Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.05.2022, Az. 6 B 18/21

6. Senat | REWIS RS 2022, 3318

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Gegenstand

Ablehnung einer Ersatzschulgenehmigung für Beschulung nach dem "Uracher Plan"


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 3. August 2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Kläger, ein eingetragener Verein zur Förderung des "dezentralen Lernens" bzw. des "Lernens von zu Hause aus", begehrt die Genehmigung einer [X.]ildungseinrichtung nach dem sog. "[X.]" als Ersatzschule.

2

Im April 2014 beantragte der Kläger die Genehmigung zur Errichtung und zum [X.]etrieb einer privaten Grundschule als Ersatzschule. Die Einrichtung in freier Trägerschaft soll das reformpädagogische Schulkonzept des sog. "[X.]s" als [X.] [X.]ekenntnisschule verwirklichen. Das hierauf bezogene Eckpunktepapier sieht u. a. die Durchführung schulischen Präsenzunterrichts einmal pro Woche, zwei wöchentliche Veranstaltungen im Rahmen eines "virtuellen Klassenzimmers", Hausbesuche der Lehrer ("Lernbegleiter") in Abhängigkeit vom jeweiligen pädagogischen [X.]edarf sowie die individuelle [X.]etreuung im Rahmen audiovisueller Kontakte über das [X.] und telefonischer Erreichbarkeit der Lernbegleiter vor. Das [X.] hat den Antrag nicht verbeschieden.

3

Die daraufhin im März 2017 erhobene Untätigkeitsklage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das [X.]erufungsgericht hat entschieden, dass die beabsichtigte [X.]eschulung nicht den Anforderungen an eine Ersatzschule entspreche. Selbst wenn die [X.]ildungseinrichtung als Schule im Sinne des Art. 7 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 [X.] anzusehen sein sollte, erfülle sie nicht das weitere Kriterium der [X.] für öffentliche Schulen.

4

Ersatzschulen im Sinne von Art. 7 Abs. 4 Satz 2 und 3 [X.] seien solche Privatschulen, die nach ihrem [X.] als Ersatz für eine in dem Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollten. Zwar sei dem Landesgesetzgeber der durch Art. 7 Abs. 4 [X.] normierte Ersatzschulbegriff vorgegeben. Das Landesrecht beeinflusse jedoch die praktische Reichweite des [X.]rechtlichen Ersatzschulbegriffs, da es festlege, welche öffentlichen Schulen es gebe, denen eine Privatschule überhaupt entsprechen könne. Die [X.] bestimme sich primär anhand äußerer Strukturmerkmale wie insbesondere der Schulform sowie der Art und Dauer des [X.]ildungsgangs. Mangels Erfüllung des Ersatzschulbegriffs nicht genehmigungsfähig seien deshalb Privatschulen, die in so gravierender Weise von den im öffentlichen Schulwesen verbreiteten Typen abwichen, dass es aus dem [X.]lickwinkel der staatlichen Schulhoheit (Art. 7 Abs. 1 [X.]) von vornherein nicht vertretbar wäre, ihren [X.]esuch dem [X.]esuch einer öffentlichen Schule gleichzustellen und als Erfüllung der Schulpflicht zu werten.

5

Im Fokus der [X.] für öffentliche Schulen stehe daher - ausgehend von der gegenwärtigen Ausgestaltung des öffentlichen Schulwesens in [X.] im Rahmen der [X.]ildungshoheit der Länder - die Erfüllung der durch Art. 14 Abs. 1 der Landesverfassung vorgegebenen und im Landesschulgesetz [X.] normierten allgemeinen Schulpflicht. Die sich aus dieser Pflicht ergebende Eigenständigkeit staatlicher [X.] im Schulbereich beziehe ihre innere Legitimation gegenüber dem [X.]rechtlich verbürgten elterlichen Erziehungsrecht aus der [X.]edeutung der Schule auch für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Die Schule solle nicht nur [X.]ildung vermitteln, sondern einen Grundstein für eine selbstbestimmte Teilhabe junger Menschen am gesellschaftlichen Leben legen, die Einzelnen zu dem Ganzen gegenüber verantwortungsbewussten [X.]ürgern heranbilden und dadurch eine für das Gemeinwesen unerlässliche Integrationsfunktion erfüllen.

6

Dem diene die Verpflichtung jedes Schülers zur Teilnahme an sämtlichen Schulveranstaltungen, weil nur die obligatorische Teilhabe am Schulunterricht unter Hintanstellung aller individuellen Präferenzen jenen gemeinschaftsstiftenden Effekt zu erzeugen vermöge, der mit der Schule bezweckt werde und der die staatliche Schulpflicht im Wesentlichen legitimiere. Die gemeinsame Unterrichtung und [X.]eschulung der Kinder diene auch dem gegenseitigen Kennenlernen und dem Erlernen des Umgangs miteinander; sie reiche über die bloße Wissensvermittlung hinaus und schaffe [X.] [X.]egegnungsräume. In diesen seien die Schüler gezwungen, die von Eltern und Lehrern vermittelten und vorgelebten [X.]n Verhaltensweisen außerhalb unmittelbarer elterlicher Kontrolle und unter lediglich begleitender Aufsicht der Lehrer selbstständig und eigenverantwortlich zu erproben und einzuüben. Soziale Kompetenz im Umgang auch mit Andersdenkenden, gelebte Toleranz, Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung mit einer von der Mehrheit abweichenden Überzeugung könnten effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft und den in ihr vertretenen unterschiedlichen Auffassungen nicht nur gelegentlich stattfänden, sondern Teil einer mit dem regelmäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung seien.

7

Das dem zur Genehmigung gestellten Schulvorhaben zugrundeliegende [X.]ildungskonzept weiche in so gravierender Weise von den im öffentlichen Schulwesen verbreiteten Schultypen ab, dass es aus dem [X.]lickwinkel der staatlichen Schulhoheit von vornherein nicht vertretbar wäre, seinen [X.]esuch dem [X.]esuch einer öffentlichen Schule gleichzustellen. Die Förderung dezentralen Lernens bzw. des Lernens von zu Hause aus ziele nicht lediglich auf eine stärkere Einbindung der Eltern in schulische [X.]ildungs- und [X.]. Vielmehr werde eine weitgehende Verschmelzung elterlicher und schulischer Einflusssphären angestrebt, die die unmittelbarer Kontrolle der Eltern entzogenen [X.]n [X.]egegnungsräume zwischen den Kindern im Rahmen der [X.]ildungseinrichtung minimiere und auch die schulische Entwicklung der Schüler stetigen und unmittelbaren Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten ihrer Eltern unterwerfe.

8

Die Schüler sollten weitgehend selbstständig und von zu Hause aus lernen. Schulische Präsenzveranstaltungen seien regelmäßig nur einmal pro Woche vorgesehen; dabei sei die Anwesenheit der Eltern üblich. Infolge des aus den vorgelegten Planunterlagen ersichtlichen Fehlens von Pausen- oder sonstigen Aufenthaltsräumen könne ein [X.]s Miteinander der Schüler außerhalb der für den Unterricht vorgesehenen Zeiten - zumal ohne unmittelbare [X.]eaufsichtigung durch die Eltern - kaum stattfinden. Hinreichende [X.] [X.]egegnungsräume bzw. einer Kontrolle der Eltern entzogene Räume ermöglichten auch die vorgesehenen Unterrichtsveranstaltungen im "virtuellen Klassenzimmer" nicht. In ihrer konkreten Ausrichtung stehe die angestrebte Unterrichtung den zentralen Anliegen, die das Landesrecht mit der allgemeinen Schulpflicht verfolge, diametral entgegen.

9

Zwar dürfe der notwendige Abgleich mit [X.]elangen der staatlichen Schulhoheit im Hinblick auf pädagogisch-konzeptionelle Gegebenheiten grundsätzlich nicht auf [X.] der [X.] erfolgen, um die Gewährleistung des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 [X.] nicht leerlaufen zu lassen. Im Hinblick auf die gesetzlich vorgegebenen Ziele der Erziehung zu Eigenverantwortung und zu [X.]r [X.]ewährung sowie der Förderung der Entfaltung der Persönlichkeit oder [X.]egabung sei jedoch nicht ersichtlich, dass die beabsichtigte [X.]eschulung nach dem "[X.]" diese tatsächlich verfolge. Denn sie minimiere gezielt den sonst durch den [X.]esuch einer (öffentlichen) Schule eröffneten Zugang zu [X.]n Räumen, in denen die Erprobung und Einübung [X.]r Verhaltensweisen und Interaktionsmuster eigenverantwortlich stattfinden könne. Insbesondere lasse sich nicht feststellen, dass die angestrebte [X.]eschulung hinreichende [X.] Entwicklungsräume eröffne, in denen für die Persönlichkeitsentwicklung unerlässliche Prozesse der Abnabelung als notwendiger Schritt der Emanzipation angestoßen und altersangemessen vollzogen werden könnten.

Unabhängig davon eröffne der zumindest in Ausnahmefällen zulässige Rückgriff auf pädagogisch-konzeptionelle Gegebenheiten bereits bei Prüfung der [X.] Privatschulen dann keine Genehmigungsperspektive, wenn bestimmte strukturbezogene Abweichungen die Grundlinien der staatlichen Schulpolitik konterkarierten und [X.]elange der staatlichen Schulhoheit in ausschlaggebender Weise beeinträchtigten. Das sei vorliegend der Fall, denn die [X.]eschulung nach dem "[X.]" ziele darauf ab, den [X.] des staatlichen Erziehungsauftrags mit dem elterlichen Erziehungsrecht zu relativieren und konterkariere so die mit der allgemeinen Schulpflicht verfolgten Zwecke.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die [X.]eschwerde des [X.], der der [X.]eklagte entgegentritt.

II

Die auf das Vorliegen einer Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte [X.]eschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 3. August 2021 hat keinen Erfolg. Die Divergenzrügen entsprechen nur teilweise den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; im Übrigen ist das [X.]erufungsgericht nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen. Die als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen rechtfertigen keine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

1. Die Darlegung einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten, tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift widersprochen hat. Die [X.]eschwerde muss aufzeigen, dass zwischen den beiden Gerichten ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den [X.]edeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtssatzes besteht. Dafür ist die Herausarbeitung und Gegenüberstellung sich widersprechender Rechtssätze unverzichtbar ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 [X.] 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 <713>). Diesen Anforderungen genügt die [X.]eschwerde nur zum Teil.

a) Die [X.]eschwerde rügt, das [X.]erufungsgericht sei von der Rechtsprechung des [X.] zum Ersatzschulbegriff des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 [X.] abgewichen. Das [X.] habe im Urteil vom 8. April 1987 - 1 [X.]vL 8, 16/84 - [X.] 75, 40 <76 f.> ausgeführt:

"Die Qualifizierung einer Schule als Ersatzschule hängt auch nicht davon ab, ob sie schulpflichtige Schüler aufnimmt. Schon bei Art. 147 [X.] kam es für den Ersatzschulcharakter ausschließlich darauf an, ob die öffentlichen Körperschaften für die Errichtung entsprechender Schulen 'nach jeweils geltendem Recht ... planmäßig sorgen oder sorgen sollen' ... Dabei war klar, daß es für den Ersatzschulcharakter nicht etwa auf die Erfüllung der in Art. 145 [X.] geregelten 'allgemeinen Schulpflicht' ankam ...

An dieser [X.]egriffsbestimmung hat sich mit Art. 7 Abs. 4 Satz 2 [X.] nichts Entscheidendes geändert. ... Zur Erfüllung des ersten Kriteriums 'Schule' kommt weder dem [X.]estehen oder Nichtbestehen einer Schulpflicht noch ganz allgemein dem Lebensalter der Schüler irgendeine [X.]edeutung zu ..."

Daraus folge, dass das (Nicht-)[X.]estehen einer Schulpflicht und deren Erfüllung für die [X.]egriffsbestimmung der Ersatzschule als solche ohne [X.]edeutung sei. Dem widersprächen die Rechtssätze des [X.]erufungsgerichts, dass im Fokus der [X.] für öffentliche Schulen - ausgehend von der gegenwärtigen Ausgestaltung des öffentlichen Schulwesens in [X.] im Rahmen der [X.]ildungshoheit der Länder - die Erfüllung der durch Art. 14 Abs. 1 der Landesverfassung vorgegebenen und durch §§ 72 ff. [X.] auch [X.] normierten allgemeinen Schulpflicht stehe. Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgeführt, dass die - die Einführung einer allgemeinen Schulpflicht rechtfertigenden - Gründe maßgeblich auch die Voraussetzungen für die Anerkennung als Ersatzschule prägten.

Mit diesem Vorbringen belegt die [X.]eschwerde keine Abweichung des Verwaltungsgerichtshofs von der Rechtsprechung des [X.] zum Ersatzschulbegriff des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 [X.]. Denn auch nach der Auffassung des [X.]erufungsgerichts, das die Schuleigenschaft des von dem Kläger zur Genehmigung gestellten Konstrukts zugunsten der [X.]eschwerde unterstellt hat, hängt die [X.] nicht davon ab, ob die zur Genehmigung gestellte Schule schulpflichtige Schüler aufnimmt. Die Vorinstanz hat lediglich im Rahmen der Prüfung, ob eine Privatschule die [X.] für öffentliche Schulen zu erfüllen vermag, mit [X.]lick auf die von einer Schule u. a. zu erfüllende gesellschaftliche Integrationsfunktion auf die allgemeine Schulpflicht, genauer: auf die hinter ihr stehenden, sie rechtfertigenden Gründe abgestellt. Damit wird auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Aufnahme schulpflichtiger Kinder oder das [X.]estehen oder Nichtbestehen einer Schulpflicht nicht zum Definitionselement einer Ersatzschule.

b) Die [X.]eschwerde räumt ein, auch das [X.]erufungsgericht gehe davon aus, dass der notwendige Abgleich mit den [X.]elangen der staatlichen Schulhoheit im Hinblick auf pädagogisch-konzeptionelle Gegebenheiten grundsätzlich nicht auf [X.] der [X.] erfolgen dürfe. Eine Abweichung von der Entscheidung des [X.] vom 8. April 1987 - 1 [X.]vL 8, 16/84 - [X.] 75, 40 <76 f.> sieht sie jedoch darin, dass das [X.]erufungsgericht in Ausnahmefällen bereits bei der Prüfung der [X.] den Rückgriff auf konzeptionelle Eigenheiten zulasse. Denn das [X.] kenne bei der Prüfung der Ersatzschulqualität kein [X.]. Der Ersatzschulbegriff des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 [X.] sei ausschließlich von den Kriterien "Schule" und "[X.]" abhängig, die nur auf der [X.], nicht jedoch auf der Genehmigungsebene des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 [X.] anzuwenden seien.

Mit diesem Vorbringen verschließt sich die [X.]eschwerde der Erkenntnis, dass auch das [X.] bei Prüfung der [X.] auf den mit der Errichtung der Privatschule verfolgten [X.] abstellt ([X.], [X.]eschluss vom 14. November 1969 - 1 [X.]vL 24/64 - [X.] 27, 195 <201>; Urteil vom 8. April 1987 - 1 [X.]vL 8, 16/84 - [X.] 75, 40 <76>; [X.]eschlüsse vom 9. März 1994 - 1 [X.]vR 682, 712/88 - [X.] 90, 107 <122>; vom 9. März 1994 - 1 [X.]vR 1369/90 - [X.] 90, 128 <139> und vom 8. Juni 2011 - 1 [X.]vR 759/08, 733/09 - NVwZ 2011, 1384 Rn. 21). Dieses Kriterium liegt auch der Rechtsprechung des beschließenden Senats zugrunde, nach der der Rückgriff auf pädagogisch-konzeptionelle Gegebenheiten bereits bei Prüfung der [X.] den Privatschulen dann eine Genehmigungsperspektive eröffnet, wenn bestimmte strukturbezogene Abweichungen die Grundlinien der staatlichen Schulpolitik letztlich nicht konterkarieren und daher [X.]elange der staatlichen Schulhoheit nicht in ausschlaggebender Weise beeinträchtigen (Urteil vom 30. Januar 2013 - 6 C 6.12 - [X.]VerwGE 145, 333 Rn. 15). Die auf die Akzessorietät der Ersatzschulen zu den öffentlichen Schulen abstellende wertende Einzelfallbetrachtung erfasst nur die Übereinstimmung in äußeren Strukturmerkmalen, selbst wenn im Einzelfall evidente Abweichungen in [X.] Hinsicht erkennbar sind ([X.]VerwG a. a. [X.]). Diesen Maßstab hat auch das [X.]erufungsgericht seiner Prüfung der [X.] der zur Genehmigung gestellten Schule des [X.] zugrunde gelegt ([X.], 32 f.) und deren Genehmigungsfähigkeit angesichts der die gesellschaftliche Integrationsfunktion der Schule konterkarierenden [X.]eschulung nach der Konzeption des "[X.]s" abgelehnt ([X.] ff., S. 32 f.).

Selbst wenn man zugunsten der [X.]eschwerde eine Abweichung unterstellen wollte, würde das [X.]erufungsurteil darauf nicht beruhen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat - unabhängig von der abgelehnten [X.] - auf der Grundlage des bindungsschwächeren [X.] der verfolgten "[X.]" i. S. v. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 [X.], der sich mit einer bloßen Ergebnisäquivalenz begnügt, nicht feststellen können, dass die beabsichtigte [X.]eschulung nach dem "[X.]" die landesrechtlich in § 1 Abs. 2 Satz 2 [X.] bindend vorgegebenen Ziele der Erziehung zu Eigenverantwortung und zu [X.]r [X.]ewährung sowie der Förderung der Entfaltung ihrer Persönlichkeit oder [X.]egabung tatsächlich verfolgt. Aufgrund seiner tatrichterlichen Würdigung ist das [X.]erufungsgericht davon ausgegangen, dass die beabsichtigte Unterrichtung den ansonsten durch den [X.]esuch einer (öffentlichen) Schule eröffneten Zugang zu [X.]n Räumen, in denen die Erprobung und Einübung [X.]r Verhaltensweisen und Interaktionsmuster eigenverantwortlich stattfinden kann, gezielt minimiert bzw. in außerschulische [X.]ereiche verlagert. Insbesondere lasse sich nicht feststellen, dass die [X.]eschulung nach dem "[X.]" hinreichende [X.] Entwicklungsräume eröffne, in denen für die Persönlichkeitsentwicklung unerlässliche Prozesse der "Abnabelung" angestoßen und altersangemessen vollzogen werden könnten ([X.]).

c) Die gerügte Abweichung von dem Urteil des [X.] vom 30. Januar 2013 ([X.]VerwG 6 C 6.12 - [X.]VerwGE 145, 333 Rn. 13, 15) liegt nicht vor. Denn der beschließende Senat hat den notwendigen Abgleich [X.] Gegebenheiten gegen [X.]elange der staatlichen Schulhoheit nur grundsätzlich auf [X.] ausgeschlossen und in der Regel auf [X.] der Genehmigungsvoraussetzung des [X.]s hinsichtlich der [X.] gemäß Art. 7 Abs. 4 Satz 3 [X.] verortet. Er hat weiter ausgeführt, der Rückgriff auf pädagogisch-konzeptionelle Gegebenheiten eröffne Privatschulen bereits bei Prüfung der [X.] eine Genehmigungsperspektive dann, wenn bestimmte strukturbezogene Abweichungen die Grundlinien der staatlichen Schulpolitik letztlich nicht konterkarierten und daher [X.]elange der staatlichen Schulhoheit nicht in ausschlaggebender Weise beeinträchtigten (a. a. [X.] Rn. 15).

Dieser Rechtssatz des beschließenden Senats lässt Raum für das Vorliegen einer Ausnahme. Das [X.]erufungsgericht sieht diese im vorliegenden Fall darin, dass die hier konstatierten strukturellen Abweichungen der [X.]eschulung nach dem "[X.]" die Grundlinien der staatlichen Schulpolitik konterkarieren und daher [X.]elange der staatlichen Schulhoheit in ausschlaggebender Weise beeinträchtigen. Das Vorbringen der [X.]eschwerde liefert keinen [X.]eleg dafür, dass der Verwaltungsgerichtshof das [X.] umgekehrt hat; vielmehr zeigen die Entscheidungsgründe des [X.]erufungsurteils unter [X.]) [X.]) ("Der Senat verliert dabei nicht aus dem [X.]lick, ...") ([X.] f.), dass die Vorinstanz sich des [X.]ses bewusst war.

d) Die weiteren Divergenzrügen verhelfen der [X.]eschwerde nicht zum Erfolg. Zum Teil betreffen sie die einzelfallbezogene Rechtsanwendung des [X.]erufungsgerichts (Abweichung des streitgegenständlichen Schulvorhabens von dem im öffentlichen Schulwesen verbreiteten Schultypen), beziehen sich auf Aussagen, die die Vorinstanz so nicht getroffen hat (... Rechtssatz, dass die landes<[X.]->rechtlich begründete Schulpflicht im Rahmen der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 - 3 [X.] bundes[X.]rechtlich vorausgesetzt sei) oder decken sich weitgehend mit dem oben unter c) abgehandelten Vorbringen.

2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Insoweit genügen die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Diese verlangen neben der Herausarbeitung einer fallübergreifenden konkreten Rechtsfrage, die für die erstrebte Revisionsentscheidung erheblich sein wird, einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die [X.]eschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 23. Januar 2001 - 6 [X.] 35.00 - [X.] 2001, 377 Rn. 2 und vom 9. Juli 2019 - 6 [X.] 2.18 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 31 Rn. 7); dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit - falls vorhanden - der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem aufgeworfenen Problemkreis ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 21. Januar 2022 - 6 [X.] 1.22 - juris Rn. 13).

a) Die [X.]eschwerde wirft als rechtsgrundsätzlich bedeutsam folgende Fragen auf:

Trifft die Annahme des [X.] (u. a. S. 23) zu, dass die - "letztlich landes([X.])rechtlich begründete" - Schulpflicht durch Art. 7 Abs. 1 und Abs. 4 [X.] bundes[X.]rechtlich vorausgesetzt ist? Ergibt sich damit das [X.]estehen der Schulpflicht neben den landesrechtlichen Regelungen direkt aus dem Grundgesetz? Lassen sich damit insbesondere aus Art. 7 Abs. 4 Sätze 1 - 3 [X.] Anforderungen der Schulpflicht für die Erfüllung des Ersatzschulbegriffs gemäß Art. 7 Abs. 4 Satz 2 [X.] ableiten?

[X.]ejaht man die soeben gestellte Grundsatzfrage, betreffen dann die - aus dem [X.] abgeleiteten - Anforderungen an die Schulpflicht (auch) "äußere Strukturmerkmale" der [X.], die zum Ausschluss der Genehmigungsfähigkeit einer Privatschule mangels Erfüllung des Ersatzschulbegriffs im Sinne der Rechtsprechung des [X.]VerwG (insbesondere Urteil vom 30.01.2013 - 6 C 6.12) führen können?

Diese Fragestellungen erweisen sich nicht als entscheidungserheblich, da das angefochtene Urteil - entgegen dem Vorbringen der [X.]eschwerde - nicht davon ausgeht, die Schulpflicht sei durch Art. 7 Abs. 1 und Abs. 4 [X.] bundes[X.]rechtlich vorausgesetzt. Die Vorinstanz hat vielmehr die rechtliche Quelle der allgemeinen Schulpflicht in der nicht-revisiblen Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 LV [X.]W verortet ([X.]). [X.]undes[X.]rechtlich durch Art. 7 [X.] vorausgesetzt hat das [X.]erufungsgericht im [X.] an das [X.] ([X.]eschluss vom 21. April 1989 - 1 [X.]vR 235/89 - juris Rn. 3) den staatlichen [X.]ildungs- und Erziehungsauftrag.

b) Die unter der Überschrift "Erfüllung der Schulpflicht als Genehmigungsausschluss gemäß Art. 7 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. Satz 2 [X.] im Hinblick auf das Zurückstehen der [X.]" aufgeworfenen, an der Erfüllung der Schulpflicht anknüpfenden Fragen verhelfen der [X.]eschwerde nicht zum Erfolg. Soweit sie sich überhaupt unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles fallübergreifend beantworten lassen, gehen sie an der das angefochtene Urteil tragenden [X.]egründung für die Versagung der Genehmigung vorbei. Das [X.]erufungsgericht hat den Genehmigungsanspruch abgelehnt, da die [X.]eschulung nach dem "[X.]" darauf abziele, den [X.] des staatlichen Erziehungsauftrags mit dem Elternrecht zu relativieren und damit die mit der allgemeinen Schulpflicht verfolgten Zwecke zu konterkarieren und auf diese Weise die [X.]elange der staatlichen Schulhoheit in ausschlaggebender Weise zu beeinträchtigen ([X.] f.).

Damit haben sich der Vorinstanz in der primären [X.]egründungslinie Maßstabsfragen zum [X.] der [X.] und Einrichtungen gemäß Art. 7 Abs. 4 Satz 3 [X.] als systematisch nachgelagerter Genehmigungsvoraussetzung ([X.]VerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 6 C 6.12 - [X.]VerwGE 145, 333 Rn. 13) nicht gestellt. Die Angriffe der [X.]eschwerde gegen die das angefochtene Urteil in erster Linie tragende [X.]egründung, die [X.] der zur Genehmigung gestellten Schule scheitere angesichts der die gesellschaftliche Integrationsfunktion der Schule konterkarierenden [X.]eschulung nach der Konzeption des "[X.]s", führen nicht zur Revisionszulassung (s. o.). Damit erweisen sich die angeführten Fragestellungen zum [X.] der [X.] und Einrichtungen für das erstrebte Revisionsverfahren als nicht entscheidungserheblich.

3. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO). Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

6 B 18/21

17.05.2022

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 3. August 2021, Az: 9 S 567/19, Urteil

Art 7 Abs 4 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.05.2022, Az. 6 B 18/21 (REWIS RS 2022, 3318)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3318

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