihm anver-trauten Vermögenswerten obliegenden Sorgfaltsmaßstab. Insoweit nor-miert Ziffer [X.] der Richtlinie freilich keine Anforderungen, die "qualita-tiv" über die Erfordernisse des Beurkundungsgesetzes hinausgingen ([X.] aaO, Vorbemerkungen zu §§ 54a ff. [X.] Rn. 3). Dagegen 9 - 6 - regeln die §§ 10 ff. [X.] keine Sorgfaltspflichten gegenüber Dritten, sondern lediglich Dokumentationspflichten bei der internen Buchführung des Notars und damit allein die "technische" bzw. —[X.] Seite der Durchführung von Verwahrungsgeschäften ([X.] aaO, § 10 [X.] Rn. 1 und Vorbemerkungen zu §§ 54a ff. [X.] Rn. 2; [X.] aaO, [X.]; [X.] in [X.][X.] aaO, § 10 [X.] Rn. 1). Da die Nota-re Träger eines öffentlichen Amtes sind (§ 1 [X.]) und hinsichtlich ih-rer Amtsführung der Aufsicht der Landesjustizverwaltung ihres Landes unterstehen, dürfen die Landesjustizverwaltungen über die Amtsführung ihrer Notare, soweit sie nicht bereits durch Gesetz geregelt ist, die für geboten gehaltenen und mit dem Gesetz in Einklang stehenden [X.]en erlassen (Senat, Beschluss vom 15. Februar 1971 aaO). Dabei geht der Gesetzgeber ausdrücklich von einer fortbestehen-den Kompetenz der Exekutive zur Regelung der "technischen" Seite von Verwahrungsgeschäften aus (BT-Drucks. 13/4184, [X.] und 38). [X.] stehen auch die gesetzlichen Regeln der notariellen Verwahrung in den §§ 54a ff. [X.] ergänzenden Bestimmungen der [X.], die ledig-lich einer einheitlichen Gestaltung der Buchführung dienen und die Durchführung der Dienstaufsicht erleichtern sollen - namentlich den §§ 10 bis 12 [X.] -, nicht entgegen ([X.] aaO, Vorbemerkungen zu §§ 54a ff. [X.] Rn. 2; [X.] in [X.]/Vaasen, [X.]/[X.], 2. Aufl., § 23 [X.] Rn. 3; [X.], [X.], 16. Aufl., Vor § 54a Rn. 1 und § 54b Rn. 55; [X.] in [X.], 4. Aufl., [X.] Rn. 365; [X.], Das notarielle Verwahrungsgeschäft, 2. Aufl., Teil [X.] Rn. 1 f.). [X.] kann in diesem Zusammenhang, ob die [X.] aufgrund ihrer Satzungskompetenz nach § 67 Abs. 2 Satz 3 [X.] den §§ 10 ff. [X.] vergleichbare Bestimmungen in ihre Richtlinien auf-nehmen könnten. Denn jedenfalls soweit und solange die [X.] 10 - 7 - eine etwaige Satzungskompetenz nicht in Anspruch genommen haben, kann die Lücke durch die [X.] geschlossen werden (keine "Sperrwir-kung" des § 67 Abs. 2 Satz 3 [X.], vgl. nur [X.] aaO, [X.] zur [X.] Rn. 19; [X.]/[X.], Richtlinienempfeh-lungen der [X.], Richtlinien der [X.], Zweiter Teil A, [X.] Rn. 17, jeweils m.w.N.).
c) Im Übrigen hat das [X.] die weiteren Bedenken des Antragstellers gegenüber der Rechtmäßigkeit des § 10 Abs. 3 [X.] mit zutreffender und sorgfältiger Begründung, die auch gegen-über dem Beschwerdevorbringen Bestand hat, ausgeräumt. [X.] lassen sich gegen diese Bestimmung der [X.] entgegen der [X.] des Antragstellers weder aus den die Buchführung des Kaufmanns bzw. Steuerpflichtigen betreffenden Vorschriften der §§ 238, 239 Abs. 2 HGB und § [X.] noch aus § 11 EStG ("[X.]") irgendwelche Wirksamkeitsbedenken herleiten. Insoweit wird - auch zur Vermeidung von Wiederholungen - auf den angefochtenen Beschluss verwiesen. 11 3. Selbst wenn man sich der Sichtweise der Beschwerde anschlie-ßen wollte, dass auch dienstaufsichtliche Maßnahmen, die lediglich den inneren Geschäftsbetrieb eines Notariats betreffen, an Art. 12 [X.] zu messen seien (dagegen [X.]/[X.], aaO S. 429 f.), verletzt die [X.] Verfügung den Antragsteller nicht in seiner Berufsausübungs-freiheit aus Art. 12 Abs. 1 [X.]. Die Weisung findet ihre Rechtsgrundlage in der den Ländern durch die Bundesnotarordnung verliehenen Organisa-tionsgewalt, die sich (auch) darauf erstreckt, den laufenden Geschäfts-betrieb der Notare zu regeln (Senat, Beschlüsse vom 22. Oktober 1979 aaO und 15. Februar 1971 aaO; [X.] aaO, Einleitung [X.] Rn. 2). Sie stellt einen allenfalls geringfügigen, aber zur Wahrung einer geordne-ten Rechtspflege geeigneten, erforderlichen und auch im engeren Sinne 12 - 8 - verhältnismäßigen Eingriff in die Berufstätigkeit des Antragstellers dar. Dürfte jeder Notar für die von ihm verwahrten Gelder ein eigenes Bu-chungssystem verwenden, würde die staatliche Kontrolle ein Vielfaches an [X.] beanspruchen und zu ständiger Diskussion darüber führen, ob die jeweilige Art der Erledigung der internen Geschäftsabläufe [X.] von § 93 Abs. 2 Satz 1 [X.] war oder nicht ([X.] aaO, Einleitung [X.] Rn. 3). Zudem bestünde die Gefahr, dass die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten letztlich von Zufallsfunden abhän-gig werden könnte. [X.] Vorschriften zur buchhalteri-schen Abwicklung von Verwahrungsgeschäften, die alle Amtsinhaber binden, helfen dem Staat hingegen, die Sicherheit und Kontrollierbarkeit des inneren Geschäftsbetriebs und seiner Ergebnisse zu gewährleisten ([X.]/[X.], aaO S. 429). Dass der Antragsgegner durch die [X.] Verfügung vom Antragsteller die Einhaltung vereinheitlichter Dokumentationspflichten gemäß § 10 [X.] verlangt, ist daher weder willkürlich noch unverhältnismäßig. Diese Verfügung belastet den [X.]steller - wenn überhaupt - nur unwesentlich und überschreitet nicht das durch den Zweck der Weisung gebotene Maß. Es dient letztlich den Interessen aller zu beaufsichtigenden Notare und damit auch denen des Antragstellers, durch die Kontrollierbarkeit der Geschäftsabläufe einen geordneten Geschäftsbetrieb zu sichern und Schadensfällen vorzubeu-gen. Ob die bundeseinheitlich - bis auf [X.]; dort kann der Notar die Eintragungen alternativ unter dem [X.] vornehmen - geltende Bestimmung des § 10 Abs. 3 [X.] gegenüber anderen denk-baren Regelungen in jeder Hinsicht vorzugswürdig ist, kann dahinstehen (vgl. insoweit kritisch [X.] aaO, § 10 [X.] Rn. 6; [X.] aaO, § 10 [X.] Rn. 35; [X.] aaO, § 10 [X.] Rn. 17). Jedenfalls hat die [X.] - 9 - tizverwaltung mit dem Erlass dieser Vorschrift den ihr zustehenden Ge-staltungsspielraum nicht verlassen.
[X.]

[X.]

Eule Brose-Preuß Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 03.04.2009 - Not 9/08 -

Meta

NotZ 6/09

26.10.2009

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2009, Az. NotZ 6/09 (REWIS RS 2009, 964)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 964

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