Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.05.2019, Az. 8 AZN 809/18

8. Senat | REWIS RS 2019, 7220

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Gegenstand

Auskunftserteilung und Schadensersatz im Zusammenhang mit der Weitergabe von Betriebsgeheimnissen


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 28. Juni 2018 - 8 Sa 379/17 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 610.317,20 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die auf den absoluten Revisionsgrund der Verletzung der Öffentlichkeit des Verfahrens in der mündlichen Berufungsverhandlung, auf grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage sowie auf Divergenz gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.

2

1. Der mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte absolute Revisionsgrund der Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit des Verfahrens (§ 547 Nr. 5 ZPO iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG) in der mündlichen Berufungsverhandlung am 12. Juni 2018, in der das [X.] die Öffentlichkeit für einen Teil der Verhandlung ausgeschlossen hatte, liegt nicht vor.

3

a) In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 12. Juni 2018 hat die Klägerin den Schriftsatz vom 11. Juni 2018 überreicht, der einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit für diese Verhandlung unter Bezugnahme auf § 172 Nr. 2 [X.] „wegen Gefährdung schutzwürdiger Interessen der Klägerin“ enthielt. In der Begründung ihres Antrags hat sich die Klägerin darauf berufen, sie sei das Opfer einer umfangreichen Ent[X.]dung und Weitergabe ihrer Geschäftsgeheimnisse durch den [X.]n geworden, w[X.]egen sie sich im vorliegenden Verfahren [X.]de. Als Geschäftsgeheimnisse seien dabei nicht nur chemische Formeln und Anlagenbauteile anzusehen, sondern beispielsweise auch schon das Wissen, dass sie, die Klägerin, überhaupt Opfer eines Geschäftsgeheimnisverrats geworden sei oder um welches konkrete Produkt es dabei gehe. Auch das Wissen, dass die Klägerin in [X.] ein Klageverfahren gegen weitere Verletzer ihrer Geschäftsgeheimnisse betreibe, gegen [X.] sich das dortige Verfahren richte und weitere darauf bez[X.]ene Umstände unterlägen ihrem berechtigten wirtschaftlichen Interesse an Geheimhaltung.

4

Im Protokoll über die mündliche Verhandlung am 12. Juni 2018 hat das [X.]s festgehalten, dass die Klägerin den [X.]. Antrag gestellt hat und dass das Gericht und die [X.]en zum Inhalt dieses Antrags verhandelt haben. Nach geheimer Beratung hat das Gericht sodann den folgenden Beschluss mit Begründung verkündet:

        

„…    

                 

Die Öffentlichkeit wird von der mündlichen Verhandlung am 12.06.2018 ausgeschlossen, soweit der Inhalt der nach Behauptung der Klägerin vom [X.]n an dritte Personen weitergegebenen Dateien (Anlagen [X.] 17, 17a, 20) sowie der Inhalt der nach Behauptung der Klägerin auf im Eigentum des [X.]n stehender Hardware vorgefundener Dateien (Anlagen [X.] 11, 12, 46, 46 neu, 47, 47 neu, 48, 48 neu, 49, 50, 51, 52, 53, 54a, 54a neu, 54b, 60, 62, 65, 68, 69, 70) zu erörtern ist. Im Übrigen wird der Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit und Verhängung von [X.] zurückgewiesen.

        
                 
        

Zur Begründung führt das Gericht aus, dass es dem Antrag insoweit stattgegeben hat, als Geheimhaltungsinteresse im Hinblick auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin tangiert sein können, § 52 ArbGG iVm. § 172 Abs. 2 [X.].“

5

b) Der Grundsatz der Öffentlichkeit ist damit nicht verletzt.

6

aa) Nach § 52 Satz 1 iVm. § 64 Abs. 7 ArbGG sind die Verhandlungen vor dem [X.] öffentlich, soweit das Gericht die Öffentlichkeit nicht unter den Voraussetzungen des § 52 Satz 2 ArbGG ausschließt. Der Grundsatz der Öffentlichkeit, der zu den Prinzipien [X.] Rechtspflege gehört und ebenfalls in § 169 Abs. 1 Satz 1 [X.] niedergelegt ist, schließt sowohl die Möglichkeit ein, von einer Sitzung Kenntnis zu nehmen, als auch die Möglichkeit, an ihr teilzunehmen (vgl. [X.] 10. Oktober 2001 - 2 BvR 1620/01 - zu 2 der Gründe; [X.] 22. September 2016 - 6 [X.] - Rn. 5; 19. Februar 2008 - 9 [X.]/07 - Rn. 8; [X.] Oktober 1976 - 3 [X.] - zu I 1 der Gründe, [X.]St 27, 13). Sinn und Zweck dieser Prozessrechtsmaxime ist in erster Linie die Kontrolle des [X.] durch die Allgemeinheit ([X.] 10. Oktober 2001 - 2 BvR 1620/01 - zu 2 der Gründe mwN; vgl. MüKoZPO/[X.] 5. Aufl. § 169 [X.] Rn. 3). Die auch durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] garantierte Öffentlichkeit des Verfahrens schützt die [X.] vor einer Geheimjustiz, die sich öffentlicher Kontrolle entzieht. Sie ist außerdem ein Mittel, um das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit zu sichern ([X.] 14. März 2012 - 2 BvR 2405/11 - Rn. 37 mwN, [X.]K 19, 352; vgl. auch [X.] 15. Januar 2015 - 2 BvR 878/14 - Rn. 22 ff.; 19. März 2013 - 2 [X.] ua. - Rn. 88 f., [X.]E 133, 168; [X.] 22. September 2016 - 6 [X.] - Rn. 10). Nach § 52 Satz 2 ArbGG iVm. § 64 Abs. 7 ArbGG kann das [X.] die Öffentlichkeit für die Verhandlung oder für einen Teil der Verhandlung ausschließen, [X.]n eine [X.] den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt, weil ua. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zum Gegenstand der Verhandlung oder der Beweisaufnahme gemacht werden; außerdem ist § 171b [X.] entsprechend anzu[X.]den. Auch § 169 Abs. 1 Sätze 2 bis 5, Abs. 2 und Abs. 4 sowie die §§ 173 bis 175 [X.] sind entsprechend anzu[X.]den.

7

Das Ermessen des Gerichts bei der Entscheidung ist - trotz des „kann“ in § 52 Satz 2 ArbGG („kann die Öffentlichkeit für die Verhandlung oder für einen Teil der Verhandlung ausschließen“) - nicht unbeschränkt. Der Ausschluss der Öffentlichkeit ist vielmehr vorzunehmen, [X.]n die Voraussetzungen dafür vorliegen, was unter pflichtgemäßer Abwägung der Interessen der [X.]en und der Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit zu beurteilen ist (GMP/Germelmann/[X.] 9. Aufl. § 52 Rn. 17 mwN; [X.]/[X.]/[X.] 5. Aufl. ArbGG § 52 Rn. 21; vergleichbar zu § 172 [X.]: MüKoZPO/[X.] 5. Aufl. § 172 [X.] Rn. 7; sowie [X.] 9. Juli 1985 - 1 [X.] - zu II 3 der Gründe, jedenfalls bez[X.]en auf die Dauer des Ausschlusses). Dem Tatrichter steht bei der Wertung ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. [X.] 19. März 1992 - 4 [X.] - zu 1 der Gründe mwN, [X.]St 38, 248; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] ZPO 77. Aufl. § 172 [X.] Rn. 3 mwN). Das Beschwerde- bzw. Revisionsgericht darf die tatrichterliche Entscheidung nur eingeschränkt überprüfen (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/[X.] ZPO 77. Aufl. § 172 [X.] Rn. 3). Es hat zu kontrollieren, ob das Berufungsgericht die jeweils betroffenen Rechtsbegriffe selbst verkannt hat, ob es in der vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung und Interessenabwägung bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat.

8

Wurden die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt, bedarf es keiner Darlegung des Beschwerdeführers, dass das Berufungsurteil auf dem gerügten Verfahrensfehler beruht, weil das Gesetz davon ausgeht, dass in einem solchen Fall die Entscheidung stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend angesehen wird (§ 547 Nr. 5 ZPO).

9

[X.]) Die Entscheidung des [X.]s über den Ausschluss der Öffentlichkeit in der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2018 hält diesen Vorgaben Stand.

(1) An der inhaltlichen Bestimmtheit des Beschlusses, mit dem der Ausschluss der Öffentlichkeit angeordnet worden ist, besteht kein Zweifel. Der Beschluss bezieht sich auf die Erörterung des Inhalts konkret bezeichneter Dateien, die auch in den [X.] benannt sind und um deren etwaige unbefugte Weitergabe durch den [X.]n die [X.]en streiten.

(2) Soweit der [X.] die Begründung des [X.]s als unzureichend und ua. als „reine Floskel“ und als „Scheinbegründung“ beanstandet, trifft das nicht zu. Unmissverständlich und ausreichend hat das [X.] in der Begründung als Ausschließungsgrund „Geheimhaltungsinteresse im Hinblick auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin“ angegeben.

(a) § 174 Abs. 1 Satz 3 [X.], der nach § 52 Satz 4 ArbGG entsprechend anzu[X.]den ist, schreibt die ausdrückliche Angabe des Grundes für den Ausschluss der Öffentlichkeit vor. Dies dient neben der Selbstkontrolle des Gerichts der Unterrichtung der Öffentlichkeit und der späteren Nachprüfbarkeit der Entscheidung durch das Beschwerde- bzw. Revisionsgericht (vgl. etwa [X.] 9. Juni 1999 - 1 [X.] - zu II 2 a der Gründe mwN, [X.]St 45, 117; [X.]/[X.] [X.] 9. Aufl. § 174 Rn. 11).

(b) Zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 174 Abs. 1 Satz 3 [X.] genügt nach der Rechtsprechung jedenfalls, dass - wie hier durch die Angabe „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ geschehen - der gesetzliche Wortlaut des für die Ausschließung der Öffentlichkeit herangez[X.]enen Grundes mitgeteilt wird (vgl. MüKoZPO/[X.] 5. Aufl. § 174 [X.] Rn. 10 mwN; [X.]/[X.] [X.] 9. Aufl. § 174 Rn. 12; BeckOK [X.]/Walther [X.] § 174 Rn. 5 mwN; [X.]/[X.]/[X.] 5. Aufl. ArbGG § 52 Rn. 22).

(c) Entgegen der Auffassung des [X.]n - der die Benennung von Tatsachen und die Darstellung des [X.] für erforderlich hält - müssen aus der Beschlussbegründung grundsätzlich nicht die tatsächlichen Umstände hervorgehen, aus denen sich der gesetzliche Ausschließungsgrund ergibt (vgl. etwa [X.]/[X.] [X.] 9. Aufl. § 174 Rn. 13). Eine weitreichende Begründungspflicht unter Angabe von tatsächlichen Umständen würde die Gefahr heraufbeschwören, dass der [X.] auf diesem Wege preisgegeben wird, weil gerade jene Umstände offenbart werden müssten, die der öffentlichen Erörterung entz[X.]en sein sollen ([X.] 9. Juli 1985 - 1 [X.] - zu II 1 der Gründe mwN; vgl. MüKoZPO/[X.] 5. Aufl. § 174 [X.] Rn. 10 mwN). Nichts anderes gilt für eine vom [X.]n für erforderlich gehaltene Mitteilung über den Abwägungsvorgang des Gerichts zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Geheimhaltungsinteresse der Klägerin.

(3) Die Entscheidung des [X.]s ist auch der Sache nach nicht zu beanstanden.

(a) Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bez[X.]ene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (vgl. ua. [X.] 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 [X.] - zu [X.] I 2 b aa der Gründe mwN, [X.]E 115, 205; [X.] 9. Dezember 2015 - IV ZR 272/15 - Rn. 14). Betriebsgeheimnisse umfassen dabei im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen (vgl. ua. [X.] 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 [X.] - aaO), wobei beides auch miteinander verbunden sein kann.

Es reicht allerdings nicht aus, dass etwas nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten Willen des „Betriebsinhabers“ (vgl. [X.] 15. Dezember 1987 - 3 [X.] - zu [X.] 2 a der Gründe) geheim gehalten werden soll (vgl. [X.] 30. September 2014 - 3 [X.] - Rn. 93). Weitere Voraussetzung ist, dass der „Betriebsinhaber“ an der Geheimhaltung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat (vgl. etwa [X.] 10. März 2009 - 1 [X.] - Rn. 25, [X.]E 129, 364; 13. Februar 2007 - 1 [X.] - Rn. 32 mwN, [X.]E 121, 139), etwa weil die Aufdeckung der Tatsache(n) dazu geeignet wäre, ihm Schaden zuzufügen (vgl. etwa [X.] 30. September 2014 - 3 [X.] - Rn. 93; [X.] 4. September 2013 - 5 [X.] - Rn. 21).

(b) Danach ist die Entscheidung des [X.]s nicht zu beanstanden.

(aa) Ohne Erfolg beanstandet der [X.], der Ausschluss der Öffentlichkeit verstoße bereits deshalb gegen § 52 Satz 2 ArbGG, weil Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung bzw. einer Beweisaufnahme gewesen seien. Dies ergibt sich schon daraus, dass es nicht darauf ankommt, ob bei der nicht öffentlichen Verhandlung tatsächlich Umstände im Sinne des § 52 Satz 2 ArbGG zur Sprache kommen. Entscheidend ist, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung mit der Erörterung solcher Umstände zu rechnen ist (vgl. [X.] 9. Dezember 2015 - IV ZR 272/15 - Rn. 10 zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 172 Nr. 2 [X.]; [X.]/[X.] ZPO 32. Aufl. § 172 [X.] Rn. 11); es kommt insoweit auf den zu erwartenden Inhalt des in Frage stehenden [X.] an ([X.] 19. März 1992 - 4 [X.] - zu 1 der Gründe, [X.]St 38, 248). Hier ist kein Umstand gegeben, der dagegen spricht, dass das [X.] im Zeitpunkt der Beschlussfassung nach dem Stand der Sache und seiner damaligen Einschätzung der zu klärenden Tatsachen mit der Erörterung von Umständen im Sinne des § 52 Satz 2 ArbGG rechnen konnte.

([X.]) Dass das [X.] den Ausschließungsgrund bzw. die Ausschließungsgründe „Geheimhaltungsinteresse im Hinblick auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Klägerin“ als einschlägig angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Das [X.] hat diesen Ausschließungsgrund bzw. diese Ausschließungsgründe auch nicht verkannt.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse als Ausschließungsgrund bzw. Ausschließungsgründe werden oft in einem Atemzug genannt, auch [X.]n sie sich weiter ausdifferenzieren lassen nach „im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne“ und „vornehmlich kaufmännisches Wissen“ (zur Rechtsprechung vgl. oben Rn. 16). Schon diese beiden Satzteile aus der einschlägigen Rechtsprechung zeigen durch „im Wesentlichen“ und „vornehmlich“, dass im Einzelfall auch eine Gemengelage bzw. Verflechtung von Betriebsgeheimnissen einerseits und Geschäftsgeheimnissen andererseits gegeben sein kann.

Wie das [X.] im Berufungsurteil - dessen Begründung insoweit herangez[X.]en werden kann - erläutert hat, hat die Kammer die Öffentlichkeit für den Teil der Verhandlung ausgeschlossen, in dem zu erwarten war, dass die [X.]en und das Gericht über die von der Klägerin zur Akte gereichten Produktionsbeschreibungen zur Herstellung von V, chemische Formeln, Listen von [X.], [X.], Kundenlisten etc. als solche und ihre Einstufung als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sprechen würden (S. 45 Berufungsurteil). Damit hat das [X.] für die im Ausschließungsbeschluss genannten Dateien (Anlagen [X.], 17a, 20 sowie Anlagen [X.], 12, 46, 46 neu, 47, 47 neu, 48, 48 neu, 49, 50, 51, 52, 53, 54a, 54a neu, 54b, 60, 62, 65, 68, 69, 70) erkennbar eine Gemengelage bzw. Verflechtung aus geheimem technischen Wissen im weitesten Sinne (Betriebsgeheimnis) und geheimem kaufmännischen Wissen (Geschäftsgeheimnis) angenommen. Das ist nach den Umständen des Falles nicht zu beanstanden und ist mit der Beschwerde auch nicht konkret inhaltsbez[X.]en angegriffen worden.

Das [X.] war an dieser Annahme bez[X.]en auf sowohl Betriebs- als auch Geschäftsgeheimnisse nicht deshalb gehindert, weil in der Begründung des Antrags der Klägerin auf Ausschluss der Öffentlichkeit für die Verhandlung am 12. Juni 2018 nur „Geschäftsgeheimnisse“ genannt werden. Der Antragsbegründung ist inhaltlich schon keinerlei Beschränkung auf eher kaufmännisches Wissen und damit „Geschäftsgeheimnisse“ zu entnehmen, sondern im Gegenteil nennt die Klägerin auch chemische Formeln und Anlagenbauteile, also eher technische Umstände, als dem Geheimhaltungsschutz unterfallend. Dass das [X.] dies auf die Dateien in verschiedenen Anlagen (ua. [X.], 17a und 20 sowie [X.] ua.), die im Mittelpunkt des Streits der [X.]en stehen, beziehen konnte und durfte, liegt im vorliegenden Fall der Sache nach auf der Hand.

Ohne Auswirkung ist auch, dass das [X.] in Teilen seiner Urteilsbegründung vorwiegend auf „Betriebsgeheimnisse“ eingegangen ist (S. 20 ff. Berufungsurteil, worauf auf S. 45 Berufungsurteil Bezug genommen wird); es hat der Sache nach erkennbar sowohl technische als auch kaufmännische Umstände im Blick gehabt, diese offenbar als eng verflochten angesehen und dabei den Schwerpunkt seiner Erläuterung im Berufungsurteil auf im Wesentlichen technische Aspekte gelegt.

([X.]) Dass im Antrag der Klägerin auf Ausschluss der Öffentlichkeit für die Verhandlung am 12. Juni 2018 die Dateien nicht konkret bezeichnet worden sind, also die Anlagen [X.], 17a, 20 sowie die Anlagen [X.], 12, 46, 46 neu, 47, 47 neu, 48, 48 neu, 49, 50, 51, 52, 53, 54a, 54a neu, 54b, 60, 62, 65, 68, 69, 70 nicht ausdrücklich genannt worden sind, bleibt in diesem Fall entgegen der Auffassung des [X.]n ohne Auswirkung. Der Antrag ist insofern nicht, wie der [X.] anführt, „vage“, denn er nimmt auf chemische Formeln und Anlagenbauteile und damit auf die [X.]. Dateien, um deren etwaige Weitergabe und die daraus resultierenden Folgen die [X.]en - schon ausweislich der Klageanträge und -begründung - streiten, Bezug. Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde war es in diesem konkreten Fall auch entbehrlich, dass die Klägerin weitere Ausführungen zur Erheblichkeit der für sie drohenden wirtschaftlichen Nachteile machte. Diese waren bez[X.]en auf die Dateien in verschiedenen Anlagen (ua. [X.], 17a und 20 sowie [X.] ua.) Gegenstand der Erörterungen des gesamten Verfahrens und dadurch dem [X.] und auch dem [X.]n bekannt. Welche weitere Mitteilung im Rahmen der von ihm beanstandeten Erörterung der „Problematik des [X.]“ konkret erforderlich gewesen wäre, erläutert der [X.] nicht.

([X.]) Dass es sich bei den im Tenor des Beschlusses des [X.]s zum Ausschluss der Öffentlichkeit genannten Dateien in verschiedenen Anlagen (ua. [X.], 17a und 20 sowie [X.] ua.) tatsächlich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt, hat das [X.] in der Begründung des Berufungsurteils im Einzelnen dargelegt. Dass das [X.] dabei seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat, ist weder ersichtlich noch mit der Nichtzulassungsbeschwerde aufgezeigt worden. Diese beschränkt sich darauf, die aus ihrer Sicht in diesem Fall mangelnde „Stichhaltigkeit der Gründe“ des Ausschlusses der Öffentlichkeit durch den gleichsetzenden Vergleich mit der etwaigen Erörterung von „Gehaltsfragen oder Konkurrenzsituationen zu anderen Arbeitgebern“ zu rügen, ohne sich mit der konkreten, anhand des Berufungsurteils ohne Weiteres ersichtlichen Beurteilung des [X.]s auseinanderzusetzen.

(ee) Soweit der [X.] anführt, die Klägerin habe „zur Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse“ davon abgesehen, dem Arbeitsgericht 32 technische Fließzeichnungen vorzulegen, ist nicht ersichtlich, was dieser Umstand mit der Einstufung der Dateien in verschiedenen Anlagen (ua. [X.], 17a und 20 sowie [X.] ua.) als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu tun haben soll.

(ff) Soweit der [X.] sich darauf beruft, die Klägerin habe die Veröffentlichung der Pressemitteilung geduldet, und im Zusammenhang damit die Auffassung vertritt, das [X.] habe sich widersprüchlich verhalten, indem es einerseits als Institution eine Pressemitteilung ankündigte und die Pressemitteilung später mehr als sechs Wochen auf der Internetseite des Gerichts abrufbar halte, andererseits jedoch die Öffentlichkeit von Teilen der entsprechenden Verhandlung ausschließe, greift dies nicht durch. Die Öffentlichkeit war nur von sehr begrenzten Teilen der Verhandlung ausgeschlossen, was einem Interesse der Öffentlichkeit am Verfahren als solchem nicht entgegensteht.

2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) zuzulassen.

Der [X.] hat die Entscheidungserheblichkeit der von ihm aufgeworfenen Frage

        

„Umfasst die ständige Rechtsprechung des [X.], nach der § 12a Abs. 1 ArbGG auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch ausschließt, der als Schadensersatzanspruch entstanden ist ([X.], 30. 04.1992 - 8 [X.] - [X.] 1992, 1101; [X.] Beschluss vom 30.06.1993 - 7 [X.] - [X.] 1994, 284; zuletzt [X.], Urteil vom 27.10.2005 - 8 [X.] -, [X.] 2006, 256) auch Kosten der Rechtsverfolgung, die einen so genannten [X.] darstellen?“ (Beschwerdebegründung S. 10)

nicht dargelegt. Sie ist auch nicht ersichtlich.

a) Offen bleiben kann, ob der [X.] mit dieser Frage überhaupt eine Rechtsfrage iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, dh. eine Frage dargetan hat, die die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die An[X.]dbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat (vgl. hierzu etwa [X.] 15. März 2011 - 9 [X.] 1232/10 - Rn. 6, [X.]E 137, 218) oder ob er die Frage vielmehr - zwar abstrahiert formuliert - nach dem Ergebnis der konkreten Rechtsan[X.]dung im Einzelfall formuliert hat, sich also damit gegen eine aus seiner Sicht fehlerhafte Rechtsan[X.]dung durch das [X.] [X.]det, die allerdings nicht im Rahmen eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, sondern nur im Rahmen einer zugelassenen Revision vom Senat behandelt werden könnte.

b) Der [X.] hat die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage schon nicht dargelegt. Er hat nicht dargetan, dass diese Frage die Erstattung von Kosten betrifft, die im Rahmen arbeitsrechtlicher Streitigkeiten entstanden sind. Die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage ist im Übrigen auch nicht sonst ersichtlich, denn der Rechtsstreit betrifft insoweit Kosten der Rechtsverfolgung, die nicht im Rahmen arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zwischen den [X.]en entstanden sind.

aa) Nach dem für die Beantwortung dieser Frage entscheidenden § 12a Abs. 1 ArbGG besteht im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden [X.] auf Entschädigung wegen [X.] und auf Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Die Vorschrift gilt nur in Verfahren nach § 2 ArbGG, der die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen regelt (vgl. etwa GMP/Germelmann/[X.] 9. Aufl. § 12a Rn. 2, 5 mwN) und bezieht sich als spezielle arbeitsrechtliche Regelung auf die Frage einer Erstattung der im Rahmen arbeitsrechtlicher Streitigkeiten entstehenden Kosten; das Kostenrisiko in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten soll damit überschaubar gehalten werden (vgl. etwa [X.] 25. September 2018 - 8 [X.] - insb. Rn. 8, 35 f., 38, 41 f.). Bei anderen Rechtsstreitigkeiten findet die Vorschrift des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG über die Kostenerstattungspflicht im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs weder unmittelbare noch entsprechende An[X.]dung (vgl. [X.] 31. Oktober 1984 - 4 [X.] - [X.]E 47, 138, 141).

[X.]) Nach den Ausführungen des [X.]n in der Beschwerdebegründung (S. 10) betrifft die [X.]. Frage den Umstand, dass „der [X.] durch einen jedenfalls fahrlässigen [X.] die Klägerin veranlasst haben mag, zeitnah und sachkompetent Rechtsrat in [X.] einzuholen“. Mit der Beschwerdebegründung ist nicht dargelegt worden, dass dies Kosten im Rahmen arbeitsrechtlicher Streitigkeiten sind, die sich also auf einen arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit zwischen den [X.]en beziehen, für den § 12a Abs. 1 ArbGG Geltung beansprucht. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Berufungsurteil, dass es sich um durch „die Rechtsverfolgung in [X.] gegenüber der Firma [X.][X.] und [X.]“ entstandene Rechtsanwaltskosten (Berufungsurteil S. 25) handelt, also nicht um Kosten der Rechtsverfolgung innerhalb des Rahmens der arbeitsrechtlichen Streitigkeiten der [X.]en.

3. Soweit der [X.] die Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG) der anzufechtenden Entscheidung zu dem Urteil des [X.]s Baden-Württemberg vom 8. April 2013 (- 9 [X.]/12 -) begehrt, hat er schon keine konkret voneinander abweichenden abstrakten fallübergreifenden Rechtssätze aus der anzufechtenden Entscheidung und aus der angez[X.]enen Entscheidung zu derselben Rechtsfrage angeführt (vgl. zu den Anforderungen etwa [X.] 6. Dezember 1994 - 9 [X.] 337/94 - zu II 1 der Gründe, [X.]E 78, 373). Tatsächlich [X.]det der [X.] sich mit dieser Divergenzbeschwerde ausschließlich gegen eine aus seiner Sicht fehlerhafte Rechtsan[X.]dung durch das [X.]. Dies genügt zur Begründung einer Divergenzbeschwerde nicht. Eine Überprüfung der Rechtsan[X.]dung des [X.]s kann nicht im Rahmen eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, sondern könnte nur im Rahmen einer zugelassenen Revision erfolgen.

II. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen. Weitergehende Ausführungen sind auch von [X.] wegen nicht geboten (vgl. [X.] 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11 - Rn. 14; 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1382/10 - [X.]K 18, 301).

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die [X.] beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    V[X.]elsang    

        

        

        

    Wollensak    

        

    Leitz    

                 

Meta

8 AZN 809/18

16.05.2019

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZN

vorgehend ArbG Düsseldorf, 15. Februar 2017, Az: 12 Ca 6005/16, Urteil

§ 172 Nr 2 GVG, § 174 Abs 1 S 3 GVG, § 52 S 1 ArbGG, § 52 S 2 ArbGG, § 64 Abs 7 ArbGG, § 52 S 4 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.05.2019, Az. 8 AZN 809/18 (REWIS RS 2019, 7220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7220

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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