Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2004, Az. VI ZB 9/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2804

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[X.]/04
vom 15. Juni 2004 in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

[X.]R: ja

ZPO § 519 Eine beglaubigte Abschrift der Berufungsbegründung, die der Rechtsanwalt [X.] hat, kann die fehlende Unterschrift auf der gleichzeitig bei Gericht einge-reichten Urschrift nur ersetzen, wenn zum Zeitpunkt des Fristablaufs kein Zweifel möglich ist, daß der Schriftsatz von dem Unterschriftleistenden herrührt.
[X.], Beschluß vom 15. Juni 2004 - [X.] - OLG Dresden

LG Chemnitz

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 15. Juni 2004 durch die [X.] [X.]in [X.], den [X.] [X.], die [X.]in [X.] und die [X.] [X.] und Zoll beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluß des 1. Zivilsenats des [X.] vom 16. Januar 2004 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 8.968,63 •

Gründe: [X.] Das [X.] hat mit Urteil vom 27. Oktober 2003, dem Prozeßbe-vollmächtigten des [X.] zugestellt am 30. Oktober 2003, die Klage abgewie-sen. Mit Schriftsatz vom 26. November 2003, eingegangen beim [X.] am 28. November 2003, hat der [X.] des [X.] dage-gen Berufung eingelegt. In einem von ihm nicht unterzeichneten Schriftsatz vom 15. Dezember 2003 hat er die Berufung begründet. Auf entsprechenden richter-lichen Hinweis vom 6. Januar 2004 hat der [X.] des [X.] am 9. Januar 2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Beifügung einer nunmehr unterschriebenen [X.] beantragt. - 3 - Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht den [X.] zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig mit der [X.] verworfen, daß der Schriftsatz vom 15. Dezember 2003 nicht von ei-nem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben [X.] sei und die Berufung deshalb nicht innerhalb von zwei Monaten ab Zustel-lung des Urteils formgerecht begründet worden sei. Der Kläger sei nicht ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen. Er müsse sich das Verschulden seines [X.]n zurechnen lassen. Trotz des richterlichen Hinweises vom 6. Januar 2004 habe er nicht dargelegt und [X.] gemacht, daß und in welcher Form Vorsorge dafür getroffen sei, daß sämt-liche ausgehende Rechtsmittelschriftsätze vor der Absendung auf das [X.] der Unterschrift überprüft werden. Gegen diesen Beschluß, der dem [X.]n des [X.] am 23. Januar 2004 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 16. Februar 2004 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Begründungsfrist am 2. April 2004 begründet. I[X.] Die Rechtsbeschwerde des [X.] ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 2, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Voraus-setzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Entscheidung des [X.] ist entgegen der Ansicht des [X.] zur Sicherung einer ein-heitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) nicht erfor-derlich (zu dieser [X.] vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Mai 2003 - [X.] ZB 76/02 - NJW-RR 2003, 1366, 1367 und vom 4. November 2003 - [X.] ZB 50/03 - BB 2003, 2711; [X.] 151, 221, 225). - 4 - 1. Die Rechtsbeschwerde wendet sich nicht gegen die gefestigte [X.] Rechtsprechung, wonach [X.]en als [X.] Schriftsätze im Anwaltsprozeß grundsätzlich von einem beim Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein müssen (§§ 520 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO), da mit der Unterschrift der Nachweis geführt wird, daß der Berufungs- oder Revisionsanwalt die Verantwortung für den Inhalt der [X.] übernimmt (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZB 46/03 - [X.]-Report 2004, 406 f.; [X.] 37, 156 ff.; 97, 251 ff.; 146, 372 ff.; [X.], Urteil vom 31. März 2003 - [X.]/02 - NJW 2003, 2028 f.). Nur ausnahmsweise kann trotz fehlender Unterzeichnung der [X.] durch den Berufungsanwalt der Nachweis er-bracht sein, wenn zweifelsfrei feststeht, daß dieser die Verantwortung für den Inhalt der [X.] übernommen hat. a) Daß das Berufungsgericht im vorliegenden Fall den Nachweis nicht für geführt erachtet hat, weil der vom [X.]n unterschriebene Be-glaubigungsvermerk in der oberen Mitte der Deckblätter der Abschriften, die der [X.] beigefügt waren, angebracht ist, ist nicht zu beanstanden. Zwar ist anerkannt, daß eine gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift, die der Rechtsanwalt unterzeichnet hat, die fehlende Unterschrift auf der Urschrift ersetzen kann (vgl. Senatsbeschluß vom 5. März 1954 - [X.] ZB 21/53 = [X.] ZPO § 519 Nr. 14 und Urteil vom 25. September 1979 - [X.] ZR 79/79 - [X.], 186, 187; [X.] 92, 251, 255; [X.], Urteil vom 22. September 1992 - [X.] - [X.], 459; vom 25. September 1979 - [X.] - NJW 1980, 291; jeweils m.w.[X.]). Auch in diesem Fall darf jedoch zum Zeitpunkt des Fristablaufs kein Zweifel mehr möglich sein, daß der bestimmende Schrift-satz von dem Unterschriftleistenden herrührt, so daß die Rechtssicherheit nicht in Frage gestellt ist. - 5 - b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde läßt der unterschrie-bene Beglaubigungsvermerk auf der ersten Seite der Abschrift nicht nur den Schluß zu, daß die Unterschrift auf der Urschrift versehentlich unterbleiben sei. Das Berufungsgericht hält mit Recht für möglich, daß eine Unterschrift auf der ersten Seite eines mehrseitigen Schriftsatzes bereits vor der Endkorrektur ge-leistet wird und deshalb die Kontrolle durch den unterzeichnenden [X.] nicht mehr gewährleistet ist. Für Gericht und Gegner führt dies zu einer Unklarheit und Unsicherheit der Rechtslage, die dem Rechtsmittelbeklagten nicht zugemutet werden kann. Im Interesse der Rechtssicherheit ist deshalb in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu fordern, daß eine Unterzeich-nung den Inhalt der Erklärung räumlich decken, d.h. hinter oder unter dem Text stehen muß ([X.] 113, 48 ff.; [X.], ZPO, 21. Aufl., § 129, Rdn. 12; [X.]/[X.], ZPO 24. Aufl., § 130 Rdn. 13, jeweils m.w.[X.]). Im Streitfall kommt hinzu, daß der [X.] des [X.] selbst vorträgt, ihm sei der [X.]satz nach [X.] der von ihm angeordneten Korrekturen von seinem Büropersonal nicht mehr vorgelegt und er sei deshalb von ihm auch nicht unterzeichnet worden. Damit steht nach seinem eigenen Vortrag fest, daß er die Verantwortung für die vollständige korrigierte [X.] durch Leistung seiner Unterschrift nicht übernommen hat. Vielmehr muß - worauf die Beschwerdeerwiderung hinweist - nach dieser Darstellung davon ausgegangen werden, daß der Beglaubigungsvermerk blanko unterzeichnet worden ist. Schon aus diesem Grund ist die Berufung durch Einreichung der beglaubigten Abschriften nicht fristgerecht begründet worden. Zudem lassen sich entgegen der Behauptung der Rechtsbeschwerde die Gründe, mit denen das angefochtene Urteil bekämpft werden soll, keineswegs aus der ersten Seite des [X.]satzes hinreichend deutlich entnehmen. - 6 - 2. Das Berufungsgericht hat dem Kläger die Wiedereinsetzung in den [X.] Stand mit Recht verweigert. Es hat weder den Umfang seiner rechtlichen Hinweispflicht verkannt, noch die Wiedereinsetzung aufgrund von Anforderun-gen an die Sorgfaltspflichten des [X.]n versagt, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen der Kläger auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des Berufungsge-richts nicht rechnen mußte ([X.] 79, 372, 376 f.; [X.], Beschluß der [X.] des [X.] vom 14. Dezember 2001 - 1 BvR 1009/01 - NJW-RR 2002, 1004). a) Das Berufungsgericht war - entgegen der Auffassung der Rechtsbe-schwerde - nicht verpflichtet, vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zu [X.], ob die [X.] ordnungsgemäß unterzeichnet ist, um erforderlichenfalls durch entsprechende Hinweise auf eine Vervollständigung durch den [X.]n hinzuwirken. Im Interesse der [X.] sind der gerichtlichen Fürsorgepflicht enge Grenzen gesetzt. Nur unter besonderen Umständen kann ein Gericht gehalten sein, einer dro-henden Fristversäumnis seitens der [X.] entgegenzuwirken. So darf es nicht sehenden Auges zuwarten, bis die [X.] Rechtsnachteile erleidet (vgl. [X.], NJW 1995, 3173 f.; [X.], Urteil vom 1. Dezember 1997 - [X.]/97 - NJW 1998, 908 und Beschluß vom 11. Februar 1998 - [X.]II ZB 50/97 - NJW 1998, 2291). Im vorliegenden Fall hatte das Berufungsgericht das Fehlen der [X.] vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist jedoch noch nicht bemerkt. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, daß die Prüfung der Formvorschriften zeitnah mit dem Eingang der Berufungsbegrün-dung zu erfolgen hat. Im Hinblick auf den übrigen Geschäftsanfall ist es nicht zu beanstanden, wenn der [X.] erst bei der Bearbeitung des Falles und damit nach Ablauf der Fristen die Zulässigkeit der Berufung und damit auch die Ein-haltung der Form überprüft. - 7 - b) Trotz richterlichen Hinweises hat der [X.] des [X.] nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, daß in seinem Büro durch Anwei-sungen an das Büropersonal die Kontrolle sämtlicher ausgehender Schriftsätze vor der Absendung auf das Vorhandensein der anwaltlichen Unterschrift sicher-gestellt ist. Das Berufungsgericht war nicht gehalten, ihn durch weitere [X.] zur Ergänzung seines unzureichenden tatsächlichen Vortrags zu veranlas-sen, zumal die mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingereichte eidesstattliche Versicherung seiner Büroangestellten den Schluß nahelegt, daß die [X.] den nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gestellten [X.] kaum genügte. Denn obwohl lediglich die [X.] nicht unterzeichnet bei Gericht eingereicht worden ist, versicherte die Büroan-gestellte eidesstattlich, daß sie die Berufungsschrift vom 26. November 2003 nach Korrektur postfertig gemacht habe, ohne nochmals zu prüfen, ob auch die Unterschriften angebracht sind, und daß der [X.] des [X.] zu diesem Zeitpunkt keinerlei Kenntnis von der fehlenden Unterzeichnung dieser Schriftsätze gehabt habe. Dies betreffe auch die Berufungsbegründung vom 15. Dezember 2002 (richtig: 2003). Auf Hinweis des Vorsitzenden des Be-rufungsgerichts, daß es nicht um die Berufungsschrift vom 26. November 2003, sondern um die [X.] vom 15. Dezember 2003 gehe, erklärte der [X.], bislang sei nicht klar gewesen, welche Un-terschriften auf welchen Schriftstücken fehlten. Nunmehr bezögen sich seine Ausführungen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf die [X.]. Bei dieser Sachlage bedurfte es weiterer richterlicher Hinweise nicht. c) Schließlich ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Wieder-einsetzungsverfahren eine Ergänzung des Vortrags in Betracht kommt, entge-gen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht weiter durch den Bundesge-richtshof klärungsbedürftig. Diese Frage ist bereits geklärt (vgl. [X.], Beschluß - 8 - vom 21. Februar 2002 - [X.] 10/01 - NJW 2002, 2180, 2181; von [X.], NJW 2003, 858, 861 m.w.[X.]). Ob nach der zusätzlichen Begründung in der Rechtsbeschwerde von [X.] hinreichenden Fristenkontrolle des [X.]n auszugehen wäre, muß ebenfalls nicht entschieden werden. Bei dem Vorbringen handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, der im Rechtsbeschwerdeverfahren, das - im Gegensatz zum Verfahren der weiteren Beschwerde nach altem Recht - keine neue Tatsacheninstanz ist (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 24. Aufl., Rdn. 5 vor § 574; [X.] ZPO/Aktualisierungsband-Lipp, 2. Aufl., § 577 Rdn. 12), nicht mehr zu berücksichtigen ist. II[X.] [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
[X.] [X.]

[X.] Zoll

Meta

VI ZB 9/04

15.06.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2004, Az. VI ZB 9/04 (REWIS RS 2004, 2804)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2804

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