Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.08.2012, Az. XII ZR 154/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3598

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

ZWISCHENURTEIL
XII ZR 154/09
Verkündet am:

29.
August 2012

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§
239, 265 Abs.
2
SGB
XII §
94
a)
Zur gerichtlichen Geltendmachung der auf einen Sozialhilfeträger übergegange-nen Unterhaltsansprüche (im [X.] an [X.]surteil vom 3.
Juli 1996 -
XII
ZR
99/95
-
FamRZ 1996, 1203).
b)
Macht ein unterhaltsberechtigter Sozialhilfeempfänger kraft prozessrechtlicher Ermächtigung (§
265 ZPO) in Prozessstandschaft die nach Rechtshängigkeit des [X.] auf den Sozialhilfeträger übergegangenen [X.] geltend, kann das nach dem Tode des [X.] unterbrochene Verfahren gemäß §
239 ZPO insoweit (nur) durch seine Erben als neue gesetzliche [X.] aufgenommen werden.
c)
Der Sozialhilfeträger kann in diesem Fall nur nach den Regeln des gewillkürten [X.] in das Verfahren eintreten; dies setzt sowohl die Zustimmung der Erben des verstorbenen [X.] als auch die -
wegen §
265 Abs.
2 Satz
2 ZPO durch Sachdienlichkeit nicht zu ersetzende
-
Zustimmung des [X.].
[X.], [X.] vom 29. August 2012 -
XII ZR 154/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25.
Juli 2012 durch [X.], die Richterinnen
Weber-Monecke
und Dr.
Vézina und
die Richter Schilling und Dr.
Botur

für Recht erkannt:
Der Rechtsstreit bleibt auch
hinsichtlich der Unterhaltsansprüche aus dem [X.]raum vom 8.
April 2008 bis zum 26.
September 2010 weiterhin unterbrochen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die 1930 geborene Klägerin und der 1927 geborene Beklagte hatten im Jahre 1981 ihre Ehe geschlossen, die kinderlos geblieben ist. Bereits im Laufe des Jahres 1983 trennten sich die [X.]en voneinander. Auf einen im April 2006 zugestellten Scheidungsantrag wurde ihre
Ehe im April 2007 geschieden und der Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass zu Lasten der [X.] der Klägerin monatliche und auf das Ende der Ehezeit am 31.
März 2006 bezogene Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversi-cherung in Höhe von insgesamt 389,33

es [X.] übertragen worden sind. Ein gegen diese Entscheidung eingelegtes Rechtsmittel nahm die Klägerin wieder zurück.
Vor der Durchführung des Versorgungsausgleiches verfügten
die [X.] über etwa gleich hohe
Alterseinkünfte. Durch den Versorgungsausgleich 1
2
-
3
-
sanken die Renteneinkünfte der Klägerin auf monatlich rund 860

die Renteneinkünfte des Beklagten mit den im Versorgungsausgleich erworbe-nen Anrechten auf rund 1.590

April 2008 erbrachte die Hansestadt
L. für
die Klägerin wegen ungedeckter Heimkosten laufende Leis-tungen nach dem SGB
XII in monatlicher Höhe von rund 500

Mit ihrer am 18.
August 2008 zugestellten Klage hat die Klägerin rück-ständigen und laufenden Ehegattenunterhalt gegen den Beklagten geltend [X.]. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das [X.] die Entscheidung abgeändert und den Beklagten dazu verurteilt, Unterhaltsrückstände in Höhe von 2.336,68

vom 17.
Juli 2007 bis zum 7.
April 2008 an die Klägerin sowie weitere [X.] in Höhe von 4.962,87

April 2008 bis zum 31.
August 2009 an die Hansestadt
L. zu zahlen. Ferner hat es der Kläge-rin einen laufenden Ehegattenunterhalt
in monatlicher Höhe von 319,40

dem 1.
September 2009 zugesprochen.
Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten. Die Klä-gerin ist am 26.
September 2010 verstorben. Der [X.] hat den Rechtsstreit auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch Beschluss vom 27.
Ok-tober 2010 ausgesetzt. Die Hansestadt
L. hat durch Schriftsatz vom 1.
April 2011 die (Teil-)Aufnahme des Rechtsstreits wegen des für den [X.]raum zwi-schen dem 8.
April 2008 und dem 26.
September 2010 zugesprochenen Un-terhalts erklärt. Sie begehrt insoweit die Fortsetzung des Rechtsstreits. Der [X.] hat der Aufnahme des Rechtsstreits durch die Hansestadt
L. nicht zuge-stimmt.
3
4
-
4
-
Entscheidungsgründe:
I.
Auf das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis zum 31.
August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem [X.]punkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 3.
Novem-ber 2010 -
XII
ZB
197/10
-
FamRZ 2011, 100 Rn.
10).

II.
Der Rechtsstreit kann auch im Umfang der [X.] durch die [X.] nicht fortgesetzt werden. Der [X.] spricht die Fortdauer der Un-terbrechung des Rechtsstreits durch ein [X.] gemäß §
303 ZPO aus, und zwar unabhängig davon, ob zwischen den [X.]en über die Frage der Un-terbrechung in der Sache ein Streit besteht ([X.] Urteil vom 20.
Dezember 2011 -
VI
ZR
14/11
-
ZInsO 2012, 878 Rn.
12
f.).
1. Wegen der Unterhaltsansprüche, die zwischen der Zustellung der [X.] am 18.
August 2008 und dem Tode der Klägerin am 26.
September 2010 entstanden und auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen sind, kann die Hansestadt
L. das Verfahren weder als Rechtsnachfolgerin der Klägerin (§
239 ZPO) aufnehmen noch kann sie nach den Regeln eines gewillkürten [X.]wechsels (§
263 ZPO) in das Verfahren eintreten.
a) Erhält der Unterhaltsberechtigte nach Rechtshängigkeit des [X.] weiter Sozialhilfe und geht demzufolge der laufende Unter-haltsanspruch
im Umfang der gewährten Hilfe gemäß §
94 Abs.
1 Satz
1 SGB
XII auf den
Sozialhilfeträger über, hat dies auf den Prozess
keinen Ein-5
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7
8
-
5
-
fluss. Dies ergibt sich aus §
265 Abs.
2 Satz
1 ZPO, der auch auf den gesetzli-chen Forderungsübergang nach §
94 Abs.
1 Satz
1 SGB
XII anwendbar
ist (vgl. [X.]surteil vom 3.
Juli 1996 -
XII
ZR
99/95
-
FamRZ 1996, 1203, 1207 und [X.]sbeschluss vom 2.
April 2008 -
XII
ZB
266/03
-
FamRZ 2008, 1159 Rn.
18). Der Unterhaltsberechtigte kann daher den laufenden [X.] trotz des gesetzlichen Forderungsüberganges im Verfahren weiterhin als [X.] im eigenen Namen verfolgen. Insoweit handelt der
Unterhaltsberech-tigte kraft einer in §
265 Abs.
2 Satz
1 ZPO enthaltenen prozessrechtlichen [X.] als gesetzlicher Prozessstandschafter des Sozialhilfeträgers; er muss diesem Umstand allerdings in der Weise Rechnung tragen, dass er seine Anträge im Umfang des [X.] auf Zahlung an den Sozialhilfe-träger umstellt, und zwar hinsichtlich des Unterhalts bis zum Ende des Monats, in dem die letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz stattfindet (vgl. [X.]surteil vom 27.
September 2000 -
XII
ZR
174/98
-
FamRZ 2001, 619, 621). So ist die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.] auch verfahren.
b) Nach §
239 ZPO tritt im Falle des Todes einer [X.] eine Unterbre-chung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein.
aa) "Rechtsnachfolger" im Sinne des §
239 ZPO ist derjenige, der mit dem Tode der Prozesspartei deren Rechtsstellung erlangt hat. Das Gesetz ist dabei in erster Linie auf die Fälle zugeschnitten, in denen das streitbefangene Recht oder der streitbefangene Gegenstand nach dem Tode einer natürlichen Person im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen Erben übergeht. Der Gesamtrechtsnachfolger
erwirbt neben dem streitbefangenen Recht im Regel-fall auch das Prozessführungsrecht, wenn die verstorbene [X.] ein eigenes Recht im eigenen Namen geltend gemacht hat.
9
10
-
6
-
bb) Eine solcherart typische Fallgestaltung liegt hier allerdings wegen des laufenden Unterhalts seit Rechtshängigkeit des Verfahrens im August 2008 nicht vor. Die
vom Forderungsübergang nach §
94 Abs.
1 Satz
1 SGB
XII er-fassten Unterhaltsansprüche konnten nicht mehr im Wege der [X.] übergehen, weil die [X.] diese Unterhaltsansprüche kraft Gesetzes schon vor dem Tode der Klägerin erworben hatte. Der Tod der Kläge-rin berührt damit nur das Recht der Prozessführung, welches ihr zuvor als [X.] Prozessstandschafterin allein zustand.
[X.]) Rechtsprechung und Schrifttum befürworten in den Fällen der ge-setzlichen Prozessstandschaft kraft Amtes überwiegend eine (entsprechende) Anwendung des §
239 ZPO, wenn der [X.] seine Prozessführungs-befugnis durch den Wegfall seines Amtes verliert (vgl. [X.], 350, 353
f. und [X.] Urteil vom 25.
September 1964 -
V
ZR
202/61
-
NJW 1964, 2301 [Testa-mentsvollstrecker]; [X.]Z 83, 102 =
NJW 1982, 1765, 1766 und [X.], 911, 912 [Konkurs-
bzw. Insolvenzverwalter]; [X.]/[X.] ZPO 9.
Aufl. §
239 Rn.
3; [X.]/[X.] aaO §
239 Rn.
14; [X.] ZPO/[X.] [Stand: 15.
April 2012] §
239 Rn.
13).
In vergleichbarer Weise wird §
239 ZPO auch auf solche Fälle anzuwenden sein, in denen -
wie hier
-
der Tod eines durch §
265 ZPO ermächtigten gesetzlichen Prozessstandschafters zum Verlust seiner Prozessführungsbefugnis führt (ebenso Hk-ZPO/[X.] 4.
Aufl. §
239 Rn.
2 mN).
Während der Wegfall einer Prozessstandschaft kraft Amtes allerdings regelmäßig zur Folge hat, dass der durch die Befugnisse des [X.]s zu-vor beschränkt gewesene Inhaber des materiellen Rechts auch das [X.] erlangt, ist dies beim Tode eines Prozessstandschafters kraft prozessrechtlicher Ermächtigung nach §
265 ZPO nicht der Fall. Dem steht be-reits die Wertung des §
265 Abs.
2 Satz
2 ZPO entgegen, wonach der Einzel-11
12
13
-
7
-
rechtsnachfolger im materiellen Recht, der den streitbefangenen Gegenstand oder das streitbefangene Recht nach Rechtshängigkeit erworben hat, den [X.] nicht ohne Zustimmung des Gegners als Hauptpartei übernehmen darf. Es können bezüglich der streitbefangenen Unterhaltsansprüche daher nur die [X.] der Klägerin als deren Gesamtrechtsnachfolger und neue gesetzliche [X.] zur Aufnahme des Rechtsstreits nach §
239 ZPO befugt sein, nicht aber der Sozialhilfeträger als Forderungsinhaber (vgl. Hk-ZPO/[X.] aaO).
c) Auch nach den -
hier allein in Betracht kommenden
-
Regeln des ge-willkürten [X.] kann die Hansestadt
L. nicht in den Prozess eintre-ten.
Dies liegt schon daran, dass der gewillkürte [X.] nach den [X.] Regeln grundsätzlich die Zustimmung des ausscheidenden [X.] und -
nach der ersten mündlichen Verhandlung
-
auch die Zustimmung des [X.] voraussetzt (vgl. [X.]/[X.] ZPO 9.
Aufl. §
263 Rn.
19 mwN). Eine Zustimmung von [X.]eite ist durch den Tod der Klägerin nicht entbehr-lich geworden, weil -
wie oben erörtert
-
den Erben der Klägerin das [X.] zugefallen ist. In den Fällen des §
265 Abs.
2 ZPO ist zudem die Zustimmung der beklagten [X.] obligatorisch und kann auch nicht
dadurch ersetzt werden, dass das Gericht den [X.] für sachdienlich erachtet ([X.] Urteile vom 21.
September 1994 -
VIII
ZB
22/94
-
NJW 1994, 3358, 3359 und vom 27.
Juni 1996 -
IX
ZR
324/95
-
NJW 1996, 2799).
Das Gesetz erkennt damit ein schutzwürdiges Interesse der beklagten [X.] an, dass ihr in einem Verfahren, bei dem sich die Rechtskraftwirkung
des Urteils nach Maßgabe des §
325 Abs.
1 ZPO auch auf den
-
das streitbefangene Recht nach [X.] erwerbenden
-
Einzelrechtsnachfolger erstreckt, gegen ihren Willen kein neuer Kläger aufgedrängt werden kann.
14
15
-
8
-
Weder die Erben der Klägerin noch der Beklagte haben einer Übernah-me des Rechtsstreits durch die Hansestadt
L. zugestimmt. Ein [X.] kommt schon deshalb nicht in Betracht, ohne
dass es bereits an dieser Stelle auf die grundsätzliche Frage nach der Zulässigkeit eines [X.] in der Revisionsinstanz ankäme.
2. Wegen der Unterhaltsansprüche aus dem [X.]raum zwischen dem 8.
April 2008 (Beginn der Leistungsgewährung durch den Sozialhilfeträger) und dem
17.
August 2008 ergibt sich kein anderes Ergebnis.
a) Für die [X.] vor Rechtshängigkeit eines [X.] ist zunächst
allein der Sozialhilfeträger als materieller Anspruchsinhaber befugt, den Unterhaltsanspruch im Umfang des gesetzlichen Forderungsüberganges gerichtlich
geltend zu machen. Der Sozialhilfeträger kann allerdings den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch nach §
94 Abs.
5 Satz
1 SGB
XII im Rahmen einer treuhänderischen Inkassozession zur gerichtlichen Geltend-machung zurückübertragen. Durch diese Rückübertragung wird der [X.] nach außen wieder zum [X.] der vom [X.] erfassten Unterhaltsansprüche ([X.]sbeschluss vom 2.
April 2008

XII
ZR
266/03
-
FamRZ 2008, 1159 Rn.
15), so dass er im gerichtlichen Ver-fahren seine diesbezügliche Prozessführungsbefugnis aus seiner eigenen Sachlegitimation herleiten kann.
Demgegenüber kann der Sozialhilfeträger anstelle einer treuhänderi-schen Inkassozession nicht den Weg wählen, dem Unterhaltsberechtigten (le-diglich) eine Einziehungsermächtigung zu erteilen und ihn auf dieser Grundlage zu beauftragen, den übergegangenen Unterhaltsanspruch im Wege der gewill-kürten Prozessstandschaft geltend zu machen. Dies ist nicht zulässig, weil der zur Prozessführung ermächtigte Hilfeempfänger, der die von ihm in der Ver-16
17
18
19
-
9
-
gangenheit bezogene Sozialhilfe nicht zurückerstatten muss und der auch sonst durch die Rechtsverfolgung keine Verbesserung seiner Rechtsstellung erfährt, kein schutzwürdiges Eigeninteresse daran hat, die vor Rechtshängigkeit bereits auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Unterhaltsansprüche noch im eige-nen Namen gegen den Unterhaltspflichtigen geltend zu machen ([X.]surteile vom 3.
Juli 1996 -
XII
ZR
99/95
-
FamRZ 1996, 1203, 1206 und vom 19.
Feb-ruar 1997 -
XII
ZR
236/95
-
FamRZ 1997, 608, 610; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
8 Rn.
111; Grube/[X.] SGB
XII Sozialhilfe 4.
Aufl. §
94 Rn.
42).
b) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen und auch sonst nicht näher begründet, woraus die Klägerin ihre Befugnis hergeleitet haben könnte, die bereits auf die Hansestadt
L. übergegangenen Unterhalts-rückstände aus der [X.] zwischen dem 8.
April 2008 und der Rechtshängigkeit der Klage am 18.
August 2008 im eigenen Namen gerichtlich zu verfolgen. Die Vorsitzende des [X.] hatte
der Klägerin durch Verfügung vom 19.
Juni 2009 aufgegeben, wegen der übergegangenen Unterhaltsansprüche eine "Rückabtretungserklärung des Sozialamtes"
vorzulegen, so dass das Be-rufungsgericht erkennbar eine Inkassozession zur gerichtlichen Geltendma-chung übergegangener Unterhaltsansprüche durch den
Hilfeempfänger für er-forderlich gehalten hat. Allerdings hat die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung -
wohl auf einen Hinweis des Berufungsgerichts
-
ihren Antrag ins-gesamt, d.h. auch wegen der bereits vor Rechtshängigkeit übergegangenen Unterhaltsansprüche, auf Zahlung an die Hansestadt
L. umgestellt. Dies lässt darauf schließen, dass das Berufungsgericht die insoweit erforderliche treuhän-derische Inkassozession als einen Fall der gewillkürten Prozessstandschaft an-gesehen hat (so etwa auch Schael Verfahrenshandbuch Familiensachen 2.
Aufl. §
1 Rn.
250). In der Sache ist dies nicht richtig, denn auch bei einer [X.] wird ungeachtet der treuhänderischen Bindung im Innenverhältnis 20
-
10
-
das Vollrecht übertragen, so dass der Zedent ein eigenes und gerade kein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht (vgl. bereits [X.] Urteile vom 20.
Dezember 1979 -
VII
ZR
306/78
-
NJW 1980, 991 und vom 15.
November 1984 -
III
ZR
115/83
-
WM 1985, 613, 614).
c) Für die hier interessierenden Verfahrensfragen
kommt es letztlich aber nur darauf an, dass das Berufungsgericht die Klägerin prozessrechtlich wegen der vor Rechtshängigkeit auf den Sozialhilfeträger übergegangenen [X.] wie eine gewillkürte Prozessstandschafterin behandelt hat. Der [X.] hat insoweit bereits entschieden, dass das Verfahren nach dem Tode eines gewillkürten Prozessstandschafters durch den Inhaber des materiel-len Rechts nicht nach §
239 ZPO aufgenommen werden kann; vielmehr kann der tatsächliche Rechtsinhaber nur
nach den Regeln über den gewillkürten [X.] in den Prozess eintreten ([X.]Z 123, 132, 136
f. =
NJW 1993, 3072).
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] und [X.] oberster Gerichte ist ein gewillkürter [X.]wechsel in der Revisionsinstanz allerdings grundsätzlich ausgeschlossen ([X.], 204, 212
f.; [X.] Urteile vom 24.
September 1982 -
V
ZR
188/79
-
WM 1982, 1170;
vom 7.
Februar 1990 -
VIII
ZR
98/89
-
NJW-RR 1990, 1213 und vom 7.
Juli 2008

II
ZR
26/07
-
NZG 2008, 711 Rn.
6; [X.] NJW 1967, 1437, 1438 und Urteil vom 14.
September 1983 -
4
AZR
78/81
-
juris Rn.
18; vgl. auch [X.] 2003, 216, 218). Denn der Beurteilung des [X.] unterliegt der jeweilige Streitstoff nur in der Form, wie er sich aus dem Rubrum und dem Tatbestand des Berufungsurteils bzw. aus dem Sitzungsprotokoll ergibt. Ob ein gewillkürter [X.]wechsel unter Umständen dann zugelassen werden kann, wenn die neue Prozesspartei dem Verfahren bereits in den Tatsacheninstanzen als Nebenin-tervenientin auf der Seite der ausgeschiedenen [X.] beigetreten war (vgl. 21
22
-
11
-
[X.] [X.] 2011, 1274 Rn.
16), bedarf hier keiner Entscheidung, weil sich die Hansestadt
L. erstmals in der Revisionsinstanz am Verfahren beteiligt hat. Auch der Ausnahmefall, dass während
des Revisionsverfahrens durch eine Geset-zesänderung in die prozessuale Stellung der alten [X.] eingegriffen worden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 27.
Juni 2012 -
XII
ZR
89/10
-
veröffentlicht bei [X.]), liegt hier nicht vor.
bb) Darüber hinaus
erscheint es zweifelhaft, ob die [X.] den Prozess ohne weiteres auch ohne die Zustimmung der Erben der bisherigen Klägerin fortführen dürfte. Einer solchen Zustimmung bedürfte
es dann nicht, wenn aufgrund tatrichterlicher
Feststellungen die Annahme gerechtfertigt ist, dass das der gewillkürten Prozessstandschaft zugrundeliegende Auftragsver-hältnis und damit auch die Prozessführungsbefugnis durch den Tod des bishe-rigen Prozessstandschafters erloschen und nicht auf dessen Erben übergegan-gen sind (vgl. [X.]Z
123, 132, 136 = NJW 1993, 3072). Nach §
673 Satz
1 BGB erlischt zwar der Auftrag im Zweifel mit dem Tode des Beauftragten. Es ist allerdings keineswegs zwingend, dass diese Zweifelsregel auch unter den hier obwaltenden Umständen Geltung beanspruchen könnte.
Der Übertragung von Unterhaltsansprüchen zum Zwecke einer gerichtlichen Beitreibung wird entge-gen der Ansicht der [X.] kein
besonderes Vertrauensverhältnis zwi-schen der Sozialbehörde und dem Hilfeempfänger zugrunde liegen (vgl. zu [X.], 289, 291; OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 1299, 1300). Es lässt sich auch nicht generell erkennen, dass die Erben mit der Fortsetzung eines von dem verstorbenen Sozialhilfeempfänger eingeleiteten [X.] unzumutbar belastet werden könnten (vgl. dazu etwa [X.]/[X.] 5.
Aufl. §
673 Rn.
3); dies gilt jedenfalls dann, wenn -
wie hier
-
in einem Verfahren sowohl auf den Sozialhilfeträger übergegangene als
auch nicht übergegangene Unterhaltsansprüche gemeinsam geltend [X.] werden.
23
-
12
-
III.
Nach alledem kann der Rechtsstreit nur durch die Erben der Klägerin aufgenommen und fortgesetzt werden. Soweit bislang keine Erben der Klägerin ermittelt worden sind, ist
die [X.]
gehalten, auf die Bestellung eines Nachlasspflegers (§
1960 BGB) hinzuwirken. Wird ein Nachlasspfleger bestellt, endet die Aussetzung des Prozesses, wenn dieser dem Gericht von seiner Be-stellung Anzeige macht, den Willen zur Verfahrensfortführung äußert und das Gericht die schriftsätzliche Anzeige der Gegenpartei zustellt
(vgl. [X.] Be-schluss vom 9.
Mai 1995 -
XI
ZB
7/95
-
FamRZ 1995, 926, 927).

Dose

Weber-Monecke

Vézina

Schilling

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.12.2008 -
1 [X.]/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.09.2009 -
2 UF 10/09 -

24

Meta

XII ZR 154/09

29.08.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.08.2012, Az. XII ZR 154/09 (REWIS RS 2012, 3598)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3598

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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