26. Senat | REWIS RS 2020, 14
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Markenbeschwerdeverfahren – "BLOOD OAK" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2017 110 515.4
hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 19. Februar 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Dr. von Hartz
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 24. April 2018 wird aufgehoben.
I.
Die Wortfolge
[X.] [X.]
ist am 17. Oktober 2017 unter der Nummer 30 2017 110 515.4 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren der
[X.]: Alkoholische Getränke, ausgenommen Bier; Whisky.
Mit Beschluss vom 24. April 2018 hat die Markenstelle für [X.] des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen bestehe aus der [X.] Bezeichnung für „[X.]“. Das Holz dieses Baumes gelte als sehr wertvoll und werde nur vereinzelt für die Herstellung von Fässern verwendet. Das Wortzeichen weise werbemäßig, qualitätsanpreisend darauf hin, dass die beanspruchten Waren, insbesondere Whisky, ihren Reifeprozess in [X.]nfässern durchlaufen hätten, was ihnen nicht nur eine ganz besondere Geschmacksnote verleihe, sondern sie auch besonders wertvoll mache. Es handele sich daher um eine unmittelbar beschreibende Sachaussage. Wenn der [X.] Begriff vom Durchschnittsverbraucher nicht verstanden werden sollte, so verstünden ihn jedenfalls die Fachkreise, die bestens über den Reifeprozess, die Herstellung sowie die Art und [X.]e der Lagerung dieser Produkte informiert seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, das Anmeldezeichen werde von den in erster Linie angesprochenen Verbrauchern lediglich wortwörtlich mit den aneinandergereihten Wörtern „Blut Eiche“ übersetzt und als Fantasiebezeichnung nicht verstanden. Der Verbraucher kenne zwar Eichen und Roteichen mit roten oder leicht rot gefärbten Blättern wisse aber in der Regel nicht, in welchen spezifischen Fässern alkoholische Getränke bzw. Whisky gelagert würden. Ferner existiere im Gegensatz zur „Blutbuche“ der Begriff „[X.]“ als botanischer Begriff für eine Baumgattung nicht, so dass Whisky seinen Reifeprozess auch nicht in [X.]nfässern durchlaufen könne, was zumindest den Fachkreisen bekannt sei. Die zur Fasslagerung von Whisky verwendeten Eichenholzsorten beschränkten sich auf die [X.] Weißeiche, die Roteiche, die Stieleiche und die Traubeneiche. Der Begriff [X.] habe sich im allgemeinen Sprachgebrauch für keine dieser Eichenholzsorten als Synonym etabliert. Er werde allenfalls in einem botanischen Lehrbuch von 1834 als altertümliche Bezeichnung für eine Eiche mit purpurroten Blättern und als literarischer Kunstbegriff in Rollenspielen und [X.] verwendet. Die angemeldete Wortfolge diene der Anmelderin als Wortspiel auf die ([X.] Farbe des Whiskys, bedingt durch sein Finish in zur Rotweinlagerung verwendeten Eichenholzfässern.
[X.] beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 24. April 2018 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „[X.] [X.]“ als Marke stehen für die beanspruchten Waren der [X.] keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere fehlt es dem Zeichen weder an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], noch handelt es sich um eine freihaltebedürftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].
1. Dem Anmeldezeichen kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unter-scheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 15 – [X.]).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674 [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.]. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – DüsseldorfCongress).
b) Diesen Anforderungen genügt die Wortfolge „[X.] [X.]“, weil sie aus Sicht der angesprochenen inländischen Verkehrskreise im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung am 17. Oktober 2017 entgegen der Ansicht der Markenstelle für die beanspruchten Waren der [X.] weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt vermittelt noch einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen hergestellt hat. Somit hat sie über die erforderliche Eigenart verfügt, um als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aufgefasst zu werden.
aa) Die alkoholischen Getränke der [X.] richten sich an breite Verkehrskreise, nämlich sowohl den Durchschnittsverbraucher als auch den Getränkefachhandel und den Gastronomiefachverkehr.
bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden [X.] Wörtern „[X.]“ und „[X.]“ zusammen.
aaa) Das Substantiv „blood“ gehört zum [X.] Grundwortschatz und bedeutet „Blut“ (https://dict.leo.org/englisch-deutsch/Blood; [X.], Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 2. Aufl. 1977, S. 23).
bbb) Das ebenfalls dem [X.] Grundwortschatz entstammende Hauptwort „oak“ wird mit „[X.]“ oder „Eiche“ übersetzt (https://dict.leo.org/englisch-deutsch/Oak; [X.], a. a. O., S. 70).
cc) In seiner Gesamtheit ist das Anmeldezeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 17. Oktober 2017, im Sinne von „Blut [X.]“ oder „[X.]“ verstanden worden.
dd) In diesem Sinne enthält die angemeldete Wortfolge weder eine Sachaussage über die beanspruchten Waren der [X.] „Alkoholische Getränke, ausgenommen Bier; Whisky“ noch stellt es einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her. Denn dieser Gesamtbegriff verfügt über keinen sinnvollen Bedeutungsgehalt.
aaa) Das Wort „[X.]“ ist in allgemeinen Lexika nicht nachweisbar. Als botanischer Begriff ist es nur in einem 1834 herausgegebenen Handbuch der angewandten Botanik für eine [X.]art mit purpurroten Blättern in Erscheinung getreten (Spenner, Handbuch der angewandten Botanik oder praktische Anleitung zur Kenntnis der medizinisch, technisch und ökonomisch gebräuchlichen Gewächse Teutschlands und der [X.], [X.] 1834). Seit dem 20. Jahrhundert taucht dieser Begriff in der botanischen Literatur nicht mehr zur Bezeichnung einer Baumart auf ([X.] – [X.], Band 2 – Arten und Sorten, 2008; [X.] – Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, 3. Aufl. 2005; [X.] – Wörterbuch der [X.] Pflanzennamen, 1943; [X.], [X.] der Welt, 2008). Eine alte Stieleiche im Ort [X.] in [X.] wird nur deshalb als „[X.]“ bezeichnet, weil sie im Mittelalter zur Hinrichtung von Straftätern genutzt worden ist ([X.]/). Soweit das [X.] in [X.] auf seiner Webseite damit wirbt, dass in seinem Park u. a. eine der sehr seltenen [X.]n stehe, deren Blätter eine tiefrote Färbung aufweisen (http://www.schloss-badow.com/park.html), kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine botanisch korrekte Angabe handelt. [X.] ist im [X.] nur die „Blutbuche“ (Fagus sylvatica f. purpurea), die wegen ihrer rötlichen Blätter auch Purpurbuche genannt wird und als beliebter Parkbaum gilt (https://de.wikipedia.org/wiki/Blutbuche). Ferner ist in [X.] die „Roteiche“ (Quercus rubra) verbreitet (https://de.wikipedia.org/wiki/Roteiche).
bbb) Auch die [X.] Wortkombination „[X.]“ stellt keinen botanischen Fachbegriff für eine bestimmte Eichenart dar. Sie wird vielmehr in englischsprachigen [X.] oder Rollenspielen als literarischer Kunstbegriff zur Bezeichnung erfundener Bäume oder Baumwesen verwendet ([X.], http://impabulum.com/Skard/Gallery/bloodoaks.html).
ccc) Alkoholische Getränke, insbesondere Whisky werden zwar zur Reifung häufig in Holzfässern, insbesondere auch in Eichenholzfässern gelagert. Dabei gelangen bestimmte Stoffe aus dem Eichenholz in den Whisky und prägen dadurch neben diversen anderen Einflussfaktoren den Geschmack des Produkts. Aber in der Literatur zur Herstellung und Lagerung von Whisky und weiteren Spirituosen wird eine „[X.]“ nicht erwähnt, sondern nur das Holz der Steineiche, der Stieleiche und der [X.]n Eiche explizit benannt ([X.]/[X.]/[X.]/Ströhmer – Spirituosen-Technologie, 2002, [X.]). Selbst wenn – auch im Hinblick auf den Vortrag der Anmelderin, wonach für die Fassherstellung neben der Stieleiche auch [X.] Weißeiche, Roteiche und Traubeneiche zum Einsatz kommen –, mit der [X.]n Eiche die in [X.] verbreitete Roteiche gemeint sein sollte, bedarf es mehrerer gedanklicher Zwischenschritte, um von [X.] auf [X.] Roteiche zu schließen und dann zu folgern, dass deren Holz für Fässer verwendet wird, in denen dann die alkoholischen Getränke gelagert werden. Eine vergleichbar aufwändige Zeichenanalyse stellt es auch dar, wenn man vom Begriff „[X.]“ auf die ([X.] Farbe des Whiskys und dann als Ursache auf dessen Reifung in Eichenholzfässern schließt, in denen zuvor Rotwein gelagert worden war.
ee) Damit erweist sich die angemeldete Wortfolge im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren sowohl in der [X.] als auch in der [X.] Sprache als interpretationsbedürftig. Ihr Aussagegehalt bleibt selbst für den Fachverkehr, dem botanische Grundkenntnisse in Bezug auf die Herstellung und Verarbeitung der beanspruchten Waren unterstellt werden kann, unklar. Um zu einem denkbaren beschreibenden Gehalt zu gelangen, bedarf es mehrerer gedanklicher Schritte. Eine derart analysierende Betrachtungsweise ist jedoch unzulässig, weil sich daraus keine in den Vordergrund drängende, für den Verkehr ohne weiteres ersichtliche Beschreibung der Waren oder Dienstleistungen ergibt (vgl. [X.] [X.] 2014, 565 [X.]. 24 – smartbook; [X.] 2012, 270 [X.]. 12 – Link economy; [X.] 2001, 162, 163 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
2. Wegen der fehlenden Eignung des Anmeldezeichens zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht bejaht werden.
Meta
19.02.2020
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.02.2020, Az. 26 W (pat) 545/18 (REWIS RS 2020, 14)
Papierfundstellen: REWIS RS 2020, 14
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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