LSG München, Entscheidung vom 19.01.2015, Az. L 15 SF 217/14

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Gegenstand

Anträge auf richterliche Festsetzung § 4 JVEG § 189 Abs. 2 SGG, Keine Widereinsetzung von Amts wegen im JVEG


Leitsatz

1. Eine bloße verspätete Beantragung der Entschädigung kann nicht als Wiedereinsetzungsantrag ausgelegt werden; eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gibt es im JVEG nicht. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

Die Entschädigung für den Befundbericht vom 13.06.2013 (Rechnung vom 04.11.2013) wird auf 0,- € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.

Streitig ist die Entschädigung der Antragstellerin für die Beantwortung einer gerichtlichen Befundberichtsanforderung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 15 SB 258/11 geführten Rechtsstreit wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 28.01.2013 bei der Antragstellerin ein Befundbericht angefordert. Der unter dem Datum des 13.06.2013 erstellte Bericht ging am 18.07.2013 beim LSG ein.

Mit Schreiben vom 04.11.2013, bei Gericht eingegangen am 05.11.2013, stellte die Antragstellerin „für ambulante ärztliche Behandlung nach GOÄ“ am 13.06.2013 einen Betrag von 252,40 € in Rechnung.

Der Kostenbeamte teilte der Antragstellerin dazu mit Schreiben vom 07.11.2013 mit, dass eine ambulante Untersuchung vom LSG nicht in Auftrag gegeben worden sei. Sofern eine Vergütung für die Einsendung von Unterlagen auf die Befundberichtsanforderung begehrt werde, sei der Antrag - so der Kostenbeamte - verfristet.

Mit Schreiben vom 11.08.2014 hat die Antragstellerin gebeten, diese Ablehnung der Zahlung nochmals zu überprüfen. Der Vorgang ist daraufhin dem Kostensenat vorgelegt worden.

Das Schreiben des Kostensenats vom 25.09.2014 an die Antragstellerin, in dem die Verfristung der Rechnungsstellung nochmals erläutert worden ist, ist unbeantwortet geblieben.

II.

Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Antragstellerin mit Schreiben vom 11.08.2014 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung beantragt.

Die Entschädigung für den Befundbericht vom 13.06.2013 ist auf 0,- € festzusetzen, da der Entschädigungsanspruch wegen Versäumung der Antragsfrist erloschen ist. Eine Wiedereinsetzung kommt nicht in Betracht.

1. Anzuwendende Fassung des JVEG

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn die Befundberichtsanforderung ist mit Schreiben vom 28.01.2013 und damit vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG erfolgt.

2. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG

Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Vergütungs- oder Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann deshalb auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 4, Rdnr. 12 - m. w. N.).

3. Entschädigungsanspruch erloschen

Einer Entschädigung steht entgegen, dass der Entschädigungsantrag zu spät gestellt worden ist.

Die Entschädigung für eine Leistung als sachverständiger Zeuge, wozu die Erstellung eines vom Gericht angeforderten Befundberichts gehört, bemisst sich nach § 10 Abs. 1 JVEG i. V. m. der Anlage 2 des JVEG.

Der Anspruch auf Entschädigung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Fall der schriftlichen Beantwortung der Fragen mit Eingang der schriftlichen Zeugenaussage bei Gericht zu laufen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 2 JVEG, Rdnr. 9).

Vorliegend ist der Befundbericht vom 13.06.2013, für den eine Entschädigung begehrt wird, am 18.07.2013 beim LSG eingegangen. Die Rechnung vom 04.11.2013 ist am 05.11.2013 und damit erst nach Ablauf der dreimonatigen Frist zur Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs eingegangen. Eines weiteren Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur Bezifferung der Entschädigungsforderung bedurfte es nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 30.10.2013, Az.: L 15 SF 231/13 E - m. w. N.).

Ein fristgerechter Eingang des Entschädigungsantrags für den Befundbericht ist damit nicht erfolgt. Dies hat zur Konsequenz, dass der Entschädigungsanspruch wegen der gesetzlichen Ausschlussfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG erloschen ist.

4. Keine Wiedereinsetzung mangels Wiedereinsetzungsantrags

Weder das Schreiben der Antragstellerin vom 04.11.2013 noch ihr Schreiben vom 11.08.2014 können auch bei wohlwollendster Auslegung als Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG gesehen werden. Die Antragstellerin hat mit dem erstgenannten Schreiben lediglich ihre Entschädigungsforderung geltend gemacht. Im zweitgenannten Schreiben ist auch nicht ansatzweise etwas ausgeführt, was als Wiedereinsetzungsantrag gedeutet werden könnte; vielmehr hat die Antragstellerin lediglich ihre Entschädigungsforderung erläutert und um Überprüfung der Ablehnung der Entschädigung gebeten.

Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist dem JVEG - im Gegensatz zu vielen anderen gesetzlichen Regelungen - fremd (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 156/12, vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, und vom 27.03.2013, Az.: L 15 SF 181/12 B). Das Antragserfordernis verbietet es, allein in der verspäteten Geltendmachung einer Entschädigungsforderung einen Wiedereinsetzungsantrag zu sehen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 03.01.2013, Az.: L 15 SF 255/10, und vom 15.02.2013, Az.: L 15 SF 211/12 B).

Darauf, ob überhaupt ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben wäre, kommt es nicht weiter an.

Eine Entschädigung für den Befundbericht vom 13.06.2013 (Rechnung vom 04.11.2013) steht der Antragstellerin daher nicht (mehr) zu.

Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht

Meta

L 15 SF 217/14

19.01.2015

LSG München

Entscheidung

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: LSG München, Entscheidung vom 19.01.2015, Az. L 15 SF 217/14 (REWIS RS 2015, 16976)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16976

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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