Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2000, Az. XI ZR 10/98

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3134

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[X.]/98vom15. Februar 2000in dem [X.] 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]. [X.] und [X.] Kreft, [X.], Dr. Zugehör und [X.] 15. Februar 2000die folgende Stellungnahme beschlossen:Der [X.] Zivilsenat ist der Auffassung, daß er zum [X.]. Zivilsenats vom 29. Juni 1999 angehört werden muß, so-weit der [X.] für Zivilsachen die Vorlage für [X.].Gründe:[X.]. Zivilsenat hat dem [X.] für Zivilsachen mehrereRechtsfragen vorgelegt, die Bürgschaften und Mithaftungserklärungen finan-ziell kraß überforderter Personen betreffen. Obwohl der [X.]. Zivilsenat, wie dieBegründung des [X.] ergibt, in mehreren Rechtsfragen [X.] des [X.] Zivilsenats abweichen will, hat er zuvor keine Anfragegemäß § 132 Abs. 3 [X.] an den für das Bürgschaftsrecht zuständigen [X.] [X.] gerichtet. Der [X.]. Zivilsenat ist offenbar der Ansicht, die Vorlage seiwegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 [X.]) zulässig. Dieses Ver-fahren entspricht nach Überzeugung des [X.] Zivilsenats nicht dem Gesetz. Im- 3 -Hinblick auf die Aufgabe, die § 132 Abs. 3 [X.] dem Senat zuweist, von des-sen Rechtsauffassung der vorlegende Senat abweichen will, ist der[X.] Zivilsenat befugt, von sich aus auf die rechtlichen Bedenken gegen [X.] des [X.]. Zivilsenats hinzuweisen (vgl. auch [X.], 2. Senat,[X.]. v. 2. Oktober 1997, NJW 1998, 523, in einer verfahrensrechtlich ver-gleichbaren [X.] Ansicht des [X.] Zivilsenats ist die Vorlage des [X.]. Zivilsenats je-denfalls in der gegenwärtigen Form unzulässig. Es fehlt bereits daran, daß [X.] der vorgelegten Fragen die Entscheidungserheblichkeit im Ausgangsfalldargelegt ist.1. Die Entscheidungserheblichkeit der gestellten Fragen ist Zulässig-keitsvoraussetzung jeder Vorlage ([X.], Vereinigte [X.]e, [X.]. [X.] Mai 1994 - [X.], [X.]Z 126, 63, 71; Gemeinsamer Senat der ober-sten Gerichtshöfe des [X.], [X.]. v. 24. Oktober 1983 - GmS-OGB 1/83,[X.]Z 88, 353, 357; [X.], [X.]. v. 7. November 1985 - [X.], [X.]St33, 356, 359; v. 19. Mai 1993 - [X.], [X.]St 39, 221, 225). Der [X.]-gerichtshof versteht den Begriff der Entscheidungserheblichkeit bei Vorlagenanderer Gerichte - etwa nach §§ 28 Abs. 2 [X.], 79 Abs. 2 GBO, 541 ZPO - indem Sinne, daß es vom Standpunkt des vorlegenden Gerichts aus für die Ent-scheidung auf die streitige Rechtsfrage ankommt, sich also aus dem Vorlage-beschluß ergeben muß, daß das vorlegende Gericht bei Befolgung der abwei-- 4 -chenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde ([X.], [X.]. [X.] Oktober 1981 - [X.], [X.]Z 82, 34, 36 f; v. 11. Juli 1990 - [X.]I ZB113/87, [X.]Z 112, 127, 129; v. 19. Februar 1992 - VIII ARZ 5/91, [X.]Z 117,217, 221). Die Vereinigten [X.]e vertreten für die Vorlage nach§ 132 [X.] keine davon abweichende Auffassung, wie die Bezugnahme auf dieoben genannten Entscheidungen im [X.]uß vom 5. Mai 1994 belegt (vgl.[X.]Z 126, 63, 72).Das erscheint auch allein sachgerecht. § 132 [X.] räumt dem [X.] die Befugnis zur Beantwortung streitiger oder grundsätzlich bedeutsamerRechtsfragen nur ein, soweit deren Beantwortung für die Entscheidung deskonkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird.Diese Beschränkung geht mittelbar auch aus § 138 Abs. 1 Satz 3 [X.] hervor,der die Bindungswirkung der Entscheidung auf die vorgelegte Sache bezieht.Die [X.]e können nicht mit dem Ziel angerufen werden, verbindlicheRechtsgutachten zu erteilen. Daher ist es unstatthaft, ihnen Fragen vorzulegen,deren Beantwortung lediglich die Art der Begründung einer Entscheidung, nichtjedoch deren Ergebnis beeinflußt. Auch im Schrifttum wird diese Ansicht nahe-zu einhellig vertreten ([X.], in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] Aufl. § 132 [X.] Rdnr. 7; [X.], [X.] 2. Aufl. § 132 Rdnr. 38; [X.]/[X.], in [X.], [X.] u. [X.] 24. Aufl. § 132 [X.] Rdnr. 41;Schreiber, in [X.]/Schütze, ZPO u. Nebengesetze 3. Aufl. § 132 [X.]Rdnr. 8; [X.]/[X.] ZPO 21. Aufl. § 132 [X.] Rdnr. 4; a.[X.]. 1982, 954, 955).2. Im Ausgangsfall begehrt die Klägerin, die für eine Darlehensforderungdie Mithaftung übernommen hat, die Feststellung, daß sie der Gläubigerin [X.] 5 -ne Zahlungen aus dem Darlehensvertrag schuldet. Das [X.] hat diesemAntrag stattgegeben, das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen.Es hat dies - der Rechtsprechung des [X.] Zivilsenats des [X.] zu [X.] folgend - damit begründet, daß die Mithaftungsvereinbarung nichtsittenwidrig sei, die Klägerin jedoch nach den Regeln über den Wegfall [X.] die Leistung endgültig verweigern könne (vgl. [X.]Z 128,230, 235 ff; 132, 328, 331 ff; 134, 325, 328 ff). Die Begründung des Vorlagebe-schlusses zeigt, daß der [X.]. Zivilsenat der Revision der Bank nicht stattgeben,sondern die angefochtene Entscheidung im Ergebnis bestätigen will. Er [X.] offenbar lediglich, dies, anders als das Berufungsgericht, damit zu be-gründen, die Mithaftungsvereinbarung sei wegen Sittenwidrigkeit von [X.] nichtig gewesen. Alle vom [X.]. Zivilsenat in diesem Zusammenhang ange-sprochenen Fragen können auf der Grundlage der von ihm vertretenen [X.] das Ergebnis der vorgelegten Sache nicht beeinflussen. Sollte der [X.].Zivilsenat dies anders sehen, wäre es seine Aufgabe, für jede Frage die Vor-aussetzungen der Entscheidungserheblichkeit im einzelnen darzulegen.3. Der dem [X.] möglicherweise zugrundeliegenden Mei-nung des [X.]. Zivilsenats, an [X.] dürfe die [X.] scheitern, wenn der vorlegende Senat sie aus Zweckmäßigkeitsgründenfür geboten halte, kann nicht zugestimmt werden. Die klaren Schranken dergesetzlichen Regelung entsprechen der Aufgabe des Richters, fallbezogen zuentscheiden, und dürfen nicht beiseite geschoben werden. An der langjährigenRechtsprechung der [X.]e und der Vereinigten [X.]e zuden Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Vorlage nach § 132 [X.] ist daherfestzuhalten.- 6 -- 7 -III.Gelingt es dem vorlegenden Senat, die Entscheidungserheblichkeit dereinen oder anderen Frage darzutun, oder will der [X.] für Zivilsachenden Begriff, abweichend von der bisherigen Rechtsprechung, in einem [X.] Sinne verstehen, so ist doch allein eine Divergenzvorlage nach§ 132 Abs. 2 [X.] möglich.1. Sinn und Zweck einer Grundsatzvorlage nach § 132 Abs. 4 [X.] be-stehen darin, schon im Vorfeld das Entstehen einer Divergenz bei der Fortbil-dung des Rechts zu verhindern (z.B. [X.]/[X.], aaO Rdnr. 6). [X.] ermöglicht § 132 Abs. 4 [X.] die Vorlage, wenn ein anderer Senat seineabweichende Auffassung bereits zum Ausdruck gebracht hat, dies jedoch nurin Form eines obiter dictum geschehen ist, so daß eine Divergenzvorlage nach§ 132 Abs. 2 [X.] nicht möglich ist ([X.], aaO § 132 Rdnr. 30; [X.]/[X.], aaO § 132 Rdnr. 38; [X.]/[X.] aaO Rdnr. 4). Aus dieser Zielrich-tung der Grundsatzvorlage ergibt sich, daß eine solche nicht in [X.], wenn schon eine Vorlage nach § 132 Abs. 2 [X.] geboten ist; diesehat Vorrang vor einer Grundsatzvorlage nach § 132 Abs. 4 [X.] ([X.], [X.].v. 7. November 1985 - [X.], aaO; vgl. auch [X.]. v. 6. [X.] - [X.] ZR 74/95, [X.], 632, 635). Das gilt hier für alle Fragen, in denender [X.] und der [X.]. Zivilsenat unterschiedliche Auffassungen vertreten; [X.] insbesondere das Problem, unter welchen Voraussetzungen Bürg-schaften oder Mithaftungsübernahmen, die den Schuldner finanziell kraßüberfordern, gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind, wenn der Gläubiger ein- 8 -berechtigtes Interesse hatte, sich vor Vermögensverlagerungen auf den Bür-gen/Mithaftenden zu schützen.2. In einer erheblichen Anzahl von Punkten, die der [X.]anspricht, besteht zwischen beiden Senaten keine Divergenz, so daß [X.] nach § 132 Abs. 2 [X.] nicht in Betracht kommt. In diesem [X.] scheidet aber auch eine Vorlage nach § 132 Abs. 4 [X.] aus. Soweit der[X.] und der [X.]. Zivilsenat sich in der rechtlichen Beurteilung einig sind, bedarfes weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbil-dung des Rechts der Anrufung des [X.]s; denn es gibt keinerlei [X.] dafür, daß andere Zivilsenate in einem Punkt von der [X.] wollen, die der [X.] und der [X.]. Zivilsenat übereinstimmend vertreten(vgl. dazu [X.], aaO § 132 Rdnr. 34 - 36; [X.]/[X.] aaO§ 132 [X.] Rdnr. 23 f; [X.]/[X.], aaO § 132 [X.] Rdnr. 34 bis 36;Schreiber, aaO § 132 [X.] Rdnr. 8). Schon um festzustellen, welche Fragenbeide Senate noch unterschiedlich beurteilen, ist es unabweisbar, eine Stel-lungnahme des für die Bürgschaft zuständigen Fachsenats einzuholen.[X.]Kreft[X.]ZugehörGanter

Meta

XI ZR 10/98

15.02.2000

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2000, Az. XI ZR 10/98 (REWIS RS 2000, 3134)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3134

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